Exodus!
Ich hab diesen alten Bericht ausgegraben, weil mein Thema hier am besten hineinpasst.
Mir war garnicht mehr bewusst, wie lange schon Pheidole pallidula in meinem Glashaus wohnen. Eine Haltung im eigentlichen Sinne findet nicht statt, weil sich die Tierchen auf 21m² frei bewegen und selbständig Futter suchen.
Weitere Arten im Glashaus sind nach wie vor
Solenopsis fugax (zahlreich),
Tetramorium sp. (zahlreich) und möglicherweise ein junges Nest v.
Lasius niger. Und jetzt sind wir schon beim Thema:
L. niger ist bekanntlich dominant, territorial und aggressiv. Darüber habe ich schon an anderen Stellen wiederholt berichtet. Ganz besonders scheint sie es hier auf
Pheidole pallidula abgesehen zu haben. All die Jahre musste ich massiv gegen Lasius n. einschreiten und damit meinen 2 Pheidole-Nestern das Ãœberleben sichern. Ich musste wiederholt in der Nacht aufstehen und Angriffe dieser Art vereiteln.
Die Arbeiterinnen v. P. pallidula sind praktisch wehrlos, ihr Stachelapparat hat sich weitgehend zurückgebildet.
Die Soldaten können mit ihren gewaltigen
Mandibeln gehörigen Schaden anrichten,
sind aber langsam, etwas tollpatschig und zu keiner wirklichen Teamarbeit fähig! Für die wieselflinken und äußerst kooperativen Lasius niger keine wirklichen Gegner!
Das bestimmt außergewöhnliche an L. niger ist aber die Tatsache, dass diese auch von ihrem Heimatnest abgeschnitten und ohne weiteren Kontakt mit ihren Geschwistern,
also völlig autonom wochenlang agieren können: Sie furagieren, benützen "Unterstände", verständigen sich zum gemeinsamen Vorgehen und starten von vorgeschobenen Posten aus Angriffe gegen Pheidole pallidula. So ist es im gegenständlichen Fall geschehen:
Nicht mehr als 2 Dutzend L. niger starten einen Angriff gegen zahlenmäßig weit überlegene Gegner. Dabei gehen sie unglaublich forsch ans Werk:
1. Zuerst vereinzeltes, dann gemeinsames Eindringen in das weitverzweigte (teilw. nicht benützte) Tunnelsystem des
P. pallidula-Nestes unter den Steinplatten.
2. Verbreitung von Panik unter den Angegriffenen. Bei Verteidigungsaktionen werden bereits viele getötet.
3. Errichtung eines dauerhaften Brückenkopfes:
L. niger richtet sich häuslich ein und schafft die toten Feinde aus den Gängen.
4. Erhöhte Unruhe bei Pheidole, sie organisieren einen Massenauszug, einen Exodus, der in diesem Fall in einer dicht belaufenen "Straße" von gut 1m Länge fast 1/2 Stunde gedauert hat. Auch die
Königin und die
Brut (dzt. nur Eier u. kl.
Larven) werden mitgenommen. Sicher insgesamt weit über 1000 Pheidole p. ergreifen die Flucht vor
2 Dutzend L. niger. Hier ein paar Bilder:
1. Die Flucht ist in vollem Gange:
2. Wirkt eher chaotisch, der Marsch ist aber trotzdem geordnet u. zielgerichtet!
3. Auch die
Königin muss mit. Sie war von Anfang an "körperbehindert", ein Tergit ist verletzt, sie bewegt sich langsam.
4. Jetzt geht es in Richtung des neuen Nestes, einem Spalt zw. zwei Betonsteinen des Fundamentes:
L.G.Boro