Ossein hat geschrieben:natürlich ist es für eine Ameise ganz wichtig, ihre Zugehörigkeit zu erkennen, und ihren Duft wieder zu erkennen in anderen ihres Nests, auch das bestreite ich nicht.
Aber, und das ist der Knackpunkt, sie weiß davon nichts.
Wissen setzt doch, wie rechnen, einen bewußten Prozeß vorraus.
Da Ameisen gerne als Computermodel (Logistik etc.) genommen werden, habe ich mir das so vorgestellt:
Ameise (Duft 1) trifft eine beliebige
Ameise (Duft 1). Das sagt mal gar nichts aus und hilft uns auch nicht weiter.
Dann trifft
Ameise (Duft 1) auf eine anderere
Ameise (Duft 2). Das hilft uns auch noch nicht weiter!
Jetzt trifft
Ameise (Duft 1) auf 20
Ameisen (Duft 1). Und danach auf eine andere
Ameise (Duft 2). Da ich davon ausgehe, dass Ameisen ein Gedächnis haben (egal, wie wir das definieren), kann sie ein Mengenverhältnis (besser: Konzentration) abschätzen, ob die
blaue Ameise (Duft 2) Freund oder Feind ist. Das interessante: Die
rote Ameise (Duft 1) selber kann, besser noch,
muss über ihren Duft nicht Bescheid wissen. Sie wird über ihr Umfeld geprägt und wird erst von anderen Ameisen als Freund oder Feind eingestuft, die auch nach dem Mengenverhältnis (besser: Konzentration) abschätzen. Sprich: Treffe ich in den nächsten Minuten immer auf gleich-riechenden Ameisen, dann wird es sich wohl um eine Gemeinschaft handeln, in der auch ich "Zuhause" bin.
Ich habe meine Zweifel an dem Modell, wenn sich zwei Riesenkolonien gegenüberstehen. Ich müsste voraussetzen, dass das Gedächnis etwas länger anhält, nicht dass eine Ameise in eine fremde Kolonie läuft und sich denkt "Hui, hier riechen alle gleich, also bin ich hier richtig". Aber durch diese falsche Interpretation wird die Ameise von dem fremden Nest (hohe Duftkonzentration) schon in ihre Schranken verwiesen.
Wobei, wenn sich zwei Riesen-Kolonien vermischen, steigt auch die Wahrscheinlichkeit immer auf eine anders-riechende Ameise zu treffen. Demnach dürfte es da keine Missverständnisse geben.
Es setzt "nur" ein Gedächnis von wenigen Minuten voraus, in der die Ameisen die Begegnungen zählen, um zu begreifen, in welcher Art Gemeinschaft sie sich befinden.
Ähnlich kann man mit dem Territorium vorgehen. Die Ameisen versprühen Duftspuren, welche sich ebenfalls auf Konzentrationen beziehen müssten. Je weiter ich mich vom Nestkern entferne, desto weniger riecht es nach Freund.
Wie komme ich auf diese/s Idee/Model? In der Mikrobiologie fragt man sich immer, wie Kleinstlebewesen einen Gradienten messen können, z.B.
Attraktant (Glucose) oder
Repellent (Säure). Ihre Körperlänge ist zu gering, um eine Änderung in der Konzentration feststellen zu können. Deshalb ist die Feststellung zeitlich und molekular geregelt.
Stoffe werden aufgenommen und ein Moleküle eingebaut. Ist viel Glucose vorhanden, werden Stoffe ausgeschüttet, die keine Richtungsänderung veranlassen (Das Bakterium schwimmt in die gleiche Richtung). Ist auf einmal weniger Glucose oder ein Repellent in der Umgebung vorhanden, werden andere Stoffe ausgeschüttet, die das Bakterium zur Richtungsänderung veranlassen (Das Bakterium taumelt im Kreis und setzt seine Bewegung danach fort).