22 Monate mit Camponotus nicobarensis

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PincoPallino

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#1 22 Monate mit Camponotus nicobarensis

Beitrag von PincoPallino » 14. Juni 2020, 18:01

22 Monate mit Camponotus nicobarensis

Hallo,
meine Nicos sind jetzt seit über einem halben Jahr im neuen Becken und ich dachte mir, es wäre an der Zeit, mal wieder ein Update zu machen.
Sie haben sich gut und schnell eingelebt, so viel kann ich wohl sagen. Und sie graben wirklich gern! Oder tun sie es doch nur, weil es nicht anders geht? Egal, auf jeden Fall tun sie es. Wenn ihr selber welche habt, probiert es doch mal aus. Ich würde gern herausfinden, ob es sich dabei evtl. um einen Mythos handelt oder ob meine einfach anders ticken.
Das Becken hat sich über die Zeit zwar merklich verändert, aber optisch nicht allzu sehr. Zwei der Pflanzen haben es nicht überlebt, aber die Schuld dafür sehe ich eher bei mir. Auch wenn sie wenig Wasser brauchen, kommen sie nicht ohne aus. Da war ich am Anfang wohl zu vorsichtig mit dem Gießen. Aber ich glaube, das habe ich nun im Griff. Zumindest wachsen die anderen Pflanzen langsam. Ein großer Teil der Erde dürfte aber trotzdem sehr trocken sein.
Gesamt.jpg
Getränke-Station.jpg
Die ausgiebigen Grabaktivitäten führen mittlerweile dazu, dass der Boden an manchen Stellen absackt. Auch die Wurzeln mancher Pflanzen sind fast freigelegt worden. Vielleicht fülle ich an manchen Stellen mal wieder ein bisschen Erde nach. Insgesamt bin ich aber total überrascht, welche Mengen an Erde sie ausgehoben haben. Ich habe alles in einem normalen Putzeimer gesammelt. Der war nach 5 Monaten fast voll. Gut, im Becken war sie stark komprimiert und draußen dann sehr luftig aufgeschichtet. Aber trotzdem erstaunlich. Den Aushub muss ich auch jetzt noch zusammen mit ihrem Müll alle 2 bis 3 Wochen entfernen. Zum Glück verhalten sie sich so, wie ich es gehofft habe. Sie bringen alles in den vorderen flachen Bereich, den ich dann mit einem Pinsel ausfegen kann. Perfekt!
Am Aushub kann man auch gut erkennen, wo sie gerade graben. Mit dem Holz sind sie durch, habe schon lange keins mehr in der Arena gesehen. Nur das DigFix haben sie noch nicht „angefasst“. Vor ein paar Tagen habe ich da zum Start ein Loch rein gebohrt. Mal sehn, ob es hilft. Alle anderen Bereiche sind mittlerweile besiedelt. Ich kann überall Gänge sehen. Die Ein- und Ausgänge sind nicht zählbar. Sie haben sie überall angelegt. Manchmal frage ich mich, ob unter der Oberfläche alles hohl ist. Die Steine halten sie bis auf die untere Ebene sehr sauber. Da landet schließlich auch das meiste Futter.
Arena links.jpg
Arena rechts.jpg
Ansonsten habe ich im Innenbereich nur noch zwei Tränken aufgestellt. Die muss ich jede Woche neu befüllen. Die anderen Tränken (2 Wasser, 2 Zuckerwasser) habe ich außen am Becken angebracht. Ich habe keine bessere Möglichkeit gesehen. Bei meinem letzten Update dachte ich, dass ich auch das letzte externe Nest bald abklemmen könnte. Falsch gedacht! Ihr allererstes Nest haben sie bis heute nicht aufgegeben, auch wenn dort seit dem Umzug so gut wie keine Brut mehr gelagert wird.. Und ich habe wirklich viel Überzeugungsarbeit geleistet. Ich habe es mit Licht und Wärme versucht. Vergeblich. Selbst Kälte habe ich ausprobiert. Auch das hat nicht funktioniert. Den Versuch habe ich auch schnell wieder abgebrochen, weil sie lieber in Kältestarre verfallen sind, als das Nest zu verlassen. Nach einer Weile sind sie dann wieder aktiv geworden. Die einzige Möglichkeit, die ich noch sehe, ist, das Nest langsam unter Wasser zu setzen. Aber das will ich nicht. Habt ihr noch eine Idee? Oder soll ich ihnen einfach ihren Willen lassen?
altes Nest 1.jpg
altes Nest 2.jpg
Wie ihr auf den Fotos sehen könnt, habe ich an den rechten Ausgang vor ein paar Wochen auch einen Schlauch angeschlossen. Ich wollte ihnen einfach mal wieder etwas Neues zum Erkunden geben. An das Ende habe ich ein Portal von AntsCanda angeschlossen. Da kann ich dann immer wieder Überraschungen für sie anklemmen. Reagenzgläser mit Leckereien oder auch Schläuche in neue Bereiche. Der königliche Nachwuchs hängt da aber auch gern ab. Manchmal ist es so voll, dass keine einzige Ameise mehr rein passt.Ob sie doch schon wieder mehr Platz brauchen?
Portal.jpg
Der Ausbruchsschutz funktioniert gut. Auch wenn die erste Barriere eigentlich überflüssig ist. Ich möchte trotzdem nicht drauf verzichten. Auf das Klebeband muss ich regelmäßig, mindestens einmal im Monat, neues Talkum auftragen. Trotzdem schaffen sie es immer wieder, auch darauf zu laufen. Als alleiniger Schutz ist das nicht zu empfehlen. Sie knabbern mittlerweile auch das Klebeband an. Das kann man hier gut sehen:
Klebeband 1.jpg
Klebeband 2.jpg
Angefangen hat das damit, dass eine Prinzessin es geschafft hat, in einer Ecke unter das Klebeband zu kriechen, um dann natürlich festzukleben. Daraufhin haben sie mehrere Tage lang die Ecke bearbeitet, bis die Prinzessin frei war. Echte Teamarbeit! Dabei sind sie aber wohl auf den Geschmack gekommen und haben anschließend an mehreren Stellen das Klebeband verschwinden lassen. Viel wichtiger ist aber der Rahmen mit Öl an der Unterseite. Da gehen sie nicht drauf. Ich konnte erst eine Arbeiterin erwischen, die es tatsächlich geschafft hat, beide Barrieren zu überwinden. Als ich sie gesehen habe, saß sie auf dem Rahmen und hat sich geputzt. Wahrscheinlich war sie auch verwundert über ihre neue Situation. Was soll ich sagen? Es war ein kurzer Ausflug mit einem plötzlichen Absturz zurück ins Becken.
Steine und Müll.jpg
Alles in allem scheint sich mein Becken-Design als tauglich zu erweisen. Zumindest unternehmen sie kaum Ausbruchsversuche und verhalten sich so, wie ich es erwarte. Ihren Müllhaufen haben sie da angelegt, wo ich leicht aufräumen kann. Dass sie die hellen Steine sauber halten, macht das Beobachten beim Fressen leichter. Nur in einer Hinsicht enttäuschen sie mich. Ich habe den „Arenabereich“ mit Sand-Lehm abgedeckt und den feucht gemacht, so dass eine harte Oberfläche entsteht. Praktisch beim sauber machen. Das mögen sie aber nicht. Ich vermute mal, weil Erschütterungen so besser verbreitet werden. Das kann ich gut beobachten, wenn ich ihnen z.B. Ahornsirup in einem Kronkorken gebe. Die Erschütterung beim Aufsetzen auf den blanken Boden lässt sie in einem großen Umkreis reagieren. Ihre Taktik ist ganz einfach. Sie legen überall eine Schicht aus Müll und Aushub an. Zuerst in den Senken, dann gleichmäßig bis sie wieder eine mehr oder weniger ebene Oberfläche haben. Schade, auf dem hellen Sand kann ich sie besser beobachten. Manchmal hat es nur eine Nacht gedauert, bis der Boden wieder dunkelbraun war. Ich lasse ihnen jetzt immer eine dünne Schicht liegen.
Ihr Verhalten kann ich im neuen Becken natürlich nur noch begrenzt beobachten. Tagsüber ist nicht viel los. Draußen herrscht mit Ausnahme der Wasserstellen nur wenig Aktivität. Die sind rund um die Uhr besetzt. Das ändert sich dann gegen Abend. Ein bis zwei Stunden vor der normalen Fütterungszeit so gegen 20 Uhr gehen sie auf Futtersuche. Und sobald sie dann etwas gefunden haben, werden es immer mehr.
Kohlrabi.jpg
Mittlerweile akzeptieren sie auch neues Futter. Obst oder Gemüse haben sie früher komplett ignoriert. Sie nehmen jetzt, wenn auch nicht besonders begeistert, Gurke, Apfel, Beeren und Trauben an. Überrascht haben sie mich aber mit Kohlrabi. Da gehen sie voll drauf ab. Ein etwa spielwürfel-großes Stück (natürlich roh) ist nach 2 Stunden verputzt. Und sie lieben Kokosmilch. Die verschlingen sie schneller als Ahornsirup. Ansonsten stehen auf ihrem Speiseplan mittlerweile auch Schokoschaben. Ich friere die Pakete nach der Lieferung inklusive Verpackung direkt für mehrere Tage ein, bevor ich sie öffne und die Tiere in ein Glas umpacke. Alles andere wäre mir bei Schaben zu riskant. Den Ameisen scheint es zu schmecken. TK ist für sie zur Normalität geworden. Gefrorene akzeptieren sie mittlerweile genauso wie frisch getötete Insekten. Das macht die abwechslungsreiche Futterversorgung um einiges einfacher. Nur Honig und Ameisen-Jelly mögen sie nicht. Die Schälchen werden sehr schnell mit Sand und Müll gefüllt. Ich vermute mal, um nicht mehr darin einsinken zu können. Wie fuchsig! Und ein gutes Zeichen für mich, dass sie es nicht mögen.
Gewundert habe ich mich über ihr Schwarmverhalten. Ich hatte ja schon geschrieben, dass es viel königlichen Nachwuchs gibt. Bis zum Umzug waren es auf jeden Fall mehrere Hundert. Die ersten Exemplare habe ich Anfang August gesehen. Das erste Schwärmen habe ich dann erst im Januar beobachtet. Seitdem kommen sie jeden Mittag für 2 bis 3 Stunden raus und schwärmen halt. Allerdings habe ich erst ganz wenige wirklich fliegen sehen und dann auch nur für ein paar Zentimeter, maximal 20 bis 30. Ist es normal, dass diese Phase jetzt seit 4 Monaten anhält? Ich dachte ursprünglich, dass es sich nur um einige Tage handelt... Ich glaube allerdings, dass es seit ein paar Tagen weniger ausgeprägt ist. Kann jemand sagen, wie alt der königliche Nachwuchs so wird? Ich konnte noch keine Toten sehen, aber das will ja nichts heißen. Ich würde den Deckel für das Becken gern wieder unter das Sofa legen. Ihn ständig abnehmen zu müssen, nervt. Ich würde sie gern wieder dauerhaft offen halten.
Die Auswahl von Camp. nicobarensis war auf jeden Fall goldrichtig! Das sind für mich die perfekten Ameisen. Und genau das macht mir auch die Auswahl für meine nächste Art so schwer.
Ich habe mir mal die Mühe gemacht, alle Arten-Beschreibungen in den einschlägigen Shops auf bestimmte Kriterien abzuklopfen um so eine Auswahl an potentiellen neuen Arten zu bekommen. Da ich mich nicht um Klimaanpassungen (z.B erhöhte Luftfeuchtigkeit) kümmern möchte, das ist mir zu aufwendig, teuer und anfällig, fallen viele tropische Arten aus. Heimische sowieso wegen der Winterruhe. Gerade die sehr kleinen Arten können viel leichter ausbrechen und sind schlechter zu beobachten. Tagaktive passen nicht so gut zu meinem Tagesablauf und ich möchte nochmal eine große Kolonie haben, also mit mindestens ein paar Tausend Arbeiterinnen. Manche sind auch einfach zu teuer, vor allem natürlich die „schönen“ Arten. Am Ende einer Suche lande ich immer wieder bei Camponotus-Arten. Im Moment ist Camp. arnoldinus mein Favorit. Die hätte ich auch schon, kann sie aber nirgends kaufen. Hat da evtl. jemand einen Tipp?

Eigentlich wollte ich den Bericht schon vor 2 Wochen online stellen, habe es aber irgendwie nicht geschafft. Dafür gibt es jetzt aber schon wieder Neues zu berichten. Im alten externen Nest lagern sie vermehrt wieder Brut ein und es ist rappelvoll!
altes Nest 3.jpg
altes Nest 4.jpg
Ich bin mir nur nicht sicher, warum. Sind die Bedingungen dort besser oder geht ihnen schon der Platz aus (wenn die Arbeiterinnen 2 bis 3 Jahre alt werden können, kann die Kolonie noch eine Weile weiter wachsen, noch bis zu einem Jahr)? Egal, die Lösung ist dieselbe, sie bekommen einen Anbau. Wie er aussehen soll, weiß ich auch schon, leider ist mir das Baumaterial ausgegangen, darum dauert es noch ein paar Tage. Sie bekommen ihre alte Arena (Antstore 30 x 20 x 20) mit Kork aufgefüllt und mit teilweise vorgebauten Gängen und Kammern. Den Rest können sie selbst gestalten. Dass sie gut durch Kork knabbern können, weiß ich ja vom alten Nest.
Neues Nest und Außenanlage.jpg
Mir ist noch etwas an ihrem Verhalten aufgefallen, das ich noch nirgends gelesen habe. Ich habe schon öfters beobachtet, dass sie, wenn sie sich angegriffen fühlen oder aufgeregt sind, mit den Füßen „trommeln“. Sie treten dann viel stärker auf. Wenn sie z.B. auf Papier laufen, hört man das sogar richtig und auf der Hand kann man es gut fühlen. Ich vermute, sie wollen mit den Erschütterungen die anderen auf die Gefahr aufmerksam machen. Machen eure Ameisen das auch?

Mittlerweile sind wieder ein paar Tage vergangen und das neue Nest ist fertig. Gestern Abend durften sie zum ersten Mal rein. So schnell haben sie einen neuen Schlauch noch nie erkundet und durchquert. Sie werden immer mutiger! Dann haben sie es schnell und ausgiebig erkundet und es natürlich dauerhaft besetzt. Ich hoffe, ich kann sie bald wieder beim Verlagern von Brut beobachten.
Neues Nest von vorne.jpg
Neues Nest von oben.jpg
Neues Nest Schichtaufbau.jpg
Neues Nest Details.jpg
Ich halte euch auf dem Laufenden.
Bis dann
Pinco
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