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Lasius cf. niger: Reaktion auf Tageslicht

Allgemeine Fragen und Themen über europäische Ameisenarten (hier keine Berichte)
Cayal
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#17 AW: Lasius cf. niger: Reaktion auf Tageslicht

Beitrag von Cayal » 9. August 2010, 20:02

Raimund hat geschrieben:Hey Cayal!

Es ist schon was länger her, aber ich hab mal eine selbst gebaute Ameisenfarm im Garten gehabt (Setzkasten + Plexiglas). Dort sind mit der Zeit sogar Ameisen eingezogen, ohne dass ich selber eingreifen musste. Dabei war das Nest die gesamte Zeit mit einer schwarzen Dachpappe bedeckt, lediglich zum Nachgucken hab ich sie abgenommen.
Als ich mal vergessen habe, die Pappe wieder drauf zu tuen, waren die Ameisen am nächsten Tag draußen. Wetter oder ähnliches hatte dabei keine Einflüsse.
Auch wenn das jetzt nicht zwangsläufig "Natur" ist, so jedoch mit "wilden" Ameisen. ;)


Ich denke auch, dass Ameisen Licht mit einer Art "Gefahr" verbinden.

Wer hat das Thema eigentlich schon wieder rausgekramt...

Raimund


Kann sein, dass es mit dem Licht etwas zu tun hatte, kann aber auch etwas anderes gewesen sein ;). (evtl. wars ja dank der schwarzen Pappe schön warm darunter und jetzt ohne war es etwas zu kühl.

Ich halte meine Pheidole pallidula in einem Erdnest (10L Erde momentan). Obwohl sie also relativ viel Platz hätten, um ihre Gänge nicht direkt an der transparenten Behälterwand anzulegen, haben sie genau dort an einer Seite eine riesige Puppenkammer angelegt (10cm breit x 5cm hoch, ka wie tief genau, kann ich nicht sehr gut sehen) dort lagern sie ihre Puppen. Vermutlich, weil es dort wärmer ist, als z. B. in der Mitte.

Auch würde man mich sicher nieder machen, wenn ich so riesige Kammern in einem Ytong für die Art vor fertigen würde, aber Ameisen sind da manchmal für Überraschungen gut ;).

Ähnliches wird ja auch oft berichtet, wenn die Ameisen ihre Puppen im transparenten Schlauch lagern, obwohl dort das Licht ständig rein scheint und das Nest abgedunkelt ist.

Aber letztlich sind das ja alles Einzelbeobachtung ohne große Aussagekraft ;)



Sahal
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#18 AW: Lasius cf. niger: Reaktion auf Tageslicht

Beitrag von Sahal » 9. August 2010, 22:39

@Cayal:
nur zum Verständnis
Das Völker ihre Puppen und teils auch Larven in den Schläuchen lagern ist eine altbekannte Marotte der pflegenden Arbeiterinnen... aber der Vorgang hat eigentlich nichts mit der Lichttoleranz zu tun und gehört zu einem ganz anderen Thema!
Es geht dabei um optimalere Temperaturen für die Brut. So kann es uU ausreichen, wenn der Zugangsschlauch neben dem erwärmten Fuß einer Halogen-Tischlampe verläuft. Camponotus ligniperdus haben dort regelmäßig einen 20er Schlauch so mit Puppen vollgepackt, das einfach kein Durchkommen mehr war. Bei einem anderen Nest war es ausreichend, die Hand locker an eine Ytong-Sichtscheibe zu lehnen, und die Arbeiterinnen haben die Wärme sofort registriert und die Puppen, teils auch Larven, umgelagert.
Auch in der Natur wird Brut aus dem Nest an die Oberfläche geschafft, wenn dort günstigere Temperaturen herrschen. Dieses jedoch, wie schon gesagt, gehört nicht zur Lichttoleranz.

Deine Pheidole pallidula zeigen dann auch genau dieses Verhalten, wie Du ja selbst beschreibst: sie lagern Puppen aus in spezielle Bereiche/Kammern, die optimalere Temperaturen für die Puppen ausweisen.


Niedermachen wegen zu großen Kammern?
Liebevoll Niedergemacht wird jeder Spezi, der trotz 1.659.256,9 Hinweisen und Berichten immernoch für eine gründende Lasius niger - Gyne 17 Kammern mit den Maßen je 20x13cm anfertigt... bevor die Heulerei losgeht, dass die Völker lieber in der Arena hausen, als die supertollen Mega-Nester anzunehmen... was dann wieder heisst: Ameisen finden Licht geil, sie wachsen dann auch viel besser :D
Lasius canabius for ever...


Wenn die Flinte ins Korn gefallen ist, nicht gleich das Kind in den Brunnen werfen, auch wenn das der Tropfen ist, der dem Fass die Krone ins Gesicht schlägt!

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Carneo
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#19 AW: Lasius cf. niger: Reaktion auf Tageslicht

Beitrag von Carneo » 9. August 2010, 23:09

@ Gomar

Dass sie sich bei Licht gerne in dunklen Ecken verkriechen könnte auch einfach damit zusammenhängen, dass sie sich vor Fressfeinden schützen wollen und die Feuchtigkeit in Nestern besser reguliert werden kann, nicht, dass sie das Licht an sich nicht ertragen. Ist trotz Licht kein Fressfeind vorhanden und ist die Feuchtigkeit in Ordnung, kümmert sie das nicht.
Du würdest also behaupten, dass die Ameisen es merken, dass es keine Fressfeinde mehr gibt? Also sie würden aufgrund des Nichtauftretens von Fressfeinden an ein paar Tagen der Gründungsphase darauf schließen, dass sie sich nicht mehr vor eventuellen Fressfeinden schützen brauchen, da sie sich bewusst geworden sind, dass du sie beschützt?



Dagegen spricht dann wiederum:
Es ist nicht so als würden Ameisenarbeiterinnen es sich mal gut gehen lassen und einfach mal spazieren gehen, wenn sie ideale Bedingungen haben.
Ich gehe mal davon aus, dass du als Halter das Ziel verfolgst deinen Ameisen "ideale Bedingungen" zu schaffen oder? Aber wie du sagst, ist es ja nicht so, dass "es sich die Ameisen dann einfach gut gehen lassen" und die Köngin bei der Jag mitmacht oder?


Widersprichst du dir da nicht ein wenig selbst?

LG
Carneo



Gaster
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#20 AW: Lasius cf. niger: Reaktion auf Tageslicht

Beitrag von Gaster » 9. August 2010, 23:35

Gomar, es scheint mir so, als hättest du - und nicht Sahal - ein Verständnisproblem:

Die Ameisen haben verschiedene Faktoren, welche ihre Wahl des Nestandortes beeinflussen. Zum einen sind das Dinge wie Feuchtigkeit, Platz, Entfernung zu Futterquellen und zum anderen eben auch Temperatur und Licht.
Die Brut braucht sehr spezielle Bedingungen, um sich zu fertigen Imagines zu entwickeln. Bei den allermeisten Faktoren besitzt die Brut jedoch einen gewissen Spielraum, in dem sie weiterhin überlebt und sich entwickelt.
Steht nun ein Neststandort zur Verfügung, in dem es zwar dunkel, auf der anderen Seite jedoch sehr kalt ist, so wird dieser Neststandort nur im Notfall gewählt: Die Brut würde sich zu langsam entwickeln.
Ein zweiter Neststandort bietet höhere Temperaturen, ist dafür jedoch nicht vor Lichteinfall geschützt. Dennoch werden die meisten Ameisenarten hier ihre Brut lagern und wahrscheinlich auch ihr Nest anlegen, falls kein besserer Standort zur Verfügung steht.
Eben dieses Szenario findet sich in vielen Formicarien, in denen es in einer Ecke ein Ytongnest und in der anderen Ecke eine Vogeltränke gibt. Die Vogeltränke steht näher an der Heizung und zwischen beiden Punkten liegt eine große Ebene aus Wüstensand, auf der sich die Lasius flavus vergnügen können.
Die Ameisen sind jetzt also in die helle Vogeltränke gezogen.
Mögliche Schlussfolgerung Nr. 1: Die Ameisen sind in die erleuchtete Nistmöglichkeit gezogen, sie haben also keinerlei Probleme mit Licht oder bevorzugen gar helle Standorte, da sie sich hier schneller entwickeln.

Mögliche Schlussfolgerung Nr. 2: Die Ameisen sind einen Kompromiss eingegangen und haben sich für die Nistmöglichkeit entschieden, welche zwar den großen Nachteil hat, dass sie erleuchtet ist, dafür jedoch eine schnellere Brutaufzucht ermöglicht. Obwohl die Ameisen zwar kein Licht mögen, überwiegt für sie also der Vorteil durch höhere Temperaturen.

Nun kommt jedoch eine dritte Möglichkeit hinzu: Wir bieten den Tieren ein Nest an, welches sowohl optimale Temperaturen bietet, als auch abgedunkelt ist. Oh Schreck! Die Tiere ziehen sofort um! Wieso tun sie das? Sie vermehren sich doch schneller im Licht!


Einfachster Test um das ganze zu kontrollieren:

Man biete zwei Nester an: Ein helles, welches ansonsten optimale Bedingungen bietet und ein dunkles, welches beispielsweise zu trocken oder zu kalt ist. Der negative Faktor des dunklen Nestes muss dabei so groß sein, dass sie in das helle Nest ziehen.
Nun warten wir einige Zeit nach dem Umzug und bieten in dem dunklen Nest die exakt gleichen Bedingungen wie in dem hellen Nest.
Wer es ausprobieren möchte: Bitte hier schreiben, wie lange es dauert, bis sie umziehen!
Alternativ könnte man auch mit einigen hundert Kolonien Tests machen, bei denen jeweils gleichzeitig Nester mit identischen Bedingungen geboten werden, mit der einzigen Ausnahme, dass eines der beiden abgedunkelt ist. Ich wette auf ein sehr deutliches Ergebnis!


Wie schon erkannt wurde, werden die Tiere in der Haltung trotz Licht im Formicarium nicht gefressen. Das Problem ist ausschließlich, dass in den Millionen Jahren, in denen sich die Arten entwickelt haben, Licht immer eben dies bedeutete. Wenn Licht ins Nest fällt, herrscht Gefahr! Die Arbeiterinnen sind allarmiert und in ständiger Hektik. Die Kommunikation findet in einer höheren Frequenz statt und es wird mehr Energie darauf verwendet, die wertvolle Brut und natürlich die Königin zu bewachen.
Wenn ein Volk in der Gefangenschaft "entscheidet", ein helles Nest zu wählen, dann findet - so wie es genetisch verankert ist - dauerhaft genau das selbe statt. Die Arbeiterinnen verschwenden Energie darauf, die Brut zu bewachen und auf einen Angriff vorbereitet zu sein.
Genau das tun sie jedoch nur, weil es durch die schnellere Brutentwicklung an diesem Ort im Vergleich zu allen anderen zur Verfügung stehenden wieder ausgeglichen werden kann. - Warum aber nicht für eine schnellere Kolonieentwicklung sorgen und sowohl für möglichst optimale allgemeine Bedingungen, als auch für Dunkelheit sorgen?


LG Jan



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