Ich wollte nicht in eine Grundsatzdiskussion/Anfängerberatung abschweifen. Zumal ich immer sehr ausführlich bin, gern abschweife und deshalb viel Text zusammenkommt. Aber da in den Antworten jetzt schon ein paar Alternativen aufgezeigt wurden und eine Beratung bei neuen Mitgliedern generell nie schaden kann, will ich doch "ein paar Gedanken" loswerden oder erstmal mit 3 Fragen starten:
Wie kamst du auf Lasius niger? Hast Du Dir die Art unter mehreren, für dich in Frage kommendende, Arten ausgewählt oder folgst du der gängigen Empfehlung, dass Lasius niger DIE Einsteigerameise/Anfängerart schlechthin ist?
Falls es wirklich DEINE Lieblingsameise ist, brauchst du nicht weiterlesen. Falls du dich vielleicht doch vom Begriff Einsteigerameise hast verleiten lassen, kannst gerne weiterlesen.
Erstens ist schon der Begriff Anfängerart oder Einsteigerameise diskussionswürdig.
Eine Ameisenkönigin kann über 20 Jahre lang Eier legen und damit eine Kolonie am Leben halten. Das heißt die Kolonie begleitet Dich für einen sehr langen Zeitraum. D.h. es sollte wirklich die Ameise sein, die Dir am besten gefällt. Und die natürlich auch für DEINE Heimhaltung passend ist und Du Dir auch zutraust, sie korrekt halten zu können. Allein daraus ergeben sich schon eine ganze Menge Fragen, die nur Du beantworten kannst.
Unter "am besten gefällt" fallen so Dinge wie: Größe der Ameise, Größe der Kolonie, Farbe, Verhalten, Aktivität,
Winterruhe, Nestbau...
Bei "DEINE Heimhaltung" musst Du Dir Fragen stellen wie: Hast du ausreichend Platz für die Becken; hast du Möglichkeiten für eine (verkürzte)
Winterruhe; kannst du das richtige Futter in den richtigen Mengen beschaffen; hast du auch die finanziellen Mittel für die entsprechende Art; will oder kann ich selbst basteln oder will/muss ich viel kaufen?
Der letzte Punkt: "traust Du Dir zu, die Ameise korrekt zu halten" ist nicht ganz so einfach zu beantworten, wie die vorherigen zwei Punkte. Denn wie soll ein Anfänger bewerten, was er kann und was Ameisen wirklich benötigen. Das ist zudem höchst individuell. Zunächst mal muss man natürlich grundsätzlich bereit sein, sich zu informieren. Am allerbesten VORAB informieren. Das Informieren allein ist aber auch schon teilweise ein Problem, da ein Anfänger "gute Quellen" von "schlechten Quellen" nicht unterscheiden kann. Wenn ich dann so Tipps in Gruppen lese, wie: "Lies dich ein!"...sehr hilfreich für den Anfänger.
Aber Du bist ja hier gelandet. Und hast Deine Frage auch vor dem Kauf gestellt. Also schon mal alles gut
Wenn sich jemand (sehr) gut informiert, sind mMn sehr viele Arten in der Haltung möglich. Viele Arten sind ähnlich robust wie eine Lasius niger oder zumindest robust genug für eine "normale" Haltung und sterben nicht gleich weg, wenn die Temperatur im Nest nicht aufs Grad genau stimmt. Ebenso ist es ein Unterschied, ob man eine einzelne
Gyne kauft, eine sehr kleine Kolonie betreut oder ob es sich um eine Kolonie mit mehreren hundert oder gar tausend Arbeiterinnen handelt. Die oftmals als Anfängerart betitelte Messor barbarus kann in der Gründung und als junge Kolonie heikel sein. Als große Kolonie snd sie Selbstläufer.
Um meinen nächsten Gedanken einzuleiten, will ich noch kurz etwas vorneweg einschieben:
Ein großer Unterschied für mich in der Haltung ist z.B. trockenes Becken vs. tropisches Becken. Der Aufwand ein tropisches Becken gut am Laufen zu halten ist im vergleich zu einem trockenen Becken deutlich höher (Technik, Bodenpolizei). Manchmal sind Arten, die eine tropische Umgebung brauchen auch sensibler, z.B. bei Schwankungen der Luftfeuchtigkeit. Man muss sich also über deutlich mehrere Dinge informieren, wenn man ein Tropenbecken betreiben will und im Zweifel auch deutlich detaillierter. Also nicht nur breiter, auch tiefer. Das nur kurz vorneweg. Wäre vielleicht besser beim Punkt "DEINE Heimhaltung" aufgehoben, aber bringt mich zum nächsten diskussionswürdigen Punkt und da wären wir wieder beim Thema "was soll sich ein Anfänger zutrauen".
Eine weitere Annahme, die mich nämlich oft stört ist, dass viele der Meinung sind, man qualifiziert sich durch die längere Haltung von Einsteigerarten für "Fortgeschrittenenarten". Warum soll man erstmal 2; 3; 5 Jahre eine Lasius niger halten, um dann eine Urameise im tropischen Becken halten zu dürfen oder eine Blattschneiderameise? Was bringt einem die Erfahrung aus einem trockenen Becken einer heimischen Art für die Haltung einer tropischen Art oder eines vegetarischen Spezialisten? Und für den Wissensvorsprung des absolut Grundsätzlichen, wie: "Eine Ameise braucht Kohlenhydrate, die
Brut braucht Proteine und alle brauchen Wasser", muss man nicht erst eine Einsteigerart 2 Jahre halten. Und überhaupt: Was macht man dann nach der 2-jährigen Qualifizierung mit der Einsteigerart? An den nächsten Anfänger weitergeben?
Ist natürlich teilweise überspitzt formuliert von mir, aber ich erlebe das oft genug genau so in Diskussionen, wenn sich mal wieder ein Anfänger traut zu fragen: "Ich bin Anfänger. Wo kann ich Blattschneiderameisen kaufen?"