Aber von vorne:
Ja, meine Camponotus substitutus gibt es noch und ja, sie lebten bis vor einer Woche in genau dem Becken bzw. genau dem Nest, dessen Fertigung einen Beitrag weiter oben erläutert wird. Und wer die Größe des Nests mal genau begutachtet und mit dem durchschnittlichen Koloniewachstum von Camponotus substitutus vergleicht, der kann zu dreierlei Schlüssen kommen:
a) Die Ärmsten haben nichts zu futtern bekommen
b) Antastisch ist ein mieser Schuft
c) Die Camponotus haben mittlerweile das ganze Becken ausgehöhlt um Platz für die Kolonie zu schaffen
Bevor nun die wildesten Multiple Choice Antworten kommen, will ich die Antwort vorweg nehmen: Alle drei Alternativen treffen teils zu.
Tatsächlich war ich ein Schuft und habe die Koloniegröße mit eiserner Hand reguliert. Dementsprechend gering war das Koloniewachstum. Ich möchte aber - fairerweise mir gegenüber ;D - klarstellen, dass die Ameisen nie verhungern oder verzweifelt und vergeblich furagieren mussten. Tatsächlich schienen sich die Ameisen nach einer gewissen Zeit mit den Umständen arrangiert zu haben. Aber ich sagte ja bereits: Alle Alternativen treffen zu. Obwohl ich also bemüht war, die Koloniegröße auf ca. 200 Arbeiterinnen zu halten, bin ich letztlich doch gescheitert. Langsam aber sicher haben die Ameisen jede mögliche Nische im Becken als Zweignest genutzt. Nachdem das alte Nest nach all der Zeit (immerhin 5 Jahre) nun auch langsam zum schimmeln begonnen hatte, raffte ich mich auf um ein neues, größeres Nest zur Verfügung zu stellen. Insofern haben die Damen letztlich den Sieg davongetragen. Und weil ich schon dabei war und unbedingt mal ein "unterirdisches Ytongnest" ausprobieren wollte, entschied ich mich gleich für einen kompletten Tapetenwechsel.
Die meisten technischen Einzelheiten (Vorgehensweisen, Werkzeug,...) habe ich bereits weiter oben in meinem (alten) Thema beschrieben, sodass ich mich bei meiner Schilderung auf die wesentlichen Punkte konzentrieren möchte.
1. Nach wie vor sollte das Becken Wüsten- oder zumindest Steppencharakter besitzen. Die Bewohnerinnen sollten sich schließlich an ihre Heimat erinnert fühlen. Das Nest sollte außerdem größer werden (Logisch? Logisch!) und unterirdisch verlaufen, was in diesem Falle schlicht heißt "unterhalb der Bodenhöhe". D.h. ich würde entweder eine Meeenge Sand zum Auffüllen benötigen oder aus Kosten- und Gewichtsersparnisgründen einen "Untergrund"respektive ein Podest aus Styrodur/Styropor" bauen müssen. Selbstverständlich entschied ich mich für Letzteres. Da ich auch leichte Höhenunterschiede im Becken haben wollte, sollte das Becken sozusagen zu 50% Anhöhe, zu 50% Flachland sein. Es bot sich somit an das Ytongnest im Bereich der Anhöhe anzusiedeln, da dort die benötigte Höhe (besser: Tiefe) für ein unterirdisches Nest gegeben ist. Nochmals zur Erinnerung: das Becken hat die Ausmaße 80x35x40 (LxBxH).
2. Nachdem ich die Ameisen samt Nest in einen provisorischen Plastikbehälter umgesiedelt hatte und die größeren Dekogegenstände aus dem "alten" Becken zu entfernen begann, begriff ich erstmals die tatsächlichen Ausmaße der Kolonie - beim Anheben jedes Steins/Holzstücks brachen mehr und mehr Arbeiterinnen hervor. Blöd wie ich war, war das neue Ytongnest zu dem Zeitpunkt schon fertig und umfasste 7 Kammern, die summa summarum je etwas größer ausgelegt waren als die bisherigen 3 Kammern des alten Nests. Aber ob die Größe ausreichen wird? Ich glaube - hoffe - schon. Parallel zum Ytongstein baute ich aus Styropor & Styrodur die "Anhöhe", die ich im Folgenden nur noch als Podest bezeichnen werde. Alleiniger Sinn- und Zweck dieses Konstrukts war es, sich eine Menge Sand zu sparen, in diesem Falle gleichzusetzen mit Gewicht (kg) und Geld (€). Allerdings musste das Podest für diese Zwecke recht passgenau in das Becken eingefasst werden, inkl. einer Aussparung für das Ytongnest. Also wurde erst einmal fröhlich gemessen und gerechnet. Das Styropor wurde wegen der Dicke mit einer Säge, das Styrodur mit einem handelsüblichen Cutter zurechtgeschnitten. Zu meinem unverschämten Glück entsprach die Styrodurplatte auf der Styroporplatte liegend genau der Höhe meines Ytongsteins, sodass ich mir viel Schneidarbeit sparen konnte, indem ich beide aufeinander legte. Außerdem wollte ich diesmal komplett ohne Kleber/Leim/Silikon, etc. auskommen, sodass ich zum Verkleben der beiden Platten einfach nur doppelseitiges Klebeband verwendet habe. Muss ja nicht viel halten. Einen Teil des Podests - als Ãœbergang zum "Tal/Flachland" - baute ich abschüssig.
Der erste Bauschritt ergab somit folgendes Ergebnis:
Mit fertigem, eingepasstem Ytong und den beiden als "Frontplatten" gedachten, noch unabhängigen Styrodurplatten sah das Ganze so aus. Und ja, manche Zwischenräume habe ich einfach mit Klebeband verschlossen. Kurz zum Ytong: Im Gegensatz zum alten Modell wird dieses keine eigene Frontabdeckung in Form von Plexiglas oder durchsichtiger Folie erhalten, sondern direkt an der Beckenscheibe anliegen. So der Plan. Der Ytong ist ca. 25 cm lang, wenige cm tief und exakt 10 cm hoch. Die Anhöhe wird also nach dem Einfüllen mit Bodengrund etwa 12-13cm hoch sein. Der scharfe Beobachter hat zudem bereits erkannt, dass dem Ytong die "Wassertanks" fehlen, also keine Möglichkeit zum Befeuchten des Steins gegeben sind. Dies ist nach der Erfahrung mehrerer Halter von Camponotus substitutus bei dieser Art auch nicht zwingend notwendig. Sie präferieren eher trockene Nester und sorgen selbst für die restliche Befeuchtung des Nests. Natürlich muss daher im Becken später ausreichend Wasser zur Verfügung gestellt werden. So, lange Rede, kurzes Bild:
3. Die im vorherigen Bild als "Frontplatten" bezeichneten zwei Styrodurteile sollten direkt - ebenfalls mittels doppelseitigem Klebeband - am Ytong befestigt werden. Warum? Der Ytong sollte im nächsten Schritt - inklusive der Styrodurteile mit einem Lehm-Sand-Gemisch bemalt werden, um eine höhere Natürlichkeit zu vermitteln. Ytong und Frontplatten sollten am Ende wie aus "einem Guss" wirken, sodass keine Übergänge und Spalten bei der Einsicht ins Becken wahrgenommen werden können. Hier im Folgenden erstmal das zusammengeklebte, fragile Werk zu begutachten.
4. Das exakte Einpassen in das Becken war selbstverständlich alles andere als einfach. Es sollte möglichst passgenau im Becken liegen, damit Zwischenräume vermieden werden, andererseits musste ich es noch reinbringen. Und obiges Bid vermittelt ja einen ganz guten Eindruck, wie zerbrechlich das Werk geworden ist. Fazit: Ein endloses hin und her zwischen Schleifen, Einsetzen, Schleifen, Einsetzen,... Soll heißen ich habe die Ränder und Kanten von Ytong, Styrodur/Styropor solange mit Schleifpapier bearbeitet, bis sich das Podest inkl. Ytong in das Becken fügte. Größte Sorge war natürlich, ob die angeklebten Teile halten würden. Sie taten es! Noch versuchsweise eine Dekopflanze reingesteckt und tada, der Rohbau der Anhöhe war fertig:
5. Als Nächstes mischte ich in einem Eimer den Steppensand zusammen, der später im Becken als Bodengrund fungieren sollte. Nachdem ich die für mich perfekte Farbe/Konsistenz gefunden hatte, mischte ich aus Teilen dieses Sandes, Naturlehm (Mischverhältnis Sand zu Lehm ca. 3:1) und Wasser (Zugabe nach Gefühl) ein Sand-Lehm-Gemisch, das als Anstrich von Ytong und Frontplatten dienen sollte. Hier sei gesagt: Lieber etwas mehr Wasser als zu wenig. Denn wenn das Gemisch zu trocken ist, lässt es sich äußerst schlecht verarbeiten, insbesondere beim Ausstreichen der schmalen Gänge. Trocknen tut das Ganze ja irgendwann von selbst. Es bietet sich außerdem an, das Gemisch unter langsamer Hinzugabe von Wasser anzurühren, bis die gewollte Konsistenz erreicht ist. Durch die Vewendung des Sandes, der auch später als Bodengrund im Becken dienen sollte, erhoffte ich mir, dass der Ytong später kaum mehr als "Fremdkörper" identifiziert werden konnte, sondern als natürliches Sand-Höhlensystem innerhalb der Anhöhe aus Sand wirken würde. Angestrichen habe ich das Ytong-Konstrukt mit Pinseln verschiedener Größe, wobei ich mehrere dünne Schichten auftrug und durch Befeuchten des Pinsels Feinschliff bzw. genaugenommen "Feinformung" vorgenommen habe. Auch nach Antrocknen des Lehms kann er mittels eines nassen Pinsels noch in Form gebracht werden. Das Styrodur ging übrigens kaum zu Bestreichen. Nächstes Mal werde ich die Oberfläche anrauhen, um mir das Auftragen gefühlter 100 Schichten Sand-Lehm-Gemisch auf das Styrodur zu erapren. Aber schließlich war auch das erledigt. Im Folgenden der noch nasse, bemalte Ytong nach Bepinselung (wird nach dem Trocknen wesentlich heller):
6. Das doch recht gebrechliche Gebilde wurde nun mit feinmotorischen Höchstleistungen meinerseits vorsichtig in das Becken bugsiert.
Ich befürchtete Schlimmstes (Passungenauigkeit, Auseinanderbrechen des Konstruktion, Verschmieren der Scheiben, Abbröckeln des Lehms,...) doch wider Erwarten ging alles gut. Nachdem das Ytong-Gebilde an Ort und Stelle war, setzte ich das Podest ein. Dies wiederum klappte mal so gar nicht. Durch die Lehmschicht stimmten die Maße nichtmehr haargenau, sodass das Podest genaugenommen zu groß für den angedachten Zwischenraum war. Nunja, mir gingen zu diesem Zeitpunkt etwas die Nerven aus. Der Bericht liest sich zwar relativ kurzweilig, in Wahrheit aber steckten bereits 3 volle Arbeitstage in dem Projekt. Was tut Mann also in dieser prekären Situation? Richtig...Muskeln spielen lassen! Also schlug, hämmerte, schob, zerrte und drückte ich das Podest unter lautem Gebrüll in die richtige Position um danach mit hochrotem Kopf und schweißnass mein Werk zu begutachten.
7. Leider war mein Gewaltakt nicht ganz ohne Folgen geblieben. So wurde das Ytongkonstrukt etwas in Mitleidenschaft gezogen, soll heißen: Das als "Unibody" gedachte Konstrukt hatte aufgrund des Muskelspiels an den Klebestellen von Ytong und Styrodur Risse bekommen. Aber es hatte immerhin gehalten. Der Rest war mir mittlerweile leicht egal. Ich hatte vom tagelangen Rumgerobbe wunde Knie, Rücken- und Nackenschmerzen und Schwindel, weil ich die meiste Zeit zum Bearbeiten stundenlang einen halben Handstand machen musste. Aber egal! Was fällt bei dem Bild nun also noch auf? Ja genau, da sind noch eine Menge Ritzen und Spalten, die verschwinden mussten. Ich wollte ja ohne Kleber und Silikon auskommen und hatte von meinem vorherigen Anstrich noch eine halbe Tüte puren Naturlehm übrig. Also, zack: Naturlehm mit Wasser verrührt und unverdünnt (ohne Sand-Zusatz) auf die Spalten, Lücken und Ritzen gegeben und auf diese Weise verschlossen. Hier habe ich nochmal sehr konzentriert und genau gearbeitet, da ein Übersehen von Spalten sich nachträglich als höchst fatal erweisen könnte. Meine Camponotus substitutus sollten immerhin im Ytong hausen, nicht zwischen den Styrodurplatten.
8. Zugegebenermaßen keine unüberwindbare Barriere für Ameisen, aber ich verspreche mir nach einer Aushärtungszeit doch eine recht hohe Hürde für buddelwütige Camponotus. Zudem war ich noch nicht fertig. Nach einer ausgiebigen Kaffeepause (während der der Lehm-Anstrich etwas antrocknen konnte) folgten folgende Überlegungen: Camponotus substitutus gräbt gerne. D.h. mit der Zeit würden sie womöglich stellenweise den Sand abtragen. Wäre doch ziemlich seltsam, würde dann ein rosa Boden hervorstechen, oder? Und so arg hart ist Styrodur für bearbeitungswütige
So langsam nimmt das Projekt doch Formen an, oder? Jedenfalls: Nach dem Föhnen war der Lehm immer noch feucht genug, um sich etwas mit dem Sand zu verbinden, den ich nun als erste dünne Schicht Bodengrund über mein Podest gab. Und damit habe ich mein Soll für heute erfüllt. Mein schöpferisches Werk hat nun Zeit bis morgen Nachmittag halbwegs anzutrocknen und danach wird das Becken gar mit dem Sand aufgefüllt. Ist das erstmal geschafft, muss das Becken nur noch nach meinen Wünschen mit Einrichtungsgegenständen dekoriert werden. Dann ist es praktisch "schon" fertig. Wann es für meine Camponotus substitutus bezugsfähig ist wird sich zeigen. Ich will, dass es bis zum Einzug größtenteils ausgetrocknet ist, damit der Lehm hält, die Ameisen nirgends graben, wo sie nicht sollen, etc. pp. Kann also noch ein paar Tage dauern. Aber morgen wird das Becken quasi fertiggestellt. Der Großteil ist also geschafft, jetzt kommt der vorwiegend schöne Teil: Das Einrichten. Ich berichte spätestens morgen Abend weiter hier über die Fertigstellung! Abschließend noch eine Entschuldigung für die fragwürdige Qualität meiner Bilder, aber ich war zu faul bei der Arbeit meine Cam hervorzukramen und habe mich daher auf Handybilder beschränkt. Aber ich finde das Wesentliche ist gut zu erkennen, nicht? Na dann bis Morgen! Gute Nacht erstmal!
Achja, ein Diskussionsthema gibt es ja auch schon: http://www.ameisenforum.de/europ-ische-ameisenarten-allgemeines/28332-diskussion-zu-gestaltung-einrichtung-meiner-neuen-formicarien-technik-forum.html
Lasst mich eure Meinungen, Anregungen, Fragen, etc. wissen!