Friert ein Eskimo im deutschen Winter weniger?

Allgemeine Fragen und Themen über europäische Ameisenarten (hier keine Berichte)
stefan87
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#1 Friert ein Eskimo im deutschen Winter weniger?

Beitrag von stefan87 » 16. September 2011, 22:37

Hey Leute,

aktuell wegen des Threads von MaxR und seiner Lasius emarginatus:
ich frage mich (und euch hier) jetzt mal grundsätzlich, WIE man eigentlich mit der "Herkunfts-Frage" in diesem Forum umgehen soll / kann..

Meine Lasius emarginatus stammen (angeblich) von einem Händler, der aus Süd-Frankreich sammeln lässt. Dieser Händler liefert aber auch nach Deutschland!

(Genauso beziehe ich Ameisen aus (angeblich) Süd-Spanien, auch hier wird nach Deutschland geliefert!)

Und wenn ich dann immer wieder hier lese, dass man seine aus Süd-Europa bezogenen Ameisen später einwintern und temperatur-mäßig flacher halten kann, als "NORMAL", kommen mir daher immer wieder Zweifel.....:

Huhn oder Ei?? Was zuerst?

Ist es wirklich ein Unterschied (die Winterruhe betreffend), ob eine Lasius emarginatus aus Freiburg im Breisgau oder aus Malaga kommt?
Kann man die Art nicht grundsätzlich IMMER GLEICH halten?
Glaubt wirklich jemand hier, dass eine in X-Generationen von Malaga nach Süddeutschland gewanderte Lasius emarginatus anders über den Winter zu halten wäre?

Macht mich mal bitte schlau!



ford prefect
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#2 AW: Friert ein Eskimo im deutschen Winter weniger?

Beitrag von ford prefect » 16. September 2011, 23:03

Es ist für die Winterruhe in der Tat relevant, woher die Kolonie/die Gyne kommt. Wenn sie aus einer Population stammt, die in einer warmen Gegend ansässig ist, will sie auch wärmere Temperaturen als sie zur gleichen Zeit hier vorherrschen.

Viele dieser Arten machen auch in südlicheren Regionen tatsächlich verkürzte Winterruhen durch. Inwiefern eine kältere Winterruhe schaden würde, kann ich nicht sagen. Die meisten Arten sind da sicherlich einigermaßen tolerant. Aber Messorarten sind zum Beispiel auch über Gebiete verbreitet, die gerade was die Winterruhe angeht recht unterschiedlich sind. Ich verstehe auch dein Problem nicht. Was der hat Sammelort mit dem Versandtiel zu tun?



stefan87
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#3 AW: Friert ein Eskimo im deutschen Winter weniger?

Beitrag von stefan87 » 16. September 2011, 23:16

@ ford,

so ist es! Du gibst hier lediglich schon bestehendes Regelwerk weiter! WO bleiben deine eigenen Beobachtungen und Erfahrungen?!

wg. "Sammelort / Versandziel": Naja, könnt ja sein, dass jemand seine "deutschen" Ameisen anders einwintert, wenn man ihm vorher mitteilt, dass sie ja tatsächlich in Avignon (Südfrankreich) gefangen worden sind....

@ all: Bitte zu diesem Thema keine Allgemeinphrasen aus dem Ameisen-Wiki o.ä..

Ich wünsche mir keine schlauen Zitate, sondern eigene Meinungen und eigenes Wissen.

P.S.: Ups! Ford, so hart sollte das gar nicht klingen, hoffe, du fühlst dich nicht angegriffen! ;-)



ford prefect
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#4 AW: Friert ein Eskimo im deutschen Winter weniger?

Beitrag von ford prefect » 16. September 2011, 23:29

@stefan,

Soso! Nach meine Erfahrungen war, wenn ich das richtig verstanden habe, nicht speziell gefragt, sondern genauso nach Fakten. Und WO sind deine eigenen Erfahrungen und Beobachtungen?!

wg. Sammelort und Versandziel: Für mich hat sich das so angehört, als stelle das Sammeln in Südspanien einen Widerspruch zu dem Versand nach Deutschland dar.

Ich habe übrigens selbst formuliert und meine Antwort basiert auf Wissen aus Forenbeiträgen in anderen Threads sowie eigenen Überlegungen.

@all Ich finde abgesehen davon auch schlaue Zitate hilfreich, deren Inhalt sollte schließlich Teil des eigenen Wissens sein! Jedenfalls wünsche ich mir das...

P.S.: Ups, eigentlich wollte ich mich jetzt garnicht über deinen Beitrag lustig machen... Ich hoffe, du nimmst mir das nicht übel ;-)



stefan87
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#5 AW: Friert ein Eskimo im deutschen Winter weniger?

Beitrag von stefan87 » 16. September 2011, 23:49

So ist schon besser! ;-)



Gilthanaz
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#6 AW: Friert ein Eskimo im deutschen Winter weniger?

Beitrag von Gilthanaz » 17. September 2011, 01:00

Meine Messor barbarus mögen es offensichtlich (Kolonieentwicklung, Nestwahl,...) wesentlich(!) wärmer, als die sonst genannten Temperaturen. Ich habe keine Ahnung, woher die Gyne stammt, aber nehme inzwischen an: Aus einem sehr warmen Land..

lg,
- G



Illsing
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#7 AW: Friert ein Eskimo im deutschen Winter weniger?

Beitrag von Illsing » 17. September 2011, 01:24

stefan87 hat geschrieben:Ist es wirklich ein Unterschied (die Winterruhe betreffend), ob eine Lasius emarginatus aus Freiburg im Breisgau oder aus Malaga kommt?
Kann man die Art nicht grundsätzlich IMMER GLEICH halten?
Glaubt wirklich jemand hier, dass eine in X-Generationen von Malaga nach Süddeutschland gewanderte Lasius emarginatus anders über den Winter zu halten wäre?

Ich würde sagen 'nein, es macht keinen Unterschied woher die Gyne stammt' und 'ja, man kann sie immer gleich halten'.


Aus rein logischer Sicht würde ich das dadurch begründen, dass Ameisen einer Art

  • in jedem Bereich ihrer habitaren Zone überleben können (ansprüche an Temperatur und Nahrung).
  • genetisch nahe zu identisch sind und daher auch die gleichen Mindestanforderungen an ihren Lebensraum stellen, egal aus welchem Gebiet sie ursprünglich stammen.
  • standortungebundenes, identisches Verhalten bei abweichender Idealtemperatur an den Tag legen (sprich: wird das Nest oder die Ameise zu warm muss gekühlt werden und umgekehrt - wird es Winter: Winterruhe).
  • eine gewisse klimatische Tolleranz aufweisen (überdurchschnittliche Wärme- und Kältperioden überstehen)
ford prefect hat geschrieben:Es ist für die Winterruhe in der Tat relevant, woher die Kolonie/die Gyne kommt. Wenn sie aus einer Population stammt, die in einer warmen Gegend ansässig ist, will sie auch wärmere Temperaturen als sie zur gleichen Zeit hier vorherrschen.

Wäre dies der Fall müsste es dafür einen Grund geben.
Eine Möglichkeit wäre erlerntes Verhalten, was sich bei 'frisch' gefangenen Gynen ausschließen lässt, es sei denn (hypothetisch!), die Gynen würden zu irgendeinem festgelgten Zeitpunkt eine Temperatur als 'Richtwert' mitgeteilt bekommen (mal am BSP: Gyne A schwärmt in Freiburg bei 26° Gyne B im Breisgau bei 23°. Die Temperatur beim Schwärmen ist die Richttemperatur. Beide gehen 15° unter dieser Temperatur in Winterruhe. Dann würde Gyne A schon bei 11° und B erst bei 8° in Winterruhe gehen).
Die andere Möglichkeit wäre Anpassung durch geringfügige genetische Veränderungen - halte ich aber ebenfalls für unwahrscheinlich.

ford prefect hat geschrieben:Viele dieser Arten machen auch in südlicheren Regionen tatsächlich verkürzte Winterruhen durch.

Wäre nur logisch, da es in südlicheren Regionen im allg. später kalt und früher wieder warm wird, ergo versiegen Futterquellen später und stehen früher wieder zur Verfügung.

ford prefect hat geschrieben:Inwiefern eine kältere Winterruhe schaden würde, kann ich nicht sagen. Die meisten Arten sind da sicherlich einigermaßen tolerant.

Schließe ich mich an. Ameisen sind Überlebenskünstler. Solange die Temperaturen ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet entsprechen dürfte es ihnen nicht schaden.

LG Illsing



Gast
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#8 AW: Friert ein Eskimo im deutschen Winter weniger?

Beitrag von Gast » 17. September 2011, 10:21

Zitat Illsing (stellvertretend für weitere „Meinungen“ in diesem Thread):
Ich würde sagen 'nein, es macht keinen Unterschied woher die Gyne stammt' und 'ja, man kann sie immer gleich halten'.
Klar kann man sie immer gleich halten. Die Frage ist, ob die Tiere aus verschiedenen Klimazonen dabei auch gleich lange durchhalten.

Macht Euch mal schlau über den Begriff „intraspezifische Variabilität“, also Unterschiede zwischen Populationen einer Art, die räumlich getrennt leben.
Dazu gehören Unterschiede, wie sie z.B. die häufig beschriebenen Unterarten charakterisieren; die gehören nämlich alle jeweils zu einer Art.
Lokale Anpassung, Anpassung von Populationen an verschiedene Umweltfaktoren innerhalb des Areals der Art, ist eine vielfach bewiesene Tatsache. Diese ist Grundlage für die Warnungen vor „intraspezifischer Homogenisierung“ (siehe Ameisenwiki, oder http://www.ameisenforum.de/wissensthreads/infektionsgefahr-durch-exotische-ameisen-infektionsthread-t36335.html ).

Ein gut untersuchtes Beispiel ist die „Europäische Sumpfschildkröte“ Emys orbicularis. Sie kommt (kam) weit verbreitet in Europa vor, ist nahe am Aussterben. Der Terrarienhandel hat Tiere aus Nordafrika in Europa verteilt, die an unsere Winter weniger angepasst sind. Zahlreiche zu groß gewordene Tiere wurden ins Freiland entlassen und sind wohl zumeist eingegangen. Manche haben sich aber auch mit den heimischen Artgenossen verkreuzt. Das Ergebnis ist, dass die „Hybriden“ weniger an unser Klima angepasst sind als die ursprünglich bei uns heimischen Vertreter. Das hat einige der letzten heimischen Populationen an den Rand des Abgrundes gebracht.

Auch wenn es für Ameisen noch keine wissenschaftlich-experimentellen Untersuchungen zu diesem Thema gibt, so ist doch vernünftigerweise davon auszugehen, dass solche Populationsunterschiede auch bei Ameisen vorkommen. Es ist jedenfalls doch sehr viel wahrscheinlicher als die leichtfertige Annahme, dass alle Ameisen der Art Ixus ypsilon, egal aus welcher Region sie stammen, dieselben Lebensbedingungen benötigen.

Aber was soll's, der Mensch bevorzugt immer die für ihn und seine jeweiligen Bedürfnisse bequemsten Informationen, hier also die, dass man auf die Herkunft der Tiere keine Rücksicht zu nehmen braucht. Die Ameisen sterben ohnehin, früher oder später, und Gründe für ein vorzeitiges Ableben in der Haltung gibt es so viele, dass die entscheidende Ursache ohnehin nicht zu ermitteln ist.

MfG,
Merkur



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