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In jedem Stock eine Kolonie...

Allgemeine Fragen und Themen über europäische Ameisenarten (hier keine Berichte)
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Tabernakel
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#1 In jedem Stock eine Kolonie...

Beitrag von Tabernakel » 13. April 2012, 19:17

Ich hatte eben die außergewöhnliche Ehre meine C. herculeanus bei einem Präventivschlag zu beobachten.

Ich saß nichtsahnend am PC und plötzlich sehe ich es über mir im Formicarium krabbeln. Natürlich schaue ich wie paralysiert zu wenn mal eine der wenigen (ca. 20) Arbeiterinnen zu sehen ist.

Plötzlich fängt besagte Arbeiterin ein wenig an, an einem Astloch zu zupfen, das Zupfen wird immer stärker außerdem zuckt die Gaster auch viel mehr als das sonst der Fall ist. Die Bewegungen werden immer hektischer und plötzlich knäult sie sich zusammen und fällt von dem Ast hinunter...

Unten aufgeschlagen macht sie mehrfach die typischen vor und zurück Beißbewegung. Und jetzt sehe ich auch warum, eine kleine gebliche Ameise wird von der C. herculeanus Arbeiterin attackiert!

Jetzt passiert etwas, womit ich niemals gerechnet habe, aus dem C. herculeanus Nest eilen zwei weitere deutliche größere Arbeiterinnen herbei! Woher wissen diese was los ist? Der Kampfschauplatz und das C. herculeanus Nestsind circa 15cm voneinander entfernt?

Die drei C. herculeanus Arbeiterinnen stürmen jetzt immer wieder in das Nest der anderen. Diese verlassen den Kampfplatz in Panik. Manche mit Eiern andere mit Larven.

Nach 5 Minuten ist alles vorbei, siegreich besetzen die drei Arbeiterinnen das Nest der unbekannten Art und ziehen nach weiteren 10 Minuten komplett ab.



Den anderen bleibt nur ihre Toten und verletzten zu bergen und sich in die Drainage Schicht zu verziehen.
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Woher kam die andere Kolonie? Den Stock habe ich im Januar mitten in Köln gefunden, ich nehme an ein Hund hat ihn aus einem nahe gelegen Wäldchen mitgebracht und dann an der Strasse vergessen. Da innen das komplette Mark fehlte, dachte ich mir er könnte gut als Deko herhalten. Er wanderte, wie alles was ich in die Formikarien gebe, für gut 10 Minuten in den 200°C (sic!) vorgeheizten Backofen. Von dort in das Formikarium. Wie die Königin, die sich vermutlich in dem Holz versteckt hatte, die Backofen Behalndung überlebte ist mir ein Rätsel. Um welche Art es sich handelt kann ich nicht sagen, auffällig war, dass die Gaster sehr durcheinend waren, und kurz vor dem Mesosoma wurde die Gaster dann dunkel. Das Bild ist, wie alle anderen eine Katastrophe, weil ich viel zu hektisch war, aber es wird evtl. deutlich was ich meinte:
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DermitderMeise
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#2 AW: In jedem Stock eine Kolonie...

Beitrag von DermitderMeise » 13. April 2012, 20:26

Och, ich finde das letzte Bild hat was! :) Eine interessante Beobachtung - die zeigt, was bei Vergesellschaftungen auch passieren kann.

Tabernakel hat geschrieben:Woher wissen diese was los ist? Der Kampfschauplatz und das C. herculeanus Nestsind circa 15cm voneinander entfernt?

Pheromone! Bzw. Ameisensäure.



Deean
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#3 AW: In jedem Stock eine Kolonie...

Beitrag von Deean » 14. April 2012, 04:26

Wow, was für eine Story. Sowas auch noch live zu erleben, klasse. (:



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Tabernakel
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#4 AW: In jedem Stock eine Kolonie...

Beitrag von Tabernakel » 14. April 2012, 09:06

Vielleicht reichen die Aufnahmen des USB Mikroskops jetzt für eine Bestimmung der zweiten Kolonie:

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Boro
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#5 AW: In jedem Stock eine Kolonie...

Beitrag von Boro » 14. April 2012, 09:54

Hallo Tabernakel!
Camponotus herculeanus ist in der Lage, sich nicht nur über Pheromone, sondern auch mittels Klopfzeichen zu verständigen: http://www.ameisenwiki.de/index.php/Camponotus_herculeanus
L.G.Boro



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Tabernakel
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#6 AW: In jedem Stock eine Kolonie...

Beitrag von Tabernakel » 14. April 2012, 10:11

Boro hat geschrieben:Hallo Tabernakel!
Camponotus herculeanus ist in der Lage, sich nicht nur über Pheromone, sondern auch mittels Klopfzeichen zu verständigen: http://www.ameisenwiki.de/index.php/Camponotus_herculeanus
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Hallo Boro,

das kann das "Zucken" mit der Gaster gewesen sein, dass ich beobachtet habe. [...]Die Arbeiterinnen warnen bei Störungen durch hörbares, schnelles Trommeln mit Gaster oder Mandibeln auf hartem Untergrund[...]

Das erklärt auf jeden Fall die schnelle Rekrutierung der zwei Nestgenossinnen. Sicherlich spielen Pheromone auch eine Rolle, aber ich hatte 15-20 cm als zu weit eingeschätzt um eine effiziente und vor allem gerichtete Rekrutierung durchzuführen. Weiß man etwas über die Reichweite?

Schönen Samstag,

Alex


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Gast
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#7 AW: In jedem Stock eine Kolonie...

Beitrag von Gast » 14. April 2012, 10:21

@ Tabernakel:
Bild 2 zeigt einen sehr langen und geraden Anstieg des Petiolus, der auf T. parvulus hinweist. Dazu passt die schmale Petioluskuppe. Leider passt der Epinotaldorn nicht dazu; der ist evtl. abgebrochen?
Die Färbung kommt ungefähr hin. Die Art ist in der weiteren Umgebung von Köln auch nachgewiesen.
Am besten wäre es in einem solchen Fall, anhand des Bestimmungsschlüssels im Seifert (2007) die interessanten Teile zu fotografieren, und das möglichst von mehreren Individuen aus demselben Nest.

MfG,
Merkur



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Boro
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#8 AW: In jedem Stock eine Kolonie...

Beitrag von Boro » 14. April 2012, 10:39

Bei verschiedenen Arten reichen Alarmpheromone (zur Abwehr v. Feinden etc.) meinen Beobachtungen nach deutlich über einen halben Meter hinaus. Wenn man am Weg (ohne Absicht) einmal auf eine Formica s. str. tritt, sürzen sofort aus mehreren Richtungen Kolleginnen zur Hilfestellung herbei, die man vorher gar nicht sehen konnte.
Auch bei Polyergus rufescens konnte ich unzählige Male feststellen, dass Pheromone leicht über diese Strecke hin wahrgenommen werden:
Wenn diese Art zu einem Raubzug aufbricht, herrscht oft im Nestbereich ein totales Chaos, hunderte Ameisen laufen kreuz und quer über das Nest; nach menschlichem Ermessen ist hier keine sinnhafte Aktion gegeben. Sportlich ausgedrückt könnte man meinen, dass es sich um die "Aufwärmphase" für den langen Marsch handelt.
Plötzlich kommt aber Ordnung in das bunte Treiben: Es bildet sich eine Kolonne, die zielgerichtet zu einem Nest v. Serviformica sp. aufbricht. Das Signal zum Aufbruch wird ohne Frage über Pheromone gegeben. Arbeiterinnen, die inzwischen einen Meter entfernt durch die Gegend rannten, laufen plötzlich in Richtung der abmarschierenden Kolonne, aber nicht etwa über das Nestzentrum (von dem sie aufgebrochen sind), sondern in gerader Linie quer durch die Wildnis. Das ist nur erklärbar, wenn sie das (ferne) Signal zum Aufbruch am momentanen Standort mitbekommen haben.
L.G.Boro



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