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Bedrohtes (Ameisen) Paradies - Fotobericht

Berichte (z.B. Reiseberichte, Ameisenfotoalben, Ausflüge, Schnappschüsse, etc.) mit vielen Fotos von Ameisen und Natur.
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Boro
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#1 Bedrohtes (Ameisen) Paradies - Fotobericht

Beitrag von Boro » 21. Mai 2008, 10:18

In den letzten Jahren muss ich anlässlich meiner vielen Ameisen-Wanderungen feststellen, dass es bei uns im Bezirk Klagenfurt (Kärnten/Österreich) an verschiedenen Stellen einen starken Bestandsrückgang von Manica rubida gibt. Ich habe dafür mehrere Ursachen finden können:

A. Eingreifen des Menschen in die Natur, Landschaftsverbrauch
B. Zunehmende Verbuschung verschiedener Offenlandhabitate. Manica rubida bevorzugt Flächen mit lückenhafter, sehr niederer oder fast fehlender Bodenvegetation.
C. Bestandsrückgang durch starken Konkurrenzdruck, bei uns im städtischen Bereich vor allem durch Serviformica fuscocinerea, aber auch durch Lasius niger.
D. Unerklärliche Bestandsverluste in völlig intakten und naturbelassenen Habitaten. Unter dem Mikroskop konnte ich bei tot aufgefundenen Tieren zumindest äußerlich keine Erkrankung feststellen (Milben oder Pilzbefall)

1. Aulandschaft entlang der Drau (Südkärnten) mit dem Delta eines seitlich mündenden Baches. Die freien Flächen im Vordergrund waren ideales Manica rubida-Habitat. Man sieht bereits die Spuren, die von jugendlichen Mopedfahrern herrühren und auf der linken Seite des Bildes die Aufschüttungen einer Kies/Schottergewinnungs-Anlage.
Zusätzlich sorgen Überflutungen nach sommerlichen Gewittern für die Vernichtung der Nester. Foto Anfang Mai 2008.
Bild

2. Letzte Nester dieser Art im Deltabereich:
Bild

3. Vor Jahren konnte ich nach einem Schwärmtag im Mai die herumlaufenden Jungköniginnen gar nicht zählen. Jetzt muss man lange suchen:
Bild

4. Eine Königin vor dem Abflug:
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5. Waldameisen verirren sich eher selten in die Nähe von Manica rubida-Nestern. Ein nahes großes Waldameisennest kann Nester von Manica zum Verschwinden bringen. In diesem Fall war es nur eine Ameise und es kam zum Kampf.
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6. Die folgenden 2 Bilder stammen von einer noch sehr vitalen Manica-Gesellschaft mit Superkolonien und langen Verbindungsstraßen, auf denen die Arbeiterinnen ständig hin und her laufen ohne dass Brut oder Beute transportiert würde. Es handelt sich um eine kaum befahrene Schotterstraße in den Karawanken, jenem Gebirge, das wir auf Bild 1 im Hintergrund erkennen können.
Bild

7. Bild

Beste Grüße v. einem nachdenklichen Boro



Jan
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#2 AW: Bedrohtes (Ameisen) Paradies

Beitrag von Jan » 21. Mai 2008, 11:04

Schade das von Dir hören zu müssen, Boro.
Aber Überschwemmungen dürften letztendlich nicht der reduzierende Faktor sein. Wir hatten vor 3-4 Jahren ein richtiges Hochwasser, an Abschnitten des Lechufers war der Wasserspiegel 2 m höher als normal.
Max. 1 Jahr danach gab es aber schon wieder 2 große Manica rubida Kolonien.
Die eine wird aber seit diesem Jahr auch von Serviformica vermutlich transcaucasia bedrängt...

In der Stadt sind sie bei uns glücklicherweise kaum bedrängt.



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Boro
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#3 AW: Bedrohtes (Ameisen) Paradies

Beitrag von Boro » 21. Mai 2008, 18:13

Hallo Jan!
In den Städten ist es vor allem Serviformica fuscocinerea, welche mit den Bedingungen besser zurecht kommt und zahlreiche Reviere von Manica rubida vernichtet hat. Dabei spielen vor allem die gepflanzten Ahornbäume eine große Rolle. Die Läuse auf diesen Bäumen haben eine geradezu magische Anziehungskraft auf diese Serviformica-Art, die in langen "Straßen" die Bäume besteigt und revierübergreifende Superkolonien bildet.
Alle Arten, die ihre Wege säumen, werden durch Dauerbelagerung und ständige Belästigung beseitigt. Lasius niger spielt eine gewisse Rolle, ja es gibt sogar Angriffe von Tetramorium sp.
Und zuletzt ist es immer wieder der Mensch, der durch seine Bauwut alle möglichen Lebensräume zerstört......die EURO 2008 steht vor der Tür......
Beste Grüße Boro



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Boro
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#4 AW: Bedrohtes (Ameisen) Paradies

Beitrag von Boro » 18. April 2009, 10:18

Leichte Entwarnung im Ameisen-Paradies:
Bei meiner letzten Kontrolle konnte ich doch wieder etwas mehr Nester finden. Vielleicht ist die Krise überwunden!
Für alle Freunde der schönen Manica rubida: Hier noch ein paar - wie ich glaube - bessere Bilder:
1. Eine Arbeiterin hat gerade unmittelbar vor dem Nesteingang ein Häufchen Sand abgelagert, es ist an der etwas dunkleren Färbung noch erkennbar. Die Art gilt als besonders "grabfreudig", das sollte man auch bei der Haltung berücksichtigen!
Bild

2. Ein besonderes Kennzeichen von Manica rubida sind die breiten, schaufelförmigen Mandibeln, die hervorragend zum Graben geeignet sind. Die feine Bezahnung ist bei dieser Bildgröße gar nicht erkennbar.
Bild

3. Perfektes Stiling der Körperformen. Subjektiv gesehen etwas länger gestreckt als Myrmica sp. Noch deutlicher kommt das im Habitus der Minor-Arbeiterinnen zum Ausdruck, die man so recht leicht von Myrmica sp. unterscheiden kann.
Bild

4. Frontalansicht:
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5. Eine Arbeiterin ist mit einer toten Spinne beschäftigt. Hier auch noch ganz gut zu erkennen: Es fehlen die für Myrmica sp. typischen Propodealdornen!
Bild

Beste Grüße v. Boro



PHiL
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#5 AW: Bedrohtes (Ameisen) Paradies

Beitrag von PHiL » 18. April 2009, 10:34

Hi Boro,

Wirklich wunderschöne Tiere! Ein Glück, dass es ihnen nun zunehmend besser zu gehen scheint.
Und natürlich schöne Fotos!

Grüße, PHiL



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Oberst Emsig
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#6 AW: Bedrohtes (Ameisen) Paradies

Beitrag von Oberst Emsig » 18. April 2009, 11:13

Toll, Boro!

Vielen Dank, mal wieder! Besonders die Mandibeln sehen toll, also auch gefährlich aus. Solche Mandibeln könnten doch auch gut zum "Zerstückeln" von anderen Insekten genutzt werden?!
Schon mal soetwas beobachtet?

Gruß,
Jan



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Boro
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#7 AW: Bedrohtes (Ameisen) Paradies

Beitrag von Boro » 18. April 2009, 15:27

Ja, die Innenseite der Mandibeln sieht der Schnittfläche eines breiten Messers ähnlich, nur die winzigen Zähnchen sieht man hier nicht. Vielleicht so ein Zwischending zwischen einem Sägemesser und einer Beißzange. In erster Linie dürften die breiten Mandibeln aber dem Ausheben von Baumaterial dienen.
Beste Grüße v. Boro



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Boro
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#8 AW: Bedrohtes (Ameisen) Paradies - Fotobericht

Beitrag von Boro » 9. Mai 2011, 09:30

Weitere Zerstörungen durch gnadenlose Vermarktung der Landschaft

1. Die Zerstörungen nehmen flächenmäßig und in der Intensität zu. Ungefähr der selbe Blickwinkel wie beim 1. Foto v. 2008:
Bild

2. Eine andere Blickrichtung:
Bild

3. Weitgehende Vernichtung der Bestände: Manica rubida
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4. Sie leben neben Manica rubida und sind die ärgsten Konkurrenten: Formica cinerea od. Formica fuscocinerea, beide Arten kommen hier syntop vor u. man kann sie an Hand v. Fotos nicht unterscheiden. Sie können die Verluste am ehesten wieder rasch wettmachen.
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5. Myrmica cf. rugulosa. Ihre verbreiteten Bestände wurden vollkommen vernichtet. Ich musste über 15 Min. lang suchen, um ein einziges Nest zu finden u. da bin ich nicht sicher, ob es diese Art ist.
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6. Plagiolepis vindobonensis. Von ihr gibt es zum Glück in anderen Bereichen noch sehr gute Bestände. Kleine Wichte, die schwer zu fotografieren sind (1,1-1,6mm).
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7. Hier mit einer Königin, max. 3 mm! Auffallend ist die hohe Zahl an jungen, noch nicht ausgefärbten Jungtieren!
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8. Tetramorium sp. ist trotz der Vernichtung einiger Lebensräume in
ihrem Bestand hier nicht gefährdet.
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9. Auch einiges an angelandetem Treibholz wurde "entsorgt". Dieser Baumstamm blieb liegen: Camponotus vagus. Es gibt noch einige Geschlechtstiere im Nest!
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10. Eine Großaufnahme! Auffallend ist die starke Beborstung des gesamten Körpers, am stärksten ist die Gaster behaart.
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Leicht demoralisierte Grüße v. Boro



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