Warum eine Farm schlecht ist!

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Toblin
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#1 Warum eine Farm schlecht ist!

Beitrag von Toblin » 24. Oktober 2010, 12:53

Nach diesem provokanten Titel möchte ich direkt wieder versöhnlichere Töne anstimmen. Ich möchte in diesem Thread nämlich nicht pöbeln, sondern herausfinden ob meine Abneigung gegen Farmhaltung berechtigt ist, oder ob ich mit meinen Vorstellungen zu dem Thema irgendwie total daneben liege.


So sehe ich Farmen im Moment:


1. Umweltbedingungen

Die Feuchtigkeit in einer Farm lässt sich schlecht regulieren. Sie beinhaltet viel Sand, aber nur wenig freie Oberfläche, so dass überschüssige Feuchtigkeit nur langsam verdunsten kann. Ein reger Luft- und Feuchtigkeitsaustausch wie in der Natur kann nicht stattfinden. Die Suppe steht einfach nur in der Farm, das ist nicht naturnah!

2. Stabilität

Ein weiteres Problem ist die Einsturzgefahr bei zu trockenem Sand. Sei es, weil der Halter zu wenig befeuchtet oder weil die Ameisen Teile vom Nest „versehentlich“ von der Feuchtigkeitszufuhr abtrennen, indem Sie ihre Gängen und Kammern ungünstig anlegen. Auch Erschütterungen (beim beobachten, füttern) können Einstürze provozieren. Den Ameisen macht das relativ wenig, die graben sich wieder aus. Aber der besorgte Halter gießt im Durchschnitt vielleicht zu viel Wasser um das Nest stabil zu halten.

Hier sehe ich den erste großen Nachteil einer Farm: Die Lebensbedingungen der Tiere und die technischen Voraussetzungen für ein stabile Farm passen (je nach gehaltener Art) absolut nicht zusammen.


3. Plattenabstand
Zu den oben genannten Ãœberlegungen stellt sich noch die Frage nach dem richtigen Plattenabstand, also nach der Dicke der Sandschicht in der die Ameisen leben sollen. Je breiter, desto besser kann sich Feuchtigkeit verteilen und das kann Nest „atmen“. Auch die Gefahr das Teile trocken gelegt werden sinkt. Gleichzeitig steigt das Risiko, dass man die Ameisen nie zu Gesicht bekommt.
Wählt man dagegen einen geringen Plattenabstand verschlechtert man die Rahmenbedingungen und engt die Ameisen zusätzlich noch ein. Bei extrem ausgelegten Nestern kann sich die Königin kaum noch um die eigene Achse drehen! Der Blick ins Nestinnere wir trotzdem nie so klar sein, wie man sich das wünscht. Die Scheiben sind immer irgendwie verschmiert.

Hier sehe ich den zweiten großen Nachteil einer Farm. Der Wunsch, die Ameisen in ihrer natürlichen Umwelt, bei ihren natürlichen Aktivitäten zu beobachten, wird immer unerfüllt bleiben. Entweder sieht man sie gar nicht, oder man sieht sie nur schlecht. Und das auch noch in einem Nest das man nur mit Phantasie als natürlicher Lebensraum betrachten kann (siehe dazu auch Punkt 1 und 2)

4. Mangelnde Flexibilität
Sind die Ameisen einmal in die Farm eingezogen, sind sie kaum noch raus zu kriegen. Bei einem unvorhergesehenen Ereignis oder in einem Notfall (massiver Schimmelbefall, gebrochene Scheiben, neues Formi, o.ä.) sind dem Halter die Hände gebunden. Man kommt nicht an die Ameisen ran. Eine Farm trockenlegen ist schwierig und langwierig (siehe Punkt 1). Flutet oder erhitzt man sie, riskiert man das Volk. Naja, dauerhaft schlechte Haltungsbedingungen sollten ohnehin kein Druckmittel sein um Ameisen zum Umzug zu bewegen…
Weiterhin lässt sich eine Farm schlecht transportieren und lagern (Umzug, Winterruhe).


Mein vorläufiges Fazit: Mir fällt es schwer, Farmen als geeignete Haltungsmethode anzusehen. Wenn überhaupt, dann eigenen sich feuchtigkeitsliebende Arten wie Myrmica rubra. Camponotus ligniperdus o.ä. haben nach meinen Erfahrungen überhaupt nichts in einer Farm verloren, auch wenn viele Halter das so praktizieren.


Wie seht ihr Farmen? Habt ihr bessere Erfahrungen gemacht? Oder vielleicht sogar noch schlimmere? Warum sind gerade Anfänger so begeistert von Farmen? Liege ich mit meinen Überlegungen brutal daneben? Und falls ja, warum sieht man hier nie Farmen, die von einem größeren Volk bewohnt werden?

Ich freu mich auf Eure Argumente :)

Gruß
Toblin


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syafon
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#2 AW: Warum eine Farm schlecht ist!

Beitrag von syafon » 24. Oktober 2010, 13:48

Hallo Toblin!

Ich sehe das gleich wie du! Stimme dir eigentlich in jedem Punkt uneingeschränkt zu.

Ich würde allerdings Arten wie Lasius cf. flavus trotzdem die Möglichkeit geben, sich einzugraben. Es ist, wie du richtig sagst, stark von der Art abhängig. Die Nestform "Farm" ansich hat schon ihre Berechtigung, auch wenn sie bei vielen Arten absolut ungeeignet ist.

Wenn man allerdings auf den Nesteinblick aufgrund von besseren Haltungsbedingungen verzichten kann, dann bietet es sich eher an, gleich ein Becken anzubieten, wo sie sich eingraben können. Dort können die Ameisen die Feuchteverteilung sicher besser regulieren, allerdings sieht man dann nur die Außenaktivität und man hat immer das Risiko, falls was passiert, dass man es einfach nicht sieht (bei einer tieferen Farm allerdings auch schlecht festzustellen)...

lg
syafon


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Stiko
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#3 AW: Warum eine Farm schlecht ist!

Beitrag von Stiko » 24. Oktober 2010, 14:17

Bei einer normalen Standartfarm stimme ich in allen Punkten überein. Die Tiere graben und irgendwann ist der Sandberg am Deckel angekommen. Eine Belüftung funktioniert nicht richtig. Feuchtigkeit verschwindet nicht. Das alles ist perfekt im Schimmel zu züchten.

Aber eine Farm, welche in ein Becken integriert ist, so wie bei Farmbecken. Diese hat schon mal einige Punkte weniger in der Liste. Meine Ameisen hatten schon mal Schimmel durch einen Mehlwurm verursacht, wurde dort aber nach 2 Tagen komplett ausgegraben und oben auf den Sand gelegt. In einem Farmbecken kann man solche Sachen dann problemlos entfernen.

Zum durchschaun braucht man nur Gedult. Wenn der Plattenabstand schmal genug ist, sieht man in den ersten Tagen nicht so viel. Aber Ameisen bauen ihre Gänge aus. Spätestens 3Wochen nach dem Gangbau war dieser meißt so breit, das ich rein schaun konnte.

In Sachen Feuchtigkeit konnte ich schon bei Pheidole sehr schön beobachten, das diese ihr Nest auch feucht halten, wenns ringsum trocken ist. Es waren immer knappe 100 Stück abgestellt um Wasser zu holen. Um mein Farmbecken einmal trocken zu legen benötige ich knapppe 3Monate, wenn mir da die Ameisen keinen Strich durch die Rechnung machen. Meine Farm ist 88x25x1cm groß und ich muss nur 10ml. im Monat an Wasser nachfüllen.

Eine Farm selbst kann ich niemandem empfehlen. Ich bin allerdings ein absoluter Befürworter von Farmbecken. Ich, für meinen Teil, würde ein Farmbecken jedem Ytong und Korknest vorziehen.



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Toblin
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#4 AW: Warum eine Farm schlecht ist!

Beitrag von Toblin » 24. Oktober 2010, 14:30

Stiko, hast Du denn halbwegs klaren Nesteinblick, oder musst Du dich mit verschmierten Scheiben rumärgern?
Farmsand sollte ja auch immer einen Lehmanteil enthalten (für zusätzliche Stabilität), doch der Lehm hat bei meiner Farm damals (ja, ist schon ein paar Jahre her ;)) immer für einen Schmierflilm auf den Scheiben gesorgt.

Farmbecken sind, zumindest was den Aushub angeht, auf jeden Fall besser geeignet als externe Farmen. Allerdings kann man die nicht so einfach in den Kühlschrank packen. Ok, wenn man andere Überwinterungsmöglichkeiten hat ist das ja ein kleineres Problem.... :spin2:


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#5 AW: Warum eine Farm schlecht ist!

Beitrag von n.i.l.s » 24. Oktober 2010, 14:48

Hi
Ich habe bei meine Lasius niger (ca. 50 Tiere) auch eine Farm.
Ich gebe Toblin und syfon auf jeden Fall recht.
Meine Farm (von Antstore gekauft) ist nicht sehr interessant für das beobachten der Tiere. So kann ich etwa höchstens jeden Monat wässer, was auch nicht so wirklich klappt, bzw. ich muss sehr vorsichtig agieren, da sich die Ameisne kurzerhand in meine Drainage eingebaut haben, was natürlich alles andere als vorteilhaft ist. Würde ich ein Gitter zwischen "Drainageschicht" und und "Grabschicht schieben, so würde das sehr schnell verstopfen, also habe ich fast gar keine Möglichkeit das Ameisennest vorteilhaft zu nutzen. Für die Ameisen wäre ein Ytongnest wie bei meinen Myrmica und Campontus wirklich sehr viel besser gewesen.
Auch lohnt es sich viel mehr selbst ein anderes Nest als eine Farm zu bauen, was sehr viel einfacher ist und am Ende auch noch ansprechender aussieht, als mit Mühe eine Farm zu bauen, denn z.B. ein Ytongnest bekomme ich innerhalb einer halben Stunde gebaut (10x5x10) während für eine Farm 2 Stunden dauert und diese immernochnicht dicht ist...nun bin ich froh, dass ich meine Farm nicht gut genug war für meine Camponotus und ich ein Ytongnest gebaut hab. Ausserdem muss man bei einem Ytongnest sehr viel weniger beachten als bei einer Farm, bewässern und beobachten gehen sehr viel einfacher und deutlich schneller. Das Grabverhalten kann ich dadurch beobachten, dass ich die Kammern mit etwas Sand oder Korkstücken (für "Holzarten), welches sehr schön aussieht, da kein Lehm oder ähnliches die Scheibe verschmutzen. Durch bemalen von außen, sieht auch ein Ytongblock fast noch besser aus als eine Farm. Ich kann jedem nur von einer Farm abraten und sich die anderen Varianten suchen.
Zu einem Farmbecken kann ich nichts sagen, da ich noch keins habe....
Auf jeden Fall eine gute Zusammenfassung von Toblin zu den negativen und den sehr wenigen positiven Seiten einer Farm...vielen Dank dafür :)
MfG Nils


~Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist wie sie ist, es wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibt~

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#6 AW: Warum eine Farm schlecht ist!

Beitrag von Stiko » 24. Oktober 2010, 15:48

Stiko, hast Du denn halbwegs klaren Nesteinblick, oder musst Du dich mit verschmierten Scheiben rumärgern?
Farmsand sollte ja auch immer einen Lehmanteil enthalten (für zusätzliche Stabilität), doch der Lehm hat bei meiner Farm damals (ja, ist schon ein paar Jahre her ;)) immer für einen Schmierflilm auf den Scheiben gesorgt.

Farmbecken sind, zumindest was den Aushub angeht, auf jeden Fall besser geeignet als externe Farmen. Allerdings kann man die nicht so einfach in den Kühlschrank packen. Ok, wenn man andere Überwinterungsmöglichkeiten hat ist das ja ein kleineres Problem....
:spin2:
Wie ich oben geschrieben habe, trugen die Pheidole und die Camponotus beide den Sand von der Scheibe weg. Da das Nest ja nur feucht sein soll und nicht schwimmt, hatte ich bisher noch nie Probleme mit einer verdreckten Scheibe. Allerdings bei meiner damaligen Farm sah das anders aus. Man bekommt bei einer Farm die Feuchtigkeit einfach nicht raus. Das gibt dann die verschmierten Scheiben.

Zum Thema Winterruhe kann ich nur sagen, das meine Ameisen dank ihrer Herkunft keinen Kühlschrank benötigen. Aber es gibt auch kleine Farmbecken, welche in das Gemüsefach passen. Mein letztes Apartment wurde nach den Kühlschrankmaßen angefertigt.

Oh, da fällt mir ein. Fingerweg von den Antstore Scheibenreinigermagneten. Außer Kratzer an den Scheiben bringt der garnix. Das war meine erste und letzte Erfahrung damals mit den Dingern.



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#7 AW: Warum eine Farm schlecht ist!

Beitrag von guzzi2571 » 24. Oktober 2010, 16:14

Also wir haben auch für die Meisten unserer Ameisen einen im Formicarium abgetrennten Streifen mit Sand -Ton Gemisch zum buddeln-
meine Frau hat vor 2 Wochen Ihre C. nodus umgesiedelt und sie haben einen 12cm tiefen (mehr Platz nach hinten haben sie nicht) und 10 cm breiten Gang gegraben- also ne richtige Höhle- das wär sonst nicht zu beobachten gewesen-und klar sie verschmieren die Scheiben- ist uns aber völlig egal weil wir wissen, daß die Kolo funktioniert wie wir sie halten und wir müssen nicht dauernd ins Nest schauen ob wir ein paar Puppen mehr oder weniger haben- Ameisenhaltung kann so einfach sein wenn man die Tiere nur ein bisschen selbst machen lässt.

lg
Alexander


Hier könnte jetzt ein gescheiter Spruch stehen, aber davon werden meine Beiträge auch nicht besser.

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Raimund
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#8 AW: Warum eine Farm schlecht ist!

Beitrag von Raimund » 24. Oktober 2010, 16:48

Also meine Erfahrungen und Meinungen zu einer Ameisenfarm decken sich größtenteils mit denen von Toblin:

Man kann äußerst schlecht die Feuchtigkeit kontrollieren: die oberen 3 cm der Farm wurden bei mir immer ratzfatz staubtrocken, jedoch bekommt man das Wasser in den unteren Schichten nahezu kaum noch raus.

Dazu kommt der relativ schlechte Handlungsspielraum bei Problemen. Spätestens nach einer Winterruhe hat sich das Sand-Lehm-Gemisch verfärbt oder es haben sich Grünalgen gebildet. Letztendlich fühlten sich die Ameisen zwar pudelwohl, jedoch war der optische Eindruck miserabel.

Mit der Zeit fangen die Ameisen auch an, das Seramis an die Oberfläche zu schleppen. Ein Gitter würde vermutlich Abhilfe schaffen.

Probleme mit der Einsicht hatte ich, bis auf bei meinen recht neuen Pheidole (Farbe ähnelt zu sehr der vom Sand), jedoch noch nie.

Langfristig gesehen würde ich auf jedenfall von einer Ameisenfarm abraten. Für Schulprojekte etc. ist dies jedoch wahrscheinlich die Anschaulichste Möglichkeit, Schülern das Ameisenleben zu präsentieren.

Gruß
Raimund


[font=Tahoma][font=Verdana]Haltungsbericht zu: Pheidole pieli Youtube-Channel[/font][/font]
[font=Times New Roman]
[/font][font=Times New Roman]Take the time, to learn to breathe,
‘Cause some day we’re goin’ under,
When did we, all fall asleep?
Won’t someone wake us?[/font]

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