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Wie Ameisen lernen, ihre Präferenzen bei der Nestwahl zu ändern

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Diffeomorphismus
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#1 Wie Ameisen lernen, ihre Präferenzen bei der Nestwahl zu ändern

Beitrag von Diffeomorphismus » 15. November 2013, 21:57

Hallo,

die folgende Arbeit, welche in "biology letters" veröffentlicht wurde, zeigt, wie Ameisen lernen, ihre Präferenzen bezüglich der Nestwahl zu ändern. (Die Arbeit ist in englischer Sprache verfasst.) Hier der Link:

http://rsbl.royalsocietypublishing.org/content/9/6/20130667.full.pdf+html

Ich versuche mich mal an einer kurzen(!) Zusammenfassung (da ich kein Biologe bin, übernehme ich keine Garantie auf wissenschaftliche Korrektheit!).

Als einführendes Beispiel wird in der Arbeit das folgende gegeben: Wenn eine Honigbiene zwei identische Nektarquellen zu Verfügung hat, wird sie sicherlich die wählen, welche die kürzere Entfernung zum Bienenstock hat. Was aber, wenn sich die Quellen in weiteren Eigenschaften unterscheiden; wenn zum Beispiel die näher am Stock gelegene von der Art ist, dass der Nektar nur schwer zugänglich ist, wo entgegen die weiter entfernte Quelle diesbezüglich gerade die entgegengesetzte Eigenschaft hat. Welche Quelle wählt die Biene nun?

Die Wissenschaftler wandten eine äquivalente Fragestellung auf Ameisen an. Hierfür verwendeten sie Kolonien der Art Temnothorax rugatulus; diese hat ihr Vorkommen im Westen der Vereinigten Staaten. Hier der Link zum "AntWeb":

http://www.antweb.org/description.do?name=rugatulus&genus=temnothorax&rank=species&project=bajaants

Diese Art legt bei der Nestsuche großen Wert auf einen kleinen Eingang und ein dunkles Inneres. Die Frage war nun, welcher dieser beiden Eigenschaften die jeweiligen Kolonien höhere Bedeutung zumaßen, und ob diese Präferenz durch "Erfahrungen" verändert werden kann.

In einem ersten Test wurde somit die Präferenz der jeweiligen Kolonie überprüft. Dafür wurden zwei Nester, welche ansonsten identisch zum Ursprungsnest waren, angeboten. Eines der beiden hatte einen kleineren Eingang als das Ursprungsnest, wohingegen das andere ein dunkleres Inneres hatte. Nun wurden die Kolonien zum Umzug "gedrängt", und somit die jeweilige Präferenz überprüft.

Im Folgenden gab es einen Licht- und einen Eingangstest. Beim Lichttest wurden zwei mit dem Ursprungsnest identische Nester angeboten, wobei eines dieser beiden ein helleres Inneres hatte. Das Gleiche geschah beim Eingangstest, wobei hier ein Nest einen größeren Eingang hatte. Insgesamt bestand jeder Test aus jeweils vier Durchläufen.

Die Kolonien wurden hiefür so aufgeteilt, dass die Hälfte der Kolonien, welche einen kleinen Eingang präferierten, am Lichtest und die andere Hälfte am Eingangstest teilnahmen. Analog die Aufteilung bei den Kolonien, die ein dunkleres Inneres bevorzugten.

Es bleibt anzumerken, dass alle Kolonien immer das Nest wählten, welches komplett identisch mit dem Ursprungsnest war; der "Lerneffekt" sollte ja auch sein, warum sie das andere ablehnen.

Nachdem die Kolonien die vier Durchläufe absolviert hatten, wurde der anfängliche Test erneut durchgeführt, um zu überprüfen, ob die Kolonien ihre Präferenz geändert hatten; betrachtet man die Auswertung, so war dies oft der Fall - inbesondere bei den Kolonien, welche am Eingangstest teilnahmen.

Dies zeigt also, dass die Tiere (die Kolonien) aus ihren Erfahrungen "gelernt" haben. So hat zum Beispiel eine Kolonie, dessen Präferenz zu Beginn auf einem dunklen Inneren lag, diese zugunsten eines kleineren Eingangs geändert, nachdem sie mehrmals ein Nest aufgrund von diesem Parameter auswählte.

So, ich hoffe das ganze passt irgendwie und ist einigermaßen verständlich. Kritik und Verbesserungsvorschläge bitte hier oder per PN.

Was mich persönlich so an dieser Arbeit fasziniert, ist der Umstand, dass ich bei meiner Temnothorax crassispinus-Kolonie beobachten konnte, dass diese eindeutig einen kleinen Eingang präferiert. Ich hatte diese Kolonie in einem Reagenzglas erhalten, in welchem, zusätzlich zum üblichen Verschluss, noch ein kleiner Korkring mit einer winzigen Öffnung eingebracht war. Diesen beachtete ich anfänglich nicht weiter.

So öffnete ich das RG, und legte es in die für die Kolonie vorbereitete Box. Hier wartete schon eine Objektträger-Kork-Nest, welches mit roter Folie umwickelt war, auf die Ameisen. Alle meine vier Temnothorax-Kolonien, die ich kurze Zeit vorher erhalten hatte, waren innerhalb kürzester Zeit umgezogen. Diese Kolonie jedoch weigerte sich beharrlich. Zwar wurde das bereitgestellte Nest untersucht, jedoch fand kein Umzug statt; obwohl das RG nicht abgedunkelt wurde.

Nach ca. einer Woche kam ich dann auf die Idee, den Korkring zu entfernen - und siehe da: Innerhalb von nicht einmal zehn Minuten zog die Kolonie um.

Grüße

Diffeomorphismus


„Die Heuchelei ist die materia prima des Teufels, von der aller Lug und Trug, alle Schwachheit und Abscheulichkeit herrührt, von der nichts Wahres kommen kann. Denn die Heuchelei ist selbst eigentlich eine doppelt destillierte Lüge, eine Lüge in der zweiten Potenz.“ (Thomas Carlyle)

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hormigas
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#2 AW: Wie Ameisen lernen, ihre Präferenzen bei der Nestwahl zu ändern

Beitrag von hormigas » 16. November 2013, 11:55

Hallo Diffeomorphismus,
Danke für deine Mühe bei der Zusammenfassung dieses Tests.
Ich bin kein Wissenschaftler und kann nicht beurteilen ob dieser Versuch,
wirklich als Wissenschaftlich Erkenntnis dient.
Bei uns einfachen Ameisenhaltern werden Faktoren wie Feuchtigkeit, Standort,
Dunkelheit ect. verändert, um eine Kolonie zum Umzug zu bewegen.
Da geht es oft mal um die Kompromissbereitschaft der Kolonie.
Ich gehe sogar einen Schritt weiter und behaupte, dass so eine Ameisenkolonie
mit allem von der Natur ausgestattet wurde was sie braucht. Lernen ne :tongue:
Da geht es eher um die Fähigkeit sich anzupassen.
Jedoch darf man von mir aus auch "Lernen" sagen.:)

Aber bei der einzelnen Arbeiterin gibt es mit Sicherheit den "Lernprozess"!
Und das auch im Zusammenspiel mit ihren Schwestern.
Erfahrene Arbeiterinnen erledigen gefährliche Kundschafter-arbeiten.
Oft wird hier im AF von gebauten Sandbrücken von Tränke zum Arenaboden
berichtet, um den Untergrund grabbar zu machen.
Die Ameisen sind sich da oftmals nicht einig - die eine Hälfte schleppt Material
von A nach B, und die andere Hälfte von B nach A.
Und immer kommt dabei etwas völlig anderes heraus, als man erwartet hatte.

Also am meisten lernt wohl der Ameisenhalter :)

LG


arriba hormigas :)

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Diffeomorphismus
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#3 AW: Wie Ameisen lernen, ihre Präferenzen bei der Nestwahl zu ändern

Beitrag von Diffeomorphismus » 16. November 2013, 12:49

Hallo hormigas,

dass die Arbeit als wissenschaftlich gesichert und anerkannt gilt, darf man voraussetzen; ansonsten wäre sie nicht in einer Fachzeitschrift veröffentlicht worden.

Für gewöhnlich läuft das Prozedere bei solchen Publikationen folgendermaßen ab: Die Verfasser der Arbeit reichen diese bei der Fachzeitschrift ein, wo sie nun einer Prüfung unterzogen wird. Dafür wird die Arbeit an (unabhängige) Experten geschickt, welche diese begutachten. Erst wenn diese ihr "OK" geben, wird die Arbeit publiziert.

Grüße

Diffeomorphismus


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