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Spannende Geschichte! - Fotobericht

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Boro
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#1 Spannende Geschichte! - Fotobericht

Beitrag von Boro » 31. August 2011, 19:13

Gestern wollte ich meinen Kirschlorbeer (Prunus laurocerasus) im Garten etwas beschneiden. Da stellte ich zahlreiche herumschwirrende schwarze Winzlinge fest, die hin und her flogen, kurz auf den Blättern aufsetzten und wie wild mit abgespreizten Flügeln dort herumsausten. In der nächsten Sekunde waren sie schon wieder unterwegs und suchten sich ein neues Plätzchen.
Ich betrachtete die Szene eine zeitlang und beschloss den Fotoapparat zu holen um ein paar Aufnahmen zu machen.
Die Arbeit blieb natürlich liegen, aber ich war mir sicher, dass es sich hier um Ameisen und zwar um Männchen handelt, die auf der Oberfläche des Kirschlorbeers schwärmten. Fast 30 Min. verbrachte ich da, aber ich konnte kein Weibchen entdecken.
Fotos? Also, diese Tierchen lebend zu fotografieren ist praktisch ein Ding der Unmöglichkeit. Heute hab ich es noch einmal probiert, von 60 Bildern blieben letztlich ein paar brauchbare Bilder übrig. 30 Minuten bin ich auf dem Boden gelegen, um die Bilder "in den Kasten" zu bekommen.
Ein paar Tierchen musste ich heute töten, um bessere Bilder zu bekommen, aber das Ergebnis ist auch mager.
Tatort: 30./31. 8. 2011. Klagenfurt/Kärnten im Garten, 447m Seehöhe. Der Wirbel dauerte von 16:00 bis etwa 18:00 bei mäßig bewölktem Himmel und 24°. Die LF lag bei 51%.
Da fiel mir ein, dass ich ein sehr ähnliches Spektakel bereits im Vorjahr an der selben Stelle beobachtet hatte!
Heute konnte ich die ersten Männchen bereits nach 14:00 sehen (sehr ähnliche Wetterbedingungen), aber sie flogen um die vor dem Kirschlorbeer stehende Mülltonne. Eigenartig!
Ich vermutete, dass es mit den abgeschnittenen Zweigen in der Tonne zu tun hätte! Also: Tonne ausgeleert. Und siehe da, in 10 Min waren bestimmt 3 Dutzend Männchen vor Ort. Gestern am Busch waren es sicher 50 od. 60 Tiere. Also, muss ein Sexualpheromon auf den abgeschnittenen Blättern in der Tonne bis heute seine Wirkung ausüben! Das ist erstaunlich, meist handelt es sich bei den Sexualpheromonen um flüchtige Stoffe. Gestern werden Weibchen ihren Lockstoff auf den Blättern hinterlassen haben. Ich hab zwar keines gesehen!
Ich habe übrigens bis jetzt keine Ahnung, wo diese winzigen Tiere ihre Energie für mehrstündiges Schwärmen hernehmen. Die Tierchen sind gute 3mm lang und hervorragende Flieger.

Inzwischen habe ich einen Verdacht! Nachdem die Bestimmung einer Art mit Hilfe der Männchen als sehr schwierig bis oft unmöglich gilt, holte ich den guten alten KUTTER zu Hilfe: Nach einigem Studium vermute ich, dass es sich um Männchen v. Myrmecina graminicola handeln könnte. Die Beschreibungen passen, die Schwärmzeit passt, das verrückte Liebesspiel passt (um ein Weibchen, dass viell. vor 1 Stunde anwesend war). Ich hatte es erst vor kurzer Zeit hier geschildert:http://www.ameisenforum.de/einheimische-europ-ische-ameisen/41686-myrmecina-graminicola-latreille-1829-fotos.html. Und: Die Gyne (in diesem Fall muss es ein flugfähiges Vollweibchen sein) setzt einen Tropfen Sexualpheromon auf eine Unterlage ab (SEIFERT, 220), d. h. dass ein anhaftendes, ausdauerndes Pheromon abgesetzt wird.
1. Männchen auf einem abgeschnittenen Kirschlorbeer-Ästchen:
Bild

2. Anderer Blickwinkel:
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3. Wo ist das Weibchen?
Bild

4. Die Liebe....
Bild

5. Thoraxaufbau, Farbe, Farbe d. Flügel, Kopfform mit stark seitl. ausgestellten Augen, Petiolus u. Postpetiolus, ganz kurze Propodealdornen....
Bild

6. Und das tote Exemplar:
Bild

L.G.Boro



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Nomion
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#2 AW: Spannende Geschichte!

Beitrag von Nomion » 31. August 2011, 20:07

Das ist wirklich eine tolle Geschichte :D.
Die Fotos sind doch ganz gut:spin2:.
Wie lange waren den die blätter in der Tonne?
Vllt konnte der Duft aus der geschlossenen Tonne einfach nicht so schnell entweichen?

Mfg Nomion



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Boro
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#3 AW: Spannende Geschichte!

Beitrag von Boro » 31. August 2011, 20:56

Die Blätter waren 24 Std. in der Tonne!
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#4 AW: Spannende Geschichte!

Beitrag von Gast » 1. September 2011, 09:24

Myrmecina graminicola mit Faible für Bio-Mülltonnen?

Das ist also nun der zweite Fall eines Schwärmens dieser Art an/auf/um eine Biomülltonne, nach diesem:
http://www.ameisenforum.de/299703-post248.html

Bei mir steht die Tonne zwar auch an einer Hecke mit exotischen Sträuchern (vom Nachbarn), aber es ist kein Kirschlorbeer dabei.
Noch ein solcher Fall, und man muss es glauben, dass diese Ameisen eine besondere Schwäche für die Nähe solcher Mülltonnen haben! :fettgrins:

MfG,
Merkur

[font=Times New Roman]Edit:[/font]
[font=Times New Roman]Macht Myrmecina graminicola eine Massenvermehrung durch? Oder habe ich neuerdings den ganzen Garten voll davon?[/font]
[font=Times New Roman]Gerade, 1. Sept. 2011, 15:00 bei 25 °C im Schatten, strahlend blauer Himmel, etwas schwül, turnt schon wieder ein Myrmecina-Männchen bei mir herum![/font]

[font=Times New Roman]Ich bin mit Gartenarbeiten beschäftigt, und bei einer kleinen Verschnaufpause sehe ich das Kerlchen vor mir im Gras![/font]
[font=Times New Roman]Auch in dem oben verlinkten Thread war es die schattige Ostseite von Nachbars-Hecke, an der die Mülltonne steht, auf der sich ein Balzplatz entwickelt hatte. Jetzt ist es die Ostseite des Hauses.[/font]
[font=Times New Roman]Anscheinend lohnt es sich zurzeit, auf kleine Männchen zu achten, deren auffälligstes Merkmal die komplett rauchbraunen Flügelchen sind.[/font]



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#5 AW: Spannende Geschichte!

Beitrag von Boro » 1. September 2011, 21:13

Update v. 1. 9. 2011:
Das Schnittgut blieb die ganze Nacht neben der Mülltonne liegen. Es gab ein ergiebiges Gewitter und trotzdem:
Heute, ab 14 Uhr fanden sich wieder etwa 10 Männchen im Bereich der Blätter ein und begannen erneut zu schwärmen. Die Aktivität war allerdings nicht mehr so krass und nach 17 Uhr war kaum mehr etwas zu sehen. Ein paar offensichtlich geschwächte Männchen saßen auf den Blättern.
Schlussfolgerung:
Nachdem ich nicht davon ausgehe, dass sich die irgendwo übernachtenden Männchen den Schwärmplatz des Vortages einfach nur örtlich eingeprägt haben, muss man wohl annehmen, dass das vor 2 Tagen noch auf dem Busch (vor dem Schnitt) abgesetzte Sexualpheromon nach 48 Stunden und trotz eines nächtlichen Gewitters immer noch eine gewisse Wirkung zeigte!
Für mich ist das jedenfalls sehr erstaunlich, aber eine andere Erklärung für das erneute Auftauchen der Männchen und das von diesen gezeigte Schwärmverhalten fällt mir nicht ein.
L.G.Boro



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