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Meinung zur "Zwangsumsiedlung"

Allgemeine Fragen und Themen über europäische Ameisenarten (hier keine Berichte)
Imago
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#9 AW: Meinung zur "Zwangsumsiedlung"

Beitrag von Imago » 16. August 2009, 09:55

Hallo!

Ich denke es ist auch ein großer Untschied ob Brut vorhanden ist oder nicht, oder wie weit fortgeschritten die Kolonie ist. Eine Gyne mit Brut in allen Stadien ohne Imagines, ist mit Sicherheit ein schlechter Zeitpunkt für eine Zwangsumsiedlung.
Wie jeder weiß wird Brut meißt bis zum Tode verteidigt. Also ein Rausschütteln der Gyne samt Brut aus dem Reagenzglas in ein Becken, (die Gyne wäre in der Natur allen Fressfeinden ausgeliefert) ist mit Sicherheit mit Stress für das Tier verbunden. Von einer Sekunde auf die Andere hat die Gyne ihr Nest verloren, die Brut muss wieder eingesammelt werden, und ein neues Nest muss geschaffen oder entdeckt werden. Ohne die Brut, wird die Gyne wohl nicht überleben.

Sind bereits Imagines vorhanden, gar das Volk schon mehrere Dutzend Ameisen zählen, besteht die Möglichkeit diese Stresssituation schneller zu bereinigen. Nach einem kurzen Durcheinander strukturiert und koordiniert sich die Kolonie wieder. Arbeiterinnen beruhigen ja bekanntlich auch die Gyne in Stresssituationen durch putzen, trillern, Trophallaxis etc.

Zwangsumsiedlung in der Gründungsphase:
Also von Reagenzglas zu Reagenzglas lässt sich eine Zwangsumsiedelung sehr leicht bewältigen, gerade wenn Puppen vorhanden sind. Einfach ein Reagenzglas an das Andere halten. Reagenzgläser sind ja für viele Tiere doch recht rutschig, gerade wenn Puppen vorhanden sind, ist das Umsiedeln gar kein Problem und lässt sich trotz einer "Zwangs"umsiedlung weitesgehend ohne visuelle Anzeichen die auf Stress basieren durchführen.

Ich finde den Satz von Danan sehr passend:

Nur sollte man den "Zwang" einfach so gering wie möglich halten
So sehe ich das auch.

Einfach beide Reagenzgläser in eine Leichte Schräglage bringen, macht man das Ganze behutsam und ruhig bekommt die Gyna das kaum mit und verhält sich unauffällig, sprich keine Reaktion auf die sanften Bewegungen.
Die Puppen rutschen zügig, schon bei geringer Schräglage in das neue Reagenzglas. Nach einiger Zeit entscheidet sich Gyne die Puppen zu der anderen Brut wieder hinzu zufügen. Sobald sie das neue Reagenzglas betritt dieses Verstopfen und die Brut vorsichtig mit einem Pinsel nachreichen.
Gerade in der Gründungsphase geben die Gynen nach meinen Erfahrungen ihr eigentliches Nest sehr ungern auf.

Zwangsumsiedelungen von einem Reagenzglas in ein YTONGnest:
Ein meißt unnötiges Unterfangen, eine Zwangsumsiedelung sollte der letzte Schritt sein um eine Kolonie das Übereleben zu ermöglichen. Ist das alte Nest zu verdreckt oder voll, ziehen sie für gewöhnlich von alleine um. Weiß man aber, dass z.B. die Winterruhe bald ansteht und die Parameter des alten Nestes nicht mehr ausreichen um sie gesund über den Winter zu bringen, kommt man schon einmal in eine solche doofe Situation.

Einfach das Reagenzglas direkt an den YTONGstein anschließen, das Reagenzglas sollte Vorteilshalber die gleichen Maße wie das danach anzubringende Verbindungsstück haben, um nicht noch ein zweites Loch zu bohren, oder eines wieder verschließen zu müssen.

Von einer Zwangsumsiedelung kann man eigentlich gar nicht sprechen, man macht es den Ameisen halt nur einfach, hier wird der Umzugsreiz verstärkt, da sich die Kolonie keiner Gefahr aussetzen muss und/da der Weg so kurz gehalten wird wie möglich, vergelichbar mit einem Kammerumzug im eigentlichen Nest. Mit einer Fram verhält es sich natürlich genauso. Ich habe mal gelesen man sollte das Reagenzglas nicht direkt in die Farm legen, da die Ameisen dieses Eingraben können, und es evtl. einfach nicht verlassen/aufgeben.

Zu dem Stress der entstehen kann, bleibt noch zu sagen, das kurzzeitiger Stress den Tieren wohl wenig ausmacht, wobei ein Rausschütteln der Gyne samt Brut, ohne Imagines wohl die schlimmste Stressituation ist die man dem Tier antun kann. Ob man dadurch auch eine Gyne verlieren kann weis nicht, habe ich noch keine Erfahrungen damit gemacht. Allgeimein gilt einfach, den Tieren so wenig Stress wie möglich auszusetzen, umso mehr hat man selber auch von den Tieren, schließlich wird es einem ja auch durch gutes Wachstum und Langlebigkeit der Ameisen honoriert.

Zwansgumsiedelungen sind eigentlich nur in den seltesten Fällen nötig, meißt kann man doch durch ein Bißchen Geschick einem solch, irgendwie unschönen Unterfangen aus dem Weg gehen.
Wer schon mal ein Nestumzug mit erlebt hat, weiß ja auch welch tolles Spektakel einem bei einer Zwansgumsiedlung durch die Lappen geht.

LG Imago



chrizzy
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#10 AW: Meinung zur "Zwangsumsiedlung"

Beitrag von chrizzy » 16. August 2009, 11:34

Hallo,

Fakt ist: Eine Zwangsumsiedelung bedeutet Stress, und den wollen wir vermeiden. Dadurch kann es negative Auswirkungen geben, bei Gründerkönigin wurde zum Beispiel das Fressen der Brut häufig auf Stress zurückgeführt (ob das richtig ist, ist ne andere Frage).

Fakt ist aber auch, dass eine Zwangsumsiedelung eine Ameisenkolonie kaum umbringt. Der entstehende Stress ist, wie oben schon angemerkt wurde, kurzfristig (dafür wird der aber wohl nicht stärker sein können), und richtig durchgeführt ist das Verletzungsrisiko für die Imagines und die Brut gering, wenngleich zB die Gefahr besteht, nicht die ganze Brut mit umzusiedeln.

Solche Umsiedelungsaktionen sollten meiner Meinung nach dennoch nur in akuten Notfällen (Wasser im Rg o.ä.) durchgeführt werden. Schimmel zählt idR nicht als solche Situation ;)

Summa summarum: Wenn sich die Notwendigkeit einer Zwangsumsiedelung ergibt, und diese korrekt durchgeführt wird, ist das Risiko für die Kolonie und ihre Mitglieder gering.

Anders siehts aber aus, wenn jemand auf die Idee kommt, alle 3 Tage die Ameisen in ein neues Nest zu stopfen, weil das alte ja schon ganze 3 Tage bewohnt und beschmutzt wird ;)

Wichtig ist aber, guten Anleitungen (für RG zu RG umsiedelungen siehe die Wiki-Anleitung: http://www.ameisenwiki.de/index.php/Umsiedeln) zu befolgen. Nicht dass da noch jemand auf die Idee kommt, die mit ner Handgranate aus dem Nest zu ekeln oder so...^^

lg, chrizzy



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Dunpeal
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#11 AW: Meinung zur "Zwangsumsiedlung"

Beitrag von Dunpeal » 16. August 2009, 21:10

Die sanfteste Umzugsmethode die ich immer verwende ist, das alte Nest nicht mehr abzudunkeln und das neue Nest leicht zu erwärmen. Das geht schnell und ist nicht ganz so viel Stress für die Tiere.


Ich halte: Pheidole pallidula ~ 400 Arb.; Formica (Raptiformica) sanguinea ~ 30 "Sklaven"; Lasius cf. flavus (Gründung)

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bettwurst
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#12 AW: Meinung zur "Zwangsumsiedlung"

Beitrag von bettwurst » 21. August 2009, 19:31

Ich versuche meine Lasius niger z.Z. ebenfalls auf einen Umzug zu drängen, da sie sich in zwei RGs aufgeteilt hat und ich über den Winter es gerne sehen würde, dass sie wieder in einem sitzen.

Daher halte ich nun nicht wirklich Licht, sondern besser ausgedrückt, weniger Schatten auf die RGs. Dazu habe ich nun ein paar Tage keine Proteine gegeben um sie zu animieren, sich in der Arena mal nach Nahrung umzuschauen um so das neue Nest zu bemerken.

Nachdem nun ein paar mal eine Meise kurz drin war, habe ich nun sehr nah am neuen Nest etwas zu fressen bereitgestellt, so dass es unmöglich ist, sich nicht doch mal zum Nest zu verlaufen.

Seitdem sitzen immer mal für längere Zeit ein paar Arbeiterinnen drin. Für mich ein gutes Zeichen. Meine sind ja nun mittlerweile in diesem einen Jahr 1 1/2 mal umgezogen. Einmal in ein komplett neues RG und nun sindse ja zweigeteilt. Mal schauen ob sie es nochmal schaffen. Dann kann ich wohl behaupten, dass zumindest meine Lasius niger nicht wirklich umzugsfaul sind ^^

Das schwierigste scheint für mich, den Ameisen zu vermitteln, dass das neue Nest ja viel besser ist als die alte versiffte Hütte.
Diese Ãœberzeugungsarbeit braucht die meiste Zeit.


Die Natur gibt es leider im voraus. Bezahlt wird später!
.

Sahal
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#13 AW: Meinung zur "Zwangsumsiedlung"

Beitrag von Sahal » 22. August 2009, 14:26

Hola,

bei dieser Diskussion wurde ein wichtiger Punkt vergessen: der Nestduft!
Der Stress wird nicht nur durch die kurze Zeitspanne der Umsetzung ausgelöst, sondern vor allem durch den neuen, unbekannten (oder besser fehlenden) Nestduft! Dieses Bouquet wird aus vielen Faktoren gebildet und lässt sich nicht nachbilden bzw übertragen!

Da nützt es auch nichts, wenn ich einen Teil der Brut umsetze, denn die Gyne wird in den meisten Fällen die Brut wieder in das angestammte Nest zum gewohnten Duft holen... WENN sie sie überhaupt findet Schrägstrich sucht!
Nicht vergessen: die Gyne weiß nicht, wenn ihr Brut fehlt! Nur wenn sie blindlinks über Brut strauchelt und "riecht", wird sie sie erkennen und ins Nest tragen!

Besser ist es also, zwei RG ohne geschüttel und geklopfe stumpf voreinander zu legen und mit TESA fixieren. Das neue RG wird abgedunkelt, das alte erhält weder extra Beleuchtung noch eine Abdunklung. Und jetzt warten, bis die Gyne innerhalb des für sie zusammengehörenden Nestes die Brut einfach nur in eine andere Ecke geschafft hat.
Gleicher Weg gilt natürlich auch für einen Umzug in Farmen oder Ytong-Nester. Ungeeignet für Schimmel-und Milben-Nester!


Ist von einer Zwangsumsiedlung abzusehen?
Grundsätzlich JA!
Und vor allem als hier öffentlich im Forum propagierte Vorgehensweise!!!

Fangt an, hier eine Zwangsumsiedlung abzusegnen, und das Ergebnis werden Newbies sein, die jeden Tag ihre bedauernswerten Quällinge in neue RG verfrachten, weil eine Wattefaser quergeringelt war und der Gyne ins Auge pieksen könnte!
Viele Anfänger erkennen keine Eier oder Larven, selbst wenn diese mit Erdbeeren jonglierend auf ihrem Frühstückstoast Rumba tanzen und lautstark Mozarts "Das Lied von der Glocke" auf Chinesisch rezitieren!
Und dann sollen sie diese Brut umsetzen können? Das gibt Rührei!

Die Newbies sollen einschätzen können, welches neue Nest für die Ameisen besser ist? Himmel hilf, das können ja nicht mal erfahrenere Halter zuverlässig einschätzen. Ergebnis: die verwirrten Gründerinnen finden sich plötzlich in Keksdosen mit Kokosfaser-Untergrund wieder, weil da so schön viel Platz ist!

Ihr kennt ALLE das Gefühl, wenn bei den Gründervölkern einfach so gar nichts passiert und man gar nichts zu tun hat???? Da juckt es einem doch in den Fingern... und jeder Grund ist willkommen.
Nur die Angst davor, die Gründer zu stressen und das Volk zu exxen, bewahrt sehr viele Halter und Gynen vor einem unlöblichen Ende!

Aus dieser Sicht:
JA, Zwangsumzüge erzeugen Stress und können die Gyne umbringen oder die Entwicklung des Volkes empfindich stören!


Das Gynen und Völker einen Versand überstehen ist ein Pluspunkt für ihre Widerstandsfähigkeit, kein Freibrief für Misshandlung und widernatürliche Umzetzungsaktionen! Wenn in der Natur en Nest zerstört wird, dann können sich die Völker ein neues, geeignestes Nest suchen, vollkommen korrekt... aber die Betonung bitte auf "sie können suchen" und "geeignetes Nest"!
Wenn ein Volk nicht freiwillig umzieht, dann hat es seine Gründe!
Und vor allem, warum sollte ein fettgefressenes Völkchen umziehen wollen? Die haben doch alles, was sie brauchen... die "wissen" auch nicht, dass det neue Nest die gleichen Futtergründe bietet! Hungrige Ameisen sind devoter und unterwefen sich leichter unserem Willen :-) Zum einen furagieren mehr Arbeiterinnen und entdecken das neue Nest besser, zum Anderen könnte das neue Nest besseren Zugang zu Futtergründen liefern.


Und wenn ein Volk nun tatsächlich umgesetzt werden muss?
Dann lasst am Besten diese ganzen teils wochenlangen Erwärmungs-, Beleuchtungs- und Voodooklamotten!
Kurz und schmerzlos soll es sein... Pinzette, Pinsel und ab gehts!


Wenn die Flinte ins Korn gefallen ist, nicht gleich das Kind in den Brunnen werfen, auch wenn das der Tropfen ist, der dem Fass die Krone ins Gesicht schlägt!

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