Moderne Ameisenhaltung der heutigen Zeit, mit fachlichen und praxisnahen Informationen sowie Diskussionen, für jeden Interessierten den Umgang mit Ameisen zu erlernen
Moderne Ameisenhaltung der heutigen Zeit, mit fachlichen und praxisnahen Informationen sowie Diskussionen, für jeden Interessierten den Umgang mit Ameisen zu erlernen
Die erste Larve ist mit der Lupe erkennbar, leider nicht auf den Bildern. Ich wollte aber nicht zu lange stören, um den Stress möglichst gering zu halten. Die Zeit bis zum Schlupf entspricht der Entwicklungsgeschwindigkeit vom letzten Jahr (10 – 11 Tage).
03.04.12 (Tag 282)
Gestern konnte ich eine Arbeiterin tagsüber mehrmals am Honig und beim Erkunden der Arena beobachten. Ein schöner Anblick, wenn ich an die Heimlichtuerei des letzten Jahres denke.
Ich hatte ihnen gestern Abend auch ein etwas größeres Mini-Heimchen (Körperlänge knapp 1,5 cm) angeboten, welches in der Nacht irgendwann eingetragen worden war. Ich weiß zwar nicht, wie sie das durch den Strohhalm, der den RG-Nesteingang darstellt, hindurch bekommen haben, aber es hat funktioniert.
10.04.12 (Tag 289)
Heute noch ein paar Fotos:
Auf dem zweiten Foto kann man jetzt endlich mal alle Neune erkennen. Dann hatte ich mich also doch nicht vertan.
Gut erkennbar ist der unterschiedliche Entwicklungsstand der Larven. Einige werden relativ zügig dick und rund gefüttert, während andere noch auf "stand-by" sind. Eine sinnvolle Strategie, damit bei plötzlicher Nahrungsknappheit nicht viele Larven erst halb entwickelt sind, sondern einige neue Schwestern wenigstens verpuppt oder sogar schon geschlüpft sind. Diese können dann Innendienst-Aufgaben übernehmen, während ihre älteren Kolleginnen an der Ausweitung des Territoriums arbeiten.
Ein anderer Erklärungsansatz wäre, dass es die Arbeiterinnen gar nicht schaffen, so viele Mäuler auf einmal zu stopfen und es deshalb zu der unterschiedlichen Entwicklungsgeschwindigkeit kommt.
12.04.12 (Tag 291)
Die ersten beiden Kokon-Puppen für 2012, eine noch hell, eine schon etwas dunkler. Diese ist wahrscheinlich von gestern. Das bedeutet, dass die Larven ca. 2 – 3 Tage länger zum Verpuppen gebraucht haben, als letztes Jahr. Ich verbuche es unter natürlicher Bandbreite. Ansonsten kann man Larven in den unterschiedlichsten Entwicklungsstadien erkennen. Entgegen der Annahme vom März, dass es ca. 15 Eier waren, muss ich feststellen, dass es nun mindestens 20 Larven sind, wenn nicht noch mehr. Möglicherweise wurden zwischendurch aber auch neue Eier gelegt.
Zur Abwechslung mal wieder bewegte Bilder:
14.04.12 (Tag 293)
Erste Schnappschüsse mit meiner neuen Makrolinse (Raynox DCR-250):
Leider nur ein scharfer Hintern! Hon(n)i soit qui mal y pense...
18.04.12 (Tag 297)
Sechs Tage nach den ersten beiden Puppen sind es jetzt schon zehn:
Das angeschlossene Ytong-Nest wird schon seit geraumer Zeit regelmäßig befeuchtet und an zwei von drei Tagen ca. zwei Stunden lang mit einer 20 W Schreibtischlampe erwärmt. Das kriegen sie ziemlich schnell spitz und transportieren alles an Brut in den Porenbeton. Es bleiben aber immer mindestens zwei Arbeiterinnen – meistens auch die Gyne – im alten RG-Nest zurück um Nahrung zu bearbeiten. Der vom Halter gewünschte Umzug findet somit leider nicht statt.
An dieser Stelle mal ein Lob an die Damen für die relativ saubere Stube. Wenn ich mir die Watte bei meinen Lasius flavus anschaue, wird’s mir fast schon übel. An einen Umzug denken diese kleinen Ferkelchen aber nicht, obwohl ein kuscheliges neues RG-Nest zur Verfügung steht.
20.04.12 (Tag 299)
Jeden Tag mindestens eine neue Puppe. Mittlerweile sind es ca. 13:
Hier noch zwei Fotos der oben schon erkennbaren Trophallaxis:
Nach einer Woche verliere ich langsam den Überblick über die Puppen-Flut. Genau zählbar sind sie für mich nicht mehr, da sie meist auf einem Haufen liegen und ich nur noch schätzen kann. Es müssten auf jeden Fall mehr als 25 sein. Dazu kommen noch einige Larven und ein Eier-Paket, das dann wohl den Beginn des dritten Brutschubs darstellt. Wenn das so weitergeht, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als demnächst in das Porenbeton-Nest zu ziehen, weil das RG sonst platzt. Dummerweise betrachten sie wahrscheinlich das ganze Konstrukt aus RG, Ytong und den verbindenden Schläuchen als Nest: Teilweise lassen sie die Puppen auch außerhalb des RGs im Schlauch liegen. Zudem verengen sie den Schlauch zwischen T-Stück und Arena mal hier, mal dort, grad so, wie es ihnen am besten in den Kram passt.
Kommen wir zum fotodokumentarischen Teil:
Dann hätte ich da noch ein chilliges Video, wo man einfach mal jemand anderem beim Arbeiten zuschauen kann. Diesmal sogar in HD!
29.04.12 (Tag 308)
Heute hatte ich mir die Zeit genommen, um Puppen zu zählen. Dazu habe ich erst mal die Schreibtischlampe über dem Ytong-Nest eingeschaltet und abgewartet, bis die Völkerwanderung losgeht. Dann kam die Stunde des Buchhalters! Fein säuberlich haben die Erstgeborenen Puppe für Puppe von RG zu Porenbeton transportiert. Und der Halter hat nach und nach ein Zettelchen mit Strichen gefüllt: 29 Puppen und vier große Larven! Den Klumpen aus Eiern (und evtl. schon geschlüpften Mini-Larven) wage ich nur grob auf mehr als 20 zu schätzen. In der Statistik werde ich sie als "Eier" aufführen, um zwischen dem zweiten und dritten Brutschub differenzieren zu können.
Da sie heute zum ersten Mal an einem angebotenen Mehlwurm geknabbert haben:
gab es zur Belohnung noch eine kleine Spinne, die auch umgehend eingetragen wurde. Der Mehlwurm ist dann liegen geblieben...
Heute kam es dann endlich zum lange ersehnten Umzug. Nachdem ich das Ytong-Nest mit der Schreibtischlampe erwärmt hatte, hat sich die ganze Truppe ins neue Domizil begeben. Um etwaigen Rückkehr-Gedanken entgegen zu wirken, habe ich das RG-Nest kurzerhand entfernt und die Öffnung im T-Stück mit einem Stopfen verschlossen. Zur Sicherheit habe ich das RG in die Arena gelegt. Somit bleibt ihnen eine Rückzugsmöglichkeit, falls sich die Bedingungen – warum auch immer – verschlechtern sollten. Außerdem spare ich mir eine zusätzliche Tränke, solange das Gründungsnest noch zugängig ist.
Hier noch zwei Fotos von den Sonnenanbetern:
Eier werden einfach an die Scheibe geklebt und Puppen mit dem gesamten Körper der Wärmequelle entgegen gestreckt.
05.05.12 (Tag 314)
Die erste Jungameise in 2012! Nach 24 Tagen als Puppe (zwei Tage weniger als letztes Jahr; es gab ja auch mehr Schreibtisch-Sonne) erblickt die erste Imago des zweiten Brutschubs das Licht der Welt:
… und mengt gleich schon in der Kinderstube kräftig mit:
Hier noch ein Foto von einer Puppe, die kurz vor dem Schlupf steht. Das schwarze Komplexauge ist gut zu erkennen, und wenn man genau hinschaut, kann man die Körperumrisse und die Extremitäten erahnen:
Zusammenfassend lassen sich jetzt ausgehend vom ersten und zweiten Brutschub folgende Entwicklungszeiten festhalten:
Ei – Larve: 9-11 Tage
Larve – Puppe: 7-11 Tage
Puppe – Imago: 24-26 Tage
Das gilt natürlich nur für die Haltung bei Zimmertemperatur. In der Natur werden die Entwicklungszeiten temperaturbedingt wahrscheinlich stärker schwanken. Ich denke aber, dass für den Halter doch eher die Daten bei Raumtemperatur von Relevanz sind, da dies die Bedingungen sind, die er normalerweise anbieten kann/wird.
21.05.12 (Tag 330)
Sie wachsen und gedeihen. Ich nehme an, dass die Brutschübe nun allmählich in ein kontinuierliches Eierlegen übergehen. Es sind nämlich Eier und Larven in allen Entwicklungsstadien vorhanden. Beispielhaft hier ein Foto von einem gemischten Haufen aus Eiern und kleinen bis mittleren Larven:
In diesem Alter scheinen die Larven noch keine allzu große Bedrohung für andere kleine Larven bzw. Eier zu sein. Es ist wohl durchaus nicht unüblich, dass mal schnell ein Ei von nebenan ausgelutscht wird. Anders sieht es bei denen aus , die sich schon durch "einen Apfel, zwei Birnen, drei Pflaumen,..." (Na, wer kennt's? ) durchgearbeitet haben, aber immer noch einen ordentlichen Appetit an den Tag legen. Diese Gesellen liegen von der Jungbrut getrennt und bekommen auch teilweise ganze Beutestücke zum Verzehr dargeboten:
Die bei einigen Larven erkennbaren kleinen Härchen dienen unter anderem auch dazu, kannibalistische Gelüste des Nachbarn im Keim zu ersticken, da durch diese ein gewisser Abstand gewahrt bleibt, der den Zugriff erschwert.
Szenenwechsel: Vor einigen Tagen hatte ich einen überbrühten Mehlkäfer angeboten, der auch nach einigen Mühen eingetragen worden war. Das Problem: Er fing an zu schimmeln und blieb beim Abtransport im Nestein-/ausgang stecken. Seine Deckflügel hatten sich ein wenig abgespreizt und erschwerten somit die Entsorgung:
In meiner Not hatte ich den Schlauch, der zur Arena führt, abgezogen und versuchte, mit einer Pinzette, die Überreste zu entfernen. Hat leider nicht so gut funktioniert, weil die Pinzette durch den engen Zugang unweigerlich leicht zusammengedrückt wurde, je tiefer ich sie ins Nest hineingeschoben habe. Das einzig Effektive, was mir gelungen ist, war ein "Mürbemachen" des Mehlkäfers. Ich musste das Unterfangen dann abbrechen, weil ich mittlerweile mehr damit beschäftigt war, die tapferen Nestverteidiger zurück zu scheuchen bzw. den Finger auf den Schlauch zu halten, damit sie nicht abhauen.
Die Lehre aus der Geschichte:
Beim nächsten Nest einen größeren Schlauchdurchmesser verwenden (Ich habe einen 10/8er Schlauch als Hauptweg verwendet, 14/10er nur als Adapterstücke; umgekehrt wäre wahrscheinlich besser, da zwar noch Engstellen vorhanden sind, aber eben nicht durchgängig).
So lange kein neuer Schlauch montiert ist, wird nur noch Futter verabreicht, das offensichtlich gut durch 8 mm Innendurchmesser passt bzw. in der Regel zerkleinert wird.
22.05.12 (Tag 331)
Sie haben es über Nacht geschafft, die Überreste des Käfers aus dem Nest zu schaffen. Puh, nochmal Glück gehabt. Ansonsten hätte ich wohl früher oder später das Nest geöffnet, um den Schimmelberg zu entfernen. Den Spaß möchte ich mir lieber nicht vorstellen...
Da klappt's mit den Steppengrillen doch wesentlich besser:
Wenn die Damen mit denen fertig sind, bleiben normalerweise nur ein Paar Krümel übrig.
Apropos Steppengrille: Hier habe ich noch ein Video von der Bearbeitung einer Grille und dem Füttern der hungrigen Mäuler:
In dem Video ist zu erkennen, dass zwei Larven am Kopf der Steppengrille hängen und scheinbar fressen/saugen. Eine Frage ans Plenum: Ist das effektive Nahrungsaufnahme oder haben sich die beiden nur an die Grille geheftet, weil sie "grad in der Nähe" lag? Das Exoskelett sollte ja nicht so einfach anzuknabbern sein, oder?
31.05.12 (Tag 340)
Langsam wird es etwas enger im Ytong. Vom zweiten Brutschub müssten jetzt alle Arbeiterinnen geschlüpft sein, beim Zählen komme ich auf 40 bis 42. Das entspricht der Summe aus Alt-Arbeiterinnen, Puppen und großen Larven vom letzten Monat. Nehmen wir das Mittel und sagen 41. So genau wie heute wird es in Zukunft sowieso nicht mehr möglich sein, durchzuzählen. Beim folgenden Foto muss ich unwillkürlich an ein Buch meiner Kinder denken, nämlich "Wimmelspaß auf dem Bauernhof".
In jeder Ecke gibt es was anderes zu sehen:
Und kaum ist die Lampe an, wird auch die Brut schon an den der Wärmequelle nächsten Platz geschleppt. Angefangen mit ein paar Puppen:
Sie machen sich gar nicht erst die Mühe, die Steinchen wegzuräumen. So sind sie auch gleich näher an der Scheibe. Dann kommen Eier und kleine Larven:
Und zu guter Letzt suchen sich die Damen auch einen Platz an der Sonne:
Hier kommt noch ein Portrait-Foto Ihrer Majestät und eine Aufnahme der ersten Nacktpuppe:
Die ganze Zeit hatte ich Honig in immer größeren Tropfen auf kleinen Alufolien-Streifen angeboten. Mittlerweile ist der Bedarf an Kohlenhydraten aber so hoch, dass ich fast täglich nachlegen muss. Kurzentschlossen habe ich Alustreifen gegen Mini-Napf ausgetauscht, weil dort doch mehr reinpasst:
Zum Abschluss hab ich noch ein kurzes Video, wie sich eine Larve gerade einspinnt und dabei von ihren älteren Schwestern mit Sandkörnern unterstützt wird:
Das war's – leider etwas verspätet – für diesen Monat. Fehlt nur noch die:
Ein Monat mit etwas weniger Bildmaterial aber dramatischen Vorkommnissen: ein Todesfall, ein Beinahe-Todesfall und ein Ausbruch!
Der Sensenmann schaut vorbei...
Das traurige Ereignis zuerst: Anfang des Monats war mir eine Arbeiterin aufgefallen, die scheinbar nicht mehr ganz Herrin ihrer Sinne war. Das Laufen sah nicht sehr flüssig aus, sie stolperte mehr. Sie hielt sich auch anders als ihre Schwestern längere Zeit im Schlauch zwischen Nest und Arena auf, sozusagen als Wachposten. Dann konnte ich sie wieder im Nest erkennen, wo sie sich etwas abseits von den anderen aufgehalten hat. Sie wurde ab und zu von ihren Nestgenossinnen befühlert, Aggressionen konnte ich keine beobachten. Dann, ca. vier Tage nachdem die ersten Symptome erkennbar waren, lag sie tot im Nest.
An was sie gestorben ist, lässt sich nicht sagen. Die Kolonie hat zwar sowas wie einen Müllplatz angelegt, jedoch konnte ich ihre Überreste dort nicht finden, um sie mit einer Lupe zu untersuchen. Möglicherweise ist sie in irgendwelche Lücken im Nest "eingearbeitet" worden, zusammen mit Kokon-Hüllen und den Überresten von Futtertieren oder sie wurde verwertet, falls der "Todesgeruch" (siehe auch Ausführungen unter Nekrophorese) noch nicht ausgeprägt war.
Schade, aber mit solchen Vorfällen ist mit zunehmender Koloniegröße wohl häufiger zu rechnen.
Honeywatch – Die Rettungsspüler vom Nord-Saarland
Kommen wir nun zu erfreulicheren Dingen: Gegen Ende des Beitrags vom letzten Monat hatte ich erwähnt, dass ich auf einen Mini-Napf zur Honig-Versorgung umgestiegen bin. Diese Idee wurde einer Arbeiterin beinahe zum Verhängnis. Viele Halter werden schon mal in Honig hängen gebliebene, reglose Ameisen entdeckt haben. Einige davon sind wirklich schon tot, aber man kann durchaus eine Reanimierung versuchen: Also habe ich die Ameise samt Napf in eine Tasse mit Wasser gegeben und so lange vorsichtig geschwenkt, bis sich Tier und Napf getrennt haben. Weil die Ameise beim Dahingleiten immer noch leichte Schlieren von sich lösendem Honig hinter sich hergezogen hat, habe ich sie nochmal in einer Tasse mit frischem Wasser gebadet und anschließend auch Küchenpapier trocknen lassen. Und tatsächlich: Nach wenigen Minuten konnte man ein leichtes Zucken von Fühler und Bein erkennen. Dann kam sie auf einem kleinen Schnipsel Zewa wieder in die Arena und hat sich nach weiteren ca. 10 min auf zunächst noch wackeligen Beinen geputzt und langsam Richtung Nest getrollt.
Ging ja nochmal gut! Den Napf hatte ich dann für ein paar Tage mit kleinen Seramis-Stückchen gesichert, bin aber schlussendlich doch wieder auf die bewährten Alu-Streifen umgestiegen, weil man da die Menge wesentlich besser abschätzen kann.
Gesprengte Ketten
Und zu guter Letzt ein Ausreißer: Eines Abends – es war schon dunkel – war ich im Ameisenforum unterwegs. Aus dem Augenwinkel hatte ich eine Bewegung an der Wand neben mir bemerkt. "Ameisenfutter!" dachte ich mir und griff schon nach der Fliegenklatsche (auf saarländisch "Miggeplätsch"). Doch was hat sich da hinterm Schwarzen Kalender von Uli Stein versteckt? Ist doch tatsächlich eine der Damen ausgebüxt! Schnell schnappe ich mir ein leeres Glas und warte, bis sie wieder heraus kommt. Das Einfangen war dann recht unspektakulär. Danach habe ich das ganze Umfeld penibelst nach weiteren Scouts abgesucht, konnte aber sonst keine mehr entdecken (Das habe ich übrigens noch tagelang so gemacht: Erst Außenbereich der Arena checken, dann Regal-Böden von oben und unten, schließlich Wand, Boden,...).
Den Wink mit dem Zaunpfahl bezüglich Ausbruchschutz habe ich verstanden und sofort mit Paraffinöl nachgearbeitet. Sollte man wirklich regelmäßig machen.
So, lange genug getextet, jetzt kommen noch ein paar Fotos. U.a. um mir das Zählen – vor allem der Puppen – zu erleichtern, hatte ich das Nest mit der Schreibtischlampe erwärmt, jedoch vorher ein Stück Alufolie mit einem länglichen Schlitz draufgelegt. Dadurch wurde nur ein schmaler Teil erwärmt, wo sie dann auch die Puppen hin transportiert haben (der Schlitz verlief vom Nesteingang aus senkrecht nach oben):
Und nochmal vergrößert und um 90° gedreht:
Weitere Detail-Ansichten:
Außerdem habe ich einen Müllbehälter in Form einer leeren Mehlwurm-Packung an das T-Stück angeschlossen und mit dem Abfall gefüllt, der sich bis jetzt angesammelt hatte. Ich hoffe, sie benutzen ihn auch:
Und dann noch ein paar Nahaufnahmen der Damen:
Nacktpuppen
Mir ist aufgefallen, dass der Anteil der Nacktpuppen knappe zehn Prozent aller Puppen beträgt. Ich habe die Vermutung, dass die Nacktpuppen deshalb keinen Kokon gesponnen haben, weil zum Verpuppungsbeginn kein Sand o.ä. zur Verfügung stand. Entweder haben es die Arbeiterinnen bei der großen Anzahl an Puppen nicht geschafft, sich um jede zu kümmern oder es ist einfach nicht genug Material da. Ich werde ihnen auf jeden Fall noch eine Portion Sand in die Arena kippen und schauen, ob sich dadurch eine Veränderung des Verhältnisses beobachten lässt.
Das erste Jahr
Nach etwas über einem Jahr lässt sich sagen, dass die Entwicklung in der zweiten Saison den schleppenden Anfang mehr als wett gemacht hat. Es ist mittlerweile fast immer was los und gleichzeitig ist ihr Expansionsbedürfnis nicht so extrem wie bei einer meiner Lasius cf. niger Kolonien (von einer Ausnahme abgesehen, s.o.). Das macht den Umgang mit Ihnen sehr angenehm.
Sie sind mittlerweile auch so selbstbewusst, dass sie ihren Honig erst mal mit Drohgebärden zu verteidigen suchen, wenn man sich ihm mit dem Finger nähert. Einige flüchten dann, andere ergreifen die Chance und erkunden das unbekannte Terrain (meine Hand). Dabei brechen sie gar nicht in Panik aus, wenn ich sie wieder Richtung Arena lotse.
Wenn ich mir die Zahlen anschaue (s.u.), bin ich mir sicher, dass die Kolonie vor der Winterpause die Marke von 400 Arbeiterinnen locker schaffen wird. Diese von mir so nicht erwartete Kolonieentwicklung ist wohl zum einen auf das ständige Vorhandensein von Nahrung zurückzuführen (wobei sie nicht "im Futter stehen"; ich warte mit der nächsten Proteingabe schon 2-3 "Bearbeitungstage" im Nest ab.). Zum anderen ist die relativ hohe Temperatur Tag und Nacht (23 – 25 °C) wohl der Grund für die rasche Entwicklung. Da werde ich mir für nächstes Jahr eventuell einen anderen Standort für's Formicarium aussuchen, um die Königin nicht zu überfordern.
Im März hatte ich schon einmal Katzenfutter als alternative Proteinnahrung getestet, welches aber mit Verachtung gestraft worden war. Nun denn, starten wir einen neuen Versuch! Gesagt, getan. Ich hatte ihnen gestern zwei ordentliche Stücke auf Alufolie angeboten, worüber sie sich auch gleich hergemacht hatten:
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Ich hatte gehofft, diese Menge würde sie dazu veranlassen, ein Picknick unter freiem Himmel abzuhalten. Ich musste heute aber feststellen, dass sie die Brocken tatsächlich bis ins Nest geschleppt haben. Wenn sie wollen, können sie... Bleibt nur meine Schimmel-Befürchtung.
08.07.12 (Tag 378)
Meine Skepsis war unbegründet: Nach wenigen Tagen wurden die ausgelutschten Überreste des Katzenfutters im Abfallgefäß entsorgt.
So, Katzenfutter, die zweite: Wenn sie sich wie toll auf Katzen-Nass-Futter stürzen, probiere ich einfach mal etwas zerbröseltes Katzen-Trocken-Futter aus. Und siehe da: es wird auch angenommen und gleich eingetragen. Wenn bei meinen Formica cf. cunicularia Proteinbedarf besteht, gehen die wirklich an alles. Da stellen sie sogar meine Lasius cf. niger in den Schatten. Diese haben nach anfänglichem Appetit das Katzenfutter meistens mit Sand zugebaut.
Innenraumgestaltung: So langsam wird es im Nest etwas eng. Vor allem der Puppenberg wächst und wächst. Das ist ja auch nicht verwunderlich, denn dieser Entwicklungsabschnitt ist der "bottle neck": Eier nehmen fast keinen Platz weg, das Larvenstadium haben sie relativ schnell hinter sich gelassen, aber als Puppe verbringen sie über die Hälfte der gesamten Entwicklungszeit. Um Platz zu schaffen, beginnen sie, die nächste Kammer (neben der bewohnten Trockenkammer) auszuräumen. Dabei nutzen sie geschickt jede Lücke in den verfüllten Kammern, um den Abraum möglichst im Nestinnern zu belassen. Ein leises Klicken weist auf Bautätigkeit hin: Beim Transport der kleinen Steinchen stoßen diese manchmal an das Bastlerglas, was man bei leiser Umgebung tatsächlich hören kann.
30.07.12 (Tag 400)
Das Leerräumen der nächsten Kammer lief nur halbherzig ab. Sie haben gerade mal eine Ecke bis auf den Boden freigeräumt und die Arbeiten dann eingestellt (rechts unten):
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Noch ein paar Fotos aus dem mittlerweile total überfüllten Nestinnern:
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Da macht das Zählen voll Spaß! Erschwerend kommt noch hinzu, dass Arbeiterinnen teilweise unter einem Puppenberg verschwinden bzw. "eingemauert" werden, und erst nach dem Umlagern der Puppen wieder frei kommen. Das konnte ich gut beobachten, als ein Großteil der Puppen im Schlauch gelagert wurde: Einige Arbeiterinnen lagen wie fixiert inmitten der Puppen ohne sich regen zu können. Insofern sind Zahlenwerte ab jetzt definitiv nur noch Circa-Werte.
Die von mir postulierten 400 Arbeiterinnen vom letzten Monat werden dann doch nicht erreicht. Mittlerweile sind keine Eier oder kleine Larven mehr vorhanden. Lediglich auf den Fotos konnte ich noch eine große Larve erkennen, die wahrscheinlich unmittelbar vor der Verpuppung steht. Ich war davon ausgegangen, dass es mit dem Eierlegen noch eine Weile so weitergeht. Die Eier, die ich im Juni noch sehen konnte, waren wohl die letzten für dieses Jahr. Aus einem anderen Thread habe ich erfahren, dass es bei Formica-Arten durchaus schon etwas früher im Jahr zum Einstellen des Brutgeschäfts kommen kann, wenn die Haltungsbedingungen (Futter, Temperatur) überdurchschnittlich waren. Ich hatte sie zwar nicht mit Futter zugeworfen, Hunger mussten sie aber auch nicht leiden. Und an den raumbedingten hohen Temperaturen konnte ich dieses Jahr nichts ändern. Alles in allem: Hut ab vor der Legeleistung meiner Königin!
Zum Abschluss noch eine Nahaufnahme der Nahrungsaufnahme:
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Lange war es still an dieser Stelle. Endlich finde ich die Zeit, den Haltungsbericht wieder einigermaßen zu aktualisieren. Was bis Anfang 2013 geschah, wird leider nur in Form eines Gedächtnisprotokolls wiedergegeben werden können.
Anfang August hatte ich der Kolonie einen etwas größeren Auslauf in Form eines 40x30x30er Beckens zur Verfügung gestellt. Die Haribo-Dose war doch arg klein und nicht mehr geeignet, einer Kolonie von deutlich über 100 Arbeiterinnen einen adäquaten Auslauf zu ermöglichen. Den Begriff "artgerecht" verwende ich mit Absicht nicht, weil es da wegen unterschiedlicher Auffassung schnell zu hitzigen Diskussionen kommen kann, die gerne an anderer Stelle geführt werden können.
Leider hatte ich keine Zeit, die Arena etwas aufzuhübschen, deshalb blieb die Inneneinrichtung recht spartanisch. Mittlerweile wurde auch die dritte Kammer halbwegs leergeräumt. Den Abraum kann man bei genauem Hinsehen im Schlauch erkennen:
Hier noch ein paar Fotos aus dem Nestinnern:
Gegen Ende August und fast den ganzen September kam dann noch etwas Bewegung in die Kolonie: Nach und nach wurden fast alle Steinchen aus dem Nest geräumt, nur die linke untere Kammer auf dem letzten Foto war noch größtenteils gefüllt. Ein kleiner Teil des Füllmaterials wurde in den Abfallbehälter transportiert, das meiste landete aber im Schlauch. Die wenigen kleinen Mittelmeergrillen, die ich ihnen noch angeboten hatte, konnten nur noch mit größter Mühe und vollem Einsatz durch den mittlerweile beengten Schlauch transportiert werden. Aber irgendwie haben sie es immer geschafft.
Anfang Oktober hatte ich angefangen, das Fenster im "Ameisenzimmer" nachts offen stehen zu lassen, damit sich die Ameisen so langsam auf die Winterruhe einstellen können. Eine dramatische Temperaturabsenkung hatte ich dadurch nicht hinbekommen, es war aber besser als nichts. Gegen Ende Oktober ging es dann in den Überwinterungskühlschrank im Keller. Wie im Vorjahr hatte ich ihn zuerst niedrig eingestellt und tagsüber per Zeitschaltuhr ganz ausgschaltet. Im Laufe von einigen Tagen hatte ich die Temperaturen bis auf 3-6°C bei Dauerbetrieb heruntergefahren. Die im Kühlschrank nochmals kurzzeitig installierte Haribo-Arena (Wasser, Honig) wurde dann abgekoppelt und das Nest mit Watte verschlossen in die wohlverdiente Winterruhe geschickt.
Im Laufe des Spätsommers und Herbstes gab es eine geringe Anzahl von Todesfällen in der Größenordnung von ca. 5-10 Tieren. Die meisten davon dürften Pygmäen gewesen sein, die ja bei den meisten Ameisenarten eine geringere Lebenserwartung haben als ihre jüngeren Schwestern. Bei der sehr ordentlichen Vermehrungsrate in diesem Jahr ist das locker zu verkraften.
Somit ergibt sich dann zum Ende der zweiten Saison:
Anders als im letzten Jahr hatte ich dieses Jahr ca. 4 Wochen später (Ende März) angefangen, bei meinen Ameisen die Temperaturen zu erhöhen. Dies hatte drei Gründe: Zum einen wollte der Winter dieses Jahr ja fast nicht aufhören. Zum anderen wusste ich, dass ich schlicht und einfach keine Zeit haben werde, um mich im gleichen Zeitraum wie letztes Jahr um sie zu kümmern. Und schließlich hatten die Kleinen letztes Jahr die Reproduktion bedingt durch die hohen Temperaturen schon relativ früh eingestellt. Da es absehbar ist, dass ich ihnen dieses Jahr noch keine kühlere Umgebung zur Verfügung stellen kann, müssen sie ja nicht schon so früh ran.
Nach der allmählichen Temperaturerhöhung kamen sie Anfang April zusammen mit meinen anderen Kolonien in ihr "Ameisenzimmer", wo nachts noch das Fenster gekippt und die Heizung erst mal aus war. Trotzdem hat sich die Temperatur auf 15 bis 17 °C eingependelt. Zu diesem Zeitpunkt waren sie noch nicht ganz so agil, sodass ich ohne Probleme den Nestverschluss entfernen und die Müllhalde kontrollieren konnte. Alles in allem kam ich auf ca. 15 tote Ameisen, die an der Verschlusswatte bzw. im Müllbecher abgelegt worden sind. Da wären's dann noch gut 300. Das liegt meines Erachtens im tolerablen Bereich.
Die neue Arena
Zur neuen Saison gab es auch eine neu eingerichtete Arena. Bevor ich an dieser Stelle weit aushole: Hier der Link zum Baubericht und hier ein paar Fotos:
Die Einrichtungsgegenstände hatte ich mit meinen Kindern bei einem Waldspaziergang gesammelt und im erloschenen Specksteinofen über Nacht wärmebehandelt, damit ich kein unerwünschtes Großgetier (Spinnen, Steinläufer,...) einschleppe.
Als Honig-Futterstelle hatte ich die leicht schräge obere Schnittfläche des stehenden Aststücks im linken hinteren Teil benutzt. Weil der Bedarf aber nach der Winterruhe sehr hoch war, hatte ich ein Reagenzglas mit etwas Honig angeboten (naja, etwas mehr Honig... ), abgesichert mit ein wenig Watte. Proteine wurden in Form von Steppengrillen und aufgeschnittenen Zophobas gereicht, beides überbrüht. Um die Wasserversorgung sicher zu stellen, habe ich eine mit Watte gesicherte Vogeltränke und ein Reagenzglas angeboten, um zu schauen, was davon bevorzugt wird. Angenommen wurde beides, das RG wurde wahrscheinlich wegen des kürzeren Weges öfter besucht.