Ameisenkolonie fangen! Immer grausam?

Allgemeine Fragen und Themen über europäische Ameisenarten (hier keine Berichte)
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Maddio

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#33 AW: Ameisenkolonie fangen! Immer grausam?

Beitrag von Maddio » 9. Juni 2010, 11:26

Nachdem ich mir Nipians Text ein paar Mal durchgelesen habe um ihn wirklich zu verstehen, komme ich zu dem Schluss das ihr an einander vorbei redet.

Kann aber beide Sichtweisen verstehen. Nipian hat mit der Rangordnung durchaus auch recht. Das Ausheben von Nestern würde ich jetzt aber nicht als "Vollpfostenstandard" bezeichnen. Wie schon oben besprochen kann man das meiner Meinung nach bei gewissen Vorrausetzungen und einem späteren Wiederaussetzen durchaus den "Wenn's sein muss Standard" zuordnen.

Cayals Vorstellungen von Moral finde ich auch völlig in Ordnung, aber ich glaube darauf wollte Nipian nicht unbedingt hinaus.



Cayal
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#34 AW: Ameisenkolonie fangen! Immer grausam?

Beitrag von Cayal » 9. Juni 2010, 11:40

Wenn du eine Kolonie entnimmst, bin ich mir sicher, dass in paar Monaten spätestends dort wieder eine andere Ameisenkolonie sich breitgemacht hat.

Ist ja nicht so, dass sich die Ameisenpopulation bis ins unedliche erhöht. Sie bleibt relativ stabil in Abhängigkeit des verfügbaren Lebensraums.

Daher scheitern auch die meisten Gründungen in der Natur, weil größere Völker sich bereits an den meisten Stellen ausgebreitet haben. Man könnte es also auch so sehen, dass man durch das Ausgraben der Kolonie wiederum einer anderen Gyne bzw. Kolonie ermöglicht sich dort auszubreiten, die vorher evtl. keine Chance gehabt hätte.

Es wird hier ständig von Moral und Ehtik geredet, warum sollte ich nicht darauf eingehen? Das ist doch letztlich der eigentliche Kern der Diskussion.

Es geht darum, ob man es für moralisch hält, dass man Kolonien ausgräbt, oder eben nicht. Moral ist rein subjektiv, daher ist es auch recht sinnfrei in einer Diskussion mit dem Argument: "Es ist unmoralisch" zu kommen.

Und hier nochmal mein Standpunkt:

Ich finde es moralisch nicht verwerflich, wenn man Ameisenkolonien ausgräbt, die nicht besonders geschützt sind und nicht auf der Roten Liste Deutschlands (da gehe ich ja schon über das Gesetz hinaus, da sie letztlich ja keinen besonderen Schutz geniesen) stehen.

Und wenn man wirklich gegen jegliche Ausbeutung (Haltung ist letztlich auch eine Form davon) von Tieren ist, dann sollte man das aber auch 100% durchziehen und nicht beim Essen oder bei der Kleidung halt machen und nur auf die Ameisen gucken.



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NIPIAN
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#35 AW: Ameisenkolonie fangen! Immer grausam?

Beitrag von NIPIAN » 9. Juni 2010, 12:47

Hoi,


Und wenn man wirklich gegen jegliche Ausbeutung (Haltung ist letztlich auch eine Form davon) von Tieren ist, dann sollte man das aber auch 100% durchziehen und nicht beim Essen oder bei der Kleidung halt machen und nur auf die Ameisen gucken.

Der Satz ist nicht hingeworfen, sondern soll mir zeigen, dass ich möglicherweise in anderen Lebensbereichen inkonsequent bin. Ist berechtigt, ist allerdings nicht Gegenstand dieser Diskussion. Zur Beruhigung: die Maxime versuche ich in anderen Bereichen ebenfalls durchzusetzen. Sonst ist es nicht ernstzunehmen, dass ich sie spezifisch postuliere.

Wenn ich allerdings "das Paradigma der Unschuld" lese, bedeutet das, dass ich einen Außenstehenden brauche, der sagt, es reicht. Denn eine Grenzüberschreitung, die durch jemanden aufgedeckt/gezogen werden muss, nimmt die Person nicht wahr. Die Frage der Schuld lässt sich damit allerdings nicht herausreden, denn die Tat ist anhand der Grenzziehung zu richten. Grenzziehung brauchen wir, sonst gibt es Tote. Und eine Grenzziehung entsteht durch Reflektion. Für eine vollständige Verwertung seiner Hypothese brauche ich allerdings sein Buch, und nicht sein Interview. Ich sehe allerdings nicht ein, dafür zu zahlen. Also bleibt es beim Interview. Denn eine Meinung ist nur eine Meinung. Und darauf basierend vollziehen wir keine Grenzziehung.

Dementsprechend passt es: es gibt jemanden (= Gruppe), der/die den Umkreis beschreibt und diejenigen, die zu schwach sind um darüber nachzudenken, sortieren sich ein. Daran ist nichts verwerfliches, da so ein Gruppenüberleben sichergestellt ist.

Die Frage ist: soll ich mich jetzt Deinem Umkreis unterordnen, wenn er offensichtlich für die gerade vorliegende, affektive Verfahrensweise steht? Ich kann einen kleineren Schaden anrichten, wenn ich die einzelne, begattete Gyne nehme und sie selber aufziehe - das kostet mich eben Zeit und Geduld. Und einen noch kleineren Schaden richte ich an, wenn ich keine halte und raus gehe.

Was die Rückführung anbelangt - die diskutieren wir nicht, da wir noch nicht einmal mit dem ursächlichen Gschmarri durch sind.



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#36 AW: Ameisenkolonie fangen! Immer grausam?

Beitrag von Cayal » 9. Juni 2010, 13:26

NIPIAN hat geschrieben:Die Frage ist: soll ich mich jetzt Deinem Umkreis unterordnen, wenn er offensichtlich für die gerade vorliegende, affektive Verfahrensweise steht? Ich kann einen kleineren Schaden anrichten, wenn ich die einzelne, begattete Gyne nehme und sie selber aufziehe - das kostet mich eben Zeit und Geduld. Und einen noch kleineren Schaden richte ich an, wenn ich keine halte und raus gehe.


Du musst dich nicht meinem Umkreis unterordnen, ich akzeptiere, dass du eine andere Meinung hast und auch, dass du sie hier öffentlich Kund tust.

Ich sagte nur, dass es Leute gibt, wie mich, die eben die Grenzen anders ziehen, als du.

Für mich stellt das Entfernen einer Kolonie einer NICHT besonders geschützten und sich NICHT auf der roten Liste befindlichen Art, nichts verwerfliches dar, das passiert ständig (Garten umgraben usw. usw.). und es schadet auch nicht dem Fortbestand der Art.

Natürlich schadet man den Tieren damit, aber das geschieht auch bei so vielen anderen unzähligen Dingen, letztlich muss man selbst entscheiden, was man macht und was nicht.

Und man kann nicht alles ausblenden und nur die Diskussion über die Ameisen betrachten, denn wo bleibt da die Verhältnismäßigkeit?

Ich persönlich finde es zum Beispiel deutlich schlimmer, was in der Massentierhaltung passiert und was man mit Tieren, die nachweislich Schmerz empfinden (bei Insekten herrscht ja die Meinung, dass sie es nicht können), getan wird.

Zum Beispiel werden täglich jungen Ferkeln die Hoden ohne Betäubung einfach rausgeschnitten und man wirft sie einfach wieder zurück, oder es werden täglich unzählige Kücken zu Tiermehl verarbeitet, weil die männlichen Hähne bei Legehühnern kaum Fleisch abwerfen und es sich somit nicht lohnt sie aufzuziehen.

Ich persönlich finde diese Dinge unmoralisch und deutlich schlimmer, wie wenn jemand ein Ameisennest ausgräbt, daher esse ich kein Fleisch. Und mir ist schon klar, dass man diese Argummente nicht hören will (geht ja nur um Ameisen), aber wenn man schon von Moral redet und Verhältnismäßigkeit, sollte man sich das auch mal anhören.

Aber es ist dein Recht weiterhin Fleisch zu essen, es in Ordnung zu finden, wie sie gehalten werden, aber bitte schreib mir nicht vor, ob es moralisch ist, wenn man Ameisennester ausgräbt, oder nicht.

Was die Rückführung anbelangt - die diskutieren wir nicht, da wir noch nicht einmal mit dem ursächlichen Gschmarri durch sind.


Und wenn du meine Beiträge mit Gschmarri meinst, dann zitiere ich dir nochmal die Forenregeln:

1.2 Verhaltensweisen im Forum

Die Verhaltensweisen im Forum sind einfach und kurz zu beschreiben:

1. Sei höflich, freundlich und respektvoll zu anderen Benutzern!

Wenn man Beiträge als Gschmarri bezeichnet, vermisse ich die drei Adjektive.



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#37 AW: Ameisenkolonie fangen! Immer grausam?

Beitrag von Rotmilan » 9. Juni 2010, 15:50

Wobei man ja immer der Erfolg so eines "Ausgrabens" in Frage zu stellen ist, wenn genug Arbeiterinnen sterben, kann es sein, dass die Kolonie für Brutpflege und Nahrungsbeschaffung zu klein wird (bei kontinuierlicher Legeleistung der Gyne)
Ich weiß, dass man in Moritzburg versucht hat Waldameisennester umzusetzen, mit welchem Erfolg diese Aktion gekrönt war, weiß ich nicht.

Als kleine dumme Kinder haben wir auch probiert Kolonien auszubuddeln, da ist nie was draus geworden.

Der Unterschied zum Gynenfang ist ja schon der das mit dem Einfangen die Chance zur Gründung besteht. Entweder man hat eine Gyne oder nicht (ausgenommen derer, die sie beim Fangen schon letal verletzten)

Bei der Kolonie ist es bei den meisten Arten nicht so gewiss ob man die Gyne hat oder nicht. Hat man sie hat die Kolonie eine Chance zur Etablierung, hat sie die nicht, ist sie dem Untergang geweiht.


....................................................................
Halter von einer selber gefundenen Themnothorax sp. bzw. Leptothorax sp.- Kolonie, sie umfasst ca. 70 Mädels

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#38 AW: Ameisenkolonie fangen! Immer grausam?

Beitrag von NIPIAN » 9. Juni 2010, 19:27

Hoi,


1. Sei höflich, freundlich und respektvoll zu anderen Benutzern!

Wenn man Beiträge als Gschmarri bezeichnet, vermisse ich die drei Adjektive.


Kannst Du so sehen. Kannst natürlich auch die Kriterien aufstellen, die sinnvoll sind, wenn man ein Volk ausgraben will. Nicht zu groß nicht zu klein, nen halben Meter tief, möglicherweise kaum Größenunterschiede, äußerliche Ähnlichkeiten mit geschützten Arten... viel Spaß beim Finden der Gyne/n im Heuhaufen. Dann muss man halt ein paar Völker durchpflügen, bis man erfolgreich ist. Für einen Anfänger ist das hier eine dicke, fette Gschmarri-Diskussion. Wenn Du dich beleidigt fühlen willst, tu es ruhig. Ist schließlich Deine Entscheidung. Wenn sie auf Deine Schiene gelangen, dann zieht womöglich tatsächlich ein Anfänger (es gibt hier 12-jährige bis 20-jährige, die dafür anfällig sind) mit nem Eimerchen und Schäufelchen los. Hoffentlich habe ich das hier genügend zugemüllt, sodass es nicht soweit kommt.

Aber war mal nett, über moralische und ethische Variationen zu lesen. Man kann echt alles als endgültig richtig ansehen. Die alten Philosophen drehen sich dabei im Grabe um.



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Maddio

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#39 AW: Ameisenkolonie fangen! Immer grausam?

Beitrag von Maddio » 9. Juni 2010, 20:15

Sollen sie sich doch drehen. Die Welt verändert sich halt. Finde es auch ehrlich gesagt ziemlich voreingenommen, dass du glaubst zu wissen was alle antiken Philosophen zu unserer Diskussion gesagt hätten. Da gibt es auch so viele verschiedene Richtungen und Anschauungen. Nur weil manche Philosophen heute anerkannter sind als andere, bedeutet das meiner Meinung nach noch lange nicht, dass man (nur) ihnen blind folgen muss. Nämlich in so einem Fall würden sie sich mit Sicherheit im Grab drehen.

Was wäre so schlimm daran, wenn ein Anfänger loszieht, sich vorher über eine mögliche Art informiert, und z.B. ein Nest von Myrmica rubra einfängt. Damit meine ich natürlich nur ein Teil des Nestes. Ein paar Königinnen, 1-2 Hände voll Arbeiter. Dann wär doch alles gut. Die alte Kolonie wird sich höchstwahrscheinlich wieder erholen, und unser Neuling kann sich an einer Kolonie erfreuen, ohne den kommerziellen Ameisen-Ausbuddlern geholfen zu haben.

Nimmt er sich eine Lasius niger Kolonie vor, so wie ich es z.B. damals einmal versuchte, wird er schnell erkennen, dass es nicht möglich ist eine große Kolonie auszugraben und noch viel weniger sinnvoll. Aber auch in diesem Fall sehe ich noch gute Überlebenschancen für die Kolonie. Die Königin sitzt meist so tief im Boden dass ihr nichts passiert, und vlt schafft es die Kolonie sich wieder zu erholen. Wer würde schon eine Lasius niger Kolonie vermissen? Die gibt es doch zu Milliarden. Wenn jetzt jeder Bürger in Deutschland rausgehen würde und sich eine Kolonie Lasisus niger ausgraben würde, könnte ich mir vorstellen, dass es wenige bis vielleicht keine Auswirkungen auf die Vormachtstellung dieser Art hat.

Jedenfalls wird ein Neuling sich nicht ein zweites Mal daran machen, denn er hat aus eigener Erfahrung gelernt, dass es keinen Sinn macht.



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#40 AW: Ameisenkolonie fangen! Immer grausam?

Beitrag von Gilthanaz » 9. Juni 2010, 21:02

Jetzt krieg' ich bald eine Depression, weil ich darüber nachdenken musste, wieviele Gynen auf Nestsuche ich wohl in meinem Leben schon unabsichtlich überfahren/zertreten/weggespült (Garten gießen) habe.

Als Folge davon bin ich ja Schuld an der Nichtexistenz von potentiel unzählbar vielen Nachkommen, je nach dem wie lange man die Zeitachse verfolgen wollen würde.

Öhhh. Ich glaube, ich verfolge den Gedanken nicht weiter.

Das letzte mal habe ich mit 8 Jahren versucht ein Nest auszuheben, und damals schon gelernt, das es bei den meisten Arten sinnlos ist. Sobald man auch mal etwas mehr über Ameisen, speziell den Paarungsflug, weiß, ist ja auch die wesentlich effizientere Variante, sich eine Gyne nach dem Flug zu schnappen.

-G



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