Ameise gesucht

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Silpion
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#1 Ameise gesucht

Beitrag von Silpion » 11. November 2008, 18:10

Hallo,
ich beschäftige mich schon seit einiger Zeit mit dem Gedanken, eine Kolonie zu betreuen, bisher ist es allerdings bei Planungen geblieben. Dies möchte ich im kommenden Frühjahr ändern und die Zeit bis dahin nutzen, um das Formicarium vorzubereiten.

Einen Teil der Anforderungen an das Formicarium möchte ich vorgeben, den Rest dann an die Art der Ameise anpassen, die letztendlich dort einziehen wird.

Als Basis soll ein größeres Aquarium dienen, die Einrichtung soll hauptsächlich aus Sand und Steinen bestehen und eher ein trockeneres Klima wiederspiegeln, um Schimmel zu vermeiden. Das Nest soll in einem herausnehmbaren Ytong-Stein im Aquarium integriert sein (bzw. in zwei, falls dies für die Art günstig erscheint).

Leider bin ich mir unschlüssig, welche Art ich halten will, da ich teilweise nicht genügend Informationen finden konnte. Meine Wünsche sind:
  • Groß genug, um Details beobachten zu können. Auf jeden Fall groß genug, um nicht durch eine Metallgaze im Deckel zu passen.
  • Der Platzbedarf soll sich auch über die nächsten Jahre hinweg in Grenzen halten (meine Frau ist bereit, ein Formicarium zu dulden, nicht das ganze Wohnzimmer voll). D.h. die Art sollte nur eine geringe Volksstärke/Wachstum besitzen.
  • Die Art soll aktiv in der Arena, aber kein Ausbruchskünstler sein.
  • Eventuelle Angriffe sollen vertretbar sein (zwicken ist ok, wirklich Unangenehmes nicht).
Bisher habe ich in Betracht gezogen:

Lasius niger
+ Pflegeleicht
- Klein
- Volksstark.
Ich habe auf einigen Bildern riesige Nester gesehen, ich würde hier eine Art bevorzugen, die nicht derartige Ausmaße annimmt bzw. wesentlich langsamer anwächst.

Camponotus ligniperda
+ Sehr groß.
+ Langsame Entwicklung
- Biss kann die menschliche Haut durchdringen.
- Kann zur Hausameise werden.
Speziell Letzteres macht mir Gedanken, da ich nicht in die Situation kommen möchte, dass der Kammerjäger die Wohnungen aller Mietparteien besuchen muss. Auch wenn es nie passieren soll, den Super-Gau mit heruntergefallenem Becken und entkommener Königin möchte ich mit einplanen. Dabei könnte die werte Dame unter's Parkett verschwinden und wird dann nie mehr gesehen. Inwiefern dies eine Gefahr darstellt kann ich nicht einschätzen, Wasser wird sie dort wohl kaum finden. Auch würde mich interessieren, wie schlimm ein Biss denn nun wirklich ist.

Messor barbarus
+ Sandiges Klima gewohnt.
+ Kürzere Winterruhe
+ Interessantes Brotbackverhalten.
- Nicht einheimisch.
- Kompliziertere Haltung.
Über die Volksstärke bzw. den Platzbedarf einer älteren Kolonie ist mir leider nicht viel bekannt.

Formica (Serviformica) fusca
+ Begrenzte Koloniegröße (bis 2000)
Leider konnte ich nicht herausfinden, wieviel Platz eine 2000er Kolonie dieser Art benötigt. Allgemein scheint es zu dieser Art viel weniger Informationen als zu den darüber genannten Arten zu geben.

Jegliche Hinweise, auch neue Arten, sind willkommen. Myrmica rubra habe ich nicht angeführt, da ich mit dieser Art eine unschöne Kindheitserfahrung habe. Praktisch wäre auch, wenn es zu der Art, die letztendlich einziehen wird, Literatur in Form eines Buches verfügbar ist.



Imago
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#2 AW: Ameise gesucht

Beitrag von Imago » 11. November 2008, 18:39

Hallo Silpion!

Und herzlich willkommen im Forum!

Vorab möchte ich Deinen sehr schön übersichtlichen und gut zu lesenden Beitrag loben, der viele Informationen enthält und somit die Antworten (die hoffentlich noch folgen werden) wunderbar definieren lässt.

Ich könnte Dir zu jeder Art etwas schreiben, davon lasse ich aber ab, da es sonst einfach überhand nehmen würde.

Ich beschränke mich auf eine Ameisenart die ich Dir etwas näher bringen möchte.

Camponotus ligniperda:

Ich selber halte diese Ameise und bin von Anfang an von der Größe Färbung und Charakter dieser Ameise begeistert.

Ein weiteres für mich sehr wichtiges Entscheidungskriterium war das Camponotus ligniperda mehere Kasten ausbildet Minor, Media und Major. Es gibt keine Einheimische Ameise die dieses Aufweisen kann.

Sie sind sehr interessant anzuschauen, die Aktivität jedoch hält sich in Grenzen. Wird aber im Laufe der Zeit bei Koloniewachstum stehtig zulegen.
Camponotus ligniperda braucht verhältnismäßig viel Platz, jedoch auf Grund der langsamen Entwicklung vom Ei bis zur Imago wird das Koloniewachstum stark eingeschränkt.
Camponotus ligniperda furagiert in der freien Natur ab einer bestimmten Nestgröße (Individuenanzahl) bis zu 40m um das Nest herum. Bis dahin bedarf es jedoch für einen Halter viel Gedult, Unterstützung und Pflege.

Das Camponotus ligniperda zu einer Hausameise werden kann hab ich noch nicht gehört.

Über eine Quellenangabe wäre ich in diesem Punkt dankbar!

Ich aus meiner Erfahrung kann sagen das diese Ameisenart toll ist zu halten und sehr interessant ist, trotz der Anfänglich schwachen Aktivität, was man aber auch nicht überbewerten sollte.

Hier ist ein Link zu meinem Haltungsbericht:

http://www.ameisenforum.de/europaeische-arten/33877-camponotus-ligniperda-haltungserfahrungen.html

Solltest Du weitere Fragen zu dieser Art haben stehe ich Dir gern zur Verfühgung.

LG Imago



PHiL
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#3 AW: Ameise gesucht

Beitrag von PHiL » 11. November 2008, 18:41

Hallo Silpion und Willkommen im Forum!


Silpion hat geschrieben:Lasius niger
+ Pflegeleicht
- Klein
- Volksstark.
Ich habe auf einigen Bildern riesige Nester gesehen, ich würde hier eine Art bevorzugen, die nicht derartige Ausmaße annimmt bzw. wesentlich langsamer anwächst.

Man sollte noch hinzufügen, dass sie wirklich einfach zu halten ist, ich besitze beispeilsweise eine kleine Kolonie Lasius niger und diese macht mir viel weniger Sorgen als meine Myrmica rubras. Das "klein" muss nicht unbedingt sein- im Vergleich zu anderen ist sie nicht unbedingt die kleinste, aber zugegebener Maßen wirklich nicht besonders groß. Besonders die Pygmäen sind sehr winzig, die man schon aus ein paar Metern Entfernung nicht mehr erkennen kann (ich zumindest, kommt aber auch darauf an, worauf sie sich gereda bewegt).
Das schnelle Wachstum könnte man schon als + werten, und so extrem schnell ist es nicht. Ich habe meine erst seit Anfang Juli, und sie sind derzeit mit 12 winzigen Pygmäen in der Winterruhe.
Auch sollte man hinzufügen, dass die Größe ihren Platzbedarf enorm beeinträchtigt- in einem ausreichend großen Becken wird eine mehrere JAhre alte Kolonie schon Platz finden- und du solltest auch beachten, dass es nur sehr wenige Leute schaffen, Kolonien auf dieses Alter zu bringen. Ich wäre froh, wenn sich meine mal schneller gewachsen wären.
Ich behaupte jetzt einfach mal ohne ehrfahrung, dass sie in einem ausreichend großen Becken Platz finden, und das Nest, naja, im otfall legt man eben ein Externes an, welches man an die Wand hängt o.ä.. Aber warte mal andere Meinungen dazu ab.
Silpion hat geschrieben:Camponotus ligniperda
+ Sehr groß.
+ Langsame Entwicklung
- Biss kann die menschliche Haut durchdringen.
- Kann zur Hausameise werden.
Speziell Letzteres macht mir Gedanken, da ich nicht in die Situation kommen möchte, dass der Kammerjäger die Wohnungen aller Mietparteien besuchen muss. Auch wenn es nie passieren soll, den Super-Gau mit heruntergefallenem Becken und entkommener Königin möchte ich mit einplanen. Dabei könnte die werte Dame unter's Parkett verschwinden und wird dann nie mehr gesehen. Inwiefern dies eine Gefahr darstellt kann ich nicht einschätzen, Wasser wird sie dort wohl kaum finden. Auch würde mich interessieren, wie schlimm ein Biss denn nun wirklich ist.

Das Camponotus lignipierda eine Hausameise ist, habe ich noch nie gehört, aber da ist mir vielleicht etwas entgangen.
Den "tollsten" Pluspunkt hast du ja shcon erkannt- die größte Ameise Europas, und leider hat sie, wie du auch richtig schreibst, eine langsame Entwicklung aufgrund ihrer Größe. Aber dass ihr biss so schlimm ist, glaube ich nicht, auch wenn mich noch keine Gebissen hat. Und unglaublich aggressiv wird sie sicher auch nicht auf dich losgehen.
Aufgrund ihres langsamen Wachstums wird es einige Jahre dauern, bis du überhaupt ihre "Soldaten" (Majore) hast, die dich angreifen könnten.
Die Völker können trotz allen auch sehr groß werden.
Silpion hat geschrieben:Messor barbarus
+ Sandiges Klima gewohnt.
+ Kürzere Winterruhe
+ Interessantes Brotbackverhalten.
- Nicht einheimisch.
- Kompliziertere Haltung.
Über die Volksstärke bzw. den Platzbedarf einer älteren Kolonie ist mir leider nicht viel bekannt.

Brotbackverhalten? :D
Was du mit "sandigen Klima" meinst, verstehe ich nicht so ganz, aber eine zusätzliche Erwärmung ist mWn nicht von nöten.
Aber: Die Kolonien werden sehr groß, schau mal hier vorbei:
Klick!

Silpion hat geschrieben:Formica (Serviformica) fusca
+ Begrenzte Koloniegröße (bis 2000)
Leider konnte ich nicht herausfinden, wieviel Platz eine 2000er Kolonie dieser Art benötigt. Allgemein scheint es zu dieser Art viel weniger Informationen als zu den darüber genannten Arten zu geben.

Seltsamerweise gibt es tatsächlich wenig Haltungsberichte dieser Art, aber eigendlich scheint sie ja doch perfekt sein. Kleine Koloniegröße, keine zusätzlichen Dinge vonnöten, und ich glaube, in einen ausreichenden Becken wird genug Platz sein.

Ähem, dir ist sicher schon aufgefallen, wie oft ich "ausreichendes Becken" gesagt habe, und um ehrlich zu sein, weis ich die perfekten Maße selbst nicht. Aber ich meine, keine so riesigen Dinger, sondern so Aquarienbecken, natürlich nicht die zu kleinen. Mit den Maßen kenn ich mich nicht aus, sorry.

Warte am Besten ab, was die anderen noch so sagen, ich bin noch nicht so erfahren in der Ameisenhaltung. Hoffe ich konnte helfen,

Grüße PHiL


EDIT: Imago war schneller was Camponotus betrifft.
Ein weiteres für mich sehr wichtiges Entscheidungskriterium war das Camponotus ligniperda mehere Kasten ausbildet Minor, Media und Major. Es gibt keine Einheimische Ameise die dieses Aufweisen kann.

Was ist mit Camponotus herculeanus? Sie müsste doch theoretisch auch in den deutschen Alpen vorkommen, oder irre ich mich da?



Silpion
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#4 AW: Ameise gesucht

Beitrag von Silpion » 11. November 2008, 21:08

Danke für die herzliche Begrüßung und ausführlichen Antworten.

Zur Camponotus ligniperda als Hausameise:
Sie zählt wie z.B. Lasius brunneus zu den "holzzerstörenden Arten".

Hier wurden zwei zur Bestimmung eingeschickt:
Camponotus ligniperda - AmeisenWiki

Hier haben sie einen Dachstuhl besetzt:
C. ligniperda im Dachstuhl

Ich habe keinen Bericht gefunden, dass sie in Parkett genistet hätten, die o.g. andere Art macht dies allerdings, im Forum auf Ameisenschutzwarte.de habe ich einen ziemlich abschreckenden Bericht gefunden. Dies lässt sich auf C. ligniperda wohl nicht so direkt übertragen, aber prinzipiell scheint sie das Potential zur Pestant zu haben.

Wie ausbruchlustig ist eurer Erfahrung nach diese Gattung? Passen die kleinsten Arbeiterinnen noch durch eine Gittergaze?

Zur Messor barbarus:
Danke für den Link, damit scheidet diese Art wohl aus. :(
Mit "Brotbackverhalten" meinte ich die Herstellung und Lagerung des Ameisenbrotes.



Imago
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#5 AW: Ameise gesucht

Beitrag von Imago » 11. November 2008, 21:15

@PHiL

EDIT: Imago war schneller was Camponotus betrifft.

Zitat:
Ein weiteres für mich sehr wichtiges Entscheidungskriterium war das Camponotus ligniperda mehere Kasten ausbildet Minor, Media und Major. Es gibt keine Einheimische Ameise die dieses Aufweisen kann.
Was ist mit Camponotus herculeanus? Sie müsste doch theoretisch auch in den deutschen Alpen vorkommen, oder irre ich mich da?



Ja natürlich Du hast vollkommen Recht Camponotus herculeanus löst Camponotus ligniperda ab einer gewissen Höhe ab. Die beiden Ameisen sind sich sehr ähnlich Camponotus herculeanus ist vom Körperbau etwas gedrungener kompackter und die Färbung ist dunkler.

Danke für die Berichtigung!

LG Imago



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#6 AW: Ameise gesucht

Beitrag von Silpion » 11. November 2008, 22:35

Noch eine weitere Frage:
Wisst ihr, welche Schwarmgröße C. ligniperda bei einem langjährigen Halter erreichen kann? Wenn absehbar ist, dass sie in einigen Jahren noch ins Formicarium passen, spielt die Angabe von "mehreren 10.000 Tieren" (in Freiheit?) keine Rolle mehr. Hatte schonmal jemand Platzprobleme mit C. ligniperda in einem größeren Formicarium?



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Ameisennoob
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#7 AW: Ameise gesucht

Beitrag von Ameisennoob » 11. November 2008, 22:56

Hi,

was zu Messor... sie sind nicht schwer zu halten... nur die Gründung ist schwer!

Ja, sie werden groß... aber dazu dauert es auch mehrere Jahre.

Silpion, wenn du vor hast nur eine Ameisenart zu halten, kann ich dir Messor nur empfehlen.. sehr schön Tiere mit starkem Polymorphismus (Größenunterschied der Arbeiter innerhalb der Kolonie).

Ich habe mir selbst dieses Jahr 2 Gynen bestellt.. ich hoffe die Gründung klappt nächstes Jahr...

Du wirst deine Entscheidung schon richtig treffen ;)

lG



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#8 AW: Ameise gesucht

Beitrag von Silpion » 12. November 2008, 11:11

Hmm... ich habe mich ein wenig mit Importen von exotischen Arten beschäftigt, insbesondere mit den damit verbundenen Risiken. Messor barbarus kommt damit für mich leider nicht mehr in Frage.



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