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Stechverhalten von Honigbienen

Themen über andere Insekten und Spinnentiere.
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chris1994
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#1 Stechverhalten von Honigbienen

Beitrag von chris1994 » 16. Januar 2011, 20:56

Hallo Zusammen


Im Thread Medienhinweise, hat swagman netterweise auf einen Film hingewiesen, indem Myrmecia sp. eine Honigbiene erbeuten. Ebenfalls wird im Film erwähnt, dass die Biene stirbt nachdem sie zugestochen hat, weil der Stachel im Opfer stecken geblieben ist.

Hier der Link: http://vimeo.com/4724427

Das hat mich stutzig gemacht, weil mir bis jetzt immer erzählt wurde, das Bienen nur dann nach dem Stechen sterben, wenn sie einen Menschen gestochen haben. Das soll daran liegen, weil die menschliche Haut zu weich, elastisch ist und die Wiederhaken nicht mehr heraus zu bekommen sind.

Zitat aus Wikipedia:
Wird ein Mensch oder ein Wirbeltier gestochen, bleibt der Stachel durch die Widerhaken in der elastischen Oberhaut stecken. Die Biene kann ihn im Gegensatz zu den Wespen nicht wieder herausziehen, so dass ihr kompletter Stechapparat (inklusive Giftblase) aus dem Hinterleib gerissen wird, was für die Biene eine tödliche Verletzung bedeutet.

Auf dieser Seite wird geschrieben, dass Bienen Insekten mehrfach stechen können ohne zu sterben.

http://www.handelsblatt.com/technologie/schneller-schlau/warum-sterben-bienen-wenn-sie-stechen;2196031


Was stimmt wirklich ?? Können Bienen andere Insekten stechen ohne zu Sterben oder nicht??


LG Christian



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Fruchttiger
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#2 AW: Stechverhalten von Honigbienen

Beitrag von Fruchttiger » 16. Januar 2011, 22:06

Zwar kann ich das Rätsel jetzt nicht direkt auflösen, wundere mich aber über einige Aussagen.

Thomas Trösch hat geschrieben:Zwar ist auch der Wespenstachel mit Widerhaken versehen, die im Vergleich zu Bienen kräftigeren Insekten sind aber in der Lage, ihn ohne eigene Verletzung aus der Haut zu ziehen.

Warum bzw. inwiefern sollte jetzt eine Wespe so viel kräftiger sein als eine Biene?

>> Hier << gibt es eine ähnliche Diskussion mit Bezug auf die Anatomie der Stachel (Bilder) und Teilweise sehr interessanten Beiträgen.

Dort steht, dass zwar beide Stacheln Widerhaken besitzen, die Wespe allerdings hat eine stärker ausgeprägte Muskulatur zum Zurückziehen des Stachels, wodurch ihr Stachel "wiederverwendbar(er)" wird.

Grüße
Fruchttiger


... aber das hängt natürlich von der Art ab.

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erix
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#3 AW: Stechverhalten von Honigbienen

Beitrag von erix » 16. Januar 2011, 23:58

Hallo Christian

Die Widerhaken am Stachel der Honigbienen sind keine Fehlkonstruktion der Evolution, wie man meinen könnte. Honigbienen greifen nur zur direkten Nestverteidigung an. Gegen Insektenfeinde (v.a. Wespen, Hornissen) ist der Stachel nur dann wirksam, wenn er zwischen die Segmente der Panzerung gestochen werden kann. So wie ein Mann in einer Ritterrüstung nur zwischen den Panzerblechen verletzlich ist. Zwischen den Segmenten des Panzers ist bei Insekten nur ein sehr dünnes Häutchen, das den Widerhaken keinen Halt gibt. Des Stachel kann also meist wieder herausgezogen werden.

Am Bienenstock werden Wespen und Hornissen von den Wächterbienen meist angesprungen, von mehreren gepackt und im Ringkampf eingeknäuelt. Im Knäuel, der sich wild herumwälzt, erzeugen die Bienen Hitze und töten den eingeknäuelten Feind durch Überhitzung, wenn dieser sich nicht rechtzeitig befreien kann. Der Stachel der Bienen kommt meist nicht zum Einsatz. Die Wespe kann ihren Stachel in diesem Getümmel kaum einsetzen.

Bei der Abwehr von Säugetieren oder Vögeln wird der Stachel durch die viel dickere Lederhaut gestochen und reisst dann samt der vollen Giftblase aus. Das gestochene Tier hat keine Möglichkeit mehr, den Stachel zu entfernen und die Giftblase entleert sich noch minutenlang unter die Haut. Gleichzeitig strömen Alarmpheromone ab, die den Feind markieren und die übrigen Verteidigerinnen veranlassen, ebenfalls zuzustechen. Damit wird die Abwehr sehr wirksam. Die einzelne Biene, die nach dem Stich stirbt, zählt nicht, wichtig sind nur das Nest, die Brut, die Vorräte und die Königin, die gerettet werden.

Ein Imker entfernt einen Bienenstachel übrigens sekundenschnell durch eine eher beiläufige Kratzbewegung mit dem Fingernagel. Das geht auch blind am Hinterkopf oder wo auch immer und während der Arbeit. Ein Bär kann das nicht und muss bald flüchten.

Wespenstachel haben keine dem Bienenstachel vergleichbare Widerhaken. Da ein Wespennest keine Vorräte birgt und notfalls relativ schnell neu angelegt werden kann, sind die Erfordernisse der Verteidigung bei Wespen etwas anders. Wespen sollen den Stachel gelegentlich auch bei der Jagd einsetzen. Ich habe dies allerdings noch nie beobachten können und glaube es nicht so recht.

Gruss: erix



DermitderMeise
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#4 AW: Stechverhalten von Honigbienen

Beitrag von DermitderMeise » 17. Januar 2011, 02:13

Hallo erix,
danke für diese ausführliche Erklärung!
Eine Anmerkung und Frage hätte ich aber:
erix hat geschrieben:Im Knäuel, der sich wild herumwälzt, erzeugen die Bienen Hitze und töten den eingeknäuelten Feind durch Überhitzung, wenn dieser sich nicht rechtzeitig befreien kann. Der Stachel der Bienen kommt meist nicht zum Einsatz. Die Wespe kann ihren Stachel in diesem Getümmel kaum einsetzen.

Mir ist dieses Verhalten nur von der Östlichen Honigbiene Apis cerana geläufig, die diese schnelle Knäuelbildung durchführt, um damit die absolut faszinierende Asiatische Riesenhornisse Vespa mandarinia abzuwehren (dort auch Bilder und Erklärung; nebenbei: ein exzellentes Beispiel für Koevolution!). Machen das auch unsere einheimischen Bienen oder kommen die ohne aus? Damit bliebe ihnen "nur" der Stachel als Verteidigung, das war mein bisheriges Verständnis der Verteidigungstechnik. Ich lerne aber sehr gerne dazu. :)



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erix
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#5 AW: Stechverhalten von Honigbienen

Beitrag von erix » 17. Januar 2011, 03:16

Hallo DermitderMeise

Ich hatte schon mehrfach die Gelegenheit meine Honigbienen bei der Abwehr von Hornissen zu beobachten. Einzelne Hornissen scheinen sich gelegentlich auf die Bienen als Jagdbeute zu spezialisieren und kommen immer wieder, um nahe beim Einflug Bienen vom Landebrettchen oder noch in der Luft abzufangen. In der Luft gelingen die Angriffe nur ab und zu, vor allem auf erschöpft zurückkehrenden Sammlerinnen (also den ältesten Bienen).

Nach ein paar Tagen hatten die Bienen dann ihre Abwehr verstärkt. Statt nur einige wenige Wächterinnen am Flugloch, waren zwei Dutzend sehr aufmerksame Wächterinnen massiert aussen auf dem Flugbrettchen (nicht beim Flugloch wie sonst). Die Hornissen wurden zwar etwas vorsichtiger, aber wenn doch eine ans Flugbrettchen kam, wurde sie angesprungen und eingeknäuelt. Meist gelang es ihr dann nicht mehr zu entkommen und wurde so lange eingeknäuelt bis sie sich nicht mehr bewegte. Ob gegen Ende eines Kampfes noch gestochen wurde kann ich nicht sagen, es geht sehr schnell zu. Aber eine Hornisse ist schon sehr gross neben einer Biene und ungemein gut gepanzert. Um einen wirksamen Stich anbringen zu können, müsste eine Biene sehr viel Glück haben.

Wenn dann drei oder vier tote Hornissen unterhalb des Flugbrettchens lagen, hörten die Angriffe wieder auf. Es schienen demnach einige wenige Hornissen gewesen zu sein, die sich auf Bienenjagd spezialisiert hatten. Hornissen sind also bei uns kein ernsthaftes Problem für ein gesundes Bienenvolk.

Wespen sammeln regelmässig die varroageschädigten, flugunfähigen Bienen am Boden vor dem Bienenhaus ab. Sie scheinen beschädigte Bienen an ihrem Verhalten zu erkennen und greifen sich diese bevorzugt. Gesunde Bienen sind schwieriger zu überwältigen und die Wespen scheinen dies zu lernen.

Es gibt immer wieder sehr überraschende Beobachtungen bei den sozialen Insekten!

Gruss: erix



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Smaug
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#6 AW: TV-/Printmedien-Hinweise

Beitrag von Smaug » 17. Januar 2011, 07:48

Hier ein Auszug aus der Wikipedia:
Wird ein Mensch oder ein Wirbeltier gestochen, bleibt der Stachel durch die Widerhaken in der elastischen Oberhaut stecken. Die Biene kann ihn im Gegensatz zu den Wespen nicht wieder herausziehen, so dass ihr kompletter Stechapparat (inklusive Giftblase) aus dem Hinterleib gerissen wird, was für die Biene eine tödliche Verletzung bedeutet.



Kegellachs
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#7 AW: Stechverhalten von Honigbienen

Beitrag von Kegellachs » 17. Januar 2011, 09:05

Echt interessant zu wissen... Hatte ich so noch nie drübernachgedacht



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antsnature
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#8 AW: Stechverhalten von Honigbienen

Beitrag von antsnature » 17. Januar 2011, 10:23

Um die Disskusion noch etwas zu ergänzen möchte noch zwei Sachen erwähnen

1. Auch Wespen und Hornissen können unter Ungünstigen Bedingungen ihren Stachel beim stechen verlieren. Bei Bienen könnte man aber schon fast von einer Sollbruchstelle sprechen, wodurch sich die Giftblase in Sekundenschnelle mitsamt dem Stachelapparat lösen kann. Wer schon ein paar mal gestochen wurde kann das sicher bestätigen.

2. Die Bienen sterben nicht direkt am Verlust des Stachels, sondern an den damit einhergehenden Infektionen. Wird eine Biene mit heraus gerissenem Stachel keimfrei gehalten kann sie problemlos ihre volle Lebenszeit überdauern. Durch das Herausreißen kommt es nämlich zu keinem Verlust lebenswichtiger Organe.

MfG
AntsNature



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