Zensus 2017
Stets von großem Interesse in der Ameisenhaltung ist die Größe einer Kolonie. Häufig ist davon zu lesen, dass die Größe eine Kolonie überschätzt wird, und genaues Nachzählen ein niedrigeres Ergebnis ergibt als die Schätzung. Ich hatte meine Kolonie am Ende der Saison 2015 relativ genau mit dem Computer gezählt. Damals bin ich auf ein Ergebnis von etwa 350+ Arbeiterinnen gekommen (und 5
Königinnen), was nach einem Start mit einer Kolonie von 30-50 Arbeiterinnen ein tolles Resultat für meine erste Saison mit ihnen war.
Inzwischen sind es einfach zu viele um sie genau zu zählen. So eine Zählung ist doch sehr zeitaufwendig. Aber ich will es nochmal mit einer groben Schätzung versuchen auf Grundlage meiner damaligen computergestützten Zählung.
Damals hatte sich die Situation im Ytongnest folgendermaßen dargestellt:
Die Zählung ergab ~300 Ameisen:
Dazu wurden dann noch die Ameisen in den Schläuchen und der Arena addiert.
Diese Fotos und das Ergebnis ziehe ich jetzt heran um die aktuelle Koloniegröße zu bewerten, um einen greifbaren Ausgangspunkt zu haben.
Im Ytongnest sieht die Situation
aktuell folgendermaßen aus:
Das sind schonmal deutlich mehr Ameisen als 2015. Der Boden des Ytong ist kaum noch zu erkennen. Lassen wir uns eher tiefstapeln und notieren für das Ytongnest 500 Ameisen.
Doch bleibt es nicht bei dem Ytongnest, denn der Hauptteil der Kolonie hält sich inzwischen im Holznest auf. Durch die Heizmatte, welche ich nur gelegentlich für ein paar Stunden betreibe, ist das Holznest sehr attraktiv für die Kolonie geworden. Dort sieht es stets so aus:
Ein ordentliches Gewusel dort im Holznest. Dabei verdeckt die Heizmatte auch noch die Sicht auf zwei der zentralen Kammern. Ich glaube es ist klar, dass sich im Holznest nocheinmal deutlich mehr Ameisen aufhalten, als im Ytongnest. Die Grundfläche des Holznests ist dabei auch locker doppelt so groß wie die des Ytongnests, zudem sitzen im Holznest die Ameisen in großer Zahl an der Scheibe, was sie im Ytong kaum machen.
Ihr merkt schon, ich tue mich schwer da jetzt eine konkrete Zahl anzugeben. Stapeln wir auch hier eher tief und geben eine Zahl von 800 Ameisen an.
Bleiben die Schlauchverbindungen und die Arena. Dort haben sie ja auch noch ein Nest unter der Rinde angelegt und halten sich auch sonst ausgesprochen zahlreich am Bodengrund und auf dem Holztisch auf. Rechnen wir hier mit 200 Ameisen.
So kommen wir auf folgende (grobe) Schätzung:
Ytongnest: 500 Arbeiterinnen
Holznest: 800 Arbeiterinnen
Peripherie: 200 Arbeiterinnen
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Summe: 1500 Arbeiterinnen.
Wie viele
Königinnen die Kolonie noch hat ist noch schwerer zu sagen. Ich habe vor kurzem drei
Königinnen gleichzeitig im Holznest beobachten können, aber ich habe auch keinen Grund davon auszugehen, dass eine oder zwei
Königinnen verstorben sind.
Somit gebe ich die
aktuelle Koloniegröße mit 1500+ Arbeiterinnen, 5 Königinnen und einigen Männchen an.
Ja, ihr habt richtig gelesen, es gibt erste Männchen in der Kolonie
! Bevor ich darauf weiter eingehe, sei mir noch die Bemerkung gestattet, dass die Koloniegröße nicht in Stein gemeißelt ist, und wie ihr auf den folgenden Fotos sehen werdet, sind Unmengen an
Brut vorhanden, ja, wirklich ganze Berge von
Brut. Die Zeichen stehen nach wie vor auf Wachstum
.
Neue Männer braucht das Land
Für mich ein besonderer Moment in der Ameisenhaltung, es ist für mich das erste Mal, dass eine Kolonie "im regulären Betrieb" Geschlechtstiere aufzieht. Ich sage bewusst "im regulären Betrieb", denn auch unbegattete
Königinnen und weisellose Kolonien ziehen Männchen auf, aber das ist dann eher kein Grund zur Freude
.
Das sind sie, die ersten Herren in meiner
Formica fusca-Kolonie. Bisher ist ihre Zahl noch sehr überschaubar, ich bin gespannt ob noch mehr schlüpfen in den kommenden Tagen!
Was mir sofort aufgefallen ist, die Männchen werden dicht umringt von den Arbeiterinnen und mitunter auch etwas roh angegangen:
Ich frage mich ob die Zeit vielleicht noch gar nicht reif für sie gewesen ist, und sie mehr oder weniger aus Versehen aufgezogen worden sind, und die Arbeiterinnen sie jetzt wieder los werden wollen? Wer Erfahrungen zu Männchen und Aggressionen ihnen gegenüber hat, bitte schreibt mir im Diskussionsthread. Bisher haben sie die Männchen schonmal etwas kräftiger angepackt und umhergezogen, aber bis jetzt bleibt alles noch im Rahmen, denke ich.
Hier ist mir noch ein schöner Schnappschuss eines Männchens gelungen:
Besonders interessant finde ich die Augen, man kann gut erkennen, dass sie noch vorne gerichtet sind, um die
Königin beim Schwarmflug nicht aus den Augen zu verlieren:
Brut im Ãœberfluss
Die Männchen sind nicht die einzigen Neugeborenen in meiner Kolonie. Es finden sich immer wieder frisch geschlüpfte, noch nicht ausgefärbte Arbeiterinnen zwischen den Bergen von
Brut:
Und es sind tatsächlich an allen Ecken und Enden vielschichtige Berge von
Brut aufgehäuft. Auf diesem Foto kann man neben einer frisch geschlüpften Arbeiterin, alle verschiedenen Brutstadien sehen (Eier ganz links im Bild):
Es ist wahrlich eine Freude zu sehen, dass sie so viel
Brut aufziehen
.
Auffällig ist die große Anzahl an Nacktpuppen. Solche sind bei Formica fusca ja nichts ungewöhnliches, aber es erstaunt mich immer wieder, wie groß ihr Anteil doch sein kann. Es gibt aber auch viele Kokonpuppen:
Effizienzgrad der Nahrungsverwertung
Jetzt ist dieses Update schon vollgepackt mit Infos, aber es gibt noch einen kleinen Punkt auf den ich eingehen will. Ameisen werden in der Fachliteratur im Allgemeinen als schlechte Nahrungsverwerter beschrieben. Soll heißen, sie lassen stets Reste bei der Futterverwertung übrig. Andere Organismen schneiden dort wesentlich besser ab, als Beispiel seien hier die Laufkäfer genannt, die ihre Beute teilweise ausserhalb ihres Körpers verdauen (
extraintestinale Verdauung) und damit extrem hohe Wirkungsgrade bei der Futterverwertung erzielen können.
Ameisen sind da mit ihren Mehrzweckwerkzeugen, den grobschlächtigen
Mandibeln, eher im Nachteil. Dennoch möchte ich speziell
Formica fusca ein gutes Zeugnis in dieser Disziplin ausstellen. Sie sind gerade kräftig genug, um auch Futtertiere mit hartem Panzer zuverlässig zu öffnen, und von der Körpergröße auch noch klein genug, um in viele der gut gepanzerten Futtertiere hineinkriechen zu können um sie von innen auszunagen.
Besonders aufgefallen ist mir dieser Sachverhalt bei der Verfütterung von großen Wanderheuschrecken; von allen meinen Kolonien haben die
Formica fusca die (ungeöffneten) Heuschrecken am besten verwertet:
Da ist nicht mehr viel Fleisch am Knochen
.
Wie immer könnt ihr alle Eure Fragen und Gedanken zum Haltungsbericht in den Diskussionsthread schreiben:
DiskussionsthreadLG Maddio