Nach dem heutigen Stand der Forschung gilt Camponotus lateralis in Mitteleuropa als nicht dauerhaft ansässig. Seit einiger Zeit gibt es hin und wieder Meldungen betreffend die Einschleppung dieser Art aus dem Mittelmeerraum. Inwieweit diese Populationen auf Dauer überlebensfähig sind (waren), dürfte infolge Mangels an gesicherten Daten nicht bekannt sein.
Im vorigen Jahrhundert vertraten verschiedene Fachleute die Ansicht, dass C. lateralis in Teilen Österreichs und Süddeutschlands heimisch wäre. Für Kärnten wurde diese Ansicht z. B. v. W. GOETSCH und E. HÖLZEL vertreten. Inzwischen geht man davon aus, dass es sich bei entsprechenden Funden um Camponotus piceus gehandelt haben dürfte, dass also praktisch eine Verwechslung vorliege.
Eine vorübergehende Ansiedlung ist aber hier auch nicht gänzlich auszuschließen: C. lateralis kommt in den Tälern der Südalpen vor (Tessin über Südtirol bis Friaul). 30km von unserer Südgrenze entfernt treten in Fraul mediterrane Arten auf, eine Einwehung etwa schwärmender Geschlechtstiere gilt als sehr wahrscheinlich (Prenolepis nitens wurde in 2000m Höhe (!!) in der Kreuzeckgruppe gefunden). Mein inzwischen verschollener Fund von Pyramica argiola könnte auf dem "Luftweg" oder auch auf dem Landwege zu uns gelangt sein.
Die größte Hürde für mediterrane Zuwanderer bei Tieren und Pflanzen sind die winterlichen Verhältnisse in Mitteleuropa. Ein strenger Winter beendet in der Regel das zeitweilige Überleben solcher Einwanderer.
Für ein Experiment in diesem Sinne eignet sich kein Winter besser als jener im Klagenfurter Becken (Kärnten), der die warmen und sonnenreichen Sommer rasch vergessen lässt. Mit einer Jänner-Durchschnittstemperatur von -4° und gut 30 Eistagen (Tage an denen ununterbrochen Frost herrscht) stehen wir auf Grund der Temperaturinversion und der absoluten winterlichen Windarmut ziemlich einsam in Mitteleuropa da.
Die verschiedenen Berichte gerade der oben genannten Forscher haben jedenfalls meinen "Tatendrang" beflügelt: Seit vorigem Jahr läuft ein Versuch, der die Überlebensfähigkeit v. C. lateralis auf die Probe stellen soll. Mit einer
Bevor jetzt einige den mahnenden Finger heben, muss ich gleich vorwegschicken, dass ich mich mit der Art recht intensiv beschäftigt und ihre Biologie sowohl in Istrien als auch in Südtirol studiert habe. Die Art ist nirgends häufig, bildet nur kleine Völker aus, ist in keiner Weise invasiv und lebt ein recht unscheinbares Leben. Meine diesbezügliche Befassung mit der Art ist im Forum weitgehend dokumentiert:
http://www.ameisenforum.de/einheimische ... fotos.html
http://www.ameisenforum.de/fotoberichte ... 28748.html
http://www.ameisenforum.de/neues-aus-me ... 37279.html
http://www.ameisenforum.de/fotoberichte ... 32571.html
http://www.ameisenforum.de/fotoberichte ... 34311.html
http://www.ameisenforum.de/artbeschreib ... 30986.html
Nun zum eigentlichen Programm:
1. Das Nest befindet sich in einem etwa 60cm langen Holzstamm mit einem Durchmesser von etwa 14cm. Kurz nach der Freisetzung ist eine Horde großer und untypisch aggressiver Formica fusca ebenfalls in das Holz eingezogen. Nach anfänglichen feindlichen Begegnungen der 2 Arten herrscht jetzt eine Art von Burgfrieden mit gegenseitigem Respekt vor. Im Februar, als der Winter nicht enden wollte, bekam ich ein schlechtes Gewissen und wollte den Stamm in mein Gewächshaus schaffen. Dieser Versuch scheiterte, der Stamm ist zerbrochen und ich sah die fast bewegungslosen (gefrorenen) C. lateralis im unteren Bereich des Holzes. Bevor alles zerstört worden wäre, setzte ich den losen Holzteil wieder vorsichtig auf und ließ alles beim Alten.
2. Habitat: Recht naturbelassene Gartenecke mit sehr guter Besonnung in der warmen Jahreszeit, aber Abschattung im Winter. Unmittelbar daneben befindet sich eine Mannaesche (Fraxinus ornus), deren Läusekulturen sich als Hauptnahrungsquelle für mehrere Ameisenarten bewähren (C. lateralis, weniger F. fusca, die gefährliche Lasius emarginatus, eine weitere dunkle Lasiusart und Dolichoderus quadripunctatus). Insgesamt ist das Habitat durch zahlreiche Ameisenarten überbelegt und die Nahrungsbasis daher eher knapp bemessen. Eine sporadische Fütterung erscheint wegen der stets fluchtbereiten Verhaltensweise schwierig. In 1,5m Entfernung gibt es eine Gartenhecke aus verschiedenen Sträuchern von "anno dazumal". Die Ernährung v. C. lateralis erfolgt aber vorwiegend durch Trophobiose u. Auflecken v. abgespritztem Honigtau, eine Eigenheit, die auch auf andere arboricole Arten zutrifft. Insekten werden nicht aktiv gejagt, sondern nur kleine Aasstückchen ins Nest geschafft.
3.Aktivität: Das Erscheinen der ersten Arbeiterinnen im März hat mich gefreut und positiv überrascht. C. lateralis zeigte sich aktiver als meine inzwischen 3 C. piceus-Populationen. Vor 2 Tagen bemerkte ich eine einsame
4. Vorläufiges Ergebnis: Die Population hat den langen Winter gut überstanden, die überwinternden Geschlechttiere waren zahlreich vorhanden und machten einen normalen, gesunden Eindruck. Ein Winter, sei kein Winter, sagt man. Ein ständiges Überleben ist durch ein Ergebnis keineswegs gesichert, eine Bestandbildung der Art sehr unsicher, auch wegen der "gepflegten" Monokultur-Gartenlandschaft in der Umgebung.
Nun folgen noch ein paar Bilder:
1. Vor 10 Uhr (19°) erschienen erste Geschlechtstiere, v. Arbeiterinnen bewacht:
2. Langsam werden es mehr:
3. Noch fehlt die Parole zum allg. Aufbruch:
4. Einfach schön - in Großaufnahme!
5. Von der anderen Seite:
6. Zum Vergleich: Eine C. piceus-
7. "Kopfüber" spielt bei Insekten keine Rolle:
8. Die rote Zeichnung am Kopf und ein roter Fleck am lateralen
L.G.Boro