Hier nochmal Beiträge zur Faunenverfälschung:
"Hallo Susanne!
Dein interessanter Beitrag hat mich neugierig gemacht. Leider hat meine Internetsuche nach entsprechenden Daten zu deinen Angaben zur Heideforelle bzw. -perlmuschel keinen Erfolg gehabt. Wenn sie aber stimmen, wäre es nur ein interessanter Erfolg der Evolution. Da hat ein Wirt es geschafft, durch eine geringfügige Änderung seines Erbguts, sich seines Parasiten (Muschellarven)zu entledigen. Wahrscheinlich (wohl noch aus anderen Gründen) kann er sich deshalb besser vermehren.
Doch die von dir wiedergegebene Textstelle bleibt aus der Sicht der Evolution richtig. Schließlich ist das Beispiel nur eine Unterstützung für jede Evolutionstheorie, dass nämlich nicht alle Organismen, sondern nur die "Besten" überleben können (Im Übrigen waren mit "schlechten Genen" Gene gemeint, die im Sinne der Evolution für die Fitness eines Organismus nachteilig sind, nicht schlecht im Sinne des Naturschutzes für einen Organismus. Egal.)
Natürlich ist es von menschlicher Seite her keine Frage, über das Aussterben der Perlmuschel in Sorge zu geraten. Hier ist klar, dass ein Schutzkonzept den Schutz der einheimischen Arten mit einschließen muss. Ich persönlich würde aber nicht in Panik geraten. Die Existenz von Parasiten begründet sich darauf, immer etwas besser gegen die Abwehrsysteme des Wirts zu sein. Den Wettlauf zwichen dem Abwehrsystem des Wirst und den Fähigkeiten des Parasits, diese zu umgehen, muss die Perlmuschel in der Vergangenheit gewonnen haben, sonst gäbe es sie nicht als Parasiten. Deshalb kann ich mir vorstellen, dass in einigen Jahrzehnten die Perlmuschel auch die fremden Forellen als Wirt nutzen kann. Wir als Menschen sollten aber dafür sorgen, dass dieser Anpassungsprozess lange genug dauern kann, die Muschel also wirklich Jahrzehnte sich verändern kann, bis irgendwann der Haupttreffer dabei ist und der fremde Wirt genutzt werden kann. Dazu muss die Permuschel und ihr einheimischer Wirt geschützt werden - z.B. durch Zucht und geringen Besatz einheimischer Forellen in Flüssen. Dadurch sterben sie nicht aus, doch eine Muschel, die plötzlich die fremden Forellen nutzen kann, wird einen Selektionsvorteil haben und sich schnell vermehren. Wenn das eintritt, bleibt meine Aussage, dass fremde Gene einer Population nicht schaden, gültig.
Doch wo nehme ich diese Zuversicht her? Von einem anderen Beispiel, bei dem es umgekehrt gelaufen ist. Die kanadische Wasserpest war fremd in deutschen Flüssen als sie eingeschleppt wurde. Auch sie verbreitete sich explosionsartig (siehe Name) und verdrängte andere Pflanzenarten. Mittlerweile ist sie in den Flüssen sogar selten, denn es gab nach ein paar Jahrzehnten einen Fadenwurm, der als Parasit die Wasserpest nutzen konnte. Er vermehrte sich durch das gute Wirtsangebot ebenfalls explosionsartig, heute besteht meines Wissens ein Gleichgewicht. Die Wasserpest ist kein Problem mehr.
Viele Grüße
Cornel"
"Hallo Cornel,
die Erkenntnisse zur Heideperlmuschel habe ich vom NLÖ (Niedersächsisches Landesamt für Ökologie in Hildesheim), das leider wegen der sinnlosen Verwaltungsreform in Nds.gerade aufgelöst wird. Es gibt dazu auch eine Veröffentlichung, die aber meines Wissens vergriffen ist. Ich war da vor einigen Jahren im Rahmen meiner Ausbildung und konnte kein eigenes Exemplar ergattern, nur lesen. Die Versuche wurden vom NLÖ selber durchgeführt, da müsste es also schon möglich sein, noch dran zu kommen.
Die Muscheln sind übrigens gerade keine Parasiten. Vielmehr handelt es sich um eine wunderbar ausbalancierte
Symbiose, die nicht nur den Forellen und den Muscheln nützt, sondern die ganzen Heidebäche erhält. Ohne Muschelgrund würden die an einigen Stellen einfach versiegen, wegsickern, wegen des sandigen Untergrundes.
Natürlich hast Du recht, dass sich die Natur immer selber weiterhilft, wie in Deinem Beispiel mit der Wasserpest. Auch der Ochsenfrosch oder wie das Tier heisst, wird irgendwann seinen Meister finden. Nur: jetzt gibt es bereits große Feuchtgebiete, wo keine anderen Amphibien mehr vorkommen, weil er sie alle gefressen hat, aber bisher niemand ihn fressen mag. Und das alles nur weil irgendwelche Terrarienbesitzer ihre Viecher freigelassen haben. Auch die Wasserpest hat auf ihrem (vorübergehenden) Siegeszug einige andere Arten massiv geschädigt und zurückgedrängt. Solche Eindringlinge kosten den vorhandenen Bestand immer ein paar Leben, im schlimmsten Fall auch ein paar Arten. Das ist eben so, viele neue Arten wandern ja auch von selber ein, ohne menschliche Hilfe.
Aber wie leicht wäre z.B. die Eisenhuthummel zu vernichten, wenn eine andere Pflanze sich da breitmachen würde, wo der Eisenhut jetzt wächst. Dann zu sagen, naja, sie war halt nicht optimal angepasst oder nicht flexibel genug, finde ich arg verkürzt.
Auch die "alte" Erdhummel wäre unwiederbringlich verloren, wenn es in großem Maßstab zur "Einmischung" von Gewächshaushummeln käme. Ganz bekommst Du eingemischtes Erbgut nie mehr raus. Nun kannst Du einwenden, dass sie ja vielleicht verbessert wird dadurch, so als Turbo-Erdhummel.
Da glaube (!) ich einfach nicht dran, die Balance in der Natur ist so fein austaxiert, es gibt da soviel, was wir noch gar nicht erahnen.
Letztendlich möchte ich nur vermeiden, dass ICH aktiv und gedankenlos zu einer Faunenverfälschung beitrage, die vermeidbar wäre.
Zu Corneilles Frage zu korsischen Gewächshaushummeln:
Ich hab mal gelesen (bei v. Hagen???), dass bei der Zucht der Gewächshaushummeln auch korsische Hummeln eingekreuzt wurden, die Züchtungen also gengemischt sind.
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Hummelige Grüße von Luftikus"
Das Beispiel der Wasserpest macht noch ein wenig Hoffnung