Die nachfolgenden Zeilen könnten vielleicht dazu anregen, neben dem Formicarium auch einmal ein Ameisennest in freier Natur zu beobachten.
In seinem Bericht "Die Insektenjagd der Roten Walsameisen (Formica rufa)" stellte Dr. Gustav Wellenstein (Z.ang.Ent., Bd 36, 1954, p 185-217) seine Erkenntnisse aus zahlreichen Freilandstudien zum Thema dar. Er kam dabei zum Schluss, dass die Waldameisen "ein schlechtes Sehvermögen" haben müssen, weil nur dann andere Ameisen zur Überwältigung einer Raupe mobilisiert würden, wenn sich das Beutetier - bei seinen Freilandesperimenten waren es Raupen von Vanessa urticae und V. io - durch seine heftigen Abwehrreaktionen (= Aufbäumen) bemerkbar macht.
Abgesehen davon, dass sich der bildfanatische junge Student auch immer darüber ärgerte, dass solche Berichte über Verhaltensforschung in Fachartikeln und Vorlesungen meist ohne Fotos, sondern nur mit "ellenlangen" Beobachtungsprotokollen dokumentiert wurden, konnte er sich kaum dieser These anschliessen. Also musste die Probe aufs Exempel gemacht werden.
Ausgerüstet mit dem ganzen "fotografischen Klimbim" und zehn toten Rüsselkäfern, denen zuvor Beine und "Rüssel" amputiert worden waren, ging es in den nahen Wald, wo die entsprechenden Freilandversuche durchgeführt wurden.
Bei diesen 12 Versuchen wurde jeweils ein Käfertorso ca. 1 bis 1,3 Meter vom Nest und etwa 30 bis 40 cm von einer Ameisenstrasse, die zu den Blattlauskolonien führte, entfernt ausgelegt. Die Versuche zeigten immer den gleichen Ablauf: Ein Scout entdeckte den toten Käfer, untersuchte ihn von allen Seiten, konnte ihn jedoch nicht zwischen die
Zwar hatte schon Pater Erich Wasmann für die Ameisen den Begriff "Fühlersprache" geprägt (Zoologica. 26, 1899, p. 1-133), den schon Jahrzehnte zuvor vom Begründer der wissenschaftlichen Myrmekologie, Pierre Huber, in seinem Grundlagenwerk "Recherches sur le moers des fourmis" (Paris und Genf, 1810) erwähnt und später auch von Charles Darwin in seinem bekannten Werk "The Origine of Species" (1859) übernommen worden war.
Weil aber eine "Fühlersprache" in der Anfangsphase nach dem Auffinden der Beute bei den Ameisen nicht stattfinden konnte, musste nach meiner damaligen Meinung ein anderes Mittel zur Verständigung unter den Ameisen praktiziert worden sein.
Wem das "spanisch" oder als ein "alter Hut" vorkommt,
der sollte bedenken, dass sich das alles anno 1954 abgespielt hatte. Und damals kannte man die flüchtigen Duftsignale bei den Ameisen noch nicht. Der Begriff Pheromon wurde erst später entdeckt und 1959 von Karlson & Lüscher (Naturw. 46, p. 63-64) gewissermassen etabliert, so wie wir ihn heute als Selbstverständlichkeit kennen !
Allerdings kannte man damals schon sogenannte Duftsignale vor allem bei den Schmetterlingen, die von den Weibchen zur Anlockung von Männchen benutzt wurden (und werden!). Allerdings herrschten damals unter den Biologen gelegentlich auch Zweifel besonders über die Reichweite dieser Signalstoffe, die beim Maikäfer (Melolontha melolontha) auf mehere Hundert Meter abgegeben worden war. Heute, im Zeitalter von Molekularbiologie und anderen sinnvollen Hilfsmitteln, wissen wir allerdings weit mehr !
Schönen Tag noch wünscht
Ryk