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Phänomen "Pygmäe"

Allgemeine Fragen und Themen über europäische Ameisenarten (hier keine Berichte)
Myrmidon
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#1 Phänomen "Pygmäe"

Beitrag von Myrmidon » 15. September 2011, 14:00

Hallo zusammen,

Vielleicht kann mir hier irgendwer weiterhelfen...
Wann endet die Pygmäen-Produktion einer claustral gründenden Art (Lasius niger)? Wenn eine definierte Zeitspanne seit der Gründung vergangen ist oder ab erreichen einer definierten Koloniegröße? (Wenn die Koloniegröße künstlich kleingehalten wird, entstehen dann weiterhin Pygmäen?)

Bitte nur begründete Antworten, Danke!



DermitderMeise
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#2 AW: Phänomen "Pygmäe"

Beitrag von DermitderMeise » 15. September 2011, 14:47

Hallo Myrmidon,
Myrmidon hat geschrieben:(Wenn die Koloniegröße künstlich kleingehalten wird, entstehen dann weiterhin Pygmäen?)

soweit ich weiß nein. Die Pygmäen sind schon von vorne herein so klein angelegt; d. h. unabhängig von der Versorgungslage sind sie immer winzig. Im Experiment hat man das getestet, indem Eier einer gründenden Königin in eine Kolonie gegeben wurden - es kommen trotzdem Pygmäen dabei heraus. Ab einer bestimmen Koloniegröße - ich würde grob schätzen so ab 10-30 Tieren (?) sind die ersten "normalen" Arbeiterinnen dran, wobei auch die noch kleiner sein können als die einer adulten Kolonie.

edit: Da steht's auch nochmal ausführlicher: http://www.ameisenwiki.de/index.php/Pygm%C3%A4en



Myrmidon
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#3 AW: Phänomen "Pygmäe"

Beitrag von Myrmidon » 15. September 2011, 16:15

Hallo DermitderMeise,

Im Experiment hat man das getestet, indem Eier einer gründenden Königin in eine Kolonie gegeben wurden - es kommen trotzdem Pygmäen dabei heraus.


Das ist es ja eben, wenn externe Faktoren wie die Versorgungslage mit Nahrung keinen Einfluss auf die "Pygmäen-Produktion" haben, dann kann nur die Gründer-Gyne festlegen ob und wie lange Pygmäen (Pygmäen-Eier) entstehen.

Die Frage ist halt was ist der Schlüsselreiz zum Umstellen von "winzig" auf "normal"?

Grüße



DermitderMeise
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#4 AW: Phänomen "Pygmäe"

Beitrag von DermitderMeise » 15. September 2011, 17:43

Hallo Myrmidon,
auch das steht ansatzweise im AWiki-Artikel:
Man weiß noch nicht mal, ob die Prädisposition der Eier zur Pygmäen-Entwicklung genetisch bedingt ist (unwahrscheinlich, aber nicht auszuschließen!), oder ob die Königin ihre ersten Eier mit weniger Reservestoffen ausstattet.


Myrmidon hat geschrieben:dann kann nur die Gründer-Gyne festlegen ob und wie lange Pygmäen (Pygmäen-Eier) entstehen.

eben das ist auch fraglich. Dann sollten zugefütterte Gynen weniger Pygmäen aufziehen als diejenigen, die nur mit ihren mitgegebenen Reserven starten. Wenn man die Sache mit dem vorbestimmten Pygmäentum zu Ende denkt und es wirklich von äußeren Einflüssen (hier wohl im Wesentlichen: Nahrung) unabhängig ist, hört die Pygmäenproduktion genau dann auf, wenn keine "vorgeformten" Pygmäeneier mehr im Magazin sind. Die Gyne hätte dann gar keinen Einfluss darauf, ob sie Pygmäen aufzieht oder nicht, sondern die Pygmäeneier werden z. B. (dies ist reine Spekulation meinerseits, da darüber meines Wissens nichts weiter bekannt ist) bereits bei der Oogenese im Ovar als solche angelegt. Während dieser Phase befindet sich die Jungkönigin noch in der Mutterkolonie, es könnte daher sein dass je nach Versorgungslage im elterlichen Nest mehr oder weniger Pygmäeneier angelegt werden.

Ein alternativer Weg wäre, dass von Anfang an X Eier als Pygmäen determiniert sind, aber die Königin diese Phase verlängern kann, wenn sie nicht genug Futter nach Hause bringen. Das ist Grundlagenforschung und die finanziert zu bekommen ist außer in Ausnahmefällen (wenn sie den Menschen tangiert, Stichwort invasive Arten) schwierig. Das hat zur Folge, dass die Publikationslage und damit auch die gesicherten Erkenntnisse auf diesem Gebiet und vielen anderen nicht nur schlecht, sondern unterirdisch ist.
Meine ehrliche Antwort auf deine Frage
was ist der Schlüsselreiz zum Umstellen von "winzig" auf "normal"?

unter Einschluss aller Unwägbarkeiten ist daher schlicht:
unbekannt.



Myrmidon
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#5 AW: Phänomen "Pygmäe"

Beitrag von Myrmidon » 15. September 2011, 18:58

Vielen Dank für die Antwort - immerhin das Beste was ich so in Erfahrung bringen konnte.

Das hat zur Folge, dass die Publikationslage und damit auch die gesicherten Erkenntnisse auf diesem Gebiet und vielen anderen nicht nur schlecht, sondern unterirdisch ist.

Naja vielleicht ändert sich das noch und den Spekulationen können Schranken gesetzt werden.

Start Spekulation:

Ich denke jedenfalls das Pygmäen keine "Mangelerscheinungen" sind sondern gezielt die Chancen für eine erfolgreiche Gründung erhöhen. Denn bei gegebener Nahrungsmenge aus der sich die Tiere entwickeln können sind vier kleine Amigos sicher besser als zwei große (Risiko des Totalausfalls geringer, bspw. Tod durch Fressfeinde etc.). Denn ohne Arbeiterinnen ist bei einer claustral gründenden Gyne schnell Schicht im Schacht.

Ende Spekulation.

Grüße



DermitderMeise
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#6 AW: Phänomen "Pygmäe"

Beitrag von DermitderMeise » 15. September 2011, 19:28

Myrmidon hat geschrieben:Denn bei gegebener Nahrungsmenge aus der sich die Tiere entwickeln können sind vier kleine Amigos sicher besser als zwei große (Risiko des Totalausfalls geringer, bspw. Tod durch Fressfeinde etc.).

So isses! Dazu kommt, dass Pygmäen auch eine kürzere Entwicklungsdauer haben, was im Wettrennen mit den anderen gründenden Gynen einen Vorteil verschafft.



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KyneGyne
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#7 AW: KFKA - Kurze Fragen, kurze Antworten

Beitrag von KyneGyne » 21. April 2012, 11:07

- aus KFKA hierher verschoben /DmdM

Ich kopiere die Frage von Kati mal grad hier rein, weil es zum Ursprungs-Thread nicht richtig passt:
Kati hat geschrieben:Dass die Größe der Pygmäen genetisch veranlagt ist wusste ich auch nicht! Ich dachte immer, das liegt daran, dass besonders bei claustral gründenen Arten die Larven weniger Nahrung erhalten (können). Wie funktioniert das denn dann? Die Pygmäen müssten doch eigentlich das gleiche Gen-Material haben wie ihre Schwestern, oder, abgesehen davon, dass eine Jungkönigin sich oft mit mehreren Männchen paart?
Es wurden Versuche gemacht, bei denen man die ersten Eier einer claustral gründenden Gyne einer bestehenden Kolonie mit einer ausreichenden Anzahl Arbeiterinnen "untergejubelt" hat. Die daraus schlüpfenden Larven waren also nahrungstechnisch gut versorgt. Trotzdem wurden aus ihnen nur Pygmäen.

Ob diese Eier/Larven genetisch untersucht wurden, weiß ich nicht. Aber anhand der Beobachtung ist es zweifelsfrei auszuschließen, dass eine suboptimale Ernährung der Grund für die reduzierte Körpergröße der Pygmäen ist.

Quellen habe ich im Moment leider noch keine, mache mich aber im Laufe des Tages an die Recherche (falls mir nicht jemand zuvor kommt).

Edit: OK, ging dann doch schneller, als ich dachte:
Ameisenwiki hat geschrieben:Wenn man Lasius niger-Eier oder Larven einer Gründerin zu einer größeren Kolonie gibt, entwickeln sich daraus immer noch Pygmäen. Man kann also zweifeln, ob es mit der Ernährung zu tun hat, wenn sich aus einem Ei eine Pygmäen-Arbeiterin auch unter diesen Umständen entwickelt. Dies ist eine der beiden einzigen mir bekannten experimentellen Untersuchungen, und die erfolgte eben nur bei Lasius niger, wobei man heute nicht mehr sagen kann, ob es sich um diese oder vielleicht die sehr ähnliche Lasius platythorax gehandelt hat. Aber das macht nicht viel Unterschied. Man weiß noch nicht mal, ob die Prädisposition der Eier zur Pygmäen-Entwicklung genetisch bedingt ist (unwahrscheinlich, aber nicht auszuschließen!), oder ob die Königin ihre ersten Eier mit weniger Reservestoffen ausstattet. Man kann solche Ergebnisse keinesfalls einfach auf andere Arten, Gattungen, oder gar Unterfamilien (Myrmicinen: Pheidole!)übertragen.
Hier der ganze Artikel. Und hier noch eine Diskussion aus unserem Forum.

Gruß
Kyne



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Kati
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#8 AW: KFKA - Kurze Fragen, kurze Antworten

Beitrag von Kati » 21. April 2012, 14:55

Danke Kyne!

An der Nahrung liegt es also nicht, dass es genetisch bedingt ist, geht aus dem Text aber auch nicht hervor. Es ist anscheinend nicht bekannt, warum Pygmäen kleiner sind, nur dass schon vom Ei aus feststeht, ob eine Ameise Pygmäe oder normale Arbeiterin wird.

Also kann man alles, was mit äußeren Einflüssen zusammenhängt, wie Nahrungsangebot, wachstumshemmende Pheromone, etc. ausschließen.

Gibt es Unterschiede zwischen Gründerinnen, die in der Gründungsphase zugefüttert wurden, und solchen, die normal gegründet haben? Vielleicht könnte man daraus Rückschlüsse ziehen, inwiefern die Nährstoffe in den gelegten Eiern über die Größe der Arbeiterinnen entscheiden?

LG Kati



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