Myrmica sp. verfĂŒttert Milbe [Beobachtung]

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#1 Myrmica sp. verfĂŒttert Milbe [Beobachtung]

Beitrag von Streaker87 » 7. Oktober 2010, 13:42

Gerade haben ich die wohl, aufgrund der Witterung, letzten Fliegen gefangen und an meine Myrmica sp. verfĂŒttert, weil sie immer noch einen Haufen Larven und sogar Eier besitzen. Sie wollen sich einfach noch nicht in die Winterruhe verabschieden.

Da machte sich plötzlich eine Milbe auf den Weg in die Königinnenkammer. Keine Ahnung woher die stammte. Das Substrat bewĂ€ssere ich garnicht, können also nur die Fliegen dran Schuld sein, die ich nicht ĂŒberbrĂŒht oder nĂ€her betrachtet habe. Die waren so dĂŒrr...

Der Milbe kam allerdings eine Arbeiterin auf die Schliche, hat sie mit den Antennen beim vorbeigehen ertastet und gleich zwischen die Kiefer genommen. Ein paar mal ordentlich geknetet, dann zu den Larven und verfĂŒttert.
Aufgrund der FliegenfĂŒtterung herrscht nun ein zunehmendes Durcheinander, sodass ich die Milbe nach mehreren Minuten aus den Augen verloren habe.
Ich hoffe mal, dass die Milbe nicht allzu zĂ€h war und nur das Opfer gemimt hat, um spĂ€ter auf die Brut oder Ameisen ĂŒber zu springen.
WĂ€re auf jeden Fall eine super Taktik...
Jedenfalls haben Arbeiterinnen abwechselnd (und manchmal auch die Königin persönlich) die Milbe immer wieder auf die Larve positioniert. Bewegt hat sich das Krabbelviech dem Anschein nach nicht mehr.

1)
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2)
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3)
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4)
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Hoffe, die Bilder reichen aus, um etwas zu erkennen. Eine "Àhnliche" Milbe habe ich vor Monaten auf einer Lasius fuliginosus Arbeiterin entdecken können (Klick). Hat so'n bisschen was von einer Zecke. Die Dinger sind einfach höllisch klein (< ~1mm).




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Streaker87
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#2 AW: Myrmica sp. verfĂŒttert Milbe [Beobachtung]

Beitrag von Streaker87 » 7. Oktober 2010, 18:46

Aufgrund positiven Feedbacks habe die fehlenden Bilder jetzt auch noch hochgeladen und in zeitlich korrekter Reihenfolge gepostet.

1) Vor der Königinnenkammer gestellt:
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2) Richtig bearbeiten und festhalten. Eindringling leistet keinen Widerstand und ergibt sich:
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3) Auf direktem Weg zu den hungrigen Larven:
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4) Potentielles Futter wird richtig positionieren. Auf den kleineren Larven wird so ein gefÀhrliches Futter wohl nicht landen:
2349_7a4aafcd81a70cb076eaa12bcc9b6b47


5) Gyne ist neugierig und schaut auch mal vorbei, hilfte gerne beim Essen-Positionieren nach:
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Frage:

Was fĂŒr eine Art "Milbe" soll mein Fund eigentlich sein? So wie die Viecher vom AmeisenWiki sehen meine nicht aus.




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#3 AW: Myrmica sp. verfĂŒttert Milbe [Beobachtung]

Beitrag von Imago » 7. Oktober 2010, 19:33

Hi Streaker,

interassante Geschichte!

Und danke fĂŒr die Bilduntermahlung. Verwundern tut mich das die Milbe entdeckt wurde. Ich selber hatte ja kĂŒrzlich auch Probleme mit StaublĂ€usen in zwei meiner Formicarien. Diese konnten das Nestbetreten und verlassen nach Lust und Laune, ohne das die Ameisen sich auch nur im Geringsten daran störten.

Ich frage mich jetzt natĂŒrlich, was hat die Mibe bei Dir falsch gemacht?

War sie einfach nur falschen Zeit am falschen Ort?

Oder wĂ€re sie frĂŒher oder spĂ€ter so oder so aufgeflogen?

Die StaublĂ€use bei meinen Messor cf. semirufus waren zu hunderten im Nest und wurden meinen Beobachtungen nach völlig in Ruhe gelassen. Die können unmöglich alle den Koloniegeruch angenommen haben, denn Anfangs und z.T. bis zu letzt, kamen die Biester ĂŒber das Becken in das Nest. Eine Laus die zum ersten Mal das Nest betritt, kann doch unmöglich als Koloniemitglied durchgehen.

Dein Beispiel ist ja der beste Beweis.

Und da wissen wir nicht einmal wie lange die Milbe schon im Nest war. Evtl. Tage?

Ich verstehe das nicht. Auch meine Raptiformica litten extrem unter den StaublÀusen. Auch da wurden die Tiere nicht beachtet.

Warum zum Teufel finden sie bei Dir die Milbe?

Und bei mir gehen die StaublÀuse ein und aus als wÀre es deren Nest?!

Naja, vielleicht ich sollte mir wohl mal Deine Ameisen borgen:)

Danke fĂŒr den Beitrag, sehr interessant!

LG Imago



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christian
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#4 AW: Myrmica sp. verfĂŒttert Milbe [Beobachtung]

Beitrag von christian » 7. Oktober 2010, 20:27

Ich denke, das liegt hauptsĂ€chlich am Jagtverhalten der Tiere, Raptiformica ist ja eher auf große Tiere spezialisiert und Messor auf Aas. Myrmica dagegen geht gerne auf was kleines, genau wie Temnothorax o.Ă€., letztere betreiben eine recht erfolgreiche Jagt nach StaublĂ€usen, was mich zwar etwas wundert, aber schon mehrfach beobachtbar war. Also einfach 2- 3 Temnothorax einsetzen und man ist die Staublausplage los :) (wobei ich zugeben muss: Ich bin mir nicht sicher, ob es tatsĂ€chlich StaublĂ€use sind; sie sind klein und dick, brĂ€unlich marmoriert und machen kleine SprĂŒnge, bis ca. 3cm weit, obwohl sie selbst bloß 1mm groß sind, etwa doppelt so groß, wie der Kopf einer Temnothorax- Arbeiterin, auch haben sie keinen Panzer und kommen schon seit Jahren im ganzen Haus vor; obwohl sich keine Wasserquelle in der NĂ€he befunden haben sollte!?). Ware Plage die Viecher, obwohl es bei mir eigendlich keine großen Mengen auf einem Haufen waren.

@Topic: Wenn's tatsĂ€chlich eine Milbe war, wundert micht das schon; die sollten ja eigendlich darauf angepasst sein, sich vor Ameisen zu verdrĂŒcken. Danke fĂŒr den interessanten Post :).



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#5 AW: Myrmica sp. verfĂŒttert Milbe [Beobachtung]

Beitrag von Gast » 7. Oktober 2010, 20:51

So weit erkennbar (2. Bild im Startpost), handelt es sich mit einiger Wahrscheinlichkeit um eine Hornmilbe (Unterordnung Oribatida).
Zu deren Lebensweise siehe hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Hornmilben
Bei den Formen im Bild ist auch eine sehr große, die dem von Streaker87 abgebildeten Tier nahe kommt.
Eine weitere deutschsprachige, wissenschaftliche Seite:
http://www.hypersoil.uni-muenster.de/0/07/06/08.htm
Eine Gefahr fĂŒr die Ameisen oder ihre Brut dĂŒrften solche Milben nicht bedeuten. Sie gehören aber z.B. zum Speiseplan der einheimischen Myrmecina graminicola. Eine sĂŒdostasiatische Myrmecina-Art soll mit einer Hornmilbenart in Symbiose leben.

@ Streaker87: So weit ich weiß, ist das die erste direkte Dokumentation einer Myrmica, die eine solche Milbe erbeutet und an die Brut verfĂŒttert! Dazu meinen herzlichen GlĂŒckwunsch!
Dabei wĂ€ren Hornmilben nach dem, was auf den verlinkten Seiten angegeben wird, vielleicht sogar die viel beschworenen und nie bewiesenen „guten Milben“, die im Formikar eher nĂŒtzlich als schĂ€dlich werden sollen :).
Nur, leider, weltweit sind etwa 10.000 Hornmilbenarten bekannt, von denen circa 60 Familien mit 400 Arten in Deutschland zu finden sind. (Wikipedia). Nicht einfach, da die "richtigen" heraus zu picken.
Und wenn die Ameisen dann ihre "Freunde" auch noch einfach verspeisen
.?:confused:

Wie kommt sie in Dein Formikar? Hat sie eine Flugreise auf der Fliege gebucht (Phoresie)? Oder hast Du die Fliege auf dem Rasen/ Kompost/ im Garten geklatscht und die Milbe zufÀllig mit erwischt?
Jedenfalls mal ein schöner Bericht, der Neues prÀsentiert!

MfG,
Merkur



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Streaker87
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#6 AW: Myrmica sp. verfĂŒttert Milbe [Beobachtung]

Beitrag von Streaker87 » 7. Oktober 2010, 21:35

Merkur hat geschrieben:Wie kommt sie in Dein Formikar? Hat sie eine Flugreise auf der Fliege gebucht (Phoresie)? Oder hast Du die Fliege auf dem Rasen/ Kompost/ im Garten geklatscht und die Milbe zufÀllig mit erwischt?
Hi!

Formikar ist vielleicht etwas ĂŒbertrieben. Meine Myrmica mĂŒssen sich derzeit noch mit einer Pralinenschachtel, gefĂŒllt mit (knochentrocken) lehmiger Erde, zufrieden geben. Ich kontrolliere das kleine Nest mehrmals tĂ€glich, da entgeht einem eigentlich nichts so schnell.

Heute war es draußen etwas frischer als sonst, die Insekten also rar. Die Ansammlung von Fliegen habe ich auf dem noch warmen Auto meines Großvaters angetroffen. Mit einer Klatsche wurden sie betĂ€ubt und dann in ein 40ml tube ĂŒberfĂŒhrt. Es waren sieben an der Zahl. Die zwei kleinsten habe ich entnommen und den Myrmica vor den Eingang gelegt, welche auch direkt ins Nest gezerrt wurden. Die restlichen fĂŒnf Fliegen, teils noch bei Sinnen, kamen sofort in den Gefrierschrank.

Dann ist mir auch schon die Milbe im Nest aufgefallen. Denn, bevor die beiden Fliegen ĂŒberhaupt bei den Larven waren, wanderte die Milbe schon fröhlich umher (besser gesagt, nur eine Kammer weiter und wurde daraufhin gestoppt).

Jetzt (bzw. gerade eben):

Auf dem Weg zum Gefrierschrank ist mir noch durch den Kopf gegangen, wie hoch wohl die Wahrscheinlichkeit fĂŒr einen weiteren, zweiten Befall wĂ€re und im Zimmer, unter der Lampe, dann der "Schock". Eine der fĂŒnf Fliegen ist tatsĂ€chlich von den roten Milben befallen. 6 kleine Sauger konnte ich Ding fest machen.

Randbemerkung: Der 40ml tube wurde von mir mehrmals krĂ€ftig geschĂŒttelt, kann also gut sein, dass sich die zuvor dokumentierte Milbe vom eigentlichen Wirt gelöst hat und nicht vorher auf den beiden Futterinsekten saß.

Fotos:

1)
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2)
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3)
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Um zu den Fliegen nochmal zurĂŒck zu kommen. Alle machten einen quick lebendigen Eindruck. Bei keiner konnte ich mich an eine "EinschrĂ€nkung" erinnern. Sobald ich mit der Klatsche etwas zu nahe kam (~ 20cm), waren sie weg. Ich muss dazu sagen, ich bin mit der Klatsche sehr geĂŒbt ;) Aber die wollten irgendwie nicht. Als ob die sich untereinander abgesprochen hĂ€tten. Ich wollte die Fliegen ja nicht zermatschen, nur betĂ€uben. Das geht fast nur aus einer geringeren Distanz.




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