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Königinnen der Amazonen - Fotobericht

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#9 AW: Königinnen der Amazonen

Beitrag von Gast » 12. Januar 2009, 15:40

@ Eagleword,

Kann mich nur Necturus anschließen: Vermutlich hast du einen Raubzug von Formica (Raptiformica) sanguinea gesehen, oder vielleicht einen Nestumzug dieser Art.

Polyergus kommt im weiten Bereich um Wilnsdorf nicht vor. Geringe Vorkommen gibt es in warmen Regionen am Rhein (z.B. Nähe Mainz) und am Main (Würzburg).

Polyergus-Königinnen werden gelegentlich von ausländischen Händlern angeboten. Man solte sich hüten, solche Tiere zu kaufen und evtl. bei uns freizusetzen!
Im günstigsten Fall (für unsere einheimische Fauna) gehen sie nur sehr schnell ein. Richtig halten kann man sie ohnehin nicht, denn die interessanten Verhaltensweisen zeigen sie eben nur auf ihren Sklavenraubzügen, und die gehen über die Dimensionen einer normalen Wohnung hinaus.

Durch den Kauf solcher seltenen Arten fördert man nur die Ausbeutung von natürlichen Vorkommen. Wirklich häufig sind solche Sklavenhalter-Arten praktisch nirgends: Sie können nur leben, wo es sehr viel mehr Nester ihrer Sklavenarten gibt, sind also auf jeden Fall seltener als z.B. Formica fusca oder rufibarbis usw..

MfG,
Merkur



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Boro
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#10 AW: Königinnen der Amazonen - Fotobericht

Beitrag von Boro » 23. Juli 2011, 20:12

Etwas bessere Bilder einer Intermorphen!

Eigenartig sind die jährlichen Unterschiede: Voriges Jahr konnte ich bei keinem Nest eine Intermorphe (od. Ergatogyne) beobachten; überhaupt gab es bei Polyergus wenig Geschlechtstiere! Heuer scheint es wieder besser zu sein, seit längerer Zeit beobachte ich schon bei einzelnen Nestern diese Zwischenformen v. Arbeiterin u. Gyne. Wie bereits oben ausgeführt, ist die Funktion dieser Morphen bis jetzt nicht geklärt, man vermutet inzwischen, dass sie nur als "large workers" für das Ablegen von Eiern zur Nahrung fungieren (als Notration od. für einen anderen Zweck?).
Ich hab gestern ein kleineres Exemplar (gute 8mm, große Amazonen (Arbeiterinnen) err. 7,5mm, mitunter knapp 8mm). Es gibt auch etwas größere und kräftigere Intermorphe mit 9mm u. etwas mehr!
Ich konnte sie einfach nicht in Alkohol legen, ich bin heute knapp vor einem Gewitter Richtung Nest gedüst u. habe das schöne Tier ins Nest zurückgegeben. Es darf wieder zurückkehren, weil es nicht begattet ist (so viel man bis jetzt weiß!).
Warum sie immer wieder vor einem Raubzug ihrer Geschwister auf der Nestoberfläche herumlaufen, weiß kein Mensch.
1. Ich habe das Bild ein wenig beschriftet, damit man sich besser auskennt.Der Thorax ist einer Arbeiterin ähnlich u. bietet keinen Raum für eine Flugmuskulatur. Daher sind diese Zwischenformen immer flügellos. Das Pronotum ist breit angelegt, wie bei einer Arbeiterin. Das Mesonotum ist sehr klein. Das Metanotum kann man erkennen, aber das Scutellum ist meist nur als kleiner Fleck sichtbar; daher das Fragezeichen! Das Propodeum ist mächtig ausgebildet und gleicht eher dem einer Gyne.
Bild

2. Eine ähnlicher Blickwinkel ohne Beschriftung, damit man die morphologischen Details besser erkennt. Kopf, Petiolus [Propodeum] u. Gaster sind wieder den entsprechenden Körperteilen einer Gyne sehr ähnlich.
Bild

3. Hier sieht man die einzelnen Körperpartien sehr gut: Auffallend ist auch der ausgesprochen dicke u. allseits abgerundete Petiolus. Mir ist keine einheim. Art mit diesem Kennzeichen geläufig....
Bild

4. Jeder kann sich vorstellen, dass man mit solchen "Kauwerkzeugen" keine Nahrung zerkleinern od. aufnehmen kann. Alle 3 Kasten (Gyne, Intermorphe, Kriegerin) u. die Männchen können sich nicht selbst ernähren. Eine degenerative Erscheinung als Preis für die hochspezialisierte Ausrichtung auf das Kriegerhandwerk.
Bild

5. Zum Schluss noch ein Blick v. schräg oben/hinten: Ein großer Kopf, ein vergleichweise schmaler Thorax, das mächtige Propodeum und der Petiolus sowie eine relativ breit angelegte Gaster.
Bild

L.G.Boro



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Ureaplasma
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#11 AW: Königinnen der Amazonen - Fotobericht

Beitrag von Ureaplasma » 29. August 2011, 16:56

Ein grosses Problem ist die Nestübernahme bei Kulturfolgern wie Formica cunicularia. Hier, im nördlichen Teil von Wien, kann man P. rufescens immer wieder antreffen. Selbst an Parkplatzen und auf Radwegen konnte ich schon Raubzüge beobachten, welche allerdings mit grossen Verlusten endeten (man kann da nicht lange zusehen). Ich nehme an, dass solche Nester nicht lange existieren.



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#12 AW: Königinnen der Amazonen - Fotobericht

Beitrag von Boro » 29. August 2011, 20:46

Da hast du sicher Recht! Ich habe die Art allerdings eher als Kulturflüchter kennen gelernt, d. h. bei uns kommen sie fast ausschließlich auf Ruderalflächen, an Waldrändern, auf Trocken- u. Halbtrockenrasen sowie auf extensiv genutzten Weiden vor. In den Parkanlagen v. Klagenfurt (zu kleine, nicht zusammenhängende Anlagen) und im Stadtrandbereich würde ich ihr Vorkommen ausschließen.
Auch in "ruhigen" Gegenden kann es hin und wieder passieren, dass sie eine Landstraße überqueren und da kann es jede Menge Tote geben...
Ich habe aber schon einmal von einem Raubzug in einer städtischen Anlage in Wien gelesen......
L.G.Boro



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#13 AW: Königinnen der Amazonen - Fotobericht

Beitrag von Hoffer » 30. August 2011, 13:52

Das Problem welches P.r. in Wien hat ist nun mal ein Platzproblem. Es gibt meiner Meinung nach viele kleine Biotope (Bahntrassen, Strassenränder, Gstättn,...) die günstig für P.r. und ihre Sklavenameisen wären (sprich Trockenrasen). Für ihre Sklavenameisen sind die kleinen "Inseln" ausreichend für Nest, Nahrungssuche, usw. Allerding sind die Inseln zu klein für mehrere Nester von Serviformica und daher führen sie ihre Raubzüge auf die "Nachbarinsel" und dabei müssen sie Strassen, Radwege, usw. überqueren und das ist für viele Amazonen leider tödlich. Vielleicht sollte man eine Umsiedelung von solch gefährdeten Nestern in Betracht ziehen, was meint ihr?

LG Hoffer.


"Denen, die der Ruhe pflegen, kommen manche ungelegen." - Wilhelm Busch

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#14 AW: Königinnen der Amazonen - Fotobericht

Beitrag von Boro » 30. Juli 2012, 21:23

Heute habe ich jene Intermorphe (Ergatomorphe) wieder in ihr Nest zurückgebracht. Sie war gestern und heute Fotomodell. Im allgemeinen sind es recht seltene Exemplare, die kaum jemand zu Gesicht bekommt, dazu ist Polyergus rufescens schon selten genug.
Bis heute weiß man über die Funktion dieser Zwischenformen nicht genau Bescheid: Wie ich oben schon anführte, sind es vielleicht nur "large workers", die unbefruchtete Eier legen. Bemerkenswert ist aber, dass diese Tiere über funktonsfähige Geschlechtsorgane und eine Spermathek od. "Samentasche" verfügen (Receptaculum seminis), d. h. sie wären in der Lage die männlichen Spermien ein Leben lang zu horten.
Mit anderen Worten: Eine Begattung durch Männchen und die Konservierung der Spermien wäre theoretisch möglich. Aber bis heute war niemand in der Lage, exakt nachzuweisen, dass er/sie eine Nestgründung durch eine Intermorphe mit der Produktion weiblicher Kasten geschafft hätte od. dass im Freien ein funktionstüchtiges Nest mit einer intermorphen Königin gefunden worden wäre.
Ich bin selber wiederholt mit diesem Versuch gescheitert, zuerst ohne zu wissen, dass diese Versuche vermutlich erfolglos verlaufen müssen und zuletzt 2 Mal im Bewusstsein der Fragwürdigkeit: In beiden Nestern gab es nur Männchen! Die Versuche vorher waren meist nicht mehr zu bewerten, weil die Nester vor dem Schlüpfen der Brut freigesetzt wurden u. dann häufig verschollen blieben. Damals sind mir schon Zweifel gekommen, weil so viele Nester nicht einfach verschwinden od. verschollen bleiben können.
Heute weiß ich es besser: Die Nester sterben relativ rasch durch die abnehmende Zahl der Hilfsameisen bzw. deren Inaktivität!
An Hand der folgenden Bilder kann man die Morphologie gut vergleichen (siehe Beschriftung weiter oben!), endlich verfüge ich auch über eine gute Nahaufnahme einer Arbeiterin, wobei es mir darum ging, alle Individuen etwa aus dem selben Blickwinkel darzustellen!

1. Eine Gyne, ein Vollweibchen, sie gründet derzeit ein Nest mit Formica cunicularia und wird Anf. September freigesetzt:
Bild

2. Mein Fotomodell, eine Intermorphe, ein relativ kleines Exemplar, es misst kanppe 8 mm und ist damit nicht größer als eine große Amazone:
Bild

3. Die morphologischen Unterschiede zw. der Intermorphen und der hier gezeigten Arbeiterin sind minimal:
Bild

L.G.Boro



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