Entwicklung der Gründung von Lasius cf. niger mit unterschiedlicher Zufütterung

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Joachim

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#1 Entwicklung der Gründung von Lasius cf. niger mit unterschiedlicher Zufütterung

Beitrag von Joachim » 8. Juni 2008, 21:03

Hallo Leute!

Wie versprochen, hier schonmal ein erster Zwischenstand. Diesen Versuch hat allein Denis Meuthen durchgeführt, ein Bio Kollege von mir. Meine Ergebnisse dazu sind leider verloren gegangen, was für einigen Frust bei uns beiden sorgte (immer Sicherheitskopien anlegen!).
Dieses Jahr werden wir vorraussichtlich zu zweit den Versuch mit deutlich größerer Stückzahl wiederholen und bei Bedarf ausbauen, da hier die Anzahl (20 Königinnen) für ein signifikantes Ergebnis für alle Brutsorten nicht ausreichte. Interessant wäre auch die längerfristige Betrachtung solcher Kolonien, falls die Zufütterung eventuellen physiologischen Schaden bei der Königin verursacht, der sich erst später bemerkbar macht. Aber erst einmal auf dem Boden bleiben.

Noch einmal zur Wiederholung: Was bedeutet Signifikanz? Diese wird in der Statistik durch den Buchstaben p ausgedrückt und im Bereich 0 bis 1 angegeben, und ist in jeder der Grafiken ersichtlich. Generell gilt: Je kleiner p, umso aussagekräftiger das Ergebnis. Bei den Eiern z.B. ist p ungefähr 0.5, das bedeutet, dass sich das Ergebnis dieser Zählung nicht unbedingt bei anderen Königinnen wiederholen muss. Bei den Puppen dagegen ist p schon nahe 0.15, wo man von einem Trend spricht. Ist p kleiner als 0.05, so wird das Ergebnis als signifikant bezeichnet und wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit bei anderen Königinnen unter den selben Versuchsbedingungen wiederholen. Dieser Fall trat hier lediglich bei der Arbeiterzählung auf. Ziel jeder quantitativen Untersuchung wie dieser ist es, ein p unter 0.05 zu erreichen, erst dann ist das Ergebnis wissenschaftlich verwertbar.

Generell lässt sich also sagen: Je weiter die Gründung vorran schreitet, umso mehr heben sich die gefütterten Königinnen von den ungefütterten ab.

Hier der Link:
Animal-behaviour.de: Die Website über Tiere und ihr Verhalten
(Anmerkung des Teams: Der auf der verlinkten Seite durchgeführte Versuch enthält vermutlich gravierende Fehler in der Durchführung, die Ergebnisse sind stark anzuzweifeln. Siehe hier: Diskussion zum Versuch. Sept. 2010)


vG Joschi

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Boro
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#2 AW: Entwicklung der Gründung von Lasius cf. niger mit unterschiedlicher Zufütterung

Beitrag von Boro » 8. Juni 2008, 22:39

Hallo Joachim!
Sehr interessanter Versuch, gefällt mir! Auch die ersten Ergebnisse leuchten ein!
Mich würden jetzt gleich zwei Dinge interessieren:
1. Sind die ersten Ergebnisse möglicherweise auch auf andere claustral gründende Gattungen/Arten übertragbar ?(Versuche mit Gynen einer anderen Art/Gattung).
2. Was geschieht, wenn man statt Honigwasser tierisches Eiweiß zufüttert? Können die Gynen dieses ebenfalls erfolgreich nützen und gibt es dann möglicherweise noch deutlichere Unterschiede? Vielleicht wird tierisches Eiweiß auch ignoriert?
Vor langer Zeit hatte ich einmal Versuche bei Polistes dominulus gemacht. Diese Insekten fliegen (im Gegensatz zu Vespula sp.) nur bei sonnigem bzw. warmem Wetter aus. Bei kühler Witterung kommt es zum Stillstand der Nestaktivität und Brutentwicklung. Ich wollte diese Phasen überbrücken.
Ich baute bei zwei Nestern eine künstliche Wärmequelle ein, um auch bei kühler Witterung Schönwetter zu simulieren.
Das klappte nicht, weil die ausfliegenden Insekten bei kühler Witterung schlecht flugfähig sind und schon gar keine Nahrung suchen können. Dann habe ich die Wespen gefüttert und erreichte tatsächlich eine gewisse Forcierung der Brutentwicklung. Die entsprechenden Daten dazu weiß ich heute natürlich nicht mehr. Aber alle Mitglieder der Gattung Polistes sind immer noch meine großen Freunde........
Viel Erfolg bei eurer Arbeit wünscht Boro



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Joachim

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#3 AW: Entwicklung der Gründung von Lasius cf. niger mit unterschiedlicher Zufütterung

Beitrag von Joachim » 8. Juni 2008, 22:58

Hallo Boro!

Ob die Ergebnisse übertragbar sind, weiß ich nicht. Leider muss für eine wirkliche Signifikanz in den Ergebnissen eine sehr hohe Zahl an Königinnen untersucht werden, die idealerweise vom selben Ort und Schwarmflug stammen müssen. So große Zahlen Gründerköniginnen findet man auf einem Fleck nur bei sehr wenigen Arten, und Lasius niger ist deswegen optimal. Unter zehn Königinnen braucht man gar nicht erst anfangen, ideal wären natürlich hundert.

Die Versuche mit Honig und tierischem Eiweiß wäre der zweite Teil des Versuches gewesen, dessen Daten mir leider verloren gegangen sind. Grob kann ich nur noch sagen, dass die Werte für Honig sich ähnlich verhielten wie für Zuckerwasser, wenn auch nicht so deutlich, und dass die Lasius Königinnen tierisches Eiweiß in Form von Körperflüssigkeit fast gar nicht verwerten wollten. Allerdings bedarf das nochmal einer Wiederholung.


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