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Ameisen nehmen überbrühte Insekten nicht an

Futtertiere, Futtertierhaltung, Diskussion, sonstige Ãœberlegungen und Ideen
Wayofthesix
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#1 Ameisen nehmen überbrühte Insekten nicht an

Beitrag von Wayofthesix » 24. April 2018, 23:38

Hallo liebe Leser des Ameisenforums,

ich habe nun seit gut einem halben Jahr eine kleine Kolonie Camponotus nicobarensis und bin auf ein kleines Problem gestoßen.
Bis vor ein paar Tagen habe ich den Ameisen immer nur überbrühte Insekten gegeben, aus Angst vor Milben.
Von Mehlwürmern über Heimchen, bis hin zu meiner derzeitigen Schokoschaben-Zucht.
Der Andrang war nie wirklich hoch aber da ich bis jetzt noch nie eine wirkliche Relation zu anderen Kolonien hatte,
war mir nicht bewusst wie "widerwärtig" sie das Essen wohl fanden :`D
Es ist mir aufgefallen, als ich den Ameisen mal eine paar Spinnen und eine Schnarke gefangen habe, denn diese Tiere worden komplett verwertet,
während die überbrühte Schokoschabe unberührt daneben lag. Als ich das realisierte, gab ich ihnen einfach nur zerschnittene Schaben und siehe da, sie LIEBTEN es.
Wo ich kurz vorher noch alle 2 Tage eine fast vollständige Schokoschabe entfernen musste, gibt es nun JEDEN Tag nur noch Chitin-Panzer zum entnehmen.
Der Unterschied ist gewaltig.
Ich denke zukünftig wird die Kolonie auch deutlich schneller wachsen.

Habt ihr auch schon ähnliche Erfahrungen gemacht?
Bis jetzt habe ich immer nur überall gehört man solle die Tiere einfrieren und/oder überbrühen aber meine Ameisen scheinen das nicht zu mögen.
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#2 Re: Ameisen nehmen überbrühte Insekten nicht an

Beitrag von Ameisenstarter » 25. April 2018, 00:15

Ich habe, ebenfalls mit Camponotus nicobarensis, auch positive Erfahrungen mit "frischem" Futter gemacht. Während ich anfangs Mehlwürmer und Puppen überbrüht habe, die meist kaum angerührt wurden, bin ich nun auf frische Mikroheimchen umgestiegen.
Seitdem ich diese füttere, wird das Futter gleich ins Nest gebracht und nicht nur Säfte aufgenommen, ich muss weniger häufig füttern bzw. einmal füttern reicht länger und ich muss nicht alle 2 Tage ein neues Futtertier (wie bei den Mehlwürmern damals) geben, die Brutzahl ist gestiegen (momentan größte Puppenzahl seit ich die Kolonie habe, wobei das zum Teil bedingt durch einen wieder eingedämmten Milbenbefall und der danach folgenden Temperaturerhöhung ist) und die Aktivität in der Arena ist stark gestiegen.

Interessant an der ganzen Geschichte ist meiner Meinung nach, dass meine Ameisen bei abgekochtem Futter Milben bekamen (bzw. sich diese vermehrten) und sie seit dem frischen Futter wieder milbenfrei, aktiver denn je und mit viel Brut ausgestattet sind.

Ob Abkochen wirklich Milben verhindern kann ist fragwürdig, denn es gibt Halter, die trotz frischem Futter nie großartig Probleme mit Milben hatten, sowie wieder andere trotz Einfrieren etc. einen Befall erleben.
Früher oder später wird aber wohl fast jeder Ameisenhalter einmal mit Milben zu tun haben, wobei das nicht das Ende einer Kolonie heißen muss. (Soweit ich mich erinnere hat Erne dazu kürzlich erst etwas Gutes verfasst)


Meine anderen Kolonien (Myrmica cf. ruginodis und Serviformica sp.) werde (und tue) ich übrigens auch ausschließlich mit unüberbrühten Insekten füttern.

Letztendlich muss aber jeder für sich entscheiden, wie er die Fütterung regelt.

Liebe Grüße :)
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Kalinova

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#3 Re: Ameisen nehmen überbrühte Insekten nicht an

Beitrag von Kalinova » 25. April 2018, 07:28

Ich konnte die selben Beobachtungen machen, Frisch>TK>Überbrüht ist zumindest bei meinem Volk idR die Beliebtheutsskala bei meinen C. cosmicus.
Einzige Ausnahme waren Mehlwürmer, das teste ich aber nochmal in absehbarer Zeit.

Da ich aber keine Futtertierzucht machen kann, müssen die TK Fliegen reichen. Frisches gibt es wenn sich was in die Wohnung verirrt was weniger als 8 Beine hat oder ich mal glück bei der jagt hatte.

Das Milbenrisiko ist nich allein durch die Futtertiere zu bestimmen, diese können auch durch neue Dekoobjekte eingebracht werden und vielleicht auch durch Lücken in der Anlage. Wenn zum Beispiel kein Deckel auf der Arena liegt, wobei da die Frage ist wie mobil Milben eigentlich sind. Auch die Befeuchtung ist ein Faktor, daher schätze ich die gefahr von Milben bei meinem Volk in trockener Haltung sehr gering ein (funktioniert natürlich nicht bei jeder Art).

Gruß Kalinova


Meine erste Ameise: Lasius niger -> weisellos abgegeben für Chthonolasius Gründungsversuch
Aktuelles Volk: Camponotus cosmicus

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Johndoe
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#4 Re: Ameisen nehmen überbrühte Insekten nicht an

Beitrag von Johndoe » 25. April 2018, 11:36

Es kommt halt auch immer darauf an wie lange man überbrüht. Überbrühen nicht kochen ist das Motto. Klar dass sie nicht überbrühte Insekten lieber mögen, da die Hämolymphe so nicht denatuiert ist, aber das Milbenrisiko steigt halt in Relation mit. Ich überbrühe immer, auch die Insekten die ich in der Wohnung fange. Fliegen tauche ich für 4-5 Sekunden in frisch kochendes Wasser, dann in kaltes. So hat das innere der Fliege die geringste denatuierung und gleichzeitig sind die Milben an der Oberfläche tot. Ich habe letztens erst eine Milbe (vermutlich eine rote Samtmilbe) an einer im Garten gefangenen Schwebefliege entdeckt, die kommen also nicht nur überwiegend bei Zuchttieren vor.
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Wayofthesix
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#5 Re: Ameisen nehmen überbrühte Insekten nicht an

Beitrag von Wayofthesix » 26. April 2018, 15:55

Danke für eure Antworten!

Es ist schön zu hören, dass meine kleinen keine Ausnahme sind :`D
Also ich persönlich gebe die Schaben in einen Messbecher und fülle da ein wenig Wasser aus dem Wasserkocher rein, schütte das ganze dann direkt wieder ab.
Ob das wohl zu viel war?
Nun gut, ich habe meine eigene Schaben-Zucht und kann relativ sicher sein, dass ich keine Milben habe.
Zudem halte ich meine C. nicobarensis sehr trocken, was sie bis jetzt auch am liebsten hatten. Kommt mir entgegen :)
Ich denke deswegen werde ich mir nun einfach keine Sorgen machen und ihnen die Insekten so servieren, wie sie es am liebsten mögen: Noch halb lebendig :P

Letztendlich muss ich sagen, ich hatte von Anfang an mehr Mitleid mit den Schaben, als Angst vor Milben.
Das überbrühen geht sehr schnell und ist bestimmt nicht so schmerzhaft wie langsam gegessen zu werden.
Da muss ich als Ameisenhalter aber wohl drüber stehen? Ich gebe mir Mühe sie möglichst schnell zu töten aber das ist nicht immer einfach.



Johndoe
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#6 Re: Ameisen nehmen überbrühte Insekten nicht an

Beitrag von Johndoe » 27. April 2018, 15:15

Wayofthesix hat geschrieben:Letztendlich muss ich sagen, ich hatte von Anfang an mehr Mitleid mit den Schaben, als Angst vor Milben.
Das überbrühen geht sehr schnell und ist bestimmt nicht so schmerzhaft wie langsam gegessen zu werden.
Da muss ich als Ameisenhalter aber wohl drüber stehen? Ich gebe mir Mühe sie möglichst schnell zu töten aber das ist nicht immer einfach.


Falls Schaben Schmerz wie wir empfinden können, was angesichts des rudimentären Nervensystems und Gehirns bei Insekten wohl eher zu verneinen ist. Will jetzt keine Diskussion oder Vortrag über Schmerz halten, sonst bricht hier gleich ne Diskussion aus und Schmerz und dessen Ursache gehört zu den komplexesten Themen in der Medizin und Wissenschaft und wenn man ehrlich ist kann man auch heutzutage nicht zu 100% sagen das Tier spürt Schmerz und das Tier nicht. Allerdings gibt es selbst Menschen die kein Schmerzempfinden haben z.B. durch die Krankheit HSAN oder auf Englisch Cipa und Schmerzempfinden durch mechanische Reize wird beim Menschen hauptsächlich durch Nozizeptoren ausgelöst, welche Insekten nicht haben. Es gibt sogar bei normalen Menschen Organe die gar kein Schmerzempfinden haben, da sie gar nicht mit dem Nervensystem verbunden sind, Herzschmerz gibt es z.B. gar nicht, da das Herz keine Schmerzsignale an das Gehirn leiten kann. Die Schmerzen bei einem Herzinfarkt kommen nicht vom Herzen. Voraussetzungen für Schmerzen sind also zum einen erstmal eine Verbindung der jeweiligen Körperstelle mit dem Nervensystem, Nervenenden wie z.B. die Nozizeptoren welche Schmerzsignale an das Gehirn leiten und anschließend ein Gehirn welches so aufgebaut ist dass es auch die ankommenden Signale als Schmerz erkennt und signalisiert. Erst wenn alle 3 Voraussetzungen erfüllt sind, können wir überhaupt Schmerz spüren, fehlt eine davon spüren wir nichts.

Insekten haben meist ein rudimentäres Nervensystem was sowieso nicht in allen Körperteilen verzweigt ist, soweit ich weiß keine den Nozizeptoren ähnliche Nervenenden welche ein Schmerzempfinden ausstrahlen und ein Gehirn welches so einfach gestrickt ist dass es vermutlich nicht zu einer solch komplexen Signalumwandlung in der Lage ist, bzw. das Tier nicht Schmerz in der Form wahrnimmt wie wir Menschen. Nur weil ein Insekt auf Berührung reagiert bedeutet es nicht dass es auch Schmerzen wahrnimmt, Berührungsempfinden ist nicht automatisch auch Schmerzempfinden. Als mir der Kieferchirurg damals als Teenager bei vollem Bewusstsein mein Zahnfleisch aufgeschnitten hat und meine 4 Weisheitszähne rausgeholt hat, habe ich die Schnitte und das schaben am Zahn auch "gespürt" aber hatte eben nur ein Druckgefühl in der Form "Ah da schneidet er also gerade", aber keinen Schmerz.

Auch ist die Frage ob es überhaupt von Vorteil ist dass Insekten Schmerz spüren. Schmerz hat einen Zweck, das jeweilige Tier vor Gefahren zu warnen und am Leben zu halten. Beim Menschen der nur wenige Nachkommen zeugt, lange braucht sich zu entwickeln und sehr alt wird, macht es Sinn das einzelne Individuum möglichst lange am Leben zu erhalten und durch Schmerzempfinden auf mögliche Schädigungen des Körpers aufmerksam zu machen, damit das jeweilige Tier/Mensch Gegenmaßnahmen einleiten oder ein schädigendes Verhalten unterlassen kann. Bei Insekten die sich sowieso extrem schnell vermehren, hunderte bis tausende Nachkommen haben und meist nur wenige Wochen/Monate oder 2-3 Jahre leben, ist das oft nicht wirklich nötig, da sie eben entbehrlich sind. Natur ist da sehr effizient, wenn es keinen Nutzen bringt dann hast du es meistens auch nicht.

Kurz und knapp zusammengefasst "Unwahrscheinlich dass es den Schaben wehtut, also kein Grund sich deswegen schlecht zu fühlen"
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ReliAnt

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#7 Re: Ameisen nehmen überbrühte Insekten nicht an

Beitrag von ReliAnt » 8. Mai 2018, 17:35

Kurz und knapp zusammengefasst "Unwahrscheinlich dass es den Schaben wehtut, also kein Grund sich deswegen schlecht zu fühlen"


Diese Frage hat mich auch sehr interessiert und speziell auch mit dem Blick auf Ameisen und nicht nur Futtertiere.
Nach so einigem an Recherchen hierzu wurde ich letztlich in einem Buch von anerkannten Mymekologen fündig:

Ameisen sind nicht in der Lage Schmerz zu empfinden.
(Hölldobler, Bert, Wilson, Edward O. (2016): Auf den Spuren der Ameisen, 3. Aufl., Berlin Heidelberg: Springer)

Selbstverständlich ist dies kein Freifahrtschein für verachtenswerte Handlungen.
Persönlich respektiere ich das Leben jedes einzelnen Tieres so sehr, dass ich darüber schon so manches Streitgespräch mit meiner Frau hatte. ;)



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#8 Re: Ameisen nehmen überbrühte Insekten nicht an

Beitrag von Johndoe » 8. Mai 2018, 23:20

ReliAnt hat geschrieben:

Selbstverständlich ist dies kein Freifahrtschein für verachtenswerte Handlungen.
Persönlich respektiere ich das Leben jedes einzelnen Tieres so sehr, dass ich darüber schon so manches Streitgespräch mit meiner Frau hatte. ;)


Natürlich, ein verantwortungsvoller Umgang mit Tieren ist ja nicht nur eine rein biologische sondern auch ethische Frage. Nur weil es der Ameise/dem Insekt keine Schmerzen zufügt, ist absichtliches Misshandeln meiner Meinung nach dennoch moralisch verwerflich. Die Frage ist nur wann es ok ist und wann die Grenze der Verwerflichkeit beginnt. Ich sehe es dann als verwerflich an wenn die Tat keinerlei Nutzen hat und die Handlung wirklich nur auf die Belustigung abzielt. Ameisen wie in der Natur lebende Insekten zu verfüttern finde ich nicht verwerflich, da es das Insekt nicht quält und als Nutzen die natürlichste Art der Nahrungsbeschaffung darstellt und darüber hinaus einen Erkenntnisgewinn über das Jadgverhalten der jeweiligen Ameisenart aufzeigt. Zudem ist es für Ameisen einfacher nicht denaturierte Hämolymphe aufzunehmen, da die Imagos im Gegensatz zu den Larven bekanntlich keine Feststoffe aufnehmen können.
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