Ameisen und ein Kasper-Hauser Versuch

Allgemeine Fragen und Themen über europäische Ameisenarten (hier keine Berichte)
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Darius
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#17 AW: Ameisen und ein Kasper-Hauser Versuch

Beitrag von Darius » 11. März 2007, 11:44

Sollte man bei einer Kolonie, die eine normale Kastenbildung hat (also männl. und weibl. Geschlechtstiere, Arbeiterinnen) über längere Zeit die Königin entfernen kann ich mir nicht vorstellen, dass man sie über viele Jahre so halten kann. Der Ameisenstaat wird ja nun in den meisten Fällen (z.B bei Lasius niger) über viele verschiedene Pheromone gesteuert, die alle eine bestimmte Aufgabe haben. Entfernt man nun eins dieser Pheromone, in dem Fall sogar das/die wichtigste(n), nämlich die der Königin, dann entsteht eine Art Lücke. Bei einigen Arten wird diese nun geschlossen, in dem junge Abreiterinnen oder evtl. in der Kolonie vorhandene weibliche Geschlechtstiere begattet werden und diese dann die höhere Kraft im Staat sind, also die entsprechenden Pheromone abgeben. Andere Arten tun dies nicht, weil der Drang keine Inzucht zu betreiben zu stark ist. Nun kann ich mir schlecht vorstellen, dass eine Kolonie, in der ein so stark wikrender Faktor des Zusammenhalts fehlt auf Dauer überleben kann. Vielleicht ein oder zwei Jahre, aber bestimmt nicht so lange, wie eine "gesunde" Kolonie mit Königin.
Das sind natrĂĽlich alles nur Vermutungen, sicher bin ich mir dabei keines Falls.

GrĂĽĂźe, Darius



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NIPIAN
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#18 AW: Ameisen und ein Kasper-Hauser Versuch

Beitrag von NIPIAN » 11. März 2007, 11:53

@Sahal: danke, jetzt erinnere ich mich wieder *rofl*. Des war des mit den Bienchen und Dröhnchen unso...

Das bedeutet: Die Arrhenotokie und Thelytokie ist eine Art Notfallplan, falls die Verschmelzung zweier verschiedener Kolonien (Drohne von der Einen, Königin von der anderen) einmal nicht möglich ist. Dieser wiederrum wird mittels Hormonen eingeleitet.


Negativ: Bei dieser Art der Arterhaltung können genetische Fehler vermehrt auftreten, die eigentlich durch die Allele der anderen Kolonie ausgebessert worden wäre. Deshalb ist diese Art der längerfristigen Fortpflanzung eher ungeeignet.
Wenn ich mich jetzt richtig erinnere.



Sahal
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#19 AW: Ameisen und ein Kasper-Hauser Versuch

Beitrag von Sahal » 11. März 2007, 12:02

ReHi,

die Arrhenotokie ist kein Notfallplan, sondern der Standard bei allen Insekten.
Hier ist die Unterscheidung zwischen Männchen und Weibchen nicht das Y-Chromosom, sondern schlicht die Anzahl der gleichartigen Chromosomen.
1 Chromosmensatz = hapliod = Männchen
2 Chromosomenstätze = Diploid = Weibchen
Also:
Arrhenothokie ist bei allen Hymenoptera Standard!


Schäden wird es bei Thelythokie auch nicht geben, auch sind es keine Klone.
Die "Muttertiere" sind diploid, beinhalten also Chromosomen von Opa und Oma. Während der Reifeteilung werden "zufällig" Chromosomen von Opa oder Oma gewählt, und diese anschliessend neu Kombiniert.

Schäden:
Nach Inzucht (Begattung durch 100%ige (!!) Geschwister) hierfür anfälliger Arten kann es Störungen geben und bis zu 50% diploider Männchen auftreten, die allerdings unfruchtbar sind.


Die ganze Thematik Thelytokie spielt in der Ameisenhaltung aber kaum eine Rolle, gibt es doch bisher nur 4 mit Sicherheit nachgewiesene Fälle von Thelytokie und keinen praktischen Nutzen für die Halter.

Formicinae:Cataglyphis cursor, CAGNIANT 1973
Myrmicinae: Pristomyrmex punctatus, TSUJI 1988 (ehemals P. pungens)
Cerapachyinae: Cerapachys biroi, TSUJI&YAMACHI 1995
Ponerinae: Platythyrea punctata, HEINZE&HĂ–LLDOBLER 1995

Für Messor capitatus haben GRASSO et al. (2000) ebenfalls Thelytokie gezeigt, jedoch wäre eine Bestätigung sinnvoll.

Für NUR 24 weitere Arten wird Thelytokie als naheliegend oder hochgradig wahrscheinlich angegeben, jedoch ncht sicher bestätigt. Keinesfalls sollte Thelytokie nun als Grund zum Erwerb unbegatteter Gynen genommen werden :-)



@Darius:
die wichtigeste Kraft, wenn man es denn so nennen will, ist die Brut, nicht jedoch die Königin!
Die Königin sorgt bei Ameisen weder für den Zusammenhalt der Kolonie, noch ist sie sonderlich wichtig als Motivation, sie ist nur das Geschlechtsteil der Kolonie und hat keinen Regierungsauftrag.
Selbstverständlich steuert sie die Kolonie mit, und sie benötigt auch Unmengen an Nahrung oder vorverdautem Vitelin... aber das war es auch schon.

Eine Kolonie kann sehr lange Zeit normal weiterlaufen, solange sie regelmässig mit frischer Brut versorgt wird.
Es wurde für Camponotus floridianus (?) gar nachgewiesen, dass Eier der Königin ausreichen, um die Arbeiterinnen an der Produktion eigener Eier zu hindern.
Und selbst wenn einer Kolonie die Anwesenheit einer Königin nicht mehr angezeigt wird, wird diese noch so lange weiterexistieren, wie es Arbeiterinnen gibt.


Wenn die Flinte ins Korn gefallen ist, nicht gleich das Kind in den Brunnen werfen, auch wenn das der Tropfen ist, der dem Fass die Krone ins Gesicht schlägt!

Lucky luke
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#20 AW: Ameisen und ein Kasper-Hauser Versuch

Beitrag von Lucky luke » 12. März 2007, 20:20

Hallo,

danke fĂĽr die vielen Infos, ich werde wohl den Versuch mit Lasius niger durchfĂĽhren.
Laut GFJ können die Arbeiterinnen Eier legen, aber nich befruchten.
=> nur männliche Nachkommen.

Also folgendes Ergebnis:
Ameisenkokons + Arbeiterinnen
=> Männchen + Arbeiterinnen
=> nach langer Zeit: nur noch männliche Nachkommen, da weibliche aussterben.
?

GruĂź
lucky



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