Beitrag
von Frank Mattheis » 3. Juli 2005, 17:29
Beitrag zur Koloniegründung und Haltung von Lasius fuliginosus
Es gab auf meinen Beitrag zur Koloniegründung von Lasius fuliginosus eine große Resonanz. Einige haben sogar versucht, angeregt durch diesen Beitrag, die abhängige Koloniegründung von fuliginosus im Versuch zu beobachten. Ich möchte hier noch einmal kurz schildern, wie Ihr mit einigermaßen sicheren Erfolg eine fuliginosus-Kolonie heranziehen könnt. Wenn wir die Koloniegründung von fuliginosus im Versuch erfolgreich für die fuliginosus-Königinnen gestalten wollen, müssen einige Gefahren und Unwägbarkeiten, denen die jungen Königinnen im Freiland bei ihren Versuch, in eine Wirtsameisenkolonie einzudringen und adoptiert zu werden, ausgeschlossen werden. D.h., es müssen die richtigen Wirtsameisen ausgewählt werden und ihre durchaus vorhandenen Abwehrmechanismen gegen den Sozialparasiten minimiert werden. Wir müssen also (mind. eine) Wirtsameisenkolonie von Chtonolasius kennen, der wir die Wirtsameisen entnehmen können. Die Ameisenarten von Chtonolasius sind nicht leicht von den Ameisenarten der Cautolasius zu unterscheiden. Chtonolasius besitzt jedoch im allgemeinen konzentriertere Nester und die Arbeiterinnen sind etwas größer (4 - 5,5 mm). Die Nester von Chtonolasius sind oft aus einer filzartigen bis kartonähnlichen Substanz, ihre Kolonien verströmen, wenn man sie öffnet, einen charakteristischen, arttypischen Duft.
Am Beginn des Versuchs steht natürlich das Einfangen einiger junger, befruchteter fuliginosus-Königinnen, es können durchaus mehrere Königinnen sein. Fuliginosus schwärmt bis in den späten Sommer bei Temperaturen über 25° C, man kann durchaus noch in diesen Jahr bei entsprechender Witterung fuliginosus-Königinnen sammeln. Wenn fuliginosus-Königinnen gefangen wurden, muß der nächste Schritt sofort folgen. Es ist gut, wenn man bereits eine Chtonolasiuskolonie kennt, wenn man erst anfängt, eine solche zu suchen, wird es recht schwierig. Diese Kolonien sind nicht leicht zu finden (unterirdische Lebensweise) und die fuliginosus-Königinnen sind ohne Arbeiterinnen dieser Arten nicht sehr lange lebensfähig. Wenn ihr also bei Euren Streifzügen durch die Natur auf eine solche Kolonie trefft, macht Euch Notizen, auch wenn Ihr nicht daran denkt, diese Ameisen zu halten, man weiß nie, ob man sie nicht noch einmal braucht.
Die Chtonolasiuskolonie bitte niemals zur Gänze ausgraben, dies könnte ihren Untergang bedeuten und man braucht sie vielleicht nochmal und sollte schon aus diesen Grund verantwortungsvoll sein. Chtonolasiuskolonien befinden sich meist im Erdreich, manchmal im Inneren hohler Laubbäume. Chtonolasius reguliert ähnlich wie fuliginosus die Brutnesttemperatur, so befinden sich die wärmebedürftigen Puppen der Ameisen meist in den oberen Nestregionen. Es genügt also, das Nest im oberen Bereich zu öffnen, um Puppen und Ameisen zu entnehmen. Jetzt sollte man schon eine Vorauswahl treffen, man sollte möglichst nur sehr junge Arbeiterinnen mitnehmen. Chtonolasius ist zwar gelb gefärbt, die jungen Tiere erkennt man jedoch an der noch blasseren Pigmentierung. Die jungen Ameisen sind toleranter gegenüber den fuliginosus-Königinnen, und wir wollen ja die Gefahr ausschließen, daß die alten, geprägten Chtonolasiusarbeiterinnen aus einem ja weiselrichtigen Volk unsere fuliginosus-Königinnen töten. Wenn wir nur wenige junge Arbeiterinnen finden, dann bitte auch nur soviel Puppen mitnehmen, wie diese Arbeiterinnen pflegen können, ansonsten besteht die Gefahr, daß die Brut vergammelt. Es ist besser, die Kolonie langsam aufzubauen, wenn alle Arbeiterinnen geschlüpft sind, kann man weitere Puppen hinzugeben.
Die fuliginosus-Königinnen können nun sofort zu den jungen Chtonolasiusarbeiterinnen mit ihrer Brut gesetzt werden. Die Adoption wird sofort gelingen, dies übrigens auch mit anderen Lasiusarten wie L. niger etc., langfristig wird die Adoption und Koloniegründung jedoch nur mit Arbeiterinnen von Chtonolasius gelingen. Sehr bald, schon nach ein bis zwei Wochen, werden die fuliginosus-Königinnen mit der Eiablage beginnen.
Vielleicht noch ein paar Worte, wie man eine solche Ameisenkolonie mit einfachen Mitteln und sehr gut einsehbar halten kann. Ich halte meine fuliginosus-Kolonie in einem Beobachtungsnest, dieses Beobachtungsnest besteht aus zwei Glasscheiben, die mittels eines Holzrahmens einander gegenüber im Abstand von 6 mm positioniert sind. Dieser Abstand ist so bemessen, daß die Ameisen beim Anlegen von Gängen und Brutkammern diesen Platz brauchen, ist er größer, kann es passieren, daß die Ameisen die Sichtscheibe von innen einfach zumauern. Beobachtungsnester für größere Arten müssen natürlich größere Abstände aufweisen.
Die obere Leiste des Holzrahmens ist abnehmbar, zum Zwecke des Eingriffs, in einer seitliche Holzleiste des Rahmens ist eine Bohrung, durch die die Ameisen über einen Plastikschlauch in ein Freilaufbecken auslaufen können. So können die Ameisen Abfälle u.ä. entsorgen und Futter eintragen. Das Beobachtungsnest ist mit Erde und etwas morschen Holz locker gefüllt, die Ameisen legen ihr Nest selbst an. Das Beobachtungsnest wird mit einer 40 Watt Rotlichtbirne beheizt, Innentemperatur etwa 20° C bis 30° C. Durch das Rotlicht kann ich die Ameisen außerdem ständig beobachten, sie werden durch Rotlicht nicht gestört.
Wenn es Fragen gibt, fragt bitte. Wenn jemand fuliginosus-Königinnen noch findet oder hat, jedoch nicht weiter kommt mangels geeigneter Chtonolasius, kann ich vielleicht helfen.
Frank Mattheis