Camponotus cruentatus inaktiv

Allgemeine Fragen und Themen über europäische Ameisenarten (hier keine Berichte)
Rolfinator
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#17 AW: Camponotus cruentatus inaktiv

Beitrag von Rolfinator » 31. August 2011, 12:50

Na das sind ja schon ein paar andere Aussagen ;)
In Spanien sind es je nach Region bis zu 38°C, da denke ich, dass die Kleinen auch etwas höhere Temperaturen vertragen könnten.

Das man bei einem 30 Ameisen starken Volk nicht viel Aktivität erwarten kann ist mir klar, ich hab sie ja schließlich auch schon so groß (oder klein) gezogen und kenne sie mittlerweile ja ganz gut. Mich wundert nur, dass die Brutentwicklung schon wieder nahezu stoppt und das ganze Jahr über nie wirklich voran ging. Proteine wurden gering und unregelmäßig angenommen und direkt verwertet. Eingetragen wurden Beutetiere so gut wie nie.
Ich werde wie schon gesagt die nächste Winterruhe mal etwas kühler gestalten. Vielleicht liegt da der Grund!

Grüße
Rolf



DermitderMeise
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#18 AW: Camponotus cruentatus inaktiv

Beitrag von DermitderMeise » 31. August 2011, 14:07

Hallo Rolf,
Rolfinator hat geschrieben:In Spanien sind es je nach Region bis zu 38°C, da denke ich, dass die Kleinen auch etwas höhere Temperaturen vertragen könnten.

das ist tatsächlich so; allerdings hat Boro Recht wenn er schreibt, dass sich die Tiere bei hohen Bodentemperaturen verziehen und erst in den Abend- oder sogar Nachtstunden herauskommen (außer Cataglyphis, die es sich zur Aufgabe gemacht haben der Hitze zu trotzen ;)). Diese in der Natur selbstverständliche Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Temperaturzonen haben die Tiere oft in der Haltung nicht.

Ich habe gerade nochmal nachgeschlagen, für Camponotus cruentatus soll die kritische Temperatur bei 48 °C liegen (1). Die optimale Temperatur für die Brut wird deutlich geringer sein, aber eben auch höher als mitteleuropäische Zimmertemperatur.

(1) aus X. Cerdá, J. Retana, S. Cros 1998: Critical thermal limits in Mediterranean ant species: trade-off between mortality risk and foraging; Functional Ecology 12-1, 45–55 - hier frei verfügbar

und das ganze Jahr über nie wirklich voran ging.

Naja, irgendwie sind es ja doch 30 Ameisen geworden, oder? ;) Bei meinen Tieren geht's recht schnell mit der Entwicklung, ich würde sagen ~ ein Monat vom Ei bis zur Arbeiterin. Habe aber noch nicht gemessen welche Temperatur sie in ihrem beheizten Plastikkasten haben.

Proteine wurden gering und unregelmäßig angenommen und direkt verwertet.

Ist bei meiner Mini-Kolonie (3 Arbeiterinnen) genauso.



stefan87
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#19 AW: Camponotus cruentatus inaktiv

Beitrag von stefan87 » 31. August 2011, 15:04

Nur am Rande, hoffe, es passt zum Thema: Halte meine Lasius emarginatus (Süd-Frankreich) bei derzeit "natürlichen" Raumtemperaturen von Nachts 28°, Tags 29°-31°. Definitiv zu hoch! Seit Wochen legt die Königin keine Eier mehr, die Arbeiterinnen sind kaum noch aktiv und nehmen Nahrung nur noch in homöopathischen Mengen zu sich.

Sah im letzten Jahr (Haltungsbericht) noch leicht anders aus, lag wahrscheinlich an den niedrigeren Raumtemperaturen durch Einsatz einer Klima-Anlage.

Das nur als Hinweis auf allgemeine Haltungstemperaturen und deren mögliche Auswirkungen.



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syafon
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#20 AW: Camponotus cruentatus inaktiv

Beitrag von syafon » 31. August 2011, 16:10

Hoi!

DermitderMeise hat geschrieben:ehrlich gesagt wundert es mich doch sehr, dass hier Erkenntnisse von einheimischen Arten mit endogener Winterruhe auf eine mediterrane Art übertragen werden, die unter 20 °C bei mir (aus dem Gebirge in Marokko) gar nicht erst Brut aufzog.


Das ist wohl richtig, dass kein direkter Vergleich möglich ist und schon gar keine Schlüsse daraus gezogen werden können. Aber ebenso ist der Vergleich einer marokkanischen Gyne zu einer spanischen nicht möglich und Schlüsse können daraus auch keine gezogen werden.

Solange der genaue Ursprung der Gynen nicht bekannt ist, kann man sowieso keine Aussage treffen.

Ich vermute immer noch, dass es an einer zu warmen Winterruhe liegt. Ich weiß nicht, ob ihr beiden Spanienurlauber schon mal im November - Februar in der südlichen Gegend wart, aber 18°C sind da schon die Ausnahme... So zwischen 4 und 12°C wäre da schon eher der Temperaturbereich, der vorherrscht... Und das sind wohl gravierende Unterschiede.

Ebenso kann ich mit nicht vorstellen, dass im Gebirge Marokkos (Höhenlage weißt du nicht zufällig? Das Atlasgebirge ist groß ^^) in der Ameisensaison ständig Bodentemperaturen über 20°C vorherrschen. In Quarazate auf 1200 m Seehöhe und Marrakesch als Beispiele bleibt die durchschnittliche Nachttemperatur kaum mal über 20°C (vllt. im Juli und August). Tiefsttemperaturen im Winter um die 2-6 Grad. ;)

Woher kommen also die Schlüsse von einer marrokanischen zu einer spanischen Gyne?

lg
syafon


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Rolfinator
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#21 AW: Camponotus cruentatus inaktiv

Beitrag von Rolfinator » 31. August 2011, 16:14

Klar wurden es irgendwie 30, der Löwenanteil davon aber im letztes Jahr! Ich würd fast sagen sogar 22 wenn ich mich recht erinnere. 2-3 Todesfälle gab es zwar, aber dieses Jahr war wirklich nicht viel zu holen... Vielleicht lags am schwachen Sommer hier in D?

WOW, eine wirklich coole Seite!! Da steht ja alles. Aktivitätsbereich bei C. cruentatus von 24-44°C, das ist aber wirklich recht hoch! Tödlich wirds ab 52, man was sind die zäh.
Und die Cataglyphis gehen erst ab 42° so richtig ab ;)
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#22 AW: Camponotus cruentatus inaktiv

Beitrag von DermitderMeise » 31. August 2011, 19:12

Hai,
syafon hat geschrieben:Solange der genaue Ursprung der Gynen nicht bekannt ist, kann man sowieso keine Aussage treffen.

das ist auf jeden Fall richtig, deswegen auch meine Empfehlung, dass die Tiere ihre eigene Wahl aus einem breiten Angebot treffen können sollten. Das tut niemandem weh und entspricht ziemlich genau den Bedingungen einer bodenlebenden Ameise aus dem Mittelmeerraum zu diesem Zeitpunkt des Jahres.

Aber ebenso ist der Vergleich einer marokkanischen Gyne zu einer spanischen nicht möglich und Schlüsse können daraus auch keine gezogen werden.

Warum nicht? Gleiche Arten stellen gleiche Ansprüche an die Umgebung. Klar wissen weder Rolf noch ich ganz sicher, dass es sich auch um die gleiche Art - oder überhaupt um diese - handelt, aber irgendwo muss man mal von irgend etwas ausgehen können.

Ich weiß nicht, ob ihr beiden Spanienurlauber schon mal im November - Februar in der südlichen Gegend wart, aber 18°C sind da schon die Ausnahme...

Noch nicht, aber da ich genau dort Bekannte habe die da ein bisschen länger (~ 20 Jahre) leben und natürlich gründlichst informationsgemolken wurden (und werden - sorry M. :D), ist mir das Klima dort zumindest theoretisch einigermaßen gut bekannt.

So zwischen 4 und 12°C wäre da schon eher der Temperaturbereich, der vorherrscht... Und das sind wohl gravierende Unterschiede.

Das auch. Es ist für die lieben Wechselwarmen allerdings ein großer Unterschied, ob man ein Insekt bei konstanten 10 oder 18 °C den Winter überdauern lässt, oder ob die Lufttemperatur tagsüber 20 °C erreicht und nachts wieder auf 5 fällt - zumal die bodenlebenden Ameisen wieder die versch. Temperatur(puffer)zonen des Bodens nutzen können und werden. Das schrieb ich kürzlich an anderer Stelle über die Messor aus Tunesien auch schon, glaube ich.

Ebenso kann ich mit nicht vorstellen, dass im Gebirge Marokkos (Höhenlage weißt du nicht zufällig? Das Atlasgebirge ist groß ^^) in der Ameisensaison ständig Bodentemperaturen über 20°C vorherrschen.

Darum geht es doch auch gar nicht. Ständig natürlich nicht, aber tagsüber auf jeden Fall seh deutlich. Nachts wird es dort sehr schnell "kalt" (<20 °C), so dass ich oft gg. 22 Uhr (dann war die Sonne schon länger hinter der nächsten Bergkette verschwunden) ein Kleidungsupgrade brauchte. Größere Steine sind noch einige Stunden nach Verschwinden der Sonne wärmer als die Umgebung, was nicht weiter überrascht.
Zum Fundort: Den weiß ich leider nicht genau, was sehr schade ist, weil ich netterweise jede Menge GPS-Punkte von der Reise bekommen habe, aber versäumte mitzuschreiben was ich wo gefunden habe. Sie stammt aus den mittleren Lagen des Atlasgebirges, das zumindest sommers ein sehr mediterranes Temperaturprofil hat. Nachts wird die Heizmatte der Gyne deswegen auch ausgeschaltet.

In Quarazate auf 1200 m Seehöhe und Marrakesch als Beispiele bleibt die durchschnittliche Nachttemperatur kaum mal über 20°C (vllt. im Juli und August).

Weiß ich, habe in Ouarzazate aus dem Grund tw. draußen auf dem Dach geschlafen. ;) Die Wohnung war immer noch unerträglich warm, weil die Wände die Wärme des Tages wieder abgaben.
Ouarzazate und "das Gebirge" kann man klimatisch nicht in einen Topf schmeißen (was du sicherlich weißt, ich schreibe das nur noch einmal für alle), denn es wird dort am Tag brutalst heiß, mit dem Klima im Gebirge nicht zu vergleichen. Gegen Ende meiner Touren im Juli erreichte das Thermometer in O. einige Male am Vormittag deutlich über 40 °C, so dass am frühen Nachmittag sicherlich auch 50 °C drin waren.

Die durchschnittliche Nachttemperatur bzw. allg. gemittelte Temperaturen sind sowieso wenig aussagekräftig, weil damit erst einmal nur die Lufttemperatur erfasst wird (nicht die Bodent.) und sie eben nicht hergibt herauszufinden, bis wann die Tiere aktiv sein könnten und ab wann es zu kühl wird (sofern man das denn überhaupt für ein paar mehr als die Laborratten unter den Ameisen wüsste). Wenn die Lufttemperatur tagsüber 50, die Bodenoberfläche 50+ °C erreicht, freut das die Pheidole, denn sie können auch noch nach Mitternacht über den dann noch kuschelige 25-30 °C warmen Balkon rennen und Insekten abräumen. Denen ist es dann relativ egal, dass die Luft schon kälter ist.

Woher kommen also die Schlüsse von einer marrokanischen zu einer spanischen Gyne?

Da frage ich lieber erst einmal zurück, woher der Schluss von einer mitteleuropäischen auf die mediterrane kommt... ;) Die Sache mit der verkorksten Winterruhe wollte ich mit meinem Erguss gar nicht anzweifeln, das mag sehr gut sein; nur ist es für mediterrane Tiere unnatürlich, sie konstant bei mitteleuropäischer Raumtemperatur zu halten. Darum ging es mir im wesentlichen. Warum ich den Schluss im Rahmen aller Unsicherheiten für gerechtfertigt halte s. o.

Rolfinator hat geschrieben:Vielleicht lags am schwachen Sommer hier in D?

Ich dachte du hast bisher geheizt?
edit: Sehe gerade, erst seit 5 Wochen. Meine Gyne hat bei Raumtemperatur immer wieder ihre Brut aufgefressen, daher griff ich dann zur Beheizung. Vielleicht lag es dann auch daran.
(Es kam noch ein zweites Problem dazu - sie öffnete die Puppen nicht rechtzeitig - aber das ist inzwischen überwunden)

Tödlich wirds ab 52, man was sind die zäh.

Ich sehe gerade vor meinem geistigen Auge, wie jemand den Temperaturregler der Beheizung in den roten Bereich dreht... :D Nicht machen! :)

Super Quelle :braver:

Gerne! Dies ist einer der wenigen Fälle, wo eine wissenschaftliche Publikation öffentlich zugänglich ist, was ein ziemliches Unding darstellt. Und ein ganz anderes Thema ist. :)



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#23 AW: Camponotus cruentatus inaktiv

Beitrag von syafon » 31. August 2011, 21:22

Abend!

DermitderMeise hat geschrieben:Warum nicht? Gleiche Arten stellen gleiche Ansprüche an die Umgebung.


Richtig, aber auch gleiche Arten aus unterschiedlichen Regionen haben unterschiedliche Ansprüche an die Temperaturen. Und darum gehts doch eigentlich, oder? :)

DermitderMeise hat geschrieben:Darum geht es doch auch gar nicht. Ständig natürlich nicht, aber tagsüber auf jeden Fall seh deutlich.


Aber genau darum geht es, wenn du sagst, dass deine Gyne unter 20 Grad keine Brut aufzieht. Und warum im Nest nicht ein paar Grad kühler als die Umgebung? Ist in der Natur auch so. Meine Empfehlung war ja 18-20 Grad im Nest, 24 Grad in der Arena. Außerdem habe ich niemals einen Vergleich mit einer mitteleuropäischen Art mit endogenem Rhytmus gebracht. ;)

DermitderMeise hat geschrieben:... das zumindest sommers ein sehr mediterranes Temperaturprofil hat.


Auch das mediterrane Temperaturprofil des Gebietes lässt noch nicht auf die spanische Gyne schließen, da diese auch aus nördlicheren Gegenden stammen kann, wo ein anderes Profil vorherrscht. Gerade die Iberische Halbinsel ist, was die klimatischen Verhältnisse angeht, ganz schwierig einzustufen und man muss wirklich sehr genaue Kenntnisse über den Fundort haben, damit man diese Gegebenheiten nachahmen kann. Da kann man eben auch nicht von Gynen der gleichen Art, die 500 km weiter südlich gefunden werden, Rückschlüsse ziehen.

DermitderMeise hat geschrieben:Da frage ich lieber erst einmal zurück, woher der Schluss von einer mitteleuropäischen auf die mediterrane kommt... ;)


Ich habe, wie oben schon erwähnt, nie einen direkten Schluss von einer mediterranen zu einer mitteleuropäischen Art hergestellt. Wie du darauf kommst, weiß ich nicht. Dauerhafte Temperaturen von 25-32°C sind auch für Spanien und Portugal zu hoch, daher war das einzige, was ich empfohlen habe, die Temperatur zu senken. Erste Richtwerte zog ich aus dem Klimadiagramm für Madrid und waren nicht bezogen auf mitteleuropäische Temperaturen. Allerdings natürlich mit dem Vermerk, dass man die genaue Herkunft kennen muss. :)

DermitderMeise hat geschrieben:nur ist es für mediterrane Tiere unnatürlich, sie konstant bei mitteleuropäischer Raumtemperatur zu halten. Darum ging es mir im wesentlichen. Warum ich den Schluss im Rahmen aller Unsicherheiten für gerechtfertigt halte s. o.


Absolut richtig, aber genauso unnatürlich ist es, eine einheimische Kolonie konstant bei Zimmertemperatur zu halten oder konstant bei 4°C überwintern zu lassen. Genausowenig kann man pauschal für jede mediterrane Art sagen: "Die überwintert bei 18°C".
In der Natur treten immer Schwankungen auf. Wie groß diese allerdings sind, lässt sich nur mit der Herkunft sagen. Daher sehe ich auch den Schluss nicht unbedingt als treffend. :)

Die Publikation ist übrigens wirklich sehr interessant. Danke dafür! :)

lg
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#24 AW: Camponotus cruentatus inaktiv

Beitrag von DermitderMeise » 1. September 2011, 00:27

Guten Abend,
syafon hat geschrieben:Richtig, aber auch gleiche Arten aus unterschiedlichen Regionen haben unterschiedliche Ansprüche an die Temperaturen.

das stimmt zwar, aber weder weiß man welche in was für einem Ausmaß, weswegen wir da über hypothetische ungelegte Eier reden, noch halte ich es für relevant in dieser Diskussion, denn es sind Faktoren, die man i. d. R. i. d. H(altung). sowieso nicht berücksichtigt/berücksichtigen kann.

Und darum gehts doch eigentlich, oder? :)

Mir nicht. :D Mir geht es darum, dass sich die Ameisen ihre Vorzugstemperatur selbst aussuchen können, so wie es derzeit tagsüber in Spanien und im Atlas, wohl ziemlich überall im mediterranen Raum, der Fall ist, und zwar frei zwischen Raumtemperatur und 30 °C oder auch mehr.
Wenn man eine mediterrane Allerweltsart bei Zimmertemperatur hält - wie auch immer die aussieht - ist das in den meisten Fällen wohl einfach nur suboptimal - was vieles in der Haltung ist, klar, und überwiegend scheint das nicht besonders tragisch zu sein, denn es funktioniert ja ausreichend gut - s. Boros Erfahrungsberichte. Aber wenn dann etwas mit der Kolonie nicht so klappt wie es sollte, ist man vielleicht einfach schon im Pessimum dieser Art/Kolonie gelandet. Dann spricht m. E. nichts dagegen, dass man versucht die Natur näherungsweise nachzuahmen. Da wir wiederum nicht wissen, wovon wir nun näherungsweise ausgehen können, spricht nichts gegen einen gemäßigten mediterranen Temperaturverlauf. Oder?

Und warum im Nest nicht ein paar Grad kühler als die Umgebung? Ist in der Natur auch so.

Es ist in der Natur auch so, aber die Skala ist im mediterranen Bereich nach oben verschoben. Die Arten halten sich dort nicht bei 20 °C auf, wenn sie es sich aussuchen können, sondern bei 25 oder mehr.

Ich hatte bis vorhin den Eingangsbeitrag nicht vernünftig gelesen und dann erst gesehen, dass Rolf erst seit fünf Wochen mit sehr geringer Leistung beheizt. Dann würde ich mich - in Unkenntnis von Rolfs Zimmertemperatur - sogar zu der Äußerung versteigen, dass es bisher einfach zu kalt war, als dass die Tiere Brut hätten aufziehen könnten. Diese Situation kommt mir bekannt vor, auch wenn dir meine marokkanischen Rückschlüsse spanisch vorkommen. ;)

Nebenbei, schrieb ich ja schon, habe ich nicht erfunden, dass man diese Tiere ab 25 °C halten sollte, sondern diese Angabe fand sich an einigen Stellen (ich entdeckte sie erst, nachdem ich das für meine Dame selbst herausgefunden hatte). Muss deswegen natürlich nicht für alle Kolonien stimmen - bei Boro ging es offensichtlich ohne - doch man würde damit nichts falsch machen.
Ich habe zwar auch meine Messor über einige Zeit bei Zimmertemperatur gehalten, doch irgendwann hatte ich keine Lust mehr auf das Hin- und Hergeschleiche der Arbeiterinnen - über meine Zimmertemperatur habe ich weiter oben und an anderen Stellen schon geschrieben. ;)

Meine Empfehlung war ja 18-20 Grad im Nest, 24 Grad in der Arena.

...was für mitteleuropäische Arten im Sommer super ist - wenn auch nicht naturnah - bei mediterranen aber das Ziel verfehlt. Ich habe zwar die Temperatur nicht gemessen (gab bessere Sachen zu tun :)), doch so einige Ameisen (Camponotus sp. & Pheidole sp. konnte ich dabei beobachten) in Spanien bringen ihre Brut gerne in den Abendstunden unter Steinen unter, wenn die Luft noch eine Temperatur von knapp 30 °C hat.

Außerdem habe ich niemals einen Vergleich mit einer mitteleuropäischen Art mit endogenem Rhytmus gebracht. ;)

Das mag sein, doch irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass die als Maßstab dienen, egal ob die Winterruhe endogen ist oder nicht. Das wird sich jetzt durch die Sache mit den Durchschnittstemperaturen in Madrid (s. u.) geklärt haben.

Auch das mediterrane Temperaturprofil des Gebietes lässt noch nicht auf die spanische Gyne schließen, da diese auch aus nördlicheren Gegenden stammen kann, wo ein anderes Profil vorherrscht.

Kann sein, bringt uns aber auch nicht weiter.
Sollte die Winterruhe Schuld sein an dem derzeitigen Verhalten - gut, dann ist das so und dieses Jahr bleibt ein Jahr ohne großen Zuwachs. Doch wenn nicht, kann man quasi sofort den Missstand durch Anbieten eines Temperaturgefälles beheben und es wird evtl. noch eine Generation aufgezogen.
Da sie generell aus dem mediterranen Raum stammt, sehe ich nicht was falsch sein soll, wenn man der Kolonie jetzt normale, mediterrane Temperaturen und die freie Wahl bietet...?

Erste Richtwerte zog ich aus dem Klimadiagramm für Madrid und waren nicht bezogen auf mitteleuropäische Temperaturen.

Habe ich mir auch mal angesehen, damit wir eine gemeinsame Basis haben. Da ist sie wieder, die Lüge des Durchschnitts. ;) Die durchschnittliche Temperatur sagt wenig bis nix über den Temperaturverlauf aus; dann sollte man sich lieber die Max- und -minimaltemperatur angucken und dazwischen einen imaginären Temperaturverlauf zusammenfantasieren. :) Dazu kommt wie üblich, dass die Tiere im Boden leben und der gehörig wärmer werden kann als die in Klimadiagrammen aufgeführte Lufttemperatur und dass Ameisen auch noch kleinräumigste Temperaturunterschiede zu ihrem Vorteil nutzen.

Absolut richtig, aber genauso unnatürlich ist es, eine einheimische Kolonie konstant bei Zimmertemperatur zu halten

Und das hat wer wann empfohlen? Bzw. ist es für dieses Thema relevant?
Da wären wir wieder bei dem Punkt von weiter oben: Es ist unnatürlich, aber es funktioniert offensichtlich meistens hinreichend gut. Wenn das nicht der Fall ist, sollte man etwas ändern.

oder konstant bei 4°C überwintern zu lassen.

Stimmt zwar, allerdings geht es da um die inaktive Phase - egal ob man die Tiere bei 4, 10 oder 15 °C überwintert passiert dort sowieso nicht viel (keine Brutaufzucht), solange die Temperatur sich innerhalb physiologischer Parameter bewegt.

Genausowenig kann man pauschal für jede mediterrane Art sagen: "Die überwintert bei 18°C".

Hat doch auch niemand gesagt. :)

Die Publikation ist übrigens wirklich sehr interessant. Danke dafür! :)

Gerne! :)



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