ever-dream hat geschrieben: ↑12. Juli 2022, 00:39
Hi Serafine,
ich bin gestern zufällig über die Info gestolpert, dass Camponotus Harnstoff benötigen bzw. davon profitieren (
https://canada-ant-colony.com/blogs/new ... eding-ants ). Bei mir wohnen zwei junge Kolonien C. ligniperdus an deren Wohlergehen mir gelegen ist. Deshalb habe ich etwas recherchiert und neben wenigen Papers auch Teile deines Haltungsberichts und deine Erläuterungen zu diesem Thema gelesen.
Heute habe ich dann einen ersten Versuch gestartet und einer Kolonie eine 2%ige Harnstofflösung angeboten. Direkt daneben habe ich einen identischen Napf mit Wasser gestellt. Die Arbeiterinnen haben den Wassernapf gelegentlich geprüft, aber ihn immer wieder für die Harnstofflösung links liegen lassen. Zwar haben sie auch nie besonders lange getrunken, aber es war eine Präferenz war deutlich erkennbar.
Bevor ich jetzt weiter experimentiere, würde ich gerne deine Erfahrungen abgreifen, insbesondere weil du einmal im Zusammenhang mit Harnstoff geschrieben hast "diesmal weniger Tote". Das hat mich etwas verunsichert. Könntest du vielleicht etwas ausführen, was du bisher versucht hast und was du empfehlen kannst?
Allgemein finde ich das Thema spannend, anscheinend gibt es hier ja noch etwas zu erforschen. Bei Reddit habe ich mal Kommentare über plötzliches Versterben von Camponotus Königinnen gesehen( ). Gestern habe ich mich dann gefragt, ob das vielleicht am fehlenden Harnstoff liegen könnte. Im ersten verlinkten Artikel steht immerhin auch "Many [Camponotus colonies] will survive for several years [without urea] and collapse afterwards". Und als ich mich damals auf diversen Webseiten über die Bedürfnisse von C. Ligniperdus informiert hatte, stand da nirgendwo was von Harnstoff oder auch nur Schaben oder Termiten. Hier gibt es also noch Potential aktuelle und zukünftige Halter besser zu informieren.
In einem Paper habe ich gelesen, dass der positive Effekt des Harnstoffs besonders bei Larven und Puppen zu beobachten ist und weniger bei schon adulten Tieren. Da allerdings die Königin im Unterschied zu den Arbeiterinnen mehr Protein benötigt, wäre es plausibel, dass sie durch den Harnstoff und die daraus resultierenden Aminosäuren mehr profitiert bzw. in Abwesenheit dessen stärker beeinträchtigt ist als die adulten Arbeiterinnen.
VG
Hi, ich hab das ganze eine Weile versucht (u.a. mit Harnstoff aus der Apotheke, ganz kleine Mengen in eine Tränke gemischt) - das hat zwar zu mehr
Brut geführt, aber auch immer kleinere Sterbewellen mit sich gebracht.
Mittlerweile nutze ich nur noch Schaben (Dubias) als Stickstofflieferant (Schaben können Stickstoff mithilfe symbiotischer Bakterien als Harnsäure speichern), das funktioniert besser.
Wichtig ist dabei, dass man die Schaben nicht zu sehr mit Protein vollstopft, denn die Schaben können absurde Mengen an Harnsäure speichern - so viel, dass es Reptilien Gicht bescheren und sie über längere Zeit sogar töten kann. Die Schaben (ich habe Dubias, da sie nicht an glatten Oberflächen klettern und auch nicht fliegen können, in Wohnungen nicht vermehrungsfähig sind, sowie allgemein sehr leicht zu halten) sollten daher auch für Ameisen vorwiegend mit Obst und Gemüse gefüttert werden (Äpfel, Gurken, Karotten, Salat, etc.), ab und an darf es dann auch mal etwas proteinlastigeres sein (Essensreste aller Art werden stets begeistert angenommen).
Dass die Camponotuskolonien diverser Redditnutzer an Stickstoffmangel sterben glaube ich jetzt ehrlich gesagt nicht, ich vermute eher, dass fehlende/ungenügende
Winterruhe, eine zu einseitige Diät (Mehlwürmer gestern, Mehlwürmer heute, Mehlwürmer morgen), äußere Einflüsse (Besprühen des Wohngebiets mit Pestiziden, Nutzung von giftigen Putzmitteln im Zimmer mit den Ameisen), verseuchtes Futter (Pestizide) oder ähnliches das Problem ist. Gesunde Ameisenkolonien sollten generell nicht ohne Grund einfach plötzlich kollabieren - auch bei Stickstoffmagel sollten sich da lange vorher Symptome zeigen (weniger
Brut, kleinere Arbeiterinnen, etc.). Das ganze erscheint mir ungefähr so fundiert wie Holleufers "Camponotus-Fluch" (der wahrscheinlich einfach nur auf suboptimale Haltung zurückzuführen ist). Explizite Studien wie "colony collapse syndrome in carpenter ants due to lack of nitrogen" oder ähnliches sind mir jetzt auch nicht bekannt.
Allgemein scheinen Camponotus aber sehr von einem breiten Speiseplan zu profitieren, also ruhig mal etwas herumexperimentieren, meine nehmen z.B. sehr gern Nassfutter für Katzen (sollte aber möglichst wenig pflanzlicher Zusatz-Unfug drin sein (Reis, Gemüse, Kräuter, Cassia gum), der in Katzenfutter generell nichts verloren hat).