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Camponotus lateralis und piceus - Fotobericht

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Boro
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#1 Camponotus lateralis und piceus - Fotobericht

Beitrag von Boro » 3. Juni 2008, 21:00

Camponotus lateralis und Camponotus piceus - ein Vergleich.

Ich hatte heuer das erste Mal Gelegenheit C. lateralis in Istrien eingehender in der Natur zu beobachten. Camponotus piceus kann ich hÀufig im eigenen Steingarten sehen. Ein Vergleich der beiden Arten ist schon deshalb interessant, weil sie in der Vergangenheit zumindest was das (vermeintliche) Vorkommen von C. lateralis in Mitteleuropa betrifft, verwechselt wurden (B. Seifert, 2007, S. 268).
Es stellt sich jetzt die Frage, wie ist das möglich? Auf den ersten Blick sind sie schon von der Farbgebung her sehr verschieden.
Die zwei wenig bekannten Arten habe ich bereits an anderer Stelle vorgestellt. Hier:
http://www.ameisenforum.de/fotoberichte/28748-kleine-mitteleurop-camponotus-arten.html

Die Beobachtungen der Lebensweise und alle Bilder beziehen sich diesmal ausschließlich auf die Natur.
1. Vorkommen: Beide Arten kommen vor allem im Mittelmeerraum vor. Das nördlichste Vorkommen von C. lateralis gibt es im Tessin. Nur Camponotus piceus tritt auch in Mitteleuropa auf, ist hier aber fast ĂŒberall vom Aussterben bedroht. Nur in Baden-WĂŒrtemberg soll sie noch hĂ€ufiger sein.
2. Habitat: C. lateralis lebt hÀufig im Totholz. Aber auch zwischen Steinplatten/unter Steinen kann man diese Art öfter finden. C. piceus kommt bei uns nur in ausgesprochenen WÀrmegebieten vor, in der Regel bauen sie Erdnester in sehr gut besonnten Trockenwiesen. In Istrien bevorzugt sie halbschattige Wiesen und Waldlichtungen und ist damit weniger thermophil als etwa Camponotus aethiops, die hier ebenfalls hÀufiger vorkommt.
3. SchwÀrmzeit: C. lateralis schwÀrmt im Tessin im April (B. Seifert, 2007, S. 268), C. piceus schwÀrmt bei uns (KÀrnten) im Mai (2 eigene Beobachtungen 2007 u. 2008).
4. Aussehen und GrĂ¶ĂŸe: Beide Arten sind etwa gleich groß, die Arbeiterinnen erreichen 5-7mm (Minorarbeiterin bis Majorarbeiterin).
C. lateralis ist sehr schön gefÀrbt: Kopf und Mesosoma rot/orangerot bei den Majoren, rot/dunkelrot/rotbraun bei den Minoren. Die Gaster ist schwarz.
Bei C. piceus sehen alle Arbeiterinnen gleich aus: Tiefschwarz, lackartig glÀnzend.
5. Verhalten im natĂŒrlichen Lebensraum:
Beide Arten bewegen sich sehr Ă€hnlich, relativ langsam oder in mittlerer Geschwindigkeit laufend, oft ĂŒber lĂ€ngere Distanzen in gleichmĂ€ĂŸigem Tempo. Bei Gefahr können beide Arten blitzartig reagieren, sie erreichen hier Höchstgeschwindigkeiten.
Vor allem C. piceus versucht den Bodenkontakt nach Möglichkeit zu meiden und lĂ€uft vorwiegend - auch weite Strecken - ĂŒber Halme und GrĂ€ser. Sehr Ă€hnlich macht das auch C. lateralis, vielleicht in geringerem Ausmaß.
Besonders ist mir aufgefallen, dass sich die Majore beider Arten bei Gefahrlosigkeit in einer auffallend ruhigen Gangart bewegen, mir hat sich der Vergleich mit "majestÀtischer Gelassenheit" aufgedrÀngt.
Beide Arten sind sehr vorsichtig und stets fluchtbereit. In NestnĂ€he kann man bei C. lateralis eine gewisse Aggressionsbereitschaft erkennen. VolkstĂ€rkere Kolonien sind etwas "selbstbewusster", da rĂŒcken mitunter auch die Media- und Majorarbeiter etwa zur Verteidigung einer Beute aus. Gegen einzelne Angreifer (z. B. Tapinoma sp. oder Formica cunicularia) wird dann eine Beute auch verteidigt. Diese wird von Mitgliedern beider Arten nie gemeinsam ins Nest gezogen, sondern an Ort und Stelle "ausgesaugt".
Bei beiden Arten konnte ich heuer erstmals feststellen, dass einzelne Majore ausrĂŒcken, um von den Mitgliedern ihres Volkes besuchte "Ameisenwege" abzusichern. Mit wenig Bewegung zwischendurch sitzen diese Exemplare dann oft stundelang an einem Ort. Vorbeikommende Ameisen werden mit blitzartigen Scheinangriffen kontaktiert, handelt es sich um eine fremde Ameise, gibt es sofort ein wildes Gerangel.

Zusammenfassend kann man sagen: Beide Arten sind in GrĂ¶ĂŸe und Habitus sehr Ă€hnlich, ihre Bewegungsmuster sind fast gleich, nur in der AusfĂ€rbung gibt es sehr deutliche Unterschiede.
Allerdings könnte man Minor-Arbeiterinnen von C. lateralis wegen ihrer dunkleren FÀrbung auf den ersten Blick auch mit einer Minor-Arbeiterin der anderen Art verwechseln.
Die Bilder sollen die Unterschiede aufzeigen:

Major-Arbeiterin als Wachposten.
1. Bild

2. Bild

Major- und Minor-Arbeiterin: Verschiedene AusfÀrbung!
3.Bild

4. Bild

5. Bild

Relativ dunkle Minor-Arbeiterin!
6. Bild

Major von C. piceus als WĂ€chter!
7. Bild

8. Bild

9. Bild

Major- und Minorarbeiterinnen: Vollkommen gleiche AusfÀrbung!
10.Bild

Gruß Boro



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#2 AW: Camponotus lateralis und piceus

Beitrag von Boro » 18. MĂ€rz 2009, 19:49

Andere Kamera, neue Bilder!
Die erste Bildserie wurde mit einer Konica-Minolta Dimage A 2OO aufgenommen, die lÀngst nicht mehr erzeugt wird. Es ist eine Bridge-Kamera mit 8 Megapixel, einem guten Verwacklungsschutz u. mit digitalem Zoom, den ich immer nur bis max. Stufe 2 ausreize. Zum Einsatz kommt immer eine Nahlinse, sonst nichts: Kein Stativ, kein externer Blitz u. À.
Diese Bildserie von kÀmpfenden Camponotus piceus u. Camponotus lateralis-Media-Arbeiterinnen wurde mit einer Canon EOS 400 D aufgenommen. Zum Einsatz kam nur ein ca 20 Jahre altes Macro-Objektiv und eine Nahlinse. Sonst nichts:Kein Stativ, kein externer Blitz, BalgengerÀt usf.
Vorteil: 10 Megapixel haben eine gewisse Wirkung, sehr gute Farben, schnell.
1.Nachteil: Kein Verwacklungsschutz, da muss man eine extrem ruhige Hand haben. Die hat mein Sohn, die Bilder hat er gemacht.
2.Nachteil:Bei den meisten Bildern muss man buchstĂ€blich am Boden liegen, um die Tiere in den Fokus zu bekommen. Da fehlt das schwenkbare Display sehr (gibt es aber jetzt fĂŒr SLRs schon).

Zu den Bildern selbst: Beide Arten sind sehr scheu und stets fluchtbereit. Ich habe oben bereits angedeutet, dass fĂŒr mich Camponotus lateralis in gewissen Situationen etwas aggressiver erscheint. Trotzdem war ich ĂŒberrascht, dass etliche C. lateralis-Arbeiterinnen ausrĂŒckten, um ein etwa 2,5m entferntes C. piceus-Nest zu attackieren.
Bild 1.Das Gerangel beginnt!
Bild

Bild 2.:
Bild

Bild 3.:Jetzt scheint es ernst zu werden!
Bild

Bild 4.:
Bild

Bild 5.:Inzwischen versuchen beide Tiere die GiftdrĂŒse einzusetzen!


Bild

Bild 6.:
Bild

Es gab dann doch 2, 3 tote und ein paar verletzte Tiere. Zu einem grĂ¶ĂŸeren Angriff ist es aber zum GlĂŒck nicht gekommen.
Beste GrĂŒĂŸe v. Boro



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#3 AW: Camponotus lateralis und piceus

Beitrag von Boro » 18. April 2009, 20:12

Neuigkeiten von der Camponotus piceus/Camponotus lateralis- Front

Ich muss meine eingangs niedergeschriebene Meinung ĂŒber die beiden Arten doch revidieren. War ich schon im letzten Bericht von der AggressivitĂ€t von Camponotus lateralis etwas ĂŒberrascht, hat sich nun herausgestellt, dass auch Camponotus piceus gar nicht so scheu und Ă€ngstlich erscheint, wie ich ursprĂŒnglich angenommen hatte.
I.) In Istrien kann man beide Arten nebeneinander studieren. Bei meinem letzten Besuch konnte ich feststellen, dass aus dem mir bekannten C. piceus-Nest etwa 2 Dutzend Majoren recht gemÀchlich mehr od. weniger hintereinander in eine Richtung wanderten. Den Grund hatte ich rasch entdeckt: Es gab schon wieder einen Konflikt mit dem in 2,5m entfernt liegenden C. lateralis- Nest.
Mit einem wesentlichen Unterschied: Diesmal rĂŒckten die C. piceus-Arbeiterinnen gleich beim ersten Erscheinen des Feindes aus. Nach dem Tod einer C. lateralis-Arbeiterin, verblieben 2-3 Majoren von C. piceus als Wache zurĂŒck. Sie patrouillierten auf einem Ästchen, das wohl als Anmarschweg der Feinde hĂ€tte dienen können, etwa 1,5 Stunden auf und ab.
1. Major von C. piceus auf Patrouille
Bild

2. Zwischendurch gönnt man sich eine (trotzdem wachsame) Ruhepause
Bild

3. Eine C. lateralis-Arbeiterin flĂŒchtete auf den nĂ€chsten Grashalm:
Bild

4. Eine C. piceus ĂŒber der getöteten C. lateralis-Arbeiterin
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5. C. piceus versucht den an ihrem Bein hÀngenden Feind irgendwie los zu werden
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II.) 6. Auch von den in meinem Garten lebenden C. piceus kann ich diesbezĂŒglich etwas Neues berichten: Die BlĂŒten meiner Pieris japonica (Erika-GewĂ€chs) werden von zahlreichen Insekten besucht. Hier vertreiben einzelne C. piceus-Arbeiterinnen die ihnen zufĂ€llig begegnenden Formica fusca-Arbeiterinnen. FĂŒr mich ist das ebenfalls eine neue Feststellung, bisher hatte ich den Eindruck, dass C. piceus in der Hierarchie unter den Serviformica-Arten einzuordnen wĂ€re.!
Formica fusca bei den BlĂŒten der Pieris jap.
Bild

7. Gleich daneben krabbelt eine C. piceus. Noch sind sie sich nicht begegnet!
Bild

Beste GrĂŒĂŸe v. Boro



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