Dorylus wilverthi - Unterirdische Frage

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PincoPallino

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#1 Dorylus wilverthi - Unterirdische Frage

Beitrag von PincoPallino » 20. Januar 2024, 00:07

Hallo zusammen,

mich beschäftigt schon seit einiger Zeit eine Frage. Dazu gleich...

Irgendwo bin ich vor einiger Zeit mal wieder auf einen Beitrag so nach der Art "die größten Ameisen der Welt" gestossen. Von der dort erwähnten größten Art hatte ich bis dahin noch nie gehört: Dorylus wilverthi

Die Königinnen sollen über 5 cm groß werden. Viel erfährt man über sie aber nicht. Es gibt nicht mal wirklich gute Fotos von ihnen. Ihr könnt ja selber mal die Suchmaschine eures Vertrauens fragen. Die Größe interessiert mich aber gar nicht so sehr.

Das sind afrikanische Treiberameisen, die mit 20 Mio Exemplaren auch die größten Ameisenvölker bilden sollen. Keine Ahnung, ob das stimmt. Wenn man mal von Superkolonien absieht, vielleicht.

Was mich aber beeindruckt hat, war, dass ich über sie gelesen habe, dass sie ihre Treibjagden oft unterirdisch veranstalten. Und da kommt nun endlich meine Frage.

Wie kann ich mir unterirdische Triebjagden von Ameisen vorstellen? Oberirdisch ist das ja einfach, aber unterirdisch? Davon habe ich noch nie gehört.

Nutzen sie dabei vorhandene Gänge von Würmern und ähnlichem? Graben sie ihre eigenen und wenn ja, vor oder während der Jagd? Ich wüsste wirklich gern, wie das funktioniert.

fragende Grüße vom Pinco
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#2 Dorylus wilverthi - Unterirdische Frage

Beitrag von Joschi » 20. Januar 2024, 13:26

Dorylus (in Afrika "Siafu" genannt) zu beobachten ist in den afrikanischen Tropen immer ein echtes Highlight für mich gewesen. Die Königinnen übertreffen tatsächlich in der Größe alles bekannte, selbst habe ich aber nur einmal bei einem Umzug eine zu Gesicht bekommen - diese ist aber dicht mit Arbeiterinnen überwuchert, wie man es auch von Pheidologeton kennt. Die Kolonien spalten sich nach der Paarung auf und die Arbeiter verteilen sich auf die Königinnen, einen klassischen Schwarmflug gibt es dort nicht.

Imposant sind aber die Männchen, diese Klopper kann man durchaus mal alleine sehen und kann sich dann lebhaft vorstellen, wie groß so eine Königin ist.

Die Kolonien bilden beeindruckende Furchen, die zentimetertief in den Boden reichen, und nutzen diese als Autobahnen. Es gibt Verkehr und Gegenverkehr, und eine große Zahl Ameisen steht mit Blickrichtung auswärts am Rand der Bahnen, um eine lebende Mauer zu bilden. Hält man einen Stock dort hinein, beißen sich dort hunderte Ameisen fest mit ihren ungewöhnlich langen und gebogenen Mandibeln. Diese langen "Stoßzähne" sind extra dafür gemacht, damit die Ameisen sich zu lebenden Nestern verzahnen können.

Die Kolonien bevorzugen unterirdische, bereits bestehende Kammern als temporäre Nester, z.b. verlassene Termitenbauten, Nester kleine Säugetiere oder vom heftigen Regen ausgewaschenes Wurzelwerk unter Bäumen. Ein echtes unterirdisches Labyrinth bauen die meisten Dorylus aber nicht selbst. Unterwegs sind sie eher zwischen Boden und Streuschicht, nur die großen Trassen liegen frei und werden heftig bewacht.
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#3 Dorylus wilverthi - Unterirdische Frage

Beitrag von PincoPallino » 20. Januar 2024, 16:57

Hi Joschi,

du konntest die live beobachten? Wow!
Die Kolonien bilden beeindruckende Furchen, die zentimetertief in den Boden reichen, und nutzen diese als Autobahnen. Es gibt Verkehr und Gegenverkehr, und eine große Zahl Ameisen steht mit Blickrichtung auswärts am Rand der Bahnen, um eine lebende Mauer zu bilden. Hält man einen Stock dort hinein, beißen sich dort hunderte Ameisen fest mit ihren ungewöhnlich langen und gebogenen Mandibeln. Diese langen "Stoßzähne" sind extra dafür gemacht, damit die Ameisen sich zu lebenden Nestern verzahnen können.
Das hab ich auch in mindestens einem Video gesehen

https://www.youtube.com/watch?v=77SyZn2W4-Y

Wenn ich das richtig verstanden habe, ist das ein Männchen dieser Art (s. BBC-Video: https://www.youtube.com/watch?v=MHoRiFq3ekw). Darin sieht man auch eine Königin.

Dorylus wilverthi.JPG

Dann müsste die Größenangabe im Bild aber massiv falsch sein. Statt "mm" müsste es nach meinem Verständnis "cm" heißen.

Habe ich das mit den unterirdischen Treibjagden vielleicht falsch verstanden? Ist damit nur gemeint gewesen, dass sie am Boden jagen (aber nicht im Boden) und nicht in die Höhe, also Bäume etc. dabei gehen?

Grüße vom Pinco



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#4 Dorylus wilverthi - Unterirdische Frage

Beitrag von Joschi » 20. Januar 2024, 18:25

Die Männchen sind kleiner als die Königin, "nur" etwa 30mm oder leicht mehr. Die Skala auf dem Bild erscheint mir auch nicht zu passen, zumal auf AntWiki auch ein Bild zu finden ist, wo das Männchen die Hälfte eines Fingers misst. Die Königin sieht allerdings nicht aus wie eine "übliche" Ameise, sondern eher wie die Larve eines Gelbrandkäfers. Sehr langgezogener Hinterleib mit langen Mandibeln am Kopf, und kaum fähig sich zu bewegen. Die größten Königinnen im klassischen Sinne (also ein eigenständiges, funktionales Tier) sind immer noch bei Dinomyrmex, Dinoponera und Myrmecia.

Es gibt kleinere Dorylus, die im Untergrund gut zurecht kommen, ihr Körper ist dazu dann auch gut gebaut. Wenn wir aber von den großen Arten mit gigantischen Kolonien und Soldaten reden, dann sind das überirdische Raubzüge, die Kolonie sucht höchstens einen möglichst geschützten Platz für ein Biwak. Das kann aber auch mitten um einen Baumstamm oder Strauch passieren.

Ein unterirdisches System wäre für diese Arten unpraktikabel, da es Nomaden sind und auch nicht dieselben Strecken benutzen. Wenn in Afrika eine Dorylus quer durch die Nachbarschaft zieht, das kennen die Menschen seit Generationen, dann werden die Wohnungen kurze Zeit geräumt und die Ameisen werden "durch gelassen".
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#5 Dorylus wilverthi - Unterirdische Frage

Beitrag von Joschi » 28. März 2024, 18:18

Hallo liebe Ameisenfreunde. Da ich gerade in den afrikanischen Tropen unterwegs bin, wollte ich diesen thread nochmal wiederbeleben. Hier begegnet man selbst in den Trockenwäldern manchmal einer Dorylus Kolonie, die ihrer Wege zieht.




(Ich kriege es leider nicht hin das Video korrekt einzubinden vom Handy aus.)
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#6 Dorylus wilverthi - Unterirdische Frage

Beitrag von Joschi » 2. April 2024, 14:25

Und ein paar mehr Begegnungen. Dorylus benutzt zum Teil überdachte und auch leicht unterirdische Strassen, ich konnte auch ein halb unterirdisches Nest in einem Palmenstumpf finden, eine Masse Soldaten diente als Dach. Leider kommt man nie physisch nah genug an das grosse Nest ran, da man in Sekunden überrannt wird. Die Ameisen reagieren schnell auf den fremden Geruch, in dem Fall ein Mensch.







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#7 Dorylus wilverthi - Unterirdische Frage

Beitrag von PincoPallino » 3. April 2024, 01:15

Hi Joschi,

viel Spaß und noch ein paar schöne Ameisenbegegnungen in Afrika! Da wäre ich jetzt auch gern! Hier 10 °C und Regen...

Grüße vom Pinco
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