Wie Ameisen lernen, ihre PrÀferenzen bei der Nestwahl zu Àndern
- Diffeomorphismus
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#1 Wie Ameisen lernen, ihre PrÀferenzen bei der Nestwahl zu Àndern
Hallo,
die folgende Arbeit, welche in "biology letters" veröffentlicht wurde, zeigt, wie Ameisen lernen, ihre PrĂ€ferenzen bezĂŒglich der Nestwahl zu Ă€ndern. (Die Arbeit ist in englischer Sprache verfasst.) Hier der Link:
http://rsbl.royalsocietypublishing.org/content/9/6/20130667.full.pdf+html
Ich versuche mich mal an einer kurzen(!) Zusammenfassung (da ich kein Biologe bin, ĂŒbernehme ich keine Garantie auf wissenschaftliche Korrektheit!).
Als einfĂŒhrendes Beispiel wird in der Arbeit das folgende gegeben: Wenn eine Honigbiene zwei identische Nektarquellen zu VerfĂŒgung hat, wird sie sicherlich die wĂ€hlen, welche die kĂŒrzere Entfernung zum Bienenstock hat. Was aber, wenn sich die Quellen in weiteren Eigenschaften unterscheiden; wenn zum Beispiel die nĂ€her am Stock gelegene von der Art ist, dass der Nektar nur schwer zugĂ€nglich ist, wo entgegen die weiter entfernte Quelle diesbezĂŒglich gerade die entgegengesetzte Eigenschaft hat. Welche Quelle wĂ€hlt die Biene nun?
Die Wissenschaftler wandten eine Ă€quivalente Fragestellung auf Ameisen an. HierfĂŒr verwendeten sie Kolonien der Art Temnothorax rugatulus; diese hat ihr Vorkommen im Westen der Vereinigten Staaten. Hier der Link zum "AntWeb":
http://www.antweb.org/description.do?name=rugatulus&genus=temnothorax&rank=species&project=bajaants
Diese Art legt bei der Nestsuche groĂen Wert auf einen kleinen Eingang und ein dunkles Inneres. Die Frage war nun, welcher dieser beiden Eigenschaften die jeweiligen Kolonien höhere Bedeutung zumaĂen, und ob diese PrĂ€ferenz durch "Erfahrungen" verĂ€ndert werden kann.
In einem ersten Test wurde somit die PrĂ€ferenz der jeweiligen Kolonie ĂŒberprĂŒft. DafĂŒr wurden zwei Nester, welche ansonsten identisch zum Ursprungsnest waren, angeboten. Eines der beiden hatte einen kleineren Eingang als das Ursprungsnest, wohingegen das andere ein dunkleres Inneres hatte. Nun wurden die Kolonien zum Umzug "gedrĂ€ngt", und somit die jeweilige PrĂ€ferenz ĂŒberprĂŒft.
Im Folgenden gab es einen Licht- und einen Eingangstest. Beim Lichttest wurden zwei mit dem Ursprungsnest identische Nester angeboten, wobei eines dieser beiden ein helleres Inneres hatte. Das Gleiche geschah beim Eingangstest, wobei hier ein Nest einen gröĂeren Eingang hatte. Insgesamt bestand jeder Test aus jeweils vier DurchlĂ€ufen.
Die Kolonien wurden hiefĂŒr so aufgeteilt, dass die HĂ€lfte der Kolonien, welche einen kleinen Eingang prĂ€ferierten, am Lichtest und die andere HĂ€lfte am Eingangstest teilnahmen. Analog die Aufteilung bei den Kolonien, die ein dunkleres Inneres bevorzugten.
Es bleibt anzumerken, dass alle Kolonien immer das Nest wÀhlten, welches komplett identisch mit dem Ursprungsnest war; der "Lerneffekt" sollte ja auch sein, warum sie das andere ablehnen.
Nachdem die Kolonien die vier DurchlĂ€ufe absolviert hatten, wurde der anfĂ€ngliche Test erneut durchgefĂŒhrt, um zu ĂŒberprĂŒfen, ob die Kolonien ihre PrĂ€ferenz geĂ€ndert hatten; betrachtet man die Auswertung, so war dies oft der Fall - inbesondere bei den Kolonien, welche am Eingangstest teilnahmen.
Dies zeigt also, dass die Tiere (die Kolonien) aus ihren Erfahrungen "gelernt" haben. So hat zum Beispiel eine Kolonie, dessen PrÀferenz zu Beginn auf einem dunklen Inneren lag, diese zugunsten eines kleineren Eingangs geÀndert, nachdem sie mehrmals ein Nest aufgrund von diesem Parameter auswÀhlte.
So, ich hoffe das ganze passt irgendwie und ist einigermaĂen verstĂ€ndlich. Kritik und VerbesserungsvorschlĂ€ge bitte hier oder per PN.
Was mich persönlich so an dieser Arbeit fasziniert, ist der Umstand, dass ich bei meiner Temnothorax crassispinus-Kolonie beobachten konnte, dass diese eindeutig einen kleinen Eingang prĂ€feriert. Ich hatte diese Kolonie in einem Reagenzglas erhalten, in welchem, zusĂ€tzlich zum ĂŒblichen Verschluss, noch ein kleiner Korkring mit einer winzigen Ăffnung eingebracht war. Diesen beachtete ich anfĂ€nglich nicht weiter.
So öffnete ich das RG, und legte es in die fĂŒr die Kolonie vorbereitete Box. Hier wartete schon eine ObjekttrĂ€ger-Kork-Nest, welches mit roter Folie umwickelt war, auf die Ameisen. Alle meine vier Temnothorax-Kolonien, die ich kurze Zeit vorher erhalten hatte, waren innerhalb kĂŒrzester Zeit umgezogen. Diese Kolonie jedoch weigerte sich beharrlich. Zwar wurde das bereitgestellte Nest untersucht, jedoch fand kein Umzug statt; obwohl das RG nicht abgedunkelt wurde.
Nach ca. einer Woche kam ich dann auf die Idee, den Korkring zu entfernen - und siehe da: Innerhalb von nicht einmal zehn Minuten zog die Kolonie um.
GrĂŒĂe
Diffeomorphismus
die folgende Arbeit, welche in "biology letters" veröffentlicht wurde, zeigt, wie Ameisen lernen, ihre PrĂ€ferenzen bezĂŒglich der Nestwahl zu Ă€ndern. (Die Arbeit ist in englischer Sprache verfasst.) Hier der Link:
http://rsbl.royalsocietypublishing.org/content/9/6/20130667.full.pdf+html
Ich versuche mich mal an einer kurzen(!) Zusammenfassung (da ich kein Biologe bin, ĂŒbernehme ich keine Garantie auf wissenschaftliche Korrektheit!).
Als einfĂŒhrendes Beispiel wird in der Arbeit das folgende gegeben: Wenn eine Honigbiene zwei identische Nektarquellen zu VerfĂŒgung hat, wird sie sicherlich die wĂ€hlen, welche die kĂŒrzere Entfernung zum Bienenstock hat. Was aber, wenn sich die Quellen in weiteren Eigenschaften unterscheiden; wenn zum Beispiel die nĂ€her am Stock gelegene von der Art ist, dass der Nektar nur schwer zugĂ€nglich ist, wo entgegen die weiter entfernte Quelle diesbezĂŒglich gerade die entgegengesetzte Eigenschaft hat. Welche Quelle wĂ€hlt die Biene nun?
Die Wissenschaftler wandten eine Ă€quivalente Fragestellung auf Ameisen an. HierfĂŒr verwendeten sie Kolonien der Art Temnothorax rugatulus; diese hat ihr Vorkommen im Westen der Vereinigten Staaten. Hier der Link zum "AntWeb":
http://www.antweb.org/description.do?name=rugatulus&genus=temnothorax&rank=species&project=bajaants
Diese Art legt bei der Nestsuche groĂen Wert auf einen kleinen Eingang und ein dunkles Inneres. Die Frage war nun, welcher dieser beiden Eigenschaften die jeweiligen Kolonien höhere Bedeutung zumaĂen, und ob diese PrĂ€ferenz durch "Erfahrungen" verĂ€ndert werden kann.
In einem ersten Test wurde somit die PrĂ€ferenz der jeweiligen Kolonie ĂŒberprĂŒft. DafĂŒr wurden zwei Nester, welche ansonsten identisch zum Ursprungsnest waren, angeboten. Eines der beiden hatte einen kleineren Eingang als das Ursprungsnest, wohingegen das andere ein dunkleres Inneres hatte. Nun wurden die Kolonien zum Umzug "gedrĂ€ngt", und somit die jeweilige PrĂ€ferenz ĂŒberprĂŒft.
Im Folgenden gab es einen Licht- und einen Eingangstest. Beim Lichttest wurden zwei mit dem Ursprungsnest identische Nester angeboten, wobei eines dieser beiden ein helleres Inneres hatte. Das Gleiche geschah beim Eingangstest, wobei hier ein Nest einen gröĂeren Eingang hatte. Insgesamt bestand jeder Test aus jeweils vier DurchlĂ€ufen.
Die Kolonien wurden hiefĂŒr so aufgeteilt, dass die HĂ€lfte der Kolonien, welche einen kleinen Eingang prĂ€ferierten, am Lichtest und die andere HĂ€lfte am Eingangstest teilnahmen. Analog die Aufteilung bei den Kolonien, die ein dunkleres Inneres bevorzugten.
Es bleibt anzumerken, dass alle Kolonien immer das Nest wÀhlten, welches komplett identisch mit dem Ursprungsnest war; der "Lerneffekt" sollte ja auch sein, warum sie das andere ablehnen.
Nachdem die Kolonien die vier DurchlĂ€ufe absolviert hatten, wurde der anfĂ€ngliche Test erneut durchgefĂŒhrt, um zu ĂŒberprĂŒfen, ob die Kolonien ihre PrĂ€ferenz geĂ€ndert hatten; betrachtet man die Auswertung, so war dies oft der Fall - inbesondere bei den Kolonien, welche am Eingangstest teilnahmen.
Dies zeigt also, dass die Tiere (die Kolonien) aus ihren Erfahrungen "gelernt" haben. So hat zum Beispiel eine Kolonie, dessen PrÀferenz zu Beginn auf einem dunklen Inneren lag, diese zugunsten eines kleineren Eingangs geÀndert, nachdem sie mehrmals ein Nest aufgrund von diesem Parameter auswÀhlte.
So, ich hoffe das ganze passt irgendwie und ist einigermaĂen verstĂ€ndlich. Kritik und VerbesserungsvorschlĂ€ge bitte hier oder per PN.
Was mich persönlich so an dieser Arbeit fasziniert, ist der Umstand, dass ich bei meiner Temnothorax crassispinus-Kolonie beobachten konnte, dass diese eindeutig einen kleinen Eingang prĂ€feriert. Ich hatte diese Kolonie in einem Reagenzglas erhalten, in welchem, zusĂ€tzlich zum ĂŒblichen Verschluss, noch ein kleiner Korkring mit einer winzigen Ăffnung eingebracht war. Diesen beachtete ich anfĂ€nglich nicht weiter.
So öffnete ich das RG, und legte es in die fĂŒr die Kolonie vorbereitete Box. Hier wartete schon eine ObjekttrĂ€ger-Kork-Nest, welches mit roter Folie umwickelt war, auf die Ameisen. Alle meine vier Temnothorax-Kolonien, die ich kurze Zeit vorher erhalten hatte, waren innerhalb kĂŒrzester Zeit umgezogen. Diese Kolonie jedoch weigerte sich beharrlich. Zwar wurde das bereitgestellte Nest untersucht, jedoch fand kein Umzug statt; obwohl das RG nicht abgedunkelt wurde.
Nach ca. einer Woche kam ich dann auf die Idee, den Korkring zu entfernen - und siehe da: Innerhalb von nicht einmal zehn Minuten zog die Kolonie um.
GrĂŒĂe
Diffeomorphismus
âDie Heuchelei ist die materia prima des Teufels, von der aller Lug und Trug, alle Schwachheit und Abscheulichkeit herrĂŒhrt, von der nichts Wahres kommen kann. Denn die Heuchelei ist selbst eigentlich eine doppelt destillierte LĂŒge, eine LĂŒge in der zweiten Potenz.â (Thomas Carlyle)
- hormigas
- Halter
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- Registriert: 11. April 2012, 13:52
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#2 AW: Wie Ameisen lernen, ihre PrÀferenzen bei der Nestwahl zu Àndern
Hallo Diffeomorphismus,
Danke fĂŒr deine MĂŒhe bei der Zusammenfassung dieses Tests.
Ich bin kein Wissenschaftler und kann nicht beurteilen ob dieser Versuch,
wirklich als Wissenschaftlich Erkenntnis dient.
Bei uns einfachen Ameisenhaltern werden Faktoren wie Feuchtigkeit, Standort,
Dunkelheit ect. verÀndert, um eine Kolonie zum Umzug zu bewegen.
Da geht es oft mal um die Kompromissbereitschaft der Kolonie.
Ich gehe sogar einen Schritt weiter und behaupte, dass so eine Ameisenkolonie
mit allem von der Natur ausgestattet wurde was sie braucht. Lernen ne
Da geht es eher um die FĂ€higkeit sich anzupassen.
Jedoch darf man von mir aus auch "Lernen" sagen.
Aber bei der einzelnen Arbeiterin gibt es mit Sicherheit den "Lernprozess"!
Und das auch im Zusammenspiel mit ihren Schwestern.
Erfahrene Arbeiterinnen erledigen gefÀhrliche Kundschafter-arbeiten.
Oft wird hier im AF von gebauten SandbrĂŒcken von TrĂ€nke zum Arenaboden
berichtet, um den Untergrund grabbar zu machen.
Die Ameisen sind sich da oftmals nicht einig - die eine HĂ€lfte schleppt Material
von A nach B, und die andere HĂ€lfte von B nach A.
Und immer kommt dabei etwas völlig anderes heraus, als man erwartet hatte.
Also am meisten lernt wohl der Ameisenhalter
LG
Danke fĂŒr deine MĂŒhe bei der Zusammenfassung dieses Tests.
Ich bin kein Wissenschaftler und kann nicht beurteilen ob dieser Versuch,
wirklich als Wissenschaftlich Erkenntnis dient.
Bei uns einfachen Ameisenhaltern werden Faktoren wie Feuchtigkeit, Standort,
Dunkelheit ect. verÀndert, um eine Kolonie zum Umzug zu bewegen.
Da geht es oft mal um die Kompromissbereitschaft der Kolonie.
Ich gehe sogar einen Schritt weiter und behaupte, dass so eine Ameisenkolonie
mit allem von der Natur ausgestattet wurde was sie braucht. Lernen ne
Da geht es eher um die FĂ€higkeit sich anzupassen.
Jedoch darf man von mir aus auch "Lernen" sagen.
Aber bei der einzelnen Arbeiterin gibt es mit Sicherheit den "Lernprozess"!
Und das auch im Zusammenspiel mit ihren Schwestern.
Erfahrene Arbeiterinnen erledigen gefÀhrliche Kundschafter-arbeiten.
Oft wird hier im AF von gebauten SandbrĂŒcken von TrĂ€nke zum Arenaboden
berichtet, um den Untergrund grabbar zu machen.
Die Ameisen sind sich da oftmals nicht einig - die eine HĂ€lfte schleppt Material
von A nach B, und die andere HĂ€lfte von B nach A.
Und immer kommt dabei etwas völlig anderes heraus, als man erwartet hatte.
Also am meisten lernt wohl der Ameisenhalter
LG
arriba hormigas
- Diffeomorphismus
- Halter
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#3 AW: Wie Ameisen lernen, ihre PrÀferenzen bei der Nestwahl zu Àndern
Hallo hormigas,
dass die Arbeit als wissenschaftlich gesichert und anerkannt gilt, darf man voraussetzen; ansonsten wÀre sie nicht in einer Fachzeitschrift veröffentlicht worden.
FĂŒr gewöhnlich lĂ€uft das Prozedere bei solchen Publikationen folgendermaĂen ab: Die Verfasser der Arbeit reichen diese bei der Fachzeitschrift ein, wo sie nun einer PrĂŒfung unterzogen wird. DafĂŒr wird die Arbeit an (unabhĂ€ngige) Experten geschickt, welche diese begutachten. Erst wenn diese ihr "OK" geben, wird die Arbeit publiziert.
GrĂŒĂe
Diffeomorphismus
dass die Arbeit als wissenschaftlich gesichert und anerkannt gilt, darf man voraussetzen; ansonsten wÀre sie nicht in einer Fachzeitschrift veröffentlicht worden.
FĂŒr gewöhnlich lĂ€uft das Prozedere bei solchen Publikationen folgendermaĂen ab: Die Verfasser der Arbeit reichen diese bei der Fachzeitschrift ein, wo sie nun einer PrĂŒfung unterzogen wird. DafĂŒr wird die Arbeit an (unabhĂ€ngige) Experten geschickt, welche diese begutachten. Erst wenn diese ihr "OK" geben, wird die Arbeit publiziert.
GrĂŒĂe
Diffeomorphismus
âDie Heuchelei ist die materia prima des Teufels, von der aller Lug und Trug, alle Schwachheit und Abscheulichkeit herrĂŒhrt, von der nichts Wahres kommen kann. Denn die Heuchelei ist selbst eigentlich eine doppelt destillierte LĂŒge, eine LĂŒge in der zweiten Potenz.â (Thomas Carlyle)