Welche Ameisen tolerieren mehrere Königinnen?

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Rafi96
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#1 Welche Ameisen tolerieren mehrere Königinnen?

Beitrag von Rafi96 » 30. Juni 2024, 18:15

Hallo,
mein Sohn ist entsetzt um zu lesen dass Lasius niger nur eine Königin akzeptiert.
Stimm die Info und welche Ameisen tolerieren mehrere Königinnen? Mein Sohn meint es dürfen keine exotischen sein.

Ich kenn mich null aus und bin völlig überfordert

Lieben Dank



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Harry4ANT

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#2 Welche Ameisen tolerieren mehrere Königinnen?

Beitrag von Harry4ANT » 30. Juni 2024, 19:19

Hallo Rafi,

dein Sohn hat da völig recht bzgl. Lasius niger.
Es sei aber erwähnt, dass die Gynen in der Regel sehr robust und langlebig sind und auch eine einzige Gyne in der Lage ist extrem große Mengen an Eiern abzulegen, also recht schnell sehr große Kolonien entstehen. Das gilt für die meisten Gattungen und Arten.

Das entsprechne Stich-/Fachwort ist monogyn (nur eine Gyne wird akzeptiert) bzw. polygyn (mehrer Gynen möglich) - so wird es in der Regel auch in den Ameisenshops usw. benannt.


Weshalb dürfen es keine exotischen sein für die Haltung deines Sohnes?


Ein Beispiel einer polgynen einheimischen Art (und optisch sehr ähnlich zu Lasius niger) wäre Formica fusca.


A.octospinosus_ 4) _C.cosmicus_ 4) _T.nylanderi_ 4) _C.nicobarensis_ 4) _P.megacephala_ 4) _A.gracilipes_ 4) _M. barbarus_ 4) _C.japonicus_ 4) _C.fellah

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Serafine

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#3 Welche Ameisen tolerieren mehrere Königinnen?

Beitrag von Serafine » 30. Juni 2024, 20:07

Die meisten Serviformica (also die nicht-parasitären Formica) können mit mehr als einer Königin gründen.
Solenopsis fugax auch, aber die würde ich jetzt nicht empfehlen.

Die Menge der Königinnen steht auch nicht unbedingt in direktem Zusammenhang mit der Wachstumsrate des Volks - eine einzige Solenopsis invicta Königin kann ca. 11.000 Eier pro Tag legen.
Tatsächlich gibt es sogar Studien, die nahelegen, dass es ziwschen den ersten Arbeiterinnen und dem Punkt an dem die Kolonie so richtig in Fahrt kommt, eine Zeit geben kann, in der die Präsenz mehrerer Königinnen das Wachstum der Kolonie hemmen kann (im Prinzip werden alle Königinnen unterversorgt, weil sie nur einen Teil vom Futter abbekommen - eine einzelne Königin dagegen kann die in dieser Zeit gesammelte Menge an Futter effizienter umsetzen indem sie direkt in den Massenproduktionsmodus geht). Natürlich erledigt sich das wieder, wenn die Kolonie groß genug ist um alle Königinnen zu versorgen.



AfroIV
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#4 Welche Ameisen tolerieren mehrere Königinnen?

Beitrag von AfroIV » 1. Juli 2024, 17:39

Hallo Rafi96,

So weit bekannt und untersucht, sind in der Natur etwa die Hälfte der Ameisenarten polygyn. Hinzu kommen Arten, von denen es monogyne und polygyne Völker gibt, z. B. die bekannte Rote Waldameise Formica rufa (geschützt und nicht für die Haltung geeignet).
Ich frage mich allerdings, inwieweit Ameisen als Spielzeug für Kinder überhaupt zu empfehlen sind!
Sicher ist es altersabhängig, und ich weiß nicht, wie alt dein Sohn ist.
Man muss sich überlegen, wie man einem Kind ein soziales Insekt, seine Existenz und Lebensweise, verständlich machen kann. - Selbst die meisten Erwachsenen sind damit überfordert, wie in den Foren ja immer wieder zu lesen ist.
Über die Fortpflanzung des Menschen lernen unsere Kinder heute bereits in der Schule viel mehr Einzelheiten als früher üblich war. Doch wieso kann eine „Königin“ von Ameisen so zahlreichen Nachwuchs haben, ohne dass ein König mit im Nest ist? Sind Arbeiterinnen nicht so eine Art Sklaven? Es ist doch Kinderarbeit! Warum gibt es keine männlichen Arbeiter? Weshalb sehen die Baby-Ameisen wie Würmer aus? Wieso liegen die dann wie tot im Nest, wenn sie verpuppt sind?
Dann kommen noch Reste der alten Vorstellungen von königlichem Dasein, von Prinzen und Prinzessinnen etc. aus Kinderbüchern hinzu (ich denke, die werden immer noch vorgelesen?). Und Videos etc., in denen auch falsche Vorstellungen und massive sachliche Fehler vermittelt werden.
Schließlich muss man dem Kind erklären, weshalb in so einem Volk ständig fleißige Ameisen sterben, und dass Ameisen (mit wenigen Ausnahmen wie Blattschneider) auch Fleischesser sind, muss verständlich machen, weshalb Mehlwürmer, Fliegen, Schaben usw. getötet und ggf. zerstückelt werden müssen um die Ameisen ausreichend zu ernähren.

Ich frage mich ohnehin, weshalb die meisten Halter von Ameisenvölkern so begeistert sind, wenn sich in den Formikarien ein Gewusel aus zehntausenden von Lebewesen entwickelt, die über kurz oder lang dann doch als Leichen entsorgt werden müssen?

Es will also schon gut überlegt werden, wenn man eine Ameisenhaltung ins Auge fasst. Nicht zuletzt weiß man ja, dass gerade bei jüngeren Kindern die Begeisterung für so etwas rasch in Langeweile umschlagen kann, dass anderes interessanter wird. Das halte ich auch für eine ganz normale Entwicklung. Ein Ameisenvolk kann man über etliche Jahre halten; es ist kein Wegwerfartikel.
Wenn es (vernünftigerweise!) keine Exoten sein sollen, taucht mit allen bei uns einheimischen Arten das Problem der Überwinterung auf: Mehrere Monate, ½ Jahr, in denen die Ameisen im kalten Raum stehen, und wenn nichts zu beobachten ist. Da hat mancher seine Ameisen bis zum Frühjahr bereits vergessen…
Die allzu optimistische Werbung der Händler für die Ameisenhaltung darf man jedenfalls nicht zur Grundlage einer Entscheidung machen!

LG Afro
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#5 Welche Ameisen tolerieren mehrere Königinnen?

Beitrag von Sabrina » 1. Juli 2024, 17:56

Sein Sohn ist 8, hat er hier erzählt viewtopic.php?f=158&t=64079#p457166

"Völlig überfordert" klingt schon merkwürdig, sind Dinge die man recherchieren kann. Das Ameisenwiki ist da zum Beispiel zu empfehlen.



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Serafine

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#6 Welche Ameisen tolerieren mehrere Königinnen?

Beitrag von Serafine » 1. Juli 2024, 18:10

AfroIV hat geschrieben: ↑
1. Juli 2024, 17:39
Ich frage mich ohnehin, weshalb die meisten Halter von Ameisenvölkern so begeistert sind, wenn sich in den Formikarien ein Gewusel aus zehntausenden von Lebewesen entwickelt, die über kurz oder lang dann doch als Leichen entsorgt werden müssen?
Das kommt sehr auf die Art an, die meisten Arten haben Arbeiterinnen, die durchaus ein paar Jahre leben können.
Bei meinen Camponotus hält sich das Ableben doch sehr in Grenzen, mal abgesehen von der herbstlichen Sterbewelle.

Bei Arten, deren Arbeiterinnen nur 150-200 Tage leben sieht das natürlich anders aus.
Aber wenn man mit der Sichtweise rangeht könnte man auch fragen, warum Leute mit Begeisterung ihre Gärten gestalten, wenn die Hälfte der Pflanzen sowieso nur ein Jahr lebt.

Letztlich hält man ja nicht einzelne Ameisen als Haustier, sondern eine Kolonie. Arbeiterinnen die sterben sind in ungefähr so, wie die Haare, die der Katze ausfallen (und die sind weselntlich nerviger zu beseitigen).
Wie E. O. Wilson es mal gesagt hat "eine einzelne Ameise ist eigentlich überhaupt keine Ameise".



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#7 Welche Ameisen tolerieren mehrere Königinnen?

Beitrag von AfroIV » 2. Juli 2024, 17:38

@ Sabrina:
Das „völlig überfordert“ habe ich aus dem Startpost übernommen. Und ich mache immer wieder die Erfahrung, dass Ameisenwiki und andere Info-Sammlungen etwa in den Foren schlicht nicht gelesen werden.
Viel lieber wird kurz gefragt.

@ Serafine:
In meinem Text steht bewusst „über kurz oder lang dann doch als Leichen entsorgt..“ - schließlich sterben alle Ameisen, auch bei deinen Camponotus, oder?
Aber lebende (schmerzempfindliche und nach Ansicht mancher Tierfreunde „fühlende“) Tiere mit totem Gewebe einer Katze mit Haarausfall zu vergleichen, das halte ich doch für etwas daneben. :roll:

Pflanzen im Garten sind auch kein guter Vergleich. Außer den von Natur aus ein- bzw. zweijährigen gibt es Sträucher und Bäume, die ihre Besitzer locker überleben können.

Wobei man unseren Umgang mit Pflanzen auch mit alternativen Bezeichnungen charakterisieren kann: Schließlich besteht ein wesentlicher Teil unserer Ernährung aus Embryonen, denn in jedem Samenkorn, ob Mais oder Weizen, Bohne und Erbse, Walnuss oder Kokosnuss steckt ein pflanzlicher Embryo, mit Keimblättern, Keimwurzel und Apikalmeristem (angebrütete Hühnereier in entsprechendem Zustand werden eher selten gegessen).
Dass es in unserer Kultur üblich ist, abgeschnittene und gebündelte Geschlechtsteile von Pflanzen zu diversen Gelegenheiten als Blumensträuße oder Kränze zu überreichen, wirkt so gesehen auch etwas merkwürdig. Doch in Form von Blumenkohl haben wir derartiges sogar auf dem Teller. :D
Pflanzenzüchtung schafft Blüten, die nur noch zur Dekoration taugen, keine Fruchtknoten haben und keinen Pollen liefern. Aber das ist wieder ein anderes Thema. Jedenfalls bin ich froh, dass man Ameisen nicht kommerziell züchten kann, hin zu degenerierten Formen, die in freier Wildbahn nicht lebensfähig wären. Wünsche nach riesigen, hyperaktiven, kampfstarken Ameisen kann man ja gelegentlich lesen! )=99

LG
Afro



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#8 Welche Ameisen tolerieren mehrere Königinnen?

Beitrag von Sabrina » 2. Juli 2024, 17:56

Ja, bin da ganz auf deiner Seite, hab das auch aus dem Startpost zitiert und habe kein gutes Gefühl wenn ich sowas lese. Bin selbst Mutter und seh da auch die Eltern in der Verantwortung oder es sein zu lassen, wenn sie sich schon überfordert fühlen. Es ist genau wie du sagst, viel zu oft wird leicht recherchierbares erfragt, man bekommt das Gefühl, dass es sich manche sehr leicht machen.



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