Hallo,

ich beschäftige mich seit kurzem mit Ameisen und hatte eigentlich geplant nächstes Jahr nach der Winterruhe mit Messor anzufangen.

Jetzt hatte ich gestern ausversehen beim Kartoffel ernten ein Ameisennest freigelegt. Hab dann natürlich erstmal nicht weiter gebuddelt. Die Art wurde höchstwahrscheinlich als Lasius flavus identifiziert. Ich hänge die Bilder nochmal unten dran. Eigentlich hatte ich gar nicht daran gedacht mir jetzt eine Königin zu sammeln, aber nachdem das erwähnt wurde in meinem Bestimmungsthread, reizt es mich ja doch etwas.

Jetzt bin ich natürlich noch gar nicht richtig vorbereitet und ausgestattet. Habe eben schonmal in der Apotheke wegen Reagenzgläsern gefragt, aber die hatten keine. Hab aber noch die Gläser wo mal Vanilleschoten drin waren. Die sind ca 16cm lang und im Durchmesser etwa 1,3cm. Reicht das von der Größe oder eventuell zu groß/klein? Weiß jetzt gerade nicht die Maße eines normalen Reagenzglases.

Wie geht es dann weiter? Wieviel Wasser mache ich hinten in das Reagenzglas, bevor ich es mit Watte verschließe? Manche starten wohl auch mit 2 Königinnen bei Lasius flavus. Was macht denn mehr Sinn? Mit 1 oder 2 Königinnen starten? Und wenn mit 2, kommen die dann erstmal beide in das gleiche Reagenzglas oder jede in ein eigenes? Wie lange können die erstmal in dem Reagenzglas bleiben? Ich müsste ja erstmal eine Arena und Farm usw. besorgen.

Und die Königinnen erkenne ich dann daran, dass sie einfach die größten sind die da rum laufen oder gibt es noch andere Hinweise und woran erkenne ich denn ob sie begattet wurde?

Was mir ja etwas Gedanken macht ist der spätere Platzbedarf. Man liest ja immer das Lasius flavus recht große Kolonien mit vielen Arbeiterinnen bildet. Wie groß müsste denn später so eine Arena und Farm/Nest sein? Oder reguliert sich das selber, dass wenn kein Platz mehr ist, die Kolonie nicht mehr wächst? Will ja einerseits die Kolonie nicht nach kurzer Zeit wieder abgeben müssen, weil ich keinen Platz habe, andererseits möchte ich auch nicht das ganze Wohnzimmer mit Lasius flavus voll haben. Hätte ja später schon gerne noch 1 oder 2 andere Arten. Dazu gleich die nächste Frage. Das klingt jetzt vielleicht blöd, aber stören sich die Ameisen daran, wenn zb auf dem gleichen Tisch oder Sideborad oder Formicarien mit anderen Ameisen stehen oder ist das denen egal? Nicht dass die sich daran stören, weil die Konkurrenz direkt daneben steht.

So, ich denke das waren dann vorerst erstmal meine Fragen. Ein wenig eingelesen hatte ich mich zwar schon, aber wenn man jetzt vor der Entscheidung steht nachher doch mal zu gucken, ob da eine Königin rumkrabbelt, fühlt man sich doch etwas unsicher.

Hoffe ihr könnt mir da weiterhelfen.

Zunächst zum Reagenzglasnest: Guck mal an den Anfang meiner Haltungsberichte, da siehst du einige Beispiele für Reagenzglasnester.
Gut ausgespült tut es natürlich auch das Glas der Vanilleschote.
Apotheken können die Dinger auch bestellen, dauert in der Regel etwa 4h oder bis zum nächsten Tag, meine Apo nimmt 20 Cent das Stück.

Wie groß der Wassertank und wie groß die Brutkammer am Ende werden ist zweitrangig. Verwendest du mehr vom Platz für den Tank hält das Wasserreservoir länger. Mindestens 2 cm Länge braucht die Königin noch, aber je kleiner die Brutkammer, desto schneller wird das Nest auch zu klein.
Über den Daumen gepeilt mache ich das Reagenzglas bei Lasius etwa halb mit Wasser voll, das Nest reichte dann bei mir immer über 1 Jahr lag aus.
Sobald erste Arbeiterinnen geschlüpft sind, brauchst du noch eine kleine Arena, hierfür werden gern kleine Lebensmitteldosen genommen. Die kann man verschließen und als "Auslauf" reicht das auch eine ganze Weile. Hier kannst du dann Futter (Zucker zB als Honig und Proteine zB. kleine Fliegen) anbieten. Mit etwas Paraffinöl (auch aus der Apo) kannst du den Rand gegen das Weglaufen der Ameisen sichern.

Noch etwas zu den Lasius cf. flavus:
Warum cf.? Weil wir nicht sicher wissen, ob es wirklich Lasius flavus sind. Es gibt auch andere gelbe Lasius, auch wenn Lasius flavus davon am häufigsten sind. Die Gattung (Lasius) wird übrigens immer groß geschrieben, die Art (flavus) hingegen immer klein.
Lasius flavus verbringen die meiste Zeit ihres Lebens unterirdisch, es empfiehlt sich also zumindest das Nest abzudunkeln. Am einfachsten geht das mit einem Stück Pappe oder Alufolie.

Klick dich doch einfach mal durch den Wissensteil vbseiten.php?id=12 , da steht eigentlich alles drin was ich hier aufgezählt habe und noch einiges mehr!

Hab dir mal ein Bild von meinen Lasius flavus aus diesem Jahr herausgesucht. Das Bild ist schon einige Wochen alt, als Untergrund habe ich einen frischen Putzlappen verwendet. Das würde ich nicht empfehlen, der schimmelt ziemlich schnell.

Du nimmst bitte für jede Königin ein eigenes Reagenzglas.
Eigentlich reicht eine aus, aber ich kann verstehen, wenn man zu Beginn Sorge hat, dass es mit einer nicht klappt.
Mit zweien wirst du aber ausreichend versorgt sein und kannst obendrein noch beobachten ob sich die Kolonien unterschiedlich schnell entwickeln.
Die Königinnen sind die großen dicken, in der Regel gilt: Wenn sie ihre Flügel abgeworfen haben sind sie begattet, haben sie ihre Flügel noch, dann wohl eher nicht. Du suchst also eine Königin ohne Flügel.

Zur Koloniegröße: Wenn du es schafft heute in einem Jahr 200 Ameisen zu haben, bist du richtig gut - und die kommen noch mit dem Reagenzglas als Nest und einem kleinen Auslauf aus.
Bis es eine große Kolonie ist, braucht es mehrere Jahre in denen nichts schief gehen darf. Lies dich hier mal durch die Haltungsberichte: Kaum einer hat hier in seinem Bericht noch eine Kolonie mit mehreren zehntausend Tieren. Das mag zum einen daran liegen, dass es irgendwann nicht mehr so spannend wird darüber zu berichten, aber auch daran, dass immer wieder Arbeiterinnen sterben und die Haltung immer mal wieder neue Herausforderungen bietet.

Das mit dem Geruch ist so eine Sache. Kolonien verändern mit ihrer Größe auch ihr Verhalten.
Nun gelten Lasius flavus als nicht besonders aggressiv, scheinen sich gerade am Anfang eher von Aas zu ernähren als jagen zu gehen.
In geschlossenen Behältern mag man es erst recht nicht so schnell bemerken, aber deine Frage ist mehr als berechtigt.
Ein Beispiel für Aggression im Wohnzimmer sind meine Lasius niger und Messor barbarus gewesen. Zwischen beiden Nestern bestimmt 5 m Luftlinie, aber eine Arena der Messor nur 2 m der Arena der Lasius entfernt. Lange geschah nichts.
dann versuchten beide Kolonien verstärkt auszubrechen. Die Messor versuchten es immer an der Stelle, die den Lasius am nächsten war. Dort kamen sie nicht raus, fanden aber schließlich einen anderen Weg.
Auch die Lasius brachen plötzlich mehrfach aus, kaum hatte ich ein "Loch" gestopft, fanden sie einen neuen Weg. Am Ende verfrachtete ich die Lasius auf den Balkon bis ich die Anlage wieder völlig dicht hätte. Ein Fehler, denn sie zogen aus und wohnen seither auf dem Balkon im Blumentopf und in einem Riss in der Wand.
Ein Jahr später (!) fand ich eine Ameisenstraße Lasius niger vom Balkon, durch das Schlafzimmer und die Diele, ins Wohnzimmer zum Nest der Messor barbarus. Dort kamen sie nicht rein, aber das soll dir zeigen, dass der konkurrenzkampf bei größeren Kolonien keinesfalls zu unterschätzen ist.

Ja, in dem Link bin ich seit heute morgen schon fleißig am lesen.

Ich habe dann mal mein Vanilleschoten-Glas vorbereitet, Bild hängt an. Hoffe das passt so. Scheint von den Maßen einem Reagenzglas in etwa zu entsprechen. Meine Apotheke würde mir das auch bestimmt bestellen, aber die hat um 13 Uhr zu Uhr heute zugemacht (war um 5 vor 1 noch schnell drin nachfragen) und macht erst Montag wieder auf. Das würde mir jetzt also heute nicht mehr helfen, falls ich heute eine Königin finden würde.

Aber es freut mich zu hören, dass die sich dann doch nicht so explosionsartig vermehren. Will ja auch nicht, dass die mir nach 1 Jahr so über den Kopf gewachsenen sind, dass ich sie wieder abgeben müsste.

Wegen der Konkurrenz macht mir das ja noch etwas Sorgen, weil ich ja schon gerne zb auch Messor hätte, welche genau hab ich mich noch nicht näher mit befasst, aber jetzt auch keine ewig große Wohnung habe. Da muss ich mir dann nochmal Gedanken machen. Oder gibt es auch Messor, die da etwas gechillter sind?

Ich mach mich dann jetzt mal auf in den garten und schau mal was da so krabbelt. Dann melde ich mich nochmal um zu gucken, was ich denn dann erwischt habe und ob es wirklich eine Königin ist.

Wenn ich eine gefunden habe die nur noch 1 Flügel hat. Kann man davon ausgehen, dass die die gerade abwirft, weil der Schwarmflug rum ist?

Finde nämlich nur welche mit 1 oder 2 Flügeln aber keine ohne. Oder dann besser morgen nochmal gucken?

Hallo,
Wenn die noch einen Flügel haben werfen sie diese gerade ab, das ist nicht schlimm. Wenn du morgen suchst kann es sein das du nichts mehr findest. Wegen dem Konkurenzkampf, Lasius cf flavus ist wie gesagt recht ruhig und auch Messor gilt als relativ friedlich.

Auf den ersten 3 Bildern sieht man die eine Königin mit einem flügel, die ich jetzt mitgenommen habe, wo sie noch draußen saß. Da war sie besser zu fotografieren. Auf dem 4. Bild sind die ich denke Arbeiterinnen nochmal hoffentlich besser zu erkennen.
Die Königin in dem oberen Reagenzglas ist die, die ich auch draußen fotografiert habe und die andere lies siech schlecht fotografieren, weil sie hinten an der Watte saß, wo es feucht ist. Da konnte die Kamera nicht scharf stellen.

Also ich gehe jetzt mal von der Größe im Gegensatz zu den kleinen gelben, davon aus, dass es sich um die Königinnen handelt.

Kann man jetzt eigentlich besser erkennen, ob es sich um Lasius flavus handelt?

Sieht das mit den Reagenzgläsern soweit eigentlich ok aus? Kommen die da nicht durch die Watte durch? Hab die jetzt nur locker vorne rein gemacht, damit die noch Luft bekommen. Hab die jetzt erstmel in eine Box gelegt, damit sie es dunkel haben.

Hallo,
RG passt, durch die Watte wollen sie normalerweise noch gar nicht durch und selbst wenn schaffen sie es normalerweise nicht. Die Gyne kann man sicher auf Cautolasius bestimmen, genaueres lassen die Bilder nicht zu.
Aber da die Einzige andere Cautolasius (Lasius myops) nur sehr selten in Deutschland ist und einen Anderen Lebensraum bevorzugt, kann man die Gynen hier als Lasius cf flavus bezeichnen.