Diskussion über kollektive Intelligenz

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Kael
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#9 AW: Anomma wilverthi - Killerameisen in Afrika

Beitrag von Kael » 12. April 2011, 21:52

Würde ich so auch nicht sagen, es kommt auf die Kultur an. Blödes Beispiel, nehmen wir einfach mal den 2ten Weltkrieg, SS.
Als die Waffen SS vor Moskau versagt hat, haben sich viele das Leben genommen, genauso wie als Hitler verstorben ist sich sehr viele erschossen haben.

Gleiches auch im Kampf selbst: Immer wieder gab es Menschen die sich, ob sie es wollten oder nicht für andere geopfert haben, das sieht man in jedem Krieg und ein Ameisenleben könnte man damit vergleichen, sie sind stehts unterwegs, von vielen Feinden bedroht. Die Momentane menschliche Kultur in DEU entwickelt sich allerdings so das damalige "Werte" in Vergessenheit geraten, aber es ist möglich!

Im Mittelalter haben sich Menschen auch vor Ihre Herren geworfen und sind FÜR sie gestorben damit er überleben kann, es ist alles eine Sache des Führungsstils ;) und selbst heute wäre sowas mit einem entsprechenden Aufwand ohne Probleme möglich



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christian
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#10 AW: Anomma wilverthi - Killerameisen in Afrika

Beitrag von christian » 12. April 2011, 22:04

Wie meinst Du, sind die doch nicht wenig zahlreichen menschlichen Städte und Dörfer entstanden, die Riesenbauten der Kathedralen und die Tunnelbauten der Minen? Nur um ein paar Beispiele zu nennen.


Ich biete 10 50L- Fässer Wein auf 2 Gelagen von zusammen 10 alkoholisierten Klerus- Adelsmitgliedern, die sich in einer Saalschlacht zusammen mit 'nem guten Kilo Gras nicht mehr weiter prügeln konnten und deshalb jeweils ihre pest-, hunger- und terror geplagten Untertanen mit einem ordendlichen Gewalthaufen auf einen Punkt zusammengeprügelt haben (wobei sie gleich die Dörfer geplündert und anschließend angezündet haben, teils die eigenen, teils die fremden) und befohlen haben: Bis hier nicht eine Kathedrale steht, gibt's nichts zu essen und pro Tag werden zehn in einem Käfig eingesperrt, den man dann bis auf 5cm in einem Eiskalten Fluss hängt, wo er dann 10 Tage bleibt... Weitere zehn werden noch verbrannt und kommen in die Hölle weil etc. pp..
Was ich sagen will: Diese und alle anderen Sachen wie Städte etc. waren KEINE kollektive Intelligenz; es war die Fähigkeit EINER/SEHR WENIGEN Person/en zu
gehorchen und nicht kollektiv oder national zu denken. Ähnlcih wie eine gezwungene Dressur hat bei einer Kathedrale nicht jeder eine Kathedrale gebaut sondern Einzelteile wie Turmfiguren oder die Steine, die dann von einem Architekten gesteuert ihre Ergebnisse an bestimmte Stellen montierten. Will heißen: Das Verständnis lag einzig bei dem Architekten, zuweilen waren die einzelnen Individuen gar nicht im Bilde, was sie da bauten!
Und genau dieses Problem kann ja auch jeder Halter einer Kolonie die größer als 2 Individuen ist (1 Königin, 1 Arbeiterin) beobachten- die Arbeiterinnen ziehen ein Beutetier in verschiedene Richtungen, wenn die Duftspur missverständlich ist, oder andere Reize welcher Natur auch immer auf die Individuen einwirken.

Eine Ameise, die einen neuen Nestplatz gefunden hat, muss erst einmal andere überzeugen sich das auch anzuschauen. Erst wenn ein gewisses Quorum erfüllt ist, eine fakultative Mehrheit von der Qualität des Nestplatzes überzeugt ist, "entscheidet" sich das Volk umzuziehen.



Das stimmt nicht. Jeder kann in seiner Kolonie beobachten, dass auch bei einem Umzug nur eine Arbeiterin reicht, eine Massenrekrutierung auszulösen, die dann nach und nach die Brut etc. ins neue Nest bringen, genau wie bei einer neuen Futterquelle oder wenn bei Sklavenjägern ein neues Nest angegriffen werden soll.
Ursachen, warum man immer erst einen Haufen Arbeiterinnen im neuen Nest sieht, die dann wieder zum Nest zurückkehren und Brut bzw. den Rest vom Nest herhohlt können sein:
- Sicherung des neuen Nests
- Feste Duftspur
- Erkundung und ggf. Erweiterungen/Ausbau des Nests, damit Platz für die gesamte Kolonie ist

Wären jetzt die Sachen, die mir als erstes einfallen würen.

Wenn wir Menschen diese nicht hätten, würden wir es wohl nicht von den Bäumen in die Steppe geschafft haben...



Und hier sprichst du schon den Kern und die Zwiespaltigkeit der Sache an. Menschen kommen natürlicherweise nur in kleinen Gruppen- manchmal sogar nur Familienverbänden- vor und müssen dort beständig zusammenarbeiten, sich aufeinander verlassen können. Bei der Jagd muss alles glatt laufen, jeder muss die Stärken und Schwächen des anderen kennen, damit man exakt vorrausplanen kann, wer wo steht und wie angreift- nur so kann man einen schnelleren, stärkeren, leicht gepanzerten und deutlich größeren Gegner wie ein Mammut oder ein Wollnashorn erlegen und zwar mit zunächst nur Steinen und in seltenen Fällen kurzen, instabilen Spießen.

Wodrauf es wohl hinausläuft: Das oben genannte Experiment von ameisenstephan zeigt es sehr klar: Menschen sind darauf ausgerichtet in kleinen Gruppen eine kollektive Intelligenz zu entwickeln (in zu kleinen Gruppen/alleine nicht überlebensfähig und zu psychischen Störungen führend) und nicht in großen Gruppen zu funktionieren, dann wird immer ein Führer benötigt, der dagegen in kleinen Gruppen eher unpraktisch ist. Hier kommt es dann auch immer wieder zu Störungen und nur langsam voran, meist müssen die Menschen dann sogar noch mit Todesangst dazu gebracht werden.

Kleine Gruppen können eine Strategie ausarbeiten, ganz ohne Führer, und jeder mit jedem kollektiv zusammenarbeiten.



Wuh
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#11 AW: Anomma wilverthi - Killerameisen in Afrika

Beitrag von Wuh » 12. April 2011, 22:40

Ameisenstephan hat geschrieben:und heutzutage auch keine absolutistische Monarchie mehr.


Du wirst doch Staaten wie Saudi-Araben, Swasiland, Brunai, Oman, Katar oder den Vatikanstaat nicht verleugnen wollen?^^



Kael
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#12 AW: Anomma wilverthi - Killerameisen in Afrika

Beitrag von Kael » 12. April 2011, 22:58

Is der Vatikanstaat keine Theokratie? *g*



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NIPIAN
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#13 AW: Diskussion über kollektive Intelligenz

Beitrag von NIPIAN » 13. April 2011, 15:27

@Kael: Du kannst doch nicht den Vatikanstaat und den Iran in einen Topf werfen ohne sie voneinander zu differenzieren, ich bitte dich!!! An alle anderen: die gute Theokratie ist der Vatikanstaat und alle seine Anhänger. Die böse Theokratie ist der Iran und alle seine Anhänger
Für alle die sich nun berechtigterweise aufregen wollen: das is gerade n Sack voll Ironie gewesen, den ich gerne in Sarkusmus eintauschen würde - und soll Kael absolut nicht tangieren! Also einfach überlesen.

Jopp, Ameisenstephan hat mich überzeugt: ich rufe den Pheromonstaat aus! Da diese bspw. erfolgreich unser gesamtes Sexleben mitsteuern, werden wir ab sofort jede Entscheidungsfindung an den Körpergeruch unseres Gegenübers koppeln. Wird ein Vorschlag eingebracht, müssen alle an der Entscheidung Beteiligten nacheinander an den intensiv Duftstoffe ausscheidenden Körperstellen des Antragsstellers schnüffeln. Achsel, Mund- und Afteröffnung, Geschlechtsteile. Jegliche Verwendung von künstlichen Duftstoffen seitens des Antragstellers, sowie garantiert hinzudiffundierender Lobbyisten, werden selbstverständlich untersagt. Wenn der Geruch zusagt, dann erfolgt Zustimmung.
Öhm, is ja n ganz netter Gedanke - gewiss für einen sehr kleinen Teil unserer Mitmenschen. Aber unsere Gesellschaft basiert nun einmal auf der Tatsache, dass wir Pan narrans sind. Der "Geschichtenerzählende Affe". Und wenn man rationale Argumente von Meinungsorientierten klar abgrenzt, dann kommt man auch zu recht ordentlichen Ergebnissen. Und diese werden immer zu Lasten einiger anderer Gesellschaftsmitglieder führen. Die Frage ist natürlich, ob diese überdurchschnittlich häufig belastet werden. Das kann unter Umständen zu gesellschaftlichen Unruhen führen.

Nochmals sorry, den Beitrag bei missfallen simplement missachten. Das ist mein Ernst, hab nur grad ne Kaffeepause gehabt.



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Ameisenstephan
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#14 AW: Diskussion über kollektive Intelligenz

Beitrag von Ameisenstephan » 13. April 2011, 17:23

hab nur grad ne Kaffeepause gehabt.

Man merkts^^
Eine Kaffeepause ist scheinbar mit Langeweile gekoppelt.
Weil keiner davon geredet hat das sich Menschen wie Ameisen verhalten sollen. Genau darum gings ja, um die Unterschiede zwischen staatenbildenden Insekten und Säugetieren...Und das Insekten die erstaunlichsten Fähigkeiten im Tierreich besitzen ist ja nicht neu.

Und zum Absolutismus oben:
Mit Absolutismus meinte ich die Zeit des französischen Absolutismus nach dem Mittelalter in der frühen Neuzeit (ich glaub 16. oder 17. Jahrhundert) und das gibts heutzutage nicht mehr. Außerdem war das nur ein Beispiel und muss nicht akribisch ausdiskutiert werden, da das Ameisenforum primär das Thema Ameisen behandelt.


Mfg, Stephan

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Octicto
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#15 AW: Anomma wilverthi - Killerameisen in Afrika

Beitrag von Octicto » 13. April 2011, 20:57

Ameisenstephan hat geschrieben:Ich versteh trotzdem nicht wie "dumme" Ameisen dann so klug sein können...unvorstellbar, dass sie alle mehr oder weniger das gleiche tun um am Ende ein Resultat zu haben. Allerdings wenn man die zahlreichen Duftstoffe bedenkt als Signale, dann ist das sogar logisch.
Dennoch kannst du nicht abstreiten das das Verhalten und die Disziplin, Opferungsbereitschaft etc. von staatenbildenden Insekten einzigartig ist. Menschen sind egoistisch und würden nie soo bereitwillig für das Kollektiv sterben...jedenfalls die meisten.


Oh doch, das würden sie. Du musst dich nur an eines erinnern. Die Ameisenkolonie ist eine riesige Familie mit tausenden von Geschwistern. Eine Schwester ist bereit, sich in einen waghalsigen Kampf zu stürzen, oder zu sterben, um ihre Mutter und ihre Geschwister zu retten oder zu beschützen. Jetzt könnte man noch darüber diskutieren, ob eine Arbeiterin ihre Königin als ihre Schöpferin ansieht, oder ob sie durch Duftstoffe einfach dazu verleitet wird, sich um sie zu kümmern, obwohl sie keinen inneren Trieb dazu hat (Also nichts von wegen, Liebe und kümmere dich um deine Familie). Und jetzt das ganze auf die Menschheit bezogen, in diesem Fall genauer auf deine Familie. Würdest du, auch wenn du noch 50 Geschwister hättest, deine Mutter oder deinen Vater (Ich weiß, es gibt keinen Vater (mehr) in einer Kolonie. Sieh ihn als 2te Mutter an, wenn du willst) nicht vor dem Tod retten wollen? Würdest du nicht etwas auf dich nehmen, was ihnen wiederfahren könnte, obwohl es eigentlich egal ist, wer dieses etwas (Nicht genauer definiert. Es gibt zu viele Möglichkeiten) "erleidet"? Es ist dein innerer Trieb, aber auch deine Liebe zu ihnen (hoffentlich;)). Sie könnten dich auch mit Duftstoffen dazu bringen, so etwas zu tun, davon gehen wir aber einfach mal nicht aus. Auch wenn deine Mutter dir sagt, mach dies oder jenes, machst du es, weil sie es von dir will und du etwas für sie übrig hast. Du lässt dich manipulieren, auch das lassen Ameisen zu, sie es von der Königin oder von Geschwistern.

Das, was man bei uns Liebe oder Verbindung nennen kann, nennen wir bei Ameisen Duftstoffe, aber all diese Sachen, bewirken das gleiche: Opferbereitschaft, Disziplin und auch eine gewisse Kontrolle üder das Verhalten des anderen.

Ich wollte in dieses wirklich sehr spannende Thema und in diese überaus interessante Diskussion einfach meine Sicht beitragen und meine Murmeln mit in die Dose werfen. Ich hoffe, es geht hier noch weiter!

LG, Octicto



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Ossein
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#16 AW: Diskussion über kollektive Intelligenz

Beitrag von Ossein » 14. April 2011, 02:59

[font=Book Antiqua]A[/font]lso, christian, und ameisenstephan, Octicto, Interessierte, entschuldigt nochmal das Wartenlassen. Dafür habt ihr hier einen kleinen spontanen Essay - wer gelangweilt wird, hat zu weit gelesen, aber mir fiel folgendes ein:

Kurzfassung: Kunst, die Wissenschaften und die Kultur sind herausragende Belege für die menschliche kollektive Intelligenz.

Zur Begriffsklärung:

Der Begriff Kollektiv (lat: colligere „zusammensuchen“, „zusammenlesen“) beschreibt unspezifisch soziale Gebilde, deren Beteiligte nach sehr verschiedenen Gesichtspunkten zusammengefasst werden – es kann ein Volk, eine Klasse, eine Belegschaft u. v. m. sein.


Kollektive Intelligenz, auch Gruppen- oder Schwarmintelligenz genannt, ist ein emergentes Phänomen. Kommunikation und spezifische Handlungen von Individuen können intelligente Verhaltensweisen des betreffenden „Superorganismus”, d. h. der sozialen Gemeinschaft, hervorrufen. Zur Erklärung dieses Phänomens existieren systemtheoretische, soziologische und pseudowissenschaftliche Ansätze.


Ein System (von griechisch σύστημα, altgriechische Aussprache sýstema, heute sístima, „das Gebilde, Zusammengestellte, Verbundene“; Plural Systeme) ist eine Gesamtheit von Elementen, die so aufeinander bezogen sind und in einer Weise wechselwirken, dass sie als eine aufgaben-, sinn- oder zweckgebundene Einheit angesehen werden können und sich in dieser Hinsicht gegenüber der sie umgebenden Umwelt abgrenzen.
Systeme organisieren und erhalten sich durch Strukturen. Struktur bezeichnet das Muster (Form) der Systemelemente und ihrer Beziehungsgeflechte, durch die ein System entsteht, funktioniert und sich erhält. Eine strukturlose Zusammenstellung mehrerer Elemente wird hingegen als Aggregat bezeichnet.


[font=Book Antiqua]W[/font]ir müssen uns bei dieser Diskussion sicherlich von den Borg :borg_smilie: freimachen - „Widerstand ist zwecklos! Ihr werdet assimiliert!“ - oder von den Assoziationen mit den Sowjetkolchosen und Kollektiven.
Ein Kollektiv ist nicht von vorne herein durch die Gleichheit definiert, sondern in der Regel fakultativ bestimmt.
Ein Ameisennest ist u.a. deswegen ein Kollektiv, weil alle zusammen dem Ziel, der Fortpflanzung der Kolonie, dienen.

Menschen können sehr wohl i.d.S. als Kollektiv und Ansammlung von Kollektiven begriffen werden.

Ihre kollektive Intelligenz macht sich in einer gebildeten Welt deutlich, die zeitlich weit über das Leben eines einzigen Individuums hinausgeht.
Du liest Buchstaben, die Menschen vor langer Zeit entwickelt haben, Du sprichst eine Sprache, die aus der kollektiven Intelligenz hervorgegangen ist und diese prägt.

Douglas Hofstaedter, meine ich, prägte (nicht „erfand“) den Begriff der „Meme“, Ideen, die sich fortpflanzen, Gedanken mit denen man sich infizieren kann – man könnte meinen auch diese werden von einer Art kollektiver Intelligenz geprägt.

Und, wo Dir das Leid der Gedrungenen und Gezwungenen so am Herzen liegt und im Herzen des Mittelalters scheint, so ist das doch eher eine Frage der Gerechtigkeit. Diese Frage ist im Mittelalter schlicht anders beantwortet worden, als heute.
Was aber gleich geblieben ist: „Kasten“ helfen etwas auf die Kette zu bekommen. Die Kathedrale/der Kathedralenbau ist nicht zuletzt auch Keimzelle der erstarkenden Zünfte. Kathedralen waren für viele die hehr-heiligste Art und Weise Gott zu preisen und brachten sie ein Stückchen dem Neuen Jerusalem näher, dem neuen Reich Gottes auf Erden.
Natürlich hätten sich viele Bauern lieber um ihre Acker gekümmert, als in den Steinbruch zu gehen – und viele mögen keine Wahl gehabt haben. Sie alle, ob freiwillig oder nicht, ob abhängig (viele) oder unabhängiger (weiniger), sie alle haben ihrer Kaste entsprechend an dem Gesamtbau mitgewirkt. Architekt/Dombaumeister/Steinmetze/Glaser, Kaiser, Erzbischof, Bischöfe und Pfarrer, Dekane... ach was, siehst Du nicht, dass hinter dem Erfolg (!) des Mittelalters u.a. eben jene ameisenähnliche Verkastung der Gesellschaft steckt?

Und dass jeder Bauer eine Familie, Sippe, Verwandtschaft, Freunde, Leidenschaften hatte, für die er sich die Hände blutig arbeitete?
Und, dass er (an) das ganze System glaubte? Und nicht in Frage stellte?

So wenig, wie der Taliban die 72 Jungmädels, für die er sich in die Dreidimensionalität sprengt. Genauso tut er das, was er tut für Familie und Ideologie: Er glaubt das richtige zu tun.

Wir mögen das heute und hier mit einigem Recht für Wahnsinn halten, und verlangen, dass sie's endlich raffen, aber das doch auch nur, weil unsere kollektive Intelligenz solche Irrwege zur Zeit i.d.R. vermeidet.
Wir erziehen unsere Kinder zu einem gemeinsamen Zusammenleben: das ist bei Ameisen gar nicht so unähnlich und bei beiden ein Zeichen von kollektiver Intelligenz.

Es gibt, was den Städtebau angeht bestimmt anthropologische Konstanten, bei vielen Variablen. Aber schau Dir mal mit Google Earth die Städte dieser Welt von oben an - es soll nicht unsere kollektive Intelligenz sein, die ihre Muster genauso prägt, wie die der Ameisen ihre Nester?

Jetzt sprichst Du von Teams: Die Familie ist sicher das Kernteam, aber immer schon stark verbunden mit der großelterlichen Generation. Und diese untereinander hielten Kontakt. In vielen "primitiven" Kulturen ist die Populationsdichte unvorstellbar gering. Trotzdem treffen sie sich regelmäßig zu Sippen-/Totemtreffen, singen gemeinsame Lieder, tratschen und erzählen Geschichte und Geschichten.
Menschliche Kathedralenbauten sind vor allem ihre Gedanken und Träume, ihre Geschichte und Geschichten: das ist unsere Form der kollektiven Intelligenz: Pans narratans.
Anders: Alles, was wir erleben ist eine Geschichte und können wir nicht anders als als Geschichte erzählen.
Wissenschaftler werden versucht sein, dies zu verneinen, aber von diesem Standpunkt ist die ihre Geschichte nur in einer andere Sprache verfasst.

Und jetzt erzähle mir nicht, dass zu irgendwelchen menschenerdenklichen Zeiten der Mensch diese Gabe Geschichten zu erzählen nicht hatte und nicht bemüht war, diese auszudrücken und weiterzugeben!

Ameisen und Menschen sind nicht gleich, aber in mancher Hinsicht analog.

Bei Ameisen gibt es, zur Zeit m.W. noch nicht ursächlich erklärlich, Neigungen. So haben bei einer Neststörung beileibe nicht alle die Neigung nach einem neuen Platz zu suchen, sondern wollen erst mal aufräumen, oder die Larven in Sicherheit bringen u.v.m.. Das Nestsuchverhalten ist sicherlich verschieden auch nach Spezies, v.a. auch abhängig von der Koloniegröße. Der von postulierte Fall trat da auf, wo verschiedene Kundschafterinnen mit unterschiedlichen "Nestplatzvorschlägen" zurück in's Nest kamen. Ob Oecophylla oder Formica kann ich nicht sagen und habe gerade wenig Muße überhaupt zu schreiben, geschweige denn alles zu belegen.
Allerdings entschuldige ich mich hiermit für die fehlende Relativierung der Angabe und Verkürzung des Sachverhalts.

Ich gebe Dir voll uns ganz recht, dass kleine Gruppen Homo sapiens schon eine kollektive Intelligenz zeigen und mehr schaffen, als die Summe ihrer Individuen hergäbe.
Wo Du den Widerspruch zu der, andersgearteten, kollektiven Intelligenz des Menschen in seinen Ideen siehst, erschließt sich mir nicht.
Ford war es doch, der das Fließbandprinzip erfand? Kleinste Teams, an einer Aufgabe beschäftigt entwickeln Excellenz - wenn dazu noch Abwechslung kommt, dann wird daraus auch keine Langeweile - und können deutlich schneller mit anderen kleinen Teams ein Auto zusammenbauen, als wenn sie das ganze Auto bauten.

Dieses Prinzip - wohl die praktische Umsetzung im Maschinenbau - ist nur nicht von Ford entwickelt worden, schon Echnaton schuf etwas sehr ähnliches bei der Erschaffung "seiner Stadt" Achetaton.

[font=Book Antiqua]M[/font]einer sehr tief empfundenen Meinung nach sind Störungen wahrlich nicht primär ein Merkmal oder Ausdruck großer Gruppen (Scheidungen/Gewalt/Verwahrlosung/Krankheit/Arbeit/Mobbing/Leistungsdruck sind genug um ein Leben in der Familie zu stören...).
Die Aggressivität ist dem Menschen eigen und er hat Mühe sie im zivilisierten Zaum zu halten.

Und natürlich ist ein Mensch alleine lebensfähig!
Wieviele Yogis und Asketen müssen denn noch in den Wald, solange es den so noch gibt, oder die Wüste rennen? Was Du brauchst ist Nahrung, Sicherheit und Abwechslung: Die ist in der Gesellschaft billiger zu bekommen, aber das heißt nicht, dass der Mensch prinzipiell das nicht überlebt - auch die Fortpflanzung bleibt dem Einzelnen versperrt. Aber eben nicht der Ausdruck. Wir können via Malerei und Texten virtuell zu jedem Zeitpunkt in einen Dialog mit anderen treten, ohne, dass sie präsent sind. Lange vor dem Internet.

Nein, nicht dass Du mich falsch verstehst, die Lebenserwartung ist deutlich geringer, als einsamer Mensch, aber wir können, bei psychisch gesunder Grundkonstitution, schon recht alt werden. Zu viel Stress darf aber nicht in Angst umschlagen, dann kippen auch die Gesunden bald. Da ist dann der Paranoiker im Vorteil, er kennt das ja.

[font=Book Antiqua]K[/font]leine und große Gruppen Menschen können sehr wohl selbstbestimmt kollektiv zusammen arbeiten, wenn man sie lässt und jeder für die Regeln einsteht, die das ganze möglich machen.
So verstehe ich unseren groß angelegten und lange nicht beendeten Kampf um eine bessere, gerechtere, und in sich kongruentere Demokratie!
Wir müssen uns eben auch dem Diktat beugen, dass alles fließt.

Unser Fluß der Ideen, der Kathedralen möglich macht, Demokratie, das Internet, dass sind Ausdrücke unserer kollektiven Intelligenz.
Nicht die blosse Gleichsetzung unserer Bauwerke und die Art sie gleich zu stellen.

Wir haben es z.B. in dreitausend Jahren geschafft von Holzhütten zu Steinhäusern für die Massen in Europa zu kommen – erscheint billig, ist aber auch Ausdruck unserer Idee von Gerechtigkeit. Die allermeisten können satt werden, in Europa, und die allermeisten können von ihren Gerichten mehr Gerechtigkeit erwarten, als vor 100 Jahren. Das ist unser Ausdruck von kollektiver Intelligenz.

Ameisen bauen noch so, wie vor Millionen von Jahren, weil sie nicht mehr brauchen.

Menschen sind v.a. die Gierigen Affen.

Und kein Mensch würde ernsthaft ebenso eine kollektive Ignoranz bestreiten, oder?

[font=Book Antiqua]D[/font]ie Ameisen sind schon ganz okay, aber was kollektive Intelligenz, über Zeit und Raum hinweg, angeht, da sind wir ziemlich groß.

Und schon unser Forum ist Ausdruck eines Ganzen, dass nicht durch die Summe seiner Einzelteile erklärbar ist, und jedem eine Ameisenhaltung ermöglicht, die besser sein kann, als wenn man sie alleine stemmte.

Wir haben Ideen - unerklärliche Funken Intelligenz in unserem Gehirn - und können sie miteinander teilen! Wenn das mal nicht kollektiv intelligent ist!

Erst recht, wenn diese Ideen zu Taten anregen.

Sorry für die Länge. Bewertet mich halt, gebt mir Tiernamen, aber hier konnte ich nicht anders als unfertig vorlegen... das eigene Lernen geht immer weiter... auch das kollektive...

LG, Ossein.



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