Richtig heizen: Heizmatte? Heizstein? Heizlampe? Und wo bitte?

Allgemeine Fragen und Themen über europäische Ameisenarten (hier keine Berichte)
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188236
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#1 Richtig heizen: Heizmatte? Heizstein? Heizlampe? Und wo bitte?

Beitrag von 188236 » 9. März 2008, 15:49

Hallo zusammen,

bin seit vier Wochen stolzer Besitzer einer Lasius niger Kolonie (ca. 15 Tiere). Die letzten Wochen waren sie in der Winterruhe, seit drei Tagen graben sie, als ob es kein morgen gäbe.

Jetzt will ich es ihnen ein bisschen angenehmer machen, und habe an einen Heizstein, eine Heizmatte oder Heizlampe gedacht. Habe jetzt viele Post durchwühlt, aber die Antwort war noch nicht wirklich dabei.

Also: Habe ein Formicarium (zwei Glasscheiben im Abstand 1cm, Breite mal Höhe ca. 20x30cm). Über einen Schlauch gehts in die Arena, die ist relativ klein: 10x10x20 cm.

So jetzt endlich die Fragen:
1) Macht es überhaupt Sinn zu heizen, und wenn ja wie und wo?
2) Soll ich eine Heizmatte, eine Lampe oder einen Stein nehmen.
3) Welches wäre die kleinste Heizmatte (ALLE Heizmatten, die ich gefunden habe, sind größer als meine gesamte Arena...)


Folgende Ãœberlegungen meinerseit:
-Wenn ich per Stein, Licht oder Matte die Arena heize, sind die Tiere wieder "kalt", bevor sie über den Schlauch ihr Nest erreicht haben (Weg ca. 40 cm). Macht das dann überhaupt Sinn?

- Wenn ich einen Teil des Formicariums erwärmen möchte, geht das nur per Spot. Besteht da die Gefahr, das ganze Formicarium auszutrocknen. Sollte man das Formicarium überhaupt heizen?

- Wenn ich einen Heizstein in die Arena lege, ist die Arena voll (die sind ja riesig...!)

Vielen Dank für Eure Tipps!



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BEnny
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#2 AW: Richtig heizen: Heizmatte? Heizstein? Heizlampe? Und wo bitte?

Beitrag von BEnny » 9. März 2008, 15:53

Hi,

es macht keinen Sinn das Becken einer Einheimischen Art zu beheizen/erwärmen, da so die Aktivitätsphase verkürzt wird und die Tiere früher in die Winterruhe gehen. Außerdem wären die so erzeugten Temperaturen nicht natürlich, da wir momentan draußen eben niedrigere Temperaturen zu verzeichnen haben.


MfG BEnny

halte: Camponotus ligniperda und Camponotus spec. (Australien)

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deXXXa
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#3 AW: Richtig heizen: Heizmatte? Heizstein? Heizlampe? Und wo bitte?

Beitrag von deXXXa » 9. März 2008, 18:48

188236 hat geschrieben:So jetzt endlich die Fragen:
1) Macht es überhaupt Sinn zu heizen, und wenn ja wie und wo?
2) Soll ich eine Heizmatte, eine Lampe oder einen Stein nehmen.
3) Welches wäre die kleinste Heizmatte (ALLE Heizmatten, die ich gefunden habe, sind größer als meine gesamte Arena...)



1) Nein, L.niger ist eine einheimische Art, da ist heizen Energieverschwendung und tut den Tieren auch nicht wirklich gut. Lass es so wie es ist.
2) Wenn du UNBEDINGT heizen willst(was eigentlich Quatsch ist), nimm einen Stein. Das ist am natürlichsten.
3) Im gut sortierten Reptilienfachgeschäft solltest du normalerweise fündig werden.



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Boro
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#4 AW: Richtig heizen: Heizmatte? Heizstein? Heizlampe? Und wo bitte?

Beitrag von Boro » 9. März 2008, 19:03

Hallo 188236!
Eigentlich wurden deine Fragen schon weitgehend beantwortet, vielleicht noch zur Ergänzung:
Jetzt mit einer Beheizung für einheimische Arten zu beginnen, hieße den Turbo einschalten, wo doch bekanntlich die Erwärmung in der Natur auch nur schrittweise und mit einigen Rückschlägen erfolgt.
Eine Heizung für einheimische Arten ist weitgehend unnotwendig, wobei eine Heizmatte das Unnatürlichste wäre. Die Erwärmung in der Natur kommt von oben!!
Jedenfalls sollte man die Tierhaltung im Allgemeinen so weit wie möglich den natürlichen Gegebenheiten anzupassen versuchen.
Gruß Boro



Sahal
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#5 AW: Richtig heizen: Heizmatte? Heizstein? Heizlampe? Und wo bitte?

Beitrag von Sahal » 9. März 2008, 19:37

Hola,

der Standard-Widerspruch:
da Ameisen allgemein im Krautbereich leben, durch Gras wuseln, Nachts furagieren, oft im Schatten agieren und auch sonst gerne Deckung nutzen, ist die direkte Sonnenstrahlung nicht notwendig bzw nicht die klassische Wärmequelle.
Die Notwendigkeit der (Sonnen-)Strahlung stammt eher aus dem Reptilien-Bereich...

Durch die geringe Größe der Ameisen ist die Lufttemperatur vollkommen ausreichend, um die Betriebstemperatur der Tiere zu erhöhen. Bei ueberwiegend bodenlebenden Arten ist dieses dann indirekt die Temperatur des Bodens bzw direkt die der Luftschicht direkt über dem Boden.
Bekannte Ausnahmen wie sonnende Formica liegen eher darin begründet, dass an kalten Tagen die Temperatur des Volkes angehoben werden soll... an warmen Tagen, wenn die Lufttemperatur ausreichend ist, fehlt auch dieses Verhalten weitgehend.

Eine Heizmatte, die den Bodengrund erwärmt, ist also allgemein eine durchaus natürliche Wärmequelle.


Wenn die Flinte ins Korn gefallen ist, nicht gleich das Kind in den Brunnen werfen, auch wenn das der Tropfen ist, der dem Fass die Krone ins Gesicht schlägt!

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Boro
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#6 AW: Richtig heizen: Heizmatte? Heizstein? Heizlampe? Und wo bitte?

Beitrag von Boro » 9. März 2008, 20:46

Hallo Sahal!
Dann muss man sich Fragen stellen,
warum verschiedene auch in Wiesen lebende Arten der Gattungen Lasius (z. B. Lasius niger) , Myrmica (z.B. Myrmica rubra), Tetramorium sp.(T. caespitum/T. impurum-Komplex) oder Formica (Serviformica) sp. (z. B. Serviformica cunicularia) ganz vorwiegend bei dichtem Bodenbewuchs und damit bedingter stärkerer Abschattung des eigentlichen Nestbereiches relativ steilwandige und deutlich in die Höhe (weniger in die Breite) strebende imposante Burgen bauen?
Warum versammeln sich viele Arten im Frühjahr und während der warmen Jahreszeit am Vormittag unter fühlbar erwärmten Steinen, wenn die direkte Sonnenbestrahlung der Nestfläche unerheblich sein soll?
Warum suchen etliche Arten die Nähe von Steinen, Felsen oder Mauern als (von der Sonne erwärmte) "Wärmespeicher" für ihre Nester aus?
Gruß Boro



Sahal
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#7 AW: Richtig heizen: Heizmatte? Heizstein? Heizlampe? Und wo bitte?

Beitrag von Sahal » 9. März 2008, 22:08

ReHola,

die Antwort ist einfach: weil sie kein Erdheizkraftwerk haben!
Das Schlagwort lautet auch: direkte Sonnenbestrahlung!!

Boro, Deinen Ausfuehrungen über das Verhalten stimme ich zu!
Und genau dieses Verhalten zeigt doch, dass direkte Sonnenstrahlung nicht notwendig ist, und auch von den Ameisen nicht bzw nicht zwangsläufig genutzt wird!

Ein von der Sonne erwärmter Stein (oder ähnlicher Wärmespeicher) wird in der Natur genutzt, also die indirekte Nutzung der Sonne... aber ob er nun von der Sonne, von innen liegenden Heizwendeln oder durch den darunterliegenden Boden erwärmt wird.. das ist vollkommen egal! Der Boden (dazu zähle ich auch Steine) erwärmt die umliegende Luft, und die Ameisen nutzen diese Wärme. (Wärmestrahlung vernachlässigt, halt einfach ausgedrueckt und im Endeffekt bei beiden Varianten gleich!)


Das Nest soll erwärmt werden, wie machen es die Ameisen?
In der Natur steht hierfür in der Regel nur die Sonne zur Verfügung, und so werden auch Hügel derart angelegt, dass die Sonne optimal ausgenutzt werden kann. Die Nestoberfläche wird direkt erwärmt, und somit indirekt das Nestinnere samt Brut.
Den Ameisen ist es aber vollkommen egal, ob die Wärme von oben oder unten kommt: sie schleppen die Brut immer in die erforderliche Wärmezone, egal ob oben, unten oder seitlich.
Aber auch zur Nesterwärmung ist die Sonnenstrahlung nicht nötig, wenn es eine andere Wärmequelle gibt! Wie sieht es in unmittelbarer Nähe von zB Fernwärmerohren aus, an Hausmauern der Südseite und vergleichbaren Standorten?
Hier wird genug Wärme geliefert, und auf den Huegelbau kann gänzlich verzichtet werden.


Wie ich oben schon schrieb: der Heizstrahler ist in der Haltung unwichtig, und selbst in der Natur wird auf Sonne verzichtet, wenn sich eine andere Wärmequelle ergibt.
Dh fuer die Haltung: Sobald die von den Ameisen belaufene Fläche irgendwie von irgendeiner Seite durch irgendeiner Quelle erwärmt wird, ist die Heizung naturnah.


Der große Unterschied zwischen notwendiger direkter Sonneneinstrahlung und indirekter Erwärmung zeigt sich im Vergleich zur Reptilien-Haltung: Reptilien suchen sich oft den Sonnenplatz nach Helligkeit aus, dh sie suchen die Sonne!
Auch sind sie in der Regel zu groß, um alleine durch die Lufttemperatur auf die erforderliche Betriebstemperatur zu kommen... so sind sie zwangsweise auf die direkte Sonneneinstrahlung angewiesen, und räkeln sich entsprechend lange auf Sonnenplätzen.
Ameisen jedoch gehen kaum nach Helligkeit, sie suchen sich die tatsächlich erforderliche Wärme rein nach Temperatur, und nutzen gar komplett abgedunkelte Bereiche, um sich zu wärmen.


Wenn die Flinte ins Korn gefallen ist, nicht gleich das Kind in den Brunnen werfen, auch wenn das der Tropfen ist, der dem Fass die Krone ins Gesicht schlägt!

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Boro
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#8 AW: Richtig heizen: Heizmatte? Heizstein? Heizlampe? Und wo bitte?

Beitrag von Boro » 10. März 2008, 17:26

Einverstanden! Mich hat deine Formulierung "....ist die Sonneneinstrahlung nicht notwendig bzw. nicht die klassische Wärmequelle" ein wenig irritiert. Gemeint war also hier die direkte Bestrahlung der Tiere.
Es gibt übrigens neben den Waldameisen noch ein paar Arten, die mitunter auch die direkte Bestrahlung durch die Sonne teiweise zu nützen wissen:
Zu Dolichoderus quadripunctatus schreibt Seifert auf S. 254 (Seifert 2007): ".... bei Lufttemperaturen <18° nur das Nest verlassend, wenn Holzoberfläche direkt durch die Sonne erwärmt wird." Hier dürfte wohl beides zum Tragen kommen, die indirekte Folge der Einstrahlung (Erwärmung der Holzoberfläche) und die direkte Einstrahlung (Erwärmung des Körpers). Aus eigener Beobachtung kann ich dazu berichten, dass diese Art im Notfall (bei unabsichtlicher Zerstörung z. B.) bereits ab etwa 10° (und Sonnenschein) das Nest verlässt. .
Meine Terrarien werden ausschließlich mit Hilfe der Sonne über das Niveau der Zimmertemperatur erwärmt. In den letzten Tagen konnte ich feststellen, dass meine Messor structor die durch einen durchsichtigen Vorhang etwas abgeschirmten Sonnenstrahlen scheinbar "genießen" und sogar die Larven in den sonnigen Abschnitt tragen. Auch hier dürfte allerdings die indirekte Nutzung der Sonneneinstrahlung (Erwärmung der Glasscheibe, des Terrarienbodens) eine Rolle spielen.
Aber du hast Recht, eine Nutzung der direkten Sonneneinstrahlung zur Erreichung der "Betriebstemperatur" ist generell nicht üblich.
Bei den Verwandten, den Wespen, ist das aber durchaus der Fall: Die sehr thermophilen Arten der Gattung Polistes suchen bei gemäßigten Temperaturen immer wieder das direkte "Sonnenbad", um auf Betriebstemperatur zu bekommen. Bleibt die Sonne bei etwa 10°-15° Außentemperatur infolge Wolkenaufzuges kurzfristig weg, sind sie kaum mehr flugfähig. Bei einigen Arten dieser Gattung sind die im Freien an stärkere Halme oder an Mauern gehefteten Nester zur morgendlichen Sonne, also fast immer nach SO, ausgerichtet und werden oft die ganze Brutsaison hindurch mehr oder weniger direkt bestrahlt.
Gruß Boro



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