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Camponotus vagus vs. Callilepis cf. nocturna - Fotobericht

Berichte (z.B. Reiseberichte, Ameisenfotoalben, Ausflüge, Schnappschüsse, etc.) mit vielen Fotos von Ameisen und Natur.
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Boro
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#9 AW: Camponotus vagus vs. Callilepis cf. nocturna - Fotobericht

Beitrag von Boro » 24. April 2010, 22:05

Auch wieder 2010: Callilepis cf. nocturna
Im vagus-Land ist alles beim Alten: Bei fast jedem Nest von Camponotus vagus finde ich in unmittelbarer Nähe den Todfeind meiner Ameisen. Es ist erstaunlich, dass sich diese Spinnenart in dem Gebiet ausgerechnet die kräftigste und aggressiveste heimische Ameisenart als Opfer aussucht. Bei benachbarten anderen Ameisenarten (Formica truncorum, Formica cinerea, Manica rubida) habe ich diese Spinne noch nie entdecken können.
Wie so üblich, ich sitze neben einem eher kleineren C. vagus-Nest, um die mäßige Aktivität der Tiere zu beobachten. Keine Spinne zu sehen. Neugierig geworden, drehe ich vorsichtig einige Steine in unmittelbarer Nähe des Ameisennestes um. Und:Treffer! Da sitzt ein recht großes Exemplar ganz ruhig, daneben die Leiche einer vor kurzem ausgesaugten C. vagus-Arbeiterin, dann noch ein paar Reste älterer Opfer und erstmals eine tote gelbe Lasius-Arbeiterin; die war zur falschen Zeit am falschen Ort. Die Spinne habe ich übrigens eingefangen, sie wird zur Bestimmung verschickt.

1. Die Färbung des Tieres entspricht nicht den anderen Exemplaren. Wohl eine andere Art, aber auch Ameisenjägerin! Nach dem jetzigen Wissenstand eine Gnaphosa sp.
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2.Keine 30cm daneben, ein Tier mit der sonst üblichen Färbung, aber nur halb so groß:
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Boro
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#10 AW: Camponotus vagus vs. Callilepis cf. nocturna - Fotobericht

Beitrag von Boro » 18. Juli 2010, 15:11

Jäger und Beute: Das Spiel geht weiter!
Wenn ich ein paar Minuten vor einem Camponotus vagus-Nest stehe, weiß ich gleich, ob sich eine Callilepis nocturna in unmittelbarer und bedrohlicher Nähe aufhält oder nicht. Bei der Anwesenheit der Spinne verhalten sich die Ameisen äußerst nervös und gereizt. Scheinattacken und kurze Angriffe gegen den vermeintlichen Standort der Spinne finden ständig statt. Das Ritual kann über Stunden fortgesetzt werden, die Spinne kehrt nach der Vertreibung sofort wieder in die Nähe des Nesteinganges zurück und wechselt dabei häufig ihren Standort. C. vagus ist extrem schnell, aber die Spinne ist immer schneller. Sie errichtet ihr Nest stests in der Nähe des Einganges zum Ameisennest, weil hier die stärkste Frequenz der ein- und auslaufenden Ameisen gegeben ist und sie ein etwaiges Opfer nie weit über die Oberfläche ziehen muss. Das wäre für sie selbst zu gefährlich.
1. Hier ist der Missetäter. Sieht garnicht so furchterregend aus. Die Körperlänge dieses Exemplars (ohne Beine) beträgt etwa 6mm.

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2. Hier sitzt die Spinne in einem Hohlraum ein paar cm über dem darunter befindlichen Nesteingang. Dort erkennt man bereits die Fühler der C. vagus-Arbeiterin.
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3. Die Gefahr ist den Ameisen bewusst: Eine Majorarbeiterin droht in Richtung des Spinnenverstecks durch extrem rasch zuckende vor- u. rückwärtsgerichtete Bewegungen und droht dabei mit geöffneten Mandibeln (Mandibelkampf). Die Bewegungen sind so rasch, dass die seitlich am Thorax vorhandenen Spiegelungen des Chitinpanzers verschwimmen:
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4. Jetzt droht die Ameise in die richtige Richtung. Die Spinne ist längst ausgewichen. Auch hier zeigt die linke Kopfseite jene verschwommenen Spiegelungen, die vor allem durch den Ringblitz verursacht werden.
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5. Ja, wo ist der Feind geblieben? Der ist schon dreimal weg!
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Boro
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#11 AW: Camponotus vagus vs. Callilepis cf. nocturna - Fotobericht

Beitrag von Boro » 12. April 2011, 17:36

Am 3. 4. war ich auf der Pirsch und konnte das erste Schwärmen einer Ameisenart 2011 beobachten:http://www.ameisenforum.de/europ-ische-ameisenarten-allgemeines/42744-schwarmfl-ge-2011-a.html

Ziel der Beobachtungen ist das eigenartige Verhältnis der Ameisenjägerin Callilepis sp. zu der flinken u. gefährlichen Camponotus vagus zu dokumentieren. Inzwischen haben meine Recherchen ergeben, dass es sich bei der Spinne nicht um Callilepis nocturna sondern sehr wahrscheinlich um Callilepis schuszteri handelt, über deren Biologie kaum etwas bekannt ist. Im Gegensatz zu Deutschland ist nämlich letztere im Süden/Osten Österreichs ungleich häufiger als C. nocturna, bzw. scheint C. nocturna gebietsweise überhaupt zu fehlen.
Wieder konnte ich die Spinne bei einigen Nestern in unmittelbarer Nähe der Nesteingänge v. C. vagus entdecken. Nach meinen bisher dreijährigen Untersuchungen scheint die Spinne syntop vorkommende Ameisenarten zu ignorieren. Ich kann aber bis heute nicht verstehen, warum sich die Spinne ausgerechnet diese große und wehrhafte Ameise als Opfer auswählt. Es blieb die Frage offen, von welchen Ameisen sich die juvenilen Nymphenstadien der Spinne ernähren.
Jetzt gibt es eine erste Antwort:Zumindest mittlere Nymphenstadien ernähren sich ebenfalls von großen vagus-Arbeiterinnen. Als ich eine scheinbar tote Ameise aus einem Spalt im Totholz holte, habe ich die darunter befindliche Spinne nicht sehen können und sie kam dabei zu Tode. Übrigens: Die Ameise war zwar paralysiert, bewegte sich aber noch eine Zeit lang ein wenig! Hier die Fotos zum Größenvergleich:
1. Callilepis cf. schuszteri und eine (fast) Major-Arbeiterin:
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2. Ein anderer Blickwinkel:
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Arno
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#12 AW: Camponotus vagus vs. Callilepis cf. nocturna - Fotobericht

Beitrag von Arno » 3. Mai 2011, 23:48

Hallo Boro,

ich bin ein Besucher aus dem benachbarten Spinnenforum und habe deinen Beitrag mit sehr viel Interesse gelesen (Guido hätte ja viel früher mal was sagen können). Ich habe von Ameisen überhaupt keine Ahnung, kenne mich aber um so besser mit Spinnen, vor allem den Gnaphosiden aus.

Ich möchte dir zuerst zu den gut nachvollziebaren Beobachtungen gratulieren, die so genau vor dir wahrscheinlich noch niemand gemacht hat. Vor allem zu einer evtl. Beutespezialisierung der Callilepis-Arten habe ich in der entsprechenden Fachliteratur noch nie etwas gelesen.

Daran anschließend gleich meine erste Frage: Wir pflegen seit einiger Zeit ein europäisches Fach-Wiki für Spinnentiere (http://wiki.spinnen-forum.de/index.php?title=Hauptseite). Dort könnten deine Informationen und Bilder sehr gut eingebunden werden. Wenn du einverstanden bist, würde ich gerne einiges von deinen Beobachtungen dort zitieren und einige der Bilder in die entsprechenden Artikel einbauen. Damit das ganze Hand und Fuß hat, und eine gewisse Nachvollziehbarkeit gewährleistet ist, bräuchte ich dafür aber deinen vollen Namen. Zusätzlich wäre es ideal, die Callilepis-Art sicher bestimmt zu haben. Wenn du mir ein paar Exemplare zuschicken würdest, könnte ich die bestimmen (es kann gut sein, dass es die etwas südlicher verbreitet C schuszteri ist).

Zur „großen, ungewöhnlich gezeichneten Callilepis“. Das war eine Gnaphosa-Art (auch Familie Plattbauchspinnen (Gnaphosidae)), also eine nahe Verwandte. Die Gnaphosa-Arten sind nicht auf Ameisen spezialisiert, fressen aber alles, was sie überwältigen können und sind dabei nicht zimperlich (Laufkäfer, Wespen usw.).

Zu den arachniden Ameisenfressern: Die Liste ist immer noch nicht vollständig. Unter den Gnaphosiden gibt es einige Arten, die ihre Beute durch Einspinnen mit breiten Fadenbändern überwältigen und erst dann zubeißen (Gattung Berlandina z.B.). Diese Arten sind zwar keine Ameisen-Spezialisten, fangen aber auf diese Weise viele Ameisen, weil sie als laufaktive Bodentiere in großer Zahl anfällig für diese Fangmethode sind.

Dann fehlen noch die Euryopis-Arten (auch Kugelspinnen wie Dipoena), die aber zugunsten ihrer Spezialisierung sogar den Netzbau aufgegeben haben und die Ameisen einfach so im freien Lauf einspinnen.

Dann würden mir noch die Oecobius-Arten (Zeltdachspinnen) einfallen, die bei uns eigentlich nur in Warmhäusern und Gebäuden leben (in AT ist O. navus glaube ich sogar richtig heimisch). Die dürften sich auch fast ausschließlich von Ameisen ernähren, die durch schnelles Umkreisen und dabei Einspinnen überwältigt werden.

Bei den Micaria-Arten scheint es welche zu geben, die Ameisen fressen und andere, die sie zwar imitieren, aber nicht fressen. Das hat hier vielleicht zu Verwirrung geführt.

Aus den Tropen sind natürlich viele weitere ameisenfressende Spinnen und ihre Strategien bekannt.

Interessant wäre vielleicht auch noch die Bemerkung, dass es einige Spinennarten gibt, die entweder in Ameisennestern gefunden werden (z.B. Mastigusa-Arten –Kräuselspinnen, Dictynidae) und andere, denen in der Literatur eine „Vergesellschaftung“ mit Ameisen nachgesagt wird. In beiden Fällen dienen die Ameisen höchstwahrscheinlich nicht als Beute. Was die räumliche Nähe zu den Ameisen trotzdem interessant für diese Arten macht, ist mir allerdings ein Rätsel.

Sorry, falls ich hier etwas mit der Tür ins Haus gefallen bin. Ich fand den Beitrag wie gesagt so bemerkenswert, das sich mich nicht zurückhalten konnte.

Viele Grüße und weiter so. Und keine Sorgen: Callilepis ist nicht staatenbildend, ihre Anzahl und die damit verbundenen Verluste an Ameisen dürften gering bleiben ;)

Arno



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Boro
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#13 AW: Camponotus vagus vs. Callilepis cf. nocturna - Fotobericht

Beitrag von Boro » 4. Mai 2011, 14:33

Hallo Arno!
Zuerst begrüße ich dich herzlich im Forum.
Bisher war ich mit meiner Ameisen-Spinnen-Geschichte ziemlich allein auf weiter Flur. Schön, dass es Interesse u. Unterstützung gibt!
Ich verstehe v. Spinnen eigentlich nichts und bin auf diese eigenartige Beziehung durch Zufall bereits 2007 gestoßen, als ich meine zahlreichen Nester v. Camponotus vagus immer wieder kontrollierte. Zuerst dachte ich an einen Zufall, inzwischen bin ich mir sicher, dass es da (zumindest im Beobachtungsgebiet) eine Spezialisierung d. Spinne auf diese Ameisenart gibt; aus zwei Gründen:
1. Bei fast allen großen (wegen d. Lauffrequenz leichter zu beobachtenden) Ameisennestern treffe im stets auf die Spinne. Diese wohnt unmittelbar neben den Nesteingängen im stark strukturierten Totholz liegender Bäume (auch im angelandeten Treibholz in Ufernähe),
2. Bei syntop vorkommenden Ameisenarten konnte ich mittlerweile im 5. Beobachtungsjahr kein einziges Mal diese Spinne entdecken.

Über die Biologie v. Call. schuszteri konnte ich bisher keine Literatur finden, über Call. nocturna hat G. Heller gearbeitet ("Zum Beutefangverhalten der ameisenfressenden Spinne Callilepis n.", Ent. Germ. 1976, 3:100-103 und "Ameisenjäger mit acht Beinen" in Ameisenschutz aktuell 2007). Ich stehe mit ihm in Kontakt.
2 Belege der Spinne liegen bei Dr. Chr. Komposch v. ÖKOTEAM in Graz
Derzeitiger Stand:
Ich bereite eine Publikation im hiesigen Naturwiss. Verein (Carinthia II) vor und bin natürlich für jede Anregung und kleine Hilfe sehr dankbar.
Es erfolgen in diesem Jahr abschließende Kontrollen, Beobachtungen u. die Anfertigung noch besserer Bilder. Außerdem versuche ich eine statistische Erhebung über die Häufigkeit v. Sichtungen, Aktivitäten etc. anzufertigen.

Es gibt aber noch eine aktuelle Geschichte, die dich sicher interessieren wird: Ich habe 2 Camp. vagus-Kenner in Österr. gebeten, mir in ihrem Revier bei der Suche nach Callilepis sp. behilflich zu sein. Prompt gab es einen überraschenden "Treffer": Ein user konnte den Angriff einer winzigen Spinne (sicher noch eine Nymphe mit 1-2mm Körperlänge /aus einem engen Spalt heraus) auf eine Major-Arbeiterin v. C. vagus beobachten. Nach kurzer Zeit war die Ameisen paralysiert u. er konnte die Spinne fangen. Meiner laienhaften Einschätzung nach müsste es sich um eine Zodarion sp. handeln. Ich besitze die Bilder und werden den Autor ersuchen, diese hier in den Thread zu stellen.
Danke für die Einordnung der "braunen" Spinne. Inzwischen hätte ich sie v. Aussehen und einer kurzen biol. Beschreibung inRichtung Gnaphosa cf. lucifaga gestellt.
Die Entnahme v. Bildern u. Textstellen geht mit der üblichen Nennung d. Autors selbstverständlich in Ordnung. Mein Name: Dr. Volker Borovsky, Klagenfurt
Wenn du dich über die in Frage kommende Ameisenart näher informieren willst, empfehle ich diese Seite:http://ameisenforum.de/artbeschreibungen-steckbriefe/camponotus-vagus-t30937.html
Einstweilen l. G. v. Boro



Arno
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#14 AW: Camponotus vagus vs. Callilepis cf. nocturna - Fotobericht

Beitrag von Arno » 4. Mai 2011, 23:41

Hallo Volker,

vielen Dank erst mal für das Einverständnis des Zitierens.

Ich habe jetzt mal nachgesehen. Die einzige ausführlichere Beschreibung des Fangverhaltens von Callilepis, die ich kenne, steht in Grimm, Ute (1985) „Die Gnaphosidae Mitteleuropas“. Dort wird allerdings auch nur Heller (1974!) zitiert.

Du kennst die Arbeit wahrscheinlich. Dort werden für C. nocturna drei andere Beute-Arten genannt. Es wäre eine Riesenaufgabe und -leistung herauszubekommen, ob und welche Spezialisierungen über das gesamte Verbreitungsgebiet der Callilepis-Arten hinweg und artspezifisch (nocturna oder schuszteri) wirklich vorliegt.

Ein Indiz dafür, dass deine Beobachtung überregionale Gültigkeit haben könnte, geben evtl. schon die Verbreitungsgebiete der beiden Arten (hier Die Karte zu C. schuszteri). Das passt erstaunlich gut.

In meiner Gegend gibt es nur C. nocturna und auch diese ist eine Rarität. Ich kenne allerdings einen sicheren Fundort. Wenn ich dort mal wieder bin, kann ich mir ja die dort vorkommenden Ameisenarten mal genauer ansehen. Ich weiß ja jetzt, wo ich mich zwecks Bestimmung hinwenden kann ;)

Hat Christian Komposch denn deine Callilepis bis zur Art bestimmt?

Die Gnaphosa nach dem Foto zu bestimmen wäre reine Rätselraterei. Nach lucifuga sieht sie für mich eher nicht aus. Das könnte aber wirklich alles mögliche sein, zumal in Österreich. Die Arten sind eigentlich nur genital bestimmbar.

Das mit der Veröffentlichung klingt gut. Falls nötig, könnte ich gute Bilder von C. nocturna spendieren (allerdings nicht in Interaktion mit Ameise).

viele Grüße, Arno



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Boro
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#15 AW: Camponotus vagus vs. Callilepis cf. nocturna - Fotobericht

Beitrag von Boro » 5. Mai 2011, 15:39

Hallo Arno!
Danke für deine Ausführungen. Chr. Komposch konnte meine Belege v. Nymphen nicht eindeutig bestimmen. Es gibt aber inzwischen bereits große Exemplare, es könnten adulte Tiere sein, ich werde jedenfalls noch ein adultes Tier einsenden.
Gestern ist mir eine juvenile Spinne aus dem Terrarium entkommen, die sind ja teuflisch schnell u. sehr schwer zu fangen. Ich wollte testen, wie sie mit anderen Ameisenarten umgeht, obwohl der Versuch in Gefangenschaft nicht gänzlich auf Bedingungen in der Natur umgelegt werden kann. An sich scheinen sie Schuppenameisen zu bevorzugen, Heller schreibt, dass das Gift bei Knotenameisen mitunter nicht od. nur sehr verzögert wirkt.
Tatsächlich scheinen sich die Habitatsansprüche v. C. vagus u. Callilepis cf. schuszteri weitgehend zu decken. Im angelandeten Treibholz am Ufer des Wildbaches etwa gibt es nur Formica cinerea, Manica rubida u. die viel zu kleine Plagiolepis vindobonensis. Bei allen 3 Arten gibt es aber häufig im Nestbereich keine Versteckmöglichkeiten und auf diese kommt es sicher an. Erstaunlich ist auch, dass in eher isolierten C. vagus-Nestern im Trockenwald, wo zwei/drei Dutzend Meter kein weiteres Nest der Art zu finden ist, die Spinne trotzdem meist anwesend ist. Man gewinnt durch solche (wiederholte) Beobachtungen den Eindruck, dass die Spinnen die Nester dieser Ameise geradezu suchen.
L.G.Boro



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#16 Zodarion spec. vs. C. vagus

Beitrag von Corsair » 10. Mai 2011, 12:06

Hallo Leute,

Boro hat mich gebeten meine Beobachtung vom 25.4.2011 hier rein zu stellen.


An diesem Tag war es in Mureck/Steiermark/Österreich fast 21°C warum und ich hoffte auf einen Schwarmflug meiner heißgeliebten Camponotus vagus die dort ziemlich häufig - doch leider verborgen auf diversen Grundstücken in Tothölzern vorkommen.

Ich beobachtete ein vagus-Nest in einem Gartenhäuschen und entdeckte auch ein neues Nest in dem unteren Querbalken eines Holzlatten-Zaunes.


Mir fiel aber dann ein 13mm major-Arbeiter auf der sich eigenartig verhielt! Der Gaster war sichtbar verkrümmt und er hielt sich direkt vor einem Spalt auf, der das Gartenhäuschen mit einen Steinsims verband auf. Der major zitterte und suchte nach etwas, mit weit geöffneten Mandibeln und den Kopf hin und her schwenkend. Plötzlich reagierte er so als würde er von einem unsichtbaren Feind angegriffen werden, der sich in diesem Spalt befinden könnte.

Ich dachte im ersten Moment, dass er vergiftet sei - aber Ameisengift (weißes Pulver) konnte ich nirgends eines sehen. So beobachtete ich ihn weiter.


Dann sah ich den Übeltäter! Eine knapp 2mm große bräunliche Spinne! Sie kam schon wieder heran aus ihrem Versteck unterhalb dieses Spaltes und wollte ihrem Opfer den vermeintlich tödlichen Biss geben.
Ich natürlich immer einen von vielen Fangbehältern dabei hab versucht die Spinne zu fangen - doch sie entkam mir, so extrem flink und schnell wie sie war mit Leichtigkeit.

Ich brachte die Ameise in Sicherheit und beobachtete den major-Arbeiter weiter.

Seine Fühler wurden als nächstes ganz Steif und nach vorne langgestreckt mit nur einem minimalem Knick darin - als ob sich die Fühler strecken würden.
Schließlich war er zu gar keiner Bewegung mehr imstande! Komplett gelähmt! Nicht mal die Tarsen bewegten sich mehr.

Die Spinne erwischt ich zum Glück doch noch mittels Fangbehälter drüber stülpen, als sich nach draußen ging und wieder nach ihrem Opfer suchte und nahm sie und ihr Opfer mit mir nach Hause.

Dort machte ich einige Fotos von der Spinne der auch den gewaltigen Größenunterschied zwischen ihr und ihrer Beute sichtbar macht!


Zuerst dachte ich hätte eine junge Callilepis spec. erwischt die Boro uns näher gebracht hat - doch dank Boro stellte es sich später heraus...
es war eine Zodarion species - ebenfalls eine Ameisenkiller-Spinne!

Ich machte ihr ein Zuhause mit Erdsubstrat und einem Blatt unter das sie kriechen konnte. Ihr Opfer wollte sie nicht mehr haben... sie ignorierte die paralysierte vagus komplett! Angeblich konnte man sie auch mit einer Sklavenameisenart füttern - so opferte ich ihr ein Formica cunicularia.
Aber als ich am nächsten Tag nach der Zodarion Spinne sah - war sie tot!! Ihr Opfer die F. cunicularia war ebenfalls tot - der Spinne fehlten 6 der 8 Beine... folglich müssen sie sich gegenseitig getötet haben!

Anscheinend war die F. cunicularia Arbeiterin doch kein gutes Opfer - da sie viel kleiner und flinker ist als ein großer C. vagus Major-Arbeiter ist.

Laut Anweisung von Boro hab ich die Zodarion spec. in 70% Aethanol konserviert. Man weiß ja nie ob man die Leiche mal wieder braucht.


Das war das Ende meiner Begegnung mit der 2mm Zodarion spec.


Liebe Grüße aus Österreich
Euer Corsair




Prolog: Auch wenn es wenig Hoffnung gab für den gelähmten C. vagus Major - hab ich ihn trotzdem in einem Behälter mit hoher Luftfeuchtigkeit weiter behalten. Und als er dann plötzlich seine Beine wieder streckte und bewegte, hoffte ich er wird wieder ganz gesund. Nach einer Woche stand er sogar kurz wieder auf den Beinen und schleppte sich herum - dann aber verschlechterte sich sein Zustand er bewegte sich weniger und weniger, nahm keine Nahrung auf und verstarb.. die Beine komplett angezogen. Das Gift hatte ihn doch zu sehr in Mitleidenschaft gezogen - wahrscheinlich wurden auch seine Nerven zu sehr beschäfigt.


PS: "kurzes Video" dazu per PN mit E-Mail von mir erhältlich!

Link mit Info zu dieser Spinnenart:
http://wiki.spinnen-forum.de/index.php?title=Zodarion
Dateianhänge
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"Gesegnet sei der Ameisenverstand, der zu klein für Zweifel ist."

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