Antbase nicht erreichbar - Ein harter Schlag für die wiss. Myrmekologie!

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#1 Antbase nicht erreichbar - Ein harter Schlag für die wiss. Myrmekologie!

Beitrag von Gast » 27. Februar 2012, 18:00

[font=Times New Roman]Die Seite antbase.org ist seit ca. Januar/Februar 2012 nicht mehr online! Dort konnte man sehr viele Artbeschreibungen im Originaltext einsehen. Jetzt wird man auf eine Seite des AMNH (American Museum of Natural History) geleitet, die aber nicht weiter hilft.[/font]

[font=Times New Roman]Man kann einige der beispielhaft im AWiki gelisteten Links aufrufen und bekommt die Literaturverzeichnisse, (z.B. von U. Maschwitz). Sämtliche Hinweise auf die PDFs wurden jedoch gelöscht. [/font][font=Times New Roman]http://www.ameisenwiki.de/index.php/Literatur[/font][font=Times New Roman] . [/font]

[font=Times New Roman]Klickt man darin einen Autornamen an, z. B. Dumpert (aus einer Arbeit von Dumpert und Maschwitz), wird man auf [/font][font=Times New Roman]http://hol.osu.edu/agent-full.html?id=2668[/font][font=Times New Roman] geleitet; dort lassen sich unter „Publications“ die Titel von dessen Veröffentlichungen aufrufen.[/font]
[font=Times New Roman]Führt man dort jedoch bei einer der Arbeiten den Mauszeiger auf das PDF-Symbol, kommt die Anzeige: „PDF is available but inaccessible due to copyright restrictions.“ Das war’s also wohl mit dieser großartigen Datenbank! [/font]

[font=Times New Roman]Auch im Hymenoptera Name Server ( [/font][font=Times New Roman]http://osuc.biosci.ohio-state.edu/hymDB/nomenclator.home_page[/font][font=Times New Roman] ) konnte man bis vor kurzem die Originalbeschreibungen der meisten dort gelisteten Arten aufrufen. Es ist nicht mehr möglich![/font]

[font=Times New Roman]Nur im Global Ant Project (GAP) kann man noch einige Arbeiten der dort verzeichneten Myrmekologen online abrufen:[/font]
[font=Times New Roman]http://gap.entclub.org/contact.html[/font]
[font=Times New Roman]Hier Name des Autors suchen: [/font][font=Times New Roman]http://gap.entclub.org/taxonomists/index.html[/font]

[font=Times New Roman]Was bedeutet das für die Ameisenforschung?[/font]
[font=Times New Roman]Man wird bei der Literatursuche wie in alten Zeiten sehr, sehr viel Zeit verschwenden müssen, um an die Arbeiten zu gelangen. Bei neueren Publikationen kann man mit etwas Glück eine PDF von einem der Autoren direkt bekommen. Für alte Arbeiten muss man sich an die Univ.-Bibliotheken wenden, oder an die Verlage. Die bieten schon länger gegen saftiges Entgelt (oft 25-35 € oder $ für Artikel mit 3 oder 5 Seiten!) die Möglichkeit, über ein paar Tage die gesuchte Arbeit einzusehen.[/font]

[font=Times New Roman]Das Vorgehen dient also ausschließlich der Gewinnmaximierung der Zeitschriftenverlage![/font]
[font=Times New Roman]Dabei sind wiss. Zeitschriften so teuer, dass man sich als Privatmann längst nicht alle für das eigene Fachgebiet relevanten Journale leisten kann. Auch z.B. Biologie-Fachbereiche können nicht alle für die an der betr. Uni tätigen Forscher wichtigen Zeitschriften abonnieren. Bestimmte Medizin-nahe Journale (etwa aus der Hirnforschung) kosten jährlich leicht mehrere Tausend EURO.[/font]

[font=Times New Roman]Empörend ist, dass man als publizierender Wissenschaftler für die bei einem Verlag eingereichten und dort gedruckten Arbeiten NICHTS bekommt, keinerlei Honorar! Im Gegenteil: Bei manchen Verlagen müssen (und mussten) die Autoren sogar einen Druckkosten-Beitrag bezahlen. Das copyright hilft in der Wissenschaft also nicht dem Autor, sondern ausschließlich den Verlagen![/font]
[font=Times New Roman]Einzig Bücher bringen gewöhnlich ein Honorar, das aber nur in Ausnahmefällen mehr als ein Taschengeld darstellt, im Vergleich zu dem Arbeitsaufwand. Ausnahmen sind so grandiose Werke wie „The Ants“ von Hölldobler & Wilson. – Ein noch so mieser TB-Krimi bringt jedenfalls mehr als ein handliches Buch über soziale Insekten.[/font]

[font=Times New Roman]Die „Verwertungsgesellschaft Wort[/font][font=Times New Roman]http://de.wikipedia.org/wiki/Verwertungsgesellschaft_Wort[/font]
[font=Times New Roman]schüttet an Autoren von Zeitschriftenartikeln und Büchern u.a. einen kleinen Geldbetrag aus. Ich habe das über ein paar Jahre gemacht, dann war mir für den lächerlich geringen Betrag der Verwaltungsaufwand zu hoch, ich habe nichts mehr eingereicht.[/font]

[font=Times New Roman]Als Wissenschaftler mit einem gewissen Renommée für ein bestimmtes Forschungsgebiet (Bsp. Sozialparasitismus) hat man immer wieder fremde Manuskripte zu begutachten, bevor diese gedruckt werden. Auch das macht man ehrenamtlich.[/font]
[font=Times New Roman]Nun ist es gerade bei taxonomischen Arbeiten oft wichtig, dass man eben mal ein paar der im Literaturverzeichnis angegebenen Arbeiten durchsieht. Bisher ging das mit den eingangs erwähnten Internet-Seiten meist ziemlich problemlos. Was macht man als Referee jetzt?[/font]
[font=Times New Roman]Ich fürchte, die ohnehin geringe Bereitschaft zu solchen kollegialen Diensten wird deutlich sinken![/font]

[font=Times New Roman]Wie gesagt: Wenn das so bleibt, hat die Myrmekologie, und darüber hinaus natürlich viele andere Forschungszweige, einen sehr schweren Stand![/font]

[font=Times New Roman]MfG,[/font]
[font=Times New Roman]Merkur[/font]



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#2 AW: Ein harter Schlag für die wiss. Myrmekologie!

Beitrag von PHiL » 27. Februar 2012, 18:21

Hallo,

es ist sehr schade, dass im Moment antbase.org und die unmittelbar verbundenen Tochterseiten (einige hast Du ja schon aufgezählt, dazu zählt auch noch Ants of Africa etc.) down sind.
Der Grund hierfür ist, soweit ich das mitbekommen habe, ein Serverumzug. Donat Agosti, welcher maßgeblich für antbase verantwortlich ist, berichtet regelmäßig auf Facebook über den derzeitigen Prozess. Heute hat den Link reingestellt: http://antbase.blogspot.com/
Im Moment testen sie, ob alle nötigen Daten auf dem neuen Server drin sind, und es wird sich (hoffentlich) nur noch um einige Tage handelt, bis antbase wieder online ist.
Daumen drücken!

Grüße, Phil



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#3 AW: Ein harter Schlag für die wiss. Myrmekologie!

Beitrag von Ossein » 27. Februar 2012, 18:43

Vielen Dank für die vorsichtige Entwarnung und Erklärung PHiL, es wäre in der Tat eine Katastrophe wenn Merkurs Befürchtungen auch hier wahr würden.

LG, Ossein.



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#4 AW: Ein harter Schlag für die wiss. Myrmekologie!

Beitrag von The_Paranoid » 27. Februar 2012, 19:39

Soweit ich das sehe, sind die PDF noch über archive.org zugänglich
http://www.archive.org/search.php?query=publisher%3A%22antbase.org%22&sort=-publicdate

Ob es alle von antbase.org sind weiß ich nicht. Ingesamt werden dort 2.648 gelistet, die wohl mal auf antbase.org verfügbar waren.

Merkur hat geschrieben:Klickt man darin einen Autornamen an, z. B. Dumpert (aus einer Arbeit von Dumpert und Maschwitz), wird man auf [font=Times New Roman]http://hol.osu.edu/agent-full.html?id=2668[/font][font=Times New Roman] geleitet; dort lassen sich unter „Publications“ die Titel von dessen Veröffentlichungen aufrufen.[/font]
[font=Times New Roman]Führt man dort jedoch bei einer der Arbeiten den Mauszeiger auf das PDF-Symbol, kommt die Anzeige: „PDF is available but inaccessible due to copyright restrictions.“ Das war’s also wohl mit dieser großartigen Datenbank! [/font]


Auch diese PDFs konnte ich bei archive.org finden.

Hoffen wir mal, das antbase bald wieder hergestellt ist.


Aber zum Thema Zeitschriftenverlage:
Kann da nicht direkt für die Forschung im Bereich Ameisen sprechen. Aber zumindest in meinem Bereich ist in letzter Zeit verstärkt ein Umschwenken auf OpenAccess Journals zu beobachten, wodurch man solche Probleme nicht mehr hat. Die Journals finanzieren sich dann eben nicht mehr durch die Verkäufe der Artikel, sondern man muss eben etwas zahlen um dort zu publizieren (1000-2000eu pro Artikel). Qualität wird trotzdem durch peer-review gesichert.
Gedruckte Versionen gibt es meist auch nicht mehr. Dafür sind die Artikel jedoch für jedermann über das Internet frei zugänglich. Für wissenschaftliche Literatur auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung!



Gast
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#5 AW: Ein harter Schlag für die wiss. Myrmekologie!

Beitrag von Gast » 28. Februar 2012, 15:43

[font=Times New Roman]Danke für die diversen Hinweise und Links. Was Agosti schreibt, liest sich ja zunächst tröstlich. Hoffen wir, dass antbase.org bald wieder on ist! ( [/font][font=Times New Roman]http://antbase.blogspot.com/[/font][font=Times New Roman] )[/font]
[font=Times New Roman]Ich frage mich nur, weshalb man unter der antbase.org-Adresse nicht gleich zu einer brauchbaren Information geleitet wird?![/font]

[font=Times New Roman]Der finanzielle Aspekt ist noch ein weiteres Thema. Wenn ich mich recht erinnere, war antbase.org auch durch öffentliche Fördermittel finanziert worden. Die Hunderttausende von Seiten mussten ja gescannt und bearbeitet usw. werden, und das Personal dazu musste bezahlt werden. Auch das ist eigentlich ein Argument dafür, dass diese Seite öffentlich zugänglich bleiben muss.[/font]

[font=Times New Roman]The_Paranoid:[/font]
[font=Times New Roman]„[/font]Die Journals finanzieren sich dann eben nicht mehr durch die Verkäufe der Artikel, sondern man muss eben etwas zahlen um dort zu publizieren (1000-2000eu pro Artikel). Qualität wird trotzdem durch peer-review gesichert.“
[font=Times New Roman]Die Situation ist ziemlich differenziert. Es gibt auch Online-Journale, deren Inhalt einfach frei zugänglich ist, und wo man als Autor allenfalls für farbige Abbildungen etwas bezahlen muss, z.B. [/font][font=Times New Roman]http://myrmecologicalnews.org/cms/[/font][font=Times New Roman] Die Zeitschrift gibt es dennoch auch gedruckt, was wichtig ist z.B. für Artbeschreibungen. Das Abonnement ist nicht teuer, aber dieses Journal wird eben auch nicht von einem großen Medienkonzern herausgebracht.[/font]

[font=Times New Roman]Druckkostenbeiträge durch die Autoren sind ein zweischneidiges Schwert: Zum einen haben viele Hobby-Forscher (und davon gab es gerade unter den Myrmekologen ziemlich viele!) oft nicht das Geld dafür, oder mögen es nicht dafür aufwenden. Die Folge war und ist, dass interessante Arbeiten in ganz obskuren kleinen Journalen versteckt wurden/werden, z.B. von Vereinen herausgegeben, wo Ehrenamtliche den Druck vorbereiten und Druckkosten sowie Versand aus Mitgliederbeiträgen finanziert werden. Zum anderen mussten einige Zeitschriften bereits die Erfahrung machen, dass dann finanzkräftige Autoren ziemlichen Schrott publiziert habe. - Das peer-reviewing ist wiederum ein spezielles Kapitel, auf das ich nicht näher eingehen mag: Ich habe reichlich Erfahrung mit beiden Seiten, als Gutachter für etliche Journale, wie auch als Begutachteter.[/font]

[font=Times New Roman]Für Arbeiten, die durch z.B. die Deutsche Forschungsgemeinschaft finanziert werden, kann man beim Antrag Mittel für Druckkostenbeiträge ansetzen. Das sind großenteils Steuermittel, und bei begrenzten Etats sollte man die besser wirklich für die Forschungsarbeit einsetzen.[/font]
[font=Times New Roman]Ich selbst habe manche (finanziell weniger aufwändige) Arbeiten in meiner Arbeitsgruppe ohne Drittmittel, allein aus dem jährlichen Etat, finanziert. Allerdings war mein Etat wirklich sehr begrenzt (so gingen allein gegen 10% jedes Jahr schon weg für Telefonkosten!). Da überlegt man sich, ob man bei einer teuren, renommierten Zeitschrift einreicht, oder das Geld lieber in weitere Forschung steckt.[/font]
[font=Times New Roman]Schließlich hat es in meinen Augen ein „Gschmäckle“, wenn die Verlage die Arbeit der Wissenschaftler, finanziert von der Öffentlichen Hand, gratis geliefert bekommen, und dann auf eigene Rechnung vermarkten. [/font]
[font=Times New Roman]Leider hilft alles Räsonieren nichts, die „Vermarkter“ unseres geistigen Eigentums sitzen am längeren Hebel :mad:.[/font]

[font=Times New Roman]MfG,[/font]
[font=Times New Roman]Merkur[/font]



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#6 AW: Antbase nicht erreichbar - Ein harter Schlag für die wiss. Myrmekologie!

Beitrag von DermitderMeise » 14. März 2012, 14:03

antbase.org ist wieder online.

Während die Katalogisierungsschwierigkeiten anscheinend fast vollständig gelöst sind, scheint es nach wie vor Schwierigkeiten mit der rechtlichen Seite (frei verfügbare Publikationen, deren Verwertungsrechte noch Verlagen gehören) zu geben, jedenfalls verstehe ich den letzen Absatz in der Ankündigung von D. Agosti so:
What we have not resolved yet is access to all the publications. We are few steps away from a solution, but need to implement it. The solution will not include a per se open access but via a login. What the condidtion for a login will be is still under discussion.



Gast
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#7 AW: Antbase nicht erreichbar - Ein harter Schlag für die wiss. Myrmekologie!

Beitrag von Gast » 14. März 2012, 16:38

[font=Times New Roman]Danke für den Hinweis, DmdM![/font]

[font=Times New Roman]Das Wichtigste fehlt also leider noch immer. Ich habe es gerade probiert: Selbst Veröffentlichungen aus Zeitschriften wie Psyche oder Myrmecological News, die generell online stehen, sind über antbase.org noch nicht wieder aufzurufen. [/font]
[font=Times New Roman]Nun hoffe ich nur, dass das bald wieder in Ordnung kommt.[/font]

[font=Times New Roman]Auch im Hymenoptera name server sind die Originalbeschreibungen noch nicht wieder zugänglich:[/font]
[font=Times New Roman]http://osuc.biosci.ohio-state.edu/hymDB/nomenclator.home_page[/font]

[font=Times New Roman]MfG,[/font]
[font=Times New Roman]Merkur[/font]



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