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Autorin sucht Ameisen-Expertise :-)

Fotos von einheimischen und europäischen Ameisenarten.
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Sabrina_Kinderbuch
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#1 Autorin sucht Ameisen-Expertise :-)

Beitrag von Sabrina_Kinderbuch » 20. Mai 2024, 10:58

Hallo liebe Community!
Ich bin Kinderbuchautorin und schreibe gerade an einer Geschichte, in der Ameisen zwar keine zentrale Rolle spielen, aber doch für den Protagonisten von besonderer Bedeutung sind. Auch wenn es kein Sachbuch wird und ich gewisse literarische Freiheiten habe, würde ich dennoch gern ein halbwegs realistisches Setting beschreiben.
Darum wende ich mich heute mit zwei Fragen an euch und würde mich sehr freuen, wenn mir jemand von euch mit seiner Expertise aushelfen könnte:
- Was macht so eine Ameisenkolonie eigentlich nachts? Ist da auch Aktivität zu beobachten? (In der Geschichte wäre der Ameisenhaufen in einem kleinen Wäldchen in einem alten Dorf – ich dachte an rote Waldameisen, sofern das nicht vollkommen abwegig ist …)
- Ist es möglich, eine kleine Ameisenkolonie allein mithilfe eines großen Blumentopfs (bestückt mit allerlei Nestmaterial + Honig) umzusiedeln? Oder würden niemals alle Ameisen der Kolonie freiwillig umziehen? Müsste man also immer auch manuell nachhelfen und den Ameisenhügel umbetten?
Ich freue mich über jede Antwort!
Mit bestem Dank
Sabrina



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Serafine

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#2 Autorin sucht Ameisen-Expertise :-)

Beitrag von Serafine » 20. Mai 2024, 13:00

Das hängt ganz von der Ameisenart ab. Viele Formica-Arten (zu denen auch die Waldameisen gehören) sind eher tagaktiv, viele Camponotus-Arten (die ganz großen Rossameisen) eher stark nachtaktiv. Manche sind einfach immer aktiv, mal mehr mal weniger.

Ameisen ziehen durchaus um, wenn sie eine bessere Nestgelegenheit finden. Sack und Pack brauchen sie für einen Umzug nicht, denn alles was sie brauchen tragen sie in ihrem Körpern - Ameisen speichern Futter nicht wie Bienen als Honig, sondern in einem besonderen zweiten Magen (quasi ein eingebauter Vorratsschrank). Im Kinderbuchkontext könnte man das so darstellen, dass sie ihr ganzes Werkzeug und die Futterreserven und so an ihre Hinterleiber gebunden haben.

Hier ist mal ein Beispiel für vollgefressene Ameisen. Die dunklen Panzerplatten können sich nicht ausdehnen, das Gewebe dazwischen aber schon, das Resultat sind dann diese hübschen Streifen.
P1230422.JPG

Diese hier ist voll mit Honigwasser und auf dem Rückweg ins Nest.
pODZMBl.jpg

Wenn man sie mit farbigem Zuckerwasser füttert kann man das durchscheinen sehen, manchmal werden sogar die Mägen der Larven (die kleinen schwarzen Punkte in der Mitte der Larven) farbig.
KNLNaGm.jpg

Verteilt wird das Futter indem sich die Ameisen "küssen" (eine Ameise würgt einen Futtertropfen aus ihrem Speichermagen hervor, der dann wie eine Kaugummiblase vor ihrem Mund hängt und die andere Ameise trinkt davon).
zBH2rLc.jpg
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#3 Autorin sucht Ameisen-Expertise :-)

Beitrag von Sabrina_Kinderbuch » 20. Mai 2024, 14:17

Danke, Serafine, für deine Antwort! Das klingt ja alles sehr spannend - danke auch für die Bilder :-) Mal eine ganz doofe Frage so als Laie auf dem Gebiet: Wenn ich der Ameisenkolonie jetzt einen schönen Blumenkübel hinstelle, der für sie eine bessere Nestgelegenheit darstellt als ihr alter Hügel, wie darf ich mir den Umzug dann vorstellen? Auch wenn sie im Grunde alles bei sich haben, was sie brauchen: Wenigstens die Larven müssten sie doch transportieren, oder? Und gibt es so eine Regel: Entweder ziehen alle um oder keiner? Also würden sie immer geschlossen umziehen oder gar nicht?



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Rapunzula

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#4 Autorin sucht Ameisen-Expertise :-)

Beitrag von Rapunzula » 20. Mai 2024, 17:02

Also bei einer monogynen Kolonie (Kolonie mir nur einer Königin) muss vorallem die Königin umziehen. Die Brut wird von den Arbeiterinnen restlos mitgenommen.
Wie Joschi schon sagte brauchen die sonst nicht extra, da viele Arten (nicht alle) ihren Vorratskammer in sich haben.
Das Kollektiv entscheidet ob umgezogen wird oder nicht. Die Königin hat da kein großes mitspracherecht.
Entgegen vieler Meinungen ist die Königin nicht die intelligenteste Ameise im Staat (sicher auch nicht die dümmste :D )! Die Königin ist einfach die Ameise die zu Beginn das Glück hatte erfolgreich gründen zu können, d.h. sie hat sich zur richtigen Zeit am richtigen Ort niedergelassen und hat dort begonnen zu Gründen, (d.h. Es waren die richtigen Bedingungen vor Ort, keine Fressfeinde, nicht zu feucht, nicht zu Trocken) und sie konnte ein paar Arbeiterinnen Aufziehen.
Nach einer gewissen Zeit verdummen die Königinnen, sie leben nur noch um Eier zu legen, ja, ausschließlich um Eier zu legen, sonst hat eine Königin keine Aufgabe mehr. Ihr wird Futter und Wasser gebracht, die gelegten Eier werden versorgt und gepflegt.
Wenn das Kollektiv der Auffassung ist, dass in einem Anderen Ort bessere Bedingungen (für die Brut) herrscht, wird entschieden umzuziehen. Die Königin wird dann einfach gezwungen umzuziehen.
Das größte Gut das eine Kolonie hat ist die Brut und die (eierlegende) Königin, denn das garantiert den Fortbestand einer Kolonie!

Sie ziehen normalerweise nur um, wenn der neue Standort attraktiver (für Brut und Königin) ist als der alte.

Gruss Rapunzula
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#5 Autorin sucht Ameisen-Expertise :-)

Beitrag von Sabrina_Kinderbuch » 20. Mai 2024, 17:28

Rapunzula hat geschrieben: ↑
20. Mai 2024, 17:02
Also bei einer monogynen Kolonie (Kolonie mir nur einer Königin) muss vorallem die Königin umziehen. Die Brut wird von den Arbeiterinnen restlos mitgenommen.
Wie Joschi schon sagte brauchen die sonst nicht extra, da viele Arten (nicht alle) ihren Vorratskammer in sich haben.
Das Kollektiv entscheidet ob umgezogen wird oder nicht. Die Königin hat da kein großes mitspracherecht.
Entgegen vieler Meinungen ist die Königin nicht die intelligenteste Ameise im Staat (sicher auch nicht die dümmste :D )! Die Königin ist einfach die Ameise die zu Beginn das Glück hatte erfolgreich gründen zu können, d.h. sie hat sich zur richtigen Zeit am richtigen Ort niedergelassen und hat dort begonnen zu Gründen, (d.h. Es waren die richtigen Bedingungen vor Ort, keine Fressfeinde, nicht zu feucht, nicht zu Trocken) und sie konnte ein paar Arbeiterinnen Aufziehen.
Nach einer gewissen Zeit verdummen die Königinnen, sie leben nur noch um Eier zu legen, ja, ausschließlich um Eier zu legen, sonst hat eine Königin keine Aufgabe mehr. Ihr wird Futter und Wasser gebracht, die gelegten Eier werden versorgt und gepflegt.
Wenn das Kollektiv der Auffassung ist, dass in einem Anderen Ort bessere Bedingungen (für die Brut) herrscht, wird entschieden umzuziehen. Die Königin wird dann einfach gezwungen umzuziehen.
Das größte Gut das eine Kolonie hat ist die Brut und die (eierlegende) Königin, denn das garantiert den Fortbestand einer Kolonie!

Sie ziehen normalerweise nur um, wenn der neue Standort attraktiver (für Brut und Königin) ist als der alte.

Gruss Rapunzula
Vielen Dank! Das hat mir sehr weiter geholfen :-)



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Serafine

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#6 Autorin sucht Ameisen-Expertise :-)

Beitrag von Serafine » 21. Mai 2024, 17:05

Sabrina_Kinderbuch hat geschrieben: ↑
20. Mai 2024, 14:17
Danke, Serafine, für deine Antwort! Das klingt ja alles sehr spannend - danke auch für die Bilder :-) Mal eine ganz doofe Frage so als Laie auf dem Gebiet: Wenn ich der Ameisenkolonie jetzt einen schönen Blumenkübel hinstelle, der für sie eine bessere Nestgelegenheit darstellt als ihr alter Hügel, wie darf ich mir den Umzug dann vorstellen? Auch wenn sie im Grunde alles bei sich haben, was sie brauchen: Wenigstens die Larven müssten sie doch transportieren, oder? Und gibt es so eine Regel: Entweder ziehen alle um oder keiner? Also würden sie immer geschlossen umziehen oder gar nicht?
Zuerst mal wird der Blumenkübel nach seiner Entdeckung ausgiebig von einigen Arbeiterinnen erkundet. Es müssen nicht alle Ameisen den Kübel gesehen haben, aber ein guter Teil der Kundschafterinnen - diese folgen entweder einer Duftspur vom Nest zur potentiellen neuen Heimat (diese wurde von heimkehrenden Arbeiterinnen gelegt) oder werden tatsächlich im Tandem- oder Gruppenverfahren von anderen Arbeiterinnen rekrutiert und zum Kübel geführt, um sich das neue Objekt mal genauer anzuschauen.

Wenn ein gewisser Anteil dieser Ameisen der Ansicht ist, dass der neue Ort ein besseres Nest ist als die aktuelle "Wohnung" wird zum Umzug aufgerufen.
Die Ameisen erkennen das über die Menge der am neuen Ort anwesenden Kundschafterinnen - wem der Ort gefällt, der kommt wieder und bringt Freunde mit (und wem er nicht gefällt der kommt nicht wieder, so dass die Anzahl der Ameisen an einem "schlechten" Ort recht schnell wieder abnimmt) - ist eine kritische Menge an Kundschafterinnen am neuen Wohnort erreicht (also aus der Sicht des Individuums: rennt Ameise 'Lena' am neuen Ort innerhalb einer bestimmten Zeit in eine bestimmte Menge andere Arbeiterinnen), wird die erste Phase des Umzugs eingeleitet.
Es ist also eine basisdemokratische Abstimmung unter den Kundschafterinnen (mit den Füßen).


Der Umzug verläuft in der Regel stufenweise - zuerst wird am Zielort ein wenig Infrastruktur angelegt, damit die Nestgemeinschaft und v.a. die Brut auch einen Ort hat, wo sie hin kann, und nicht offen auf der Erde liegen muss, während das neue Nest angelegt wird. Oft werden während der Bauarbeiten schon erste Larven antransportiert, der Haupt-Umzug findet im Normalfall aber erst statt, wenn ausreichend Gänge und Kammern vorhanden sind. Die Königin wechselt den Standort meist in der Mitte oder gegen Ende des Hauptumzugs (sie wird typischerweise von einer Gruppe Arbeiterinnen ins neue Nest geführt, manchmal auch gezerrt oder getragen, wenn sich unkooperativ verhält oder selbst nicht fortbewegungsfähig ist (z.B., wenn sie aufgrund eines Unfalls nahezu alle Beine verloren hat, es müsste hier oder auf Formiculture irgendwo einen Haltungsbericht einer einbeinigen Messor-Königin geben).
Der Umzug verläuft auch nicht immer nur in eine Richtung, oft sieht man einzelne Arbeiterinnen, die Brut aus dem neuen Nest ins alte Nest zurücktragen (besonders in der Anfangsphase vor dem Hauptumzug ist das nicht selten).

Es muss aber auch nicht immer das ganze Volk umziehen. Viele Ameisen, gerade in nördlichen Regionen, bilden gerne Zweignester an wärmeren Orten (z.B. unter Steinen, weggeworfenen Metalldosen und anderen wärmeleitenden/-speichernden Materialien) in denen sie besonders die Puppen lagern, da diese sich bei höheren Temperaturen schneller entwickelt und oft recht trockenresistent sind, im Vergleich zu Eiern und Larven (das trifft besonders auf Ameisen zu, bei denen sich die Larven in Kokons verpuppen).



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