Werfen wir doch einmal, genauso wie es die Medien unablÀssig tun, unkritisch ein paar Begriffe durcheinander:
Eine
Sucht (schon ein sehr unscharfer Begriff als solches) definiert sich dadurch, dass
- die normalen Herausforderungen des Alltags immer weniger bewÀltigt werden
- der Gebrauch zu Lasten des sozialen Netzes stattfindet ("Watt muss isch denn bei dat Omma gehen, zisch isch misch doch hier einen!", "Mir egal watt die Mutti sacht, isch dampf mir jetzt einen in der KĂŒche!" z.B.

)
- die Dosis, in immer kĂŒrzeren AbstĂ€nden, gesteigert werden muss, beziehungsweise der starke Drang danach besteht, da der bisherige Konsum die BedĂŒrfnisse nicht mehr abdeckt
- zunehmende Fixierung auf die Droge im gesamten Handeln und Denken
WĂ€hrend verschiedene Punkte mĂŒhelos von dem ein oder anderen Verhalten, welches nicht der Sucht zu zu rechnen ist, erfĂŒllt wird, so erfĂŒllt die Sucht mindestens drei der angegebenen Punkte (Skala aus dem GedĂ€chtnis von einem Klinikpapier, benutzt in der Suchtabteilung).
Aus dieser Sicht heraus ist unser Computerverhalten, auch zeitweise exzessives, nicht der Sucht zu zu rechnen.
Wie bei jeder anderen Kulturtechnik bisher, gewöhnen wir uns gerademal an den Gebrauch einer neuen.
Diese wird z.T. angefeindet.* Zum Teil macht man sie verantwortlich fĂŒr die horrendesten Folgen schlechter/unglĂŒcklicher Sozialisation, was auch immer.
Dann stellt man fest, nach langem Hadern:
Es ist nur ein Werkzeug!
Und trotzdem brauchen wir unseren Kopf um zu wissen, was wir mit dem Werkzeug machen wollen und die HĂ€nde es umzusetzen.
Wie beim Fernsehen, den Magazinen und Zeitungen, dem was andere sagen, dem was man in BĂŒchern liest, man muss
lernen, wie man es am besten benutzt und wofĂŒr.
Kreischende Jungs, die so ausrasten, weil sie ein Spiel verloren haben, oder nach 4 Stunden Spiel aufhören mĂŒssen, haben ein anderes Problem als den Computer.
In der Regel - Ausnahmen bestÀtigen sie deutlich - sind es die Eltern und Bezugspersonen, die Grenzen nicht ziehen und es so dem Kind nicht erlauben eine weitere wichtige Kulturtechnik zu erlernen: Mit der eigenen Frustration umgehen zu können, ohne, dass irgendwer leiden muss. Frustrationstoleranz zu erlernen.
Ein Tag ohne Netz ist nichts, was ich mir wĂŒnsche, so wenig wie einer ohne Buchstaben oder ĂPNV, aber fĂ€llt es aus irgendwelchen GrĂŒnden mal aus, dann ist mir persönlich die Welt auch so mehr als genug!
LG, Ossein.
*(die Geschwindigkeit der neuen Lokomotiven sollte Menschen in den Kabinen töten können hieà es
Ihren Namen
("Rocket") bekam sie der Legende nach als Antwort der Stephensons auf einen gehĂ€ssigen Artikel im angesehenen Blatt „
Quarterly Review“ – darin hieĂ es sinngemĂ€Ă, dass sich „die Leute eher mit einer
Rakete zum
Mond schieĂen“ lieĂen, als sich ausgerechnet dieser verrĂŒckten Erfindung anzuvertrauen.
Die Schrift und das Lesen töte das GedĂ€chtnis und die Poesie, wie es im alten Griechenland hieĂ; der Buchdruck hat eine Ă€hnliche Geschichte hinter sich - von Verteufelungen bis Zensur war alles dabei.)