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Lasius flavus Underground-Studie

Allgemeine Fragen und Themen über europäische Ameisenarten (hier keine Berichte)
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#41 Re: Lasius flavus Underground-Studie

Beitrag von Sajikii » 23. Mai 2016, 21:15

Update:

Es gibt insofern ein Update, weil sich ein paar Dinge geändert und ich in gewisser Hinsicht neue Ansätze habe.
Eine der drei Kolonien wurde aus bestimmten Gründen aus der "Studie" entnommen, eventuell werde ich in weiterer Folge noch von ihr berichten.
Weiters bin ich am überlegen, ob ich nicht die Pleometrose-Kolonie in die Overground-Haltung verschieben sollte. Dies hat mehrere Beweggründe... ich möchte wissen ob sie durch die Umstände plötzlich Proteine annehmen würden und inwiefern sie weiter wachsen, ob langsamer oder schneller als die Underground-Kolonie usw.

Ich werde demnächst auch das Nestsystem der Underground-Kolonie erweitern. Meiner Meinung nach ist dies schon notwendig, weil sie offensichtlich nicht wissen, wohin sie ihren Müll bringen sollen. Die Wassertankkammer wird komplett sauber gehalten, nur die Futterkammer ist etwas am Eingangsbereich verschmiert. Fotos werden folgen!

LG
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#42 Re: Lasius flavus Underground-Studie

Beitrag von Safiriel » 24. Mai 2016, 07:34

Das ist ein wirklich interessanter Ansatz, den ich mir mal durch den Kopf gehen lassen werde. Die Entscheidung treffe ich aber erst, wenn meine Hand voll Puppen geschlüpft sind.
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#43 Re: Lasius flavus Underground-Studie

Beitrag von Sajikii » 24. Mai 2016, 12:04

News:

Underground-Kolonie:
Die Nesterweiterung wurde vollbracht, insofern haben sie nun zwei Futterkammern, eine Wassertränkekammer sowie eine leere Kammer.
Die Kolonie besitzt rund zwanzig Arbeiterinnen und einen netten Haufen Brut, wo schon Puppenkokons dabei sind.
In den Futterkammern wurde nur Zuckerwasser verabreicht, einen neuen Proteinbedarf-Test wird es wohl bei der nächsten Fütterungsrunde geben.
Underground-Kolonie
Underground-Kolonie


Overground-Kolonie:

Die Pleometrose-Kolonie wurde nun in ein Mini-Formicarium umgesetzt, sie erfahren nun die reguläre Betreuung wie jede andere Kolonie auch.
Vorerst gibt es auch hier nur einen Bierdeckel mit Zuckerwasser.
Zukünftig werde ich diese Kolonie einfach als Lasius flavus Kolonie in meinem Logbuch erwähnen und dort auch weiter berichten.
Bloß eindeutige Differenzen zwischen diesen beiden Kolonien werden hier sinngemäß erläutert.
Overground-Kolonie
Overground-Kolonie


LG

P.S.: Safiriel @ Bin gespannt, inwiefern du weiterhin mit deiner Kolonie verfährst.
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#44 Re: Lasius flavus Underground-Studie

Beitrag von Maddio » 24. Mai 2016, 18:18

Bei meinen Lasius flavus in "normaler" Haltung ist es so, dass sie Puppenkokons lieber in der hellen Arena lagern als im stockdunklen Nest. Ich vermute, dass die Luft in der Arena durch den Glashauseffekt geringfügig erwärmt wird, und somit eine sehr geringe Temperaturdifferenz besteht.

Diese ist aber ausreichend um die Ameisen dazu zu bewegen, ihre Puppenkokons regelmäßig in der Arena zu lagern. Das Nest bietet übrigens noch genug Platz und es gibt trockene und feuchte Bereiche, so dass ich diese Faktoren ausschließen kann.

Für mich ergibt sich aus diesen Beobachtungen, dass Dunkelheit eine eher untergeordnete Rolle bei Lasius flavus spielt, womöglich eben weil sie keine gut entwickelten Augen haben, nehmen sie den Unterschied hell/dunkel weniger wahr als vergleichbare Arten, bspw. Lasius s. str..

Ausschlaggebend könnte eher die Lebensweise und Habitatwahl sein. Wurzelläuse leben nunmal unter der Erde. Vielleicht kann man sagen, dass Lasius flavus sich zwar auf das unterirdische Leben spezialisiert hat, aber während dieser Spezialisierung das oberirdische Leben nicht verlernt hat.

In der Natur gibt es normalerweise keinen Grund an die Oberfläche zu gehen (ausser zum Schwarmflug), wenn sie unterirdisch alles bekommen was sie brauchen. Wenn es doch erforderlich ist, dürfte das Hindernis zur erfolgreichen oberirdischen Lebensweise in der Form anderer Ameisenarten vorliegen, und nicht darin, dass Lasius flavus die Helligkeit meidet, bzw. oberirdisch nicht überleben kann weil sie nicht mehr das Rüstzeug dafür hat.

In der Haltung gibt es keine Konkurrenz durch andere Ameisenarten, ausser in den seltenen Gemeinschaftsbecken. Im Prinzip verlagert man also ein Problem, dass lediglich unter natürlichen Verhältnissen besteht, in die Haltung.

Dies lässt sich vielleicht auch auf arborikole Arten anwenden. Das dürfte zwar schwerer zu simulieren sein, aber man könnte auch hier Vergleichsversuche machen. Letzendlich simuliert man doch nur die ökologische Nische einer Art, die aufgrund des Konkurrenzdrucks aufgesucht wird und eben diese Komponente entfällt komplett in der Haltung.

Letzendlich frage ich mich dann, wie will man später sagen können, dass nicht andere Parameter wie bspw. Temperatur und Luftfeuchtigkeit, oder die individuelle Legeleistung einer Königin (je nach Dauer des Versuchs nur in den ersten paar Jahren - oder aber untersucht über 15+ Jahre?) für das Ergebnis der Beobachtungen entscheidend waren.

Das ihr nicht an einer wissenschaftlichen Studie arbeitet ist kann ich mir schon denken ;) , aber das sind Dinge dir mir als Kritik an der Versuchsanordnung einfallen.
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#45 Re: Lasius flavus Underground-Studie

Beitrag von Sajikii » 24. Mai 2016, 19:05

Lieben Dank für deine Wort und Kritik, Maddio.

Für mich ergibt sich aus diesen Beobachtungen, dass Dunkelheit eine eher untergeordnete Rolle bei Lasius flavus spielt, womöglich eben weil sie keine gut entwickelten Augen haben, nehmen sie den Unterschied hell/dunkel weniger wahr als vergleichbare Arten, bspw. Lasius s. str..
Soweit ich informiert bin, sind die Facettenaugen nicht maßgeblich für die Wahrnehmung der Helligkeit/Dunkelheit, sondern die Punktaugen. Bei Lasius flavus sind die Facettenaugen wohl deswegen nicht nur so zurück gebildet, weil sie im Untergrund leben, sondern weil sie auch keine schnellen Jäger sein oder Gefahren schnell weichen müssen wie z.B. es Serviformica fusca tut. Dennoch denke ich, dass sie schon die Helligkeit meiden, wenn sie können, sonst würden sie ja auch am Tageslicht im Garten ein anderes Verhalten zeigen.
Meiner Meinung nach verhalten sie sich wie Erdtermiten, kaum wird ein Loch ins Nest gerissen, wird diese Stelle sofort verlassen und weitestgehend die aufgerissenen Gänge verschlossen. Nur zum Schwarmflug öffnen sie ihre Tore, und nur die Nestkuppel wird belaufen, und das super nervös.

Ausschlaggebend könnte eher die Lebensweise und Habitatwahl sein. Wurzelläuse leben nunmal unter der Erde. Vielleicht kann man sagen, dass Lasius flavus sich zwar auf das unterirdische Leben spezialisiert hat, aber während dieser Spezialisierung das oberirdische Leben nicht verlernt hat.

In der Natur gibt es normalerweise keinen Grund an die Oberfläche zu gehen (ausser zum Schwarmflug), wenn sie unterirdisch alles bekommen was sie brauchen. Wenn es doch erforderlich ist, dürfte das Hindernis zur erfolgreichen oberirdischen Lebensweise in der Form anderer Ameisenarten vorliegen, und nicht darin, dass Lasius flavus die Helligkeit meidet, bzw. oberirdisch nicht überleben kann weil sie nicht mehr das Rüstzeug dafür hat.
Gewiss darf man dieser Art nicht unterstellen, dass sie nicht wissen wie man sich auf der Oberfläche zu verhalten hat - oder doch? Allerdings ist ihr Wesen auf der Oberfläche komplett fehl am Platz und daher sind sie in ihrem Tun eingeschränkt. Die Spezialisierung auf Wurzelläuse hat sie nunmal zu Bergwerkleuten gemacht, sie können komplett auf die "grüne Hölle" da draußen verzichten, mit all ihren Gefahren. Aber genau das ist auch der Punkt, wie ich finde, und daher denke ich, wäre Lasius flavus an Stelle einer Lasius niger Kolonie mit oberirdischen Verhaltenmuster bald Geschichte, weil sie diesen Konkurenzdruck nicht aushalten könnten. Durch ihre etwas plumpe Bewegungsart und ihren kleinen Facettenaugen sind sie nicht in der Lage zu jagen, sie wären also auf Aas angewiesen. Allerdings kommen wir da wieder auf den entscheidenden Punkt, andere Ameisen würden ihnen zeigen, wie es in der "grünen Hölle" zu leben hat.
Wenn man etwas Freilandbeobachtung macht, wird man immer wieder feststellen müssen, dass Lasius flavus ganz unten in der Hierarchie steht und permanent erbeutet wird, wenn sich die Situation ergibt. (Die Serviformica clara im Garten sammeln regelrecht Lasius-Ameisen ein, packen zwei bis drei tote Lasius zwischen die Mandibeln und "ab nach Hause damit". Meistens transportieren sie aber flavus-Leichen, die zupfen sie wohl aus den Löchern, die sie selber öffnen.)

Letzendlich frage ich mich dann, wie will man später sagen können, dass nicht andere Parameter wie bspw. Temperatur und Luftfeuchtigkeit, oder die individuelle Legeleistung einer Königin (je nach Dauer des Versuchs nur in den ersten paar Jahren - oder aber untersucht über 15+ Jahre?) für das Ergebnis der Beobachtungen entscheidend waren.

Die Underground-Kolonie wird mit den selben Temperaturen gehalten, wie die regulären Kolonien auch. In dieser Hinsicht sollte es also keine Unterschiede zur Overground-Kolonie geben. Ausschließen kann man sowas nie, doch sollte es hier keine Schwankungen zwischen den Kolonien geben. Was die Legeleistung der Gynen betrifft, so kann man hier nicht viel dazu sagen. Bisher waren alle Versuchs-Kolonien in diesem Projekt zeitgleich in der Entwicklung, bloß die Pleometrose-Kolonie war um ein bisschen stärker, aber nicht relevant.
Es geht ja nicht nur um die Entwicklung, sondern auch um das Verhaltensmuster. Da dieses Projekt noch sehr jung ist, kann ich an dieser Stelle noch nicht viel dazu sagen.

Fakt ist, und das war mitunter der größte Grund dieser Underground-Studie, dass Lasius flavus Kolonien bei gewöhnlicher Haltung bald ein Verhaltensbild wie Lasius niger zeigten. Sie haben gewiss nicht diese Aggressivität und Dominanz, aber sie suchen außerhalb nach Nahrung und gewöhnen sich scheinbar auch an das Tageslicht, was sie vorher meideten und dann doch zwecks überleben widerwillig durchzogen.
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#46 Re: Lasius flavus Underground-Studie

Beitrag von Sajikii » 24. Mai 2016, 19:32

Sajikii hat geschrieben:Es geht ja nicht nur um die Entwicklung, sondern auch um das Verhaltensmuster. Da dieses Projekt noch sehr jung ist, kann ich an dieser Stelle noch nicht viel dazu sagen.


Sobald die Underground-Kolonie an Arbeiterinnen zugelegt hat, möchte ich das zielführende Nestsystem fertig stellen. Und zwar ist geplant, dass die Kolonie, wie gehabt durch ihre Futterkammern (also im weiterem Sinne die Wurzellausherden) unterirdisch gefüttert wird und eine Schlauchverbindung zu einer Miniarena führt, die quasi dem Tageslicht ausgesetzt wird. Im besten Falle hänge ich noch eine zweite Kolonie an diese Arena an, eben solche Ameisen die nicht in ihre dünnen Schläuche passen, wie z.B. Camponotus vagus oder Serviformica clara.
Mit dieser Art von Formicarium kann man dann sicher eher feststellen, welche Prioritäten flavus in der Haltung wirklich hat, und inwiefern man dann zukünftig wesensgemäßer auf diese Art eingehen könnte. Da ich nachwievor die persönliche Ansicht pflege das Ameisen einen Rückzugsort haben sollten, der ihnen die nötige, naturgegebene Dunkelheit eines Nestes bietet.

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#47 Re: Lasius flavus Underground-Studie

Beitrag von Maddio » 24. Mai 2016, 20:34

Toll das man mit jemandem über diese Ameisenart philosphieren kann :) . Wie du im Eingangspost geschrieben hast, sie haben etwas geheimnisvolles, das trifft es ganz gut. Und sie sehen auch noch toll aus dabei ;) .

Das die Punktaugen für das Erfassen von Lichtverhältnissen zuständig sind wusste ich noch nicht, danke für die Info.

Sajikii hat geschrieben:Aber genau das ist auch der Punkt, wie ich finde, und daher denke ich, wäre Lasius flavus an Stelle einer Lasius niger Kolonie mit oberirdischen Verhaltenmuster bald Geschichte, weil sie diesen Konkurenzdruck nicht aushalten könnten. Durch ihre etwas plumpe Bewegungsart und ihren kleinen Facettenaugen sind sie nicht in der Lage zu jagen, sie wären also auf Aas angewiesen. Allerdings kommen wir da wieder auf den entscheidenden Punkt, andere Ameisen würden ihnen zeigen, wie es in der "grünen Hölle" zu leben hat.


Das hatte ich ja eigentlich auch so geschrieben:
Maddio hat geschrieben:Wenn es doch erforderlich ist, dürfte das Hindernis zur erfolgreichen oberirdischen Lebensweise in der Form anderer Ameisenarten vorliegen, und nicht darin, dass Lasius flavus die Helligkeit meidet, bzw. oberirdisch nicht überleben kann weil sie nicht mehr das Rüstzeug dafür hat.


Auf den Punkt gebracht will ich damit sagen, wenn es auf einer Wiese nur Lasius flavus geben würde und keine andere Ameisenart und dazu keine unterirdischen Nahrungsquellen, so glaube ich wären sie in der Lage erfolgreich zu sein. Mal ehrlich, wie viele einheimische Arten jagen wirklich? Die Beseitigung von Aas dürfte bei dem Großteil der heimischen Arten gegenüber der aktiven Jagd den Löwenanteil ausmachen.

Das ist natürlich nur eine hypothetische Situation, und soll nur meine Sichtweise verdeutlichen, dass es nicht die Dunkelheit ist, die Lasius flavus sucht, sondern ihre angestammte ökologische Nische im Vordergrund steht. Das ist dann aus meiner Sicht das Leben im von Rasen bedeckten Erdreich. Aber welche Faktoren sind hier die Entscheidenden? Das man vielen epigäisch fouragierenden Arten aus dem Weg geht? Oder die vorhandenen Wurzelläuse? Oder doch die Dunkelheit?

Sajikii hat geschrieben:Wenn man etwas Freilandbeobachtung macht, wird man immer wieder feststellen müssen, dass Lasius flavus ganz unten in der Hierarchie steht und permanent erbeutet wird, wenn sich die Situation ergibt.


Ja, im Seifert steht z.B. auch das diverse Myrmica die Lasius flavus gerne als Zubrot nehmen. Ich würde das trotzdem etwas differenzierter betrachten. Nehmen wir Formica fusca, diese stehen auch weit unten in der Hierarchie. Sie haben als Problemlösung Fluchtstrategien entwickelt. Bei Lasius flavus läuft es anders ab, sie werden in großer Zahl erbeutet.

Das führt mich zu dem was ich bei Lasius flavus als zentrales Merkmal dieser überaus erflogreichen und weitverbreiteten Art sehe: Die starke Vermehrung. Laut Seifert können die Kolonien deutlich volkreicher als bspw. Lasius niger werden. Die Königinnen sind also eine Wucht. Dazu kommt, dass es mehrere pro Volk sein können.

Ich denke daher die Strategie steckt ganz einfach darin die Verluste durch hohe Brutproduktion zu kompensieren.

Sajikii hat geschrieben:Es geht ja nicht nur um die Entwicklung, sondern auch um das Verhaltensmuster.


Das dürfte in der Tat interessant werden!

Sajikii hat geschrieben:Fakt ist, und das war mitunter der größte Grund dieser Underground-Studie, dass Lasius flavus Kolonien bei gewöhnlicher Haltung bald ein Verhaltensbild wie Lasius niger zeigten. Sie haben gewiss nicht diese Aggressivität und Dominanz, aber sie suchen außerhalb nach Nahrung und gewöhnen sich scheinbar auch an das Tageslicht, was sie vorher widerwillig meideten und dann doch zwecks überleben durchzogen.


Das sie sich wie Lasius niger verhalten, kann ich nicht bestätigen. Als Vertreter der Gattung Lasius gibt es gewiss Ähnlichkeiten, aber ich habe Lasius niger auch schon gehalten und für mich bestehen große Unterschiede. Lasius flavus auf die unterirdische Lebensweise zu reduzieren geht mir da ehrlich gesagt nicht weit genug.

Ich denke man sollte sie auch gar nicht mit Lasius niger vergleichen, sondern einfach für sich nehmen wie sie sind als Art. Als Gründerkolonie sind die Lasius flavus sie sehr genügsam und zurückhaltend. Wenn die Kolonie größer wird, wird aber intensiv fouragiert. Ameisen welche nun in eine große Kolonie hinein geboren werden, müssen keine Scheu ablegen, um in der Helligkeit der Arena nach Nahrung zu suchen, sondern sie tun es einfach. Von daher glaube ich nicht, dass sie es vorher "widerwillig gemieden" haben, sondern sich als Gründerkolonie einfach anders verhalten als wir es von Lasius niger gewohnt sind, und wir als Halter die falschen Schlüsse daraus ziehen.

Sajikii hat geschrieben: Im besten Falle hänge ich noch eine zweite Kolonie an diese Arena an, eben solche Ameisen die nicht in ihre dünnen Schläuche passen, wie z.B. Camponotus vagus oder Serviformica clara.
Mit dieser Art von Formicarium kann man dann sicher eher feststellen, welche Prioritäten flavus in der Haltung wirklich hat, und inwiefern man dann zukünftig wesensgemäßer auf diese Art eingehen könnte.


Ähnliche Pläne hatte ich mit Formica fusca, die ich mit den Lasius flavus in einem Gesellschaftsbecken halten wollte. Diese Pläne habe ich dann aber wieder verworfen.

Ich muss aber sagen, Camponotus vagus sind ein Todesurteil für die Lasius flavus. Eine agressiver und kampfstärkere Ameisenart gibt es doch kaum in unseren Breiten.

Für mich ergibt sich dann auch keine Erkenntnis die man aus einer solchen Konstellation ziehen könnte. "Lasius flavus meidet die helle Arena weil dort Camponotus vagus auf leichte Beute lauern." Liegt es dann an der Helligkeit oder einer extrem überlegenen und agressiven Ameisenart?

Sajikii hat geschrieben:Da ich nachwievor die persönliche Ansicht pflege das Ameisen einen Rückzugsort haben sollten, der ihnen die nötige, naturgegebene Dunkelheit eines Nestes bietet.


Diese Ansicht vertrete ich auch :) .
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#48 Re: Lasius flavus Underground-Studie

Beitrag von Sajikii » 24. Mai 2016, 21:56

Auf den Punkt gebracht will ich damit sagen, wenn es auf einer Wiese nur Lasius flavus geben würde und keine andere Ameisenart und dazu keine unterirdischen Nahrungsquellen, so glaube ich wären sie in der Lage erfolgreich zu sein. Mal ehrlich, wie viele einheimische Arten jagen wirklich? Die Beseitigung von Aas dürfte bei dem Großteil der heimischen Arten gegenüber der aktiven Jagd den Löwenanteil ausmachen.

Ich verstehe natürlich deine Ansichten, allerdings ist es eben ein "wenn, würde, wäre"-Denken und wird so nie statt finden. Die flavus wissen einfach das außerhalb des Nestes der Tod wartet, selbst wenn die ganze Wiese voller flavus wäre, so gebe es immer noch genug Jäger die ihnen die Overground-Party vermiesen würden.
Klar, Aas vertilgen gehört zu einer der größten Aufgaben der Ameisen in der Natur, daher auch der Begriff Gesundheitspolizei. Dennoch, hast du jemals ein Stück Natur betreten, wo du keine jagenden Ameisenarten gesehen hast? Und wenn es mal keine Ameise ist, so gibt es ja noch genügend andere Jäger, die liebend gerne so blinde Ameisen fressen würden, findest du nicht?

Das ist natürlich nur eine hypothetische Situation, und soll nur meine Sichtweise verdeutlichen, dass es nicht die Dunkelheit ist, die Lasius flavus sucht, sondern ihre angestammte ökologische Nische im Vordergrund steht. Das ist dann aus meiner Sicht das Leben im von Rasen bedeckten Erdreich. Aber welche Faktoren sind hier die Entscheidenden? Das man vielen epigäisch fouragierenden Arten aus dem Weg geht? Oder die vorhandenen Wurzelläuse? Oder doch die Dunkelheit?

Natürlich, die Sichtweise ist verständlich. Es ist ja oft so in der Evolution, dass Spezialisten sich der favorisierenden Nahrung komplett anpassen. In diesem Falle ist es schlicht und einfach die Wurzellaushaltung, die die flavus in den Untergrund brachte. Dennoch ist sie in weiterer Folge, meiner Meinung nach, jetzt so sehr an die Wurzelläuse spezialisiert, dass die Dunkelheit, wie das Amen im Gebet, für flavus zur Lebensweise dazu gehört. Klar ist dies auch eine dadurch entstandene ökologische Nische, das macht Spezialisten doch aus.

Ich denke daher die Strategie steckt ganz einfach darin die Verluste durch hohe Brutproduktion zu kompensieren.

Wie ich schon sagte, sie erinnern mich total an Erdtermiten. Diese Termiten wagen sich ja auch nur eher nachts, bestens aber gar nicht an die Oberfläche und graben lieber meterlange Tunnel um an die Nahrung zu gelangen.

Das sie sich wie Lasius niger verhalten, kann ich nicht bestätigen. Als Vertreter der Gattung Lasius gibt es gewiss Ähnlichkeiten, aber ich habe Lasius niger auch schon gehalten und für mich bestehen große Unterschiede. Lasius flavus auf die unterirdische Lebensweise zu reduzieren geht mir da ehrlich gesagt nicht weit genug.

Hier habe ich mich wohl etwas missverständlich ausgedrückt. Klar kann man flavus nicht mit niger vergleichen, war aber für den ersten Gedanke ausreichend genug zu erläutern, dass ich eine aktive Ameise meinte, die stets an der Oberfläche unterwegs ist.
Hm... du musst mir dann aber erklären, was für ein typisches Verhalten flavus für dich hat? Wenn du flavus nicht auf die unterirdische Lebensweise mit der Wurzellaushaltung reduzieren möchtest ("reduzieren" ist wohl ein ungünstig gewähltes Wort, für mich ist es einfach Tatsache das sie so leben, wie ich am Startbeitrag schon schrieb, ist diese Art sehr interessant, allerdings sind das ja eigentlich alle Arten), wie würdest du sonst diese Art mit wenigen Worten beschreiben?

Ich denke man sollte sie auch gar nicht mit Lasius niger vergleichen, sondern einfach für sich nehmen wie sie sind als Art.

In der Tat, das mache ich. Daher auch die laienhaften Bemühungen, ihre Lebensweise hobbymäßig zu beobachten und aufzuzeichnen.

Von daher glaube ich nicht, dass sie es vorher "widerwillig gemieden" haben, sondern sich als Gründerkolonie einfach anders verhalten als wir es von Lasius niger gewohnt sind, und wir als Halter die falschen Schlüsse daraus ziehen.

Soweit ich mich erinnern kann, gab es im Jahre Schnee mal einen Haltungsbericht über eine flavus-Kolonie. Anfangs waren sie nur nachts außenaktiv, später trauten sie sich aber auch tagsüber in die Arena und wurde schlußendlich zur Gewohnheit. Daraus schließe ich ganz einfach, dass diese Ameisen gerne im Schatten der Dunkelheit leben möchten und ich ihnen in Wahrheit dies nicht nehmen möchte.

Ich muss aber sagen, Camponotus vagus sind ein Todesurteil für die Lasius flavus. Eine agressiver und kampfstärkere Ameisenart gibt es doch kaum in unseren Breiten.

Für mich ergibt sich dann auch keine Erkenntnis die man aus einer solchen Konstellation ziehen könnte. "Lasius flavus meidet die helle Arena weil dort Camponotus vagus auf leichte Beute lauern." Liegt es dann an der Helligkeit oder einer extrem überlegenen und agressiven Ameisenart

Ich würde wenn dann Ameisen wählen, die ich mittlerweile halte und nicht in die dünnen Schläuche der flavus-Kolonie eindringen können. Ich werde jetzt nicht extra eine weitere, andere große Art wegen diesem Projekt heranziehen, außer mir läuft etwas über den Weg und ich bin gut gelaunt. Eine Festlegung der Art fand außerdem noch nicht statt.
Mir ist bewusst das vagus eine aggressive Ameise ist, ich konnte sie schon mehrfach im Freiland beobachten und weiß, zu was sie in der Lage ist. Aber ehrlich, welche jagende Ameisenart ist nicht hochgradig gefährlich für die flavus? Ich würde auch niemals die Miniarena zur Hauptarena der zweiten Kolonie machen, Gott behüte!
Da das alles noch in den Sternen steht, ist es auch etwas voreilig von dir, hier schon Urteile zu ziehen.

Aber ja, helle Overground-Arena mit Gefahrenpotential, genau die Situation was sie in der Natur auch ständig vorfinden... warum ist das so verkehrt? Im besten Falle wird diese Arena nicht mal aufgesucht, der Ausgang zugebaut. Das wäre für mich Antwort genug. Findest du nicht?

Ich finde es wirklich toll das hier wieder mehr geschrieben und diskutiert wird, allerdings übersteigt gerade das Maß der Diskussion das Potential der Hobby-Untersuchung. Ich finde nur diesen Ansatz und die Grundidee dieser "Studie" sehr nett und unterhaltsam, außerdem sollte es die Art Lasius flavus mehr ins Rampenlicht rücken.
Vielleicht möchte ja Safiriel irgendwann mal etwas noch dazu schreiben, wenn sie wieder Internetzugang hat.

Gute Nacht :)
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