Total-Anfänger bittet um Beratung Lasius niger / Formica fusca

Wo braucht Ihr Hilfe, was an Fragen Eurer Ameisenhaltung möchtet Ihr diskutieren?
mindsoldier
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#1 Total-Anfänger bittet um Beratung Lasius niger / Formica fusca

Beitrag von mindsoldier » 23. August 2014, 13:50

Hallo zusammen,

Ich habe vieeele Fragen :)

Aber zunächst stelle ich mich kurz vor. Ich heiße Jan, bin 28 Jahre Jung und arbeite in der Verwaltung im ÖD. Ich bin erfahrener Tierhalter, allerdings bis auf ein Chamäleon bisher ausschließlich Säugetiere. Nun möchte ich mich an Ameisen versuchen.

Ich habe schon wirklich viel gelesen, in diesem und in anderen Internetforen, Ameisenwiki etc., jedoch fällt es mir nicht leicht bei dem Wust an Infos (zum teil auch widersprüchlichen Infos) durchzublicken.

Da ich völliger Anfänger mit null Erfahrung bin ist es wohl sinnvoll auch mit einer der "Anfängerarten" zu starten. Ich bin noch unentschlossen welche es werden soll. Entweder Lasius niger oder Formica fusca - wozu ich an späterer stelle auch noch 1 - 2 Fragen habe.

Zunächst zur einfachen Frage, kann ich zu dieser Jahreszeit eine Kolonie beginnen? Es ist bald Ende August und in nicht mehr allzuferner Zukunft sollte dann ja auch schon die Winterruhe beginnen. Macht es Sinn jetzt eine Kolonie zu starten und dann schon nach kurzer Zeit in den Winter zu schicken?

Die nächste Frage dreht sich um die Behausung für die kleinen Freunde. Insbesondere dazu kann man seeeehr viele verschiedene Angaben lesen. Ich interessiere mich bisher am ehesten für ein Ytong-Nest mit angeschlossener Arena, oder selbiges als internes Nest in einem größeren Becken. Aber wie läuft das genau? Eine neu gegründete Kolonie benötigt ja noch kein großes nest. Mit welchen größenordnungen sollte ich rechnen bei einer Neugründung der oben genannten Arten - also nach dem RG statium?

Auch zu dem Ytong-Nest an sich hätte ich eine Frage, weil man dazu widersprüchliches Lesen kann. Genauer gesagt zur Glasscheibe. Wie sollte diese bei einem stehenden Nest befestigt werden? Einfach per Silikon aufkleben? Aufschrauben? Ich habe gelesen, dass zwischen der Scheibe und dem Ytong ein wenig raum zwecks belüftung gelassen werden sollte, wie stelle ich aber dann sicher, dass die Krabbeltierchen nicht ausbüchsen?

Nun zur Frage die Formica Fusca betrifft: Man liest immer wieder, dass sich diese auf eine Koloniegröße von ca. 2000 Tieren beschränken. Stimmt das tatsächlich? Und von welcher größe müsste eine Anlage hinten raus sein, wenn diese größe erreicht ist?

Andersherum natürlich auch die Frage: Ist die Koloniegröße bei Lasius niger potenziell unbegrenzt?

Das ist es erstmal bis hierhier, aber wahrscheinlich kommen auch noch mehr Fragen. Ich hoffe das ist nicht zu viel Wissensdurst für einen einzelnen Beitrag und freue mich auf eure Antworten! :clap:

LG Jan



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Diffeomorphismus
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#2 AW: Total-Anfänger bittet um Beratung Lasius niger / Formica fusca

Beitrag von Diffeomorphismus » 23. August 2014, 14:19

Hallo Jan,

herzlich Willkommen hier im Forum und in der Welt der Ameisenhaltung. Wie du richtig erkannt hast, gibt es zu vielen Themen widersprüchliche Meinungen und Ansichten, hier hilft daher leider nur eines: Selbst Erfahrungen sammeln.

Ob es sich nun noch lohnt mit einer einheimischen Art zu beginnen, musst du schlussendlich selbst entscheiden. Viel sehen wirst du nicht mehr, da sich diese Arten bald auf die Winterruhe vorbereiten werden. Und gerade die Winterruhe birgt natürlich auch Gefahren, gerade wenn die Kolonien noch klein sind, können sie bei Fehlern absterben. Daher wäre es meiner Ansicht nach sinnvoller dieses Risiko dem Händler zu überlassen.
Alternativ gibt es ja auch noch südeuropäische/exotische Arten, die nicht schwerer zu halten sind als die einheimischen Ameisen (bezieht man die WR mit ein, würde ich die Haltung sogar als einfacher bezeichnen).

Eine Gründungskolonie der von dir angesprochenen Arten benötigt noch nicht allzu viel Platz. Als Nest ist zu Beginn sicherlich das RG die beste Alternative. Gerade Lasius niger ist ja auch bekannt dafür, dass sie nur ungern umziehen. Daher verbringen sie auch oft noch die erste WR im RG.
Ansonsten empfiehlt es sich bei einheimischen Arten immer ein externes Nest zu verwenden, da sich für dieses besser ein Plätzchen für die WR finden lässt, als für ein ganzes Becken. Ich weiß ja nicht, welche Möglichkeiten dir hier zur Verfügung stehen? Auch kannst du so während des Winters das Becken reinigen und Umbauten und Erweiterungen planen und umsetzen.

Ja, Formica fusca bilden eher kleinere Kolonien in der von dir angegebenen Größenordnung. L. niger-Kolonien können da schon weitaus größer werden, aber auch solche Kolonien wachsen natürlich nicht unendlich; insbesondere in der Haltung spielen hier Faktoren wie das Futter eine große Rolle. Auch handelt es sich bei L. niger ja um eher kleinere Ameisen, so dass auch größere Kolonien noch einen mäßigen Platzverbrauch haben. Auch dauert es natürlich erst einmal, bis eine Kolonie solch eine Größe erreicht.

Viele Grüße,
Diffeomorphismus


„Die Heuchelei ist die materia prima des Teufels, von der aller Lug und Trug, alle Schwachheit und Abscheulichkeit herrührt, von der nichts Wahres kommen kann. Denn die Heuchelei ist selbst eigentlich eine doppelt destillierte Lüge, eine Lüge in der zweiten Potenz.“ (Thomas Carlyle)

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Colophonius
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#3 AW: Total-Anfänger bittet um Beratung Lasius niger / Formica fusca

Beitrag von Colophonius » 23. August 2014, 14:23

Hallo und willkommen im Ameisenforum,

du hast leider recht:
Mit einer einheimischen Art musst du bald in die Winterruhe - das ist dann nicht sonderlich spannend. Es gibt aber auch exotische Arten, bei denen man auch als Anfänger wenig falsch machen kann. Gerade Wüstenbewohner brauchen es eigentlich nur warm. Falls dich sowas interessiert, kannst du ja weiter fragen.

Zum Thema Nest:
Am Anfang reicht - je nach Art- ein sehr kleines Nest. Ameisen leben gerne kompakt, wenn du z.b. in die Fotos meines Lasius niger HBs schaust, siehst du, dass die Ameisen sich in nur eine Kammer des (recht kleinen) YTONG-Nestes quetschen, auch wenn genug Ausweichplatz da ist.
Ich befestige die (Plexi)Glasscheiben immer einfach mit Aquariensilikon. Einfach ein paar Bücher drauf stellen und zwei Tage trocknen lassen, bisher hält das tadellos.


Edit:
Diffeo war schneller.

Edith sagt außerdem:

Hier siehst du ein (relativ) aktuelles Foto der bewohnten Kammer, während du hier ein Bild des YTONGs siehst. Bewohnt wird aktuell fast nur die Kammer oben rechts.



mindsoldier
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#4 AW: Total-Anfänger bittet um Beratung Lasius niger / Formica fusca

Beitrag von mindsoldier » 23. August 2014, 14:40

Danke erstmal für die schnellen Antworten und das freundliche Wilkommen! :spin2:

Zunächst zu Diffeomorphismus:

Mir ist klar, dass es dauert bis eine Kolonie entsprechend gewachsen ist. Aber ich plane gern vorausschauend. Wenn ich jetzt zB mit einer Gründerkolonie Lasius niger beginne und denke, dass der Platz ausreichend ist und sie mit hinterher doch über den Kopf wachsen ist ja niemandem geholfen. Daher meine Fragen bzgl des Platzbedarfes auch in einem späteren Stadium. Von daher wäre die Formica fusca tendenziell etwas zuverlässiger was den Platzbedaf angeht.

An Möglichkeiten für eine Winterruhe hätte ich einen Kühlschrank, einen Kriechkeller, einen Schuppen und eine Garage zu Hand. Der Keller bietet sich nach dem Kühlschrank wohl am ehesten an, da hier auch im Winter relativ konstante Temperaturen um die 6-8 Grad herrschen.

Zu Colophonius:

Danke für die Hinweise zum Nest und den Link zu den Fotos, das hat mir auf jeden Fall schonmal weitergeholfen!

Zu beiden:

Ihr sagt es gäbe exotische Arten die genauso leicht zu halten seien wie die genannten einheimischen Arten. Ich hatte mich dahingehend noch garnicht Informiert, weil es überall heißt "als Anfänger Finger weg von Exoten!".

Welche Arten kämen denn da in Frage?

LG Jan



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Colophonius
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#5 AW: Total-Anfänger bittet um Beratung Lasius niger / Formica fusca

Beitrag von Colophonius » 23. August 2014, 14:53

Hey,

dass es überall so heißt, stimmt nicht ganz. Hier (externer Link!) gab es eine schöne Diskussion darüber. Ich selbst spreche mich dort zwar stark für Lasius niger aus, allerdings ist das auch nur (m)eine Meinung.

Ich selbst halte z.B. Messor minor hesperius, die (seitdem es bei ihnen warm ist) absolut simpel in der Haltung sind. Hin und mal wieder ein paar Körner, mal ein Insekt o.ä. und gut gefüllte Tränken. Mehr brauchen sie nicht für ein rasantes, problemloses Wachstum. Finde die Haltung da nicht schwieriger, als bei anderen Arten (z.B. L. niger), allerdings sind die Anschaffungskosten sehr viel höher.



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Diffeomorphismus
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#6 AW: Total-Anfänger bittet um Beratung Lasius niger / Formica fusca

Beitrag von Diffeomorphismus » 23. August 2014, 15:06

Ich halte momentan Camponotus nicobarensis (Hier der Link zu meinem HB in einem anderen Forum), ich mache nichts anders als bei meinen Lasius niger, und die Kolonie wächst und wächst. Hier liegt auch wohl ein mögliches Problem bei exotischen Arten: Sie wachsen eben weitaus schneller, da sie keine WR halten. Den Platzbedarf muss man, wie du selbst auch schon gesagt hast, vorher einplanen.

Ansonsten wäre z. B. Messor barbarus eine interessante südeuropäische Art. In der Gründung etwas problematisch, aber wenn du zu einer stabilen Kolonie (> 30-50 Arbeiterinnen) greifst, sind sie auch nicht schwerer zu halten als einheimische Arten. Halten nur eine abgeschwächte WR, wofür ein ungeheizter Raum ausreicht. Ideal auch, wenn man mal im Urlaub ist etc., da sie Körnervorräte anlegen.

Die Aussage, dass Exoten grundsätzlich schwerer zu halten sind, ist schlichtweg unsinnig und falsch!

LG


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Safiriel

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#7 AW: Total-Anfänger bittet um Beratung Lasius niger / Formica fusca

Beitrag von Safiriel » 23. August 2014, 16:22

Herzlich Willkommen!

Da die Möglichkeit, durch exotische oder südeuropäische Arten auf die Winterruhe zu verzichten schon gut beschrieben wurde, von mir andere Möglichkeiten der Herangehensweise.

Ich selbst halte Ameisen erst seit ein paar Monaten und habe mich (auch aufgrund der Ratschläge die man so liest) für einheimische Arten entschieden. Neben den Warnungen vor erschwerter Haltung und Gefahren, wenn diese ausbrechen sollten fand ich es auch spannend erstmal etwas über die Tiere zu lernen, die mir quasi vor der Haustüre leben. Ich wurde nicht enttäuscht, die Einheimischen sind keineswegs langweilig.
Mir steht die erste Winterruhe (bei Ameisen) noch bevor, ich kann also nicht beurteilen ob die Winterruhe, oder das explosive Wachstum leichter zu händeln sind.

Ich glaube die aktuelle Jahreszeit sollte keine Rolle bei der Artwahl spielen. So eine Kolonie kann einem gerne 20 Jahre Freude machen, da kommt es auf ein paar Monate am Anfang nicht an.
Schau einfach (auch in den Halteberichten) welche Ameisen Dich interessieren. Kaum ein Halter hat genug Platz und Zeit sich um 10 große Kolonien zu kümmern. Wer will aber 20 Jahre warten, bis er sich andere Ameisen anschaffen kann? Also überlege, was Du Deinen Ameisen bieten kannst und willst.
Die Koloniegröße hast Du ja schon angesprochen. Andere Kriterien können sein:
- Wie groß sind die Ameisen? (Beobachte ich lieber wuselnde Punkte und nutze die Lupenbrille, oder möchte ich jede Bewegung mit bloßem Auge erkennen können?)
- Wie verhalten sich die Tiere (scheu/aggressiv/schnell/gemächlich/körnerfressend/bilden sie Straßen etc.)
- Wo und wie leben sie? Auf einem Baum? In der Erde?
- monomorph oder mit verschiedenen Kasten?

Wenn es am Ende keine einheimische Art wird, ist die Jahreszeit fast egal.
Falls doch: Ich finde, es ist noch nicht zu spät.

Die meisten Arten sind schon geschwärmt und viele haben schon gegründet. Manche Arten machen zwar nicht mehr viel, aber bei frisch eingesammelten Gynen passiert die ersten 2 Monate auch praktisch nichts.
Wenn Du keinen Wert darauf legst, der Gyne beim Sitzen auf den Eiern zuzugucken, hast Du also nicht viel verpasst.

Edit:Hab Dir gerade was geschrieben: http://www.ameisenforum.de/europ-ische-ameisenarten-allgemeines/52716-das-erste-jahr-mit-einheimischen-ameisen.html#post370556



mindsoldier
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#8 AW: Total-Anfänger bittet um Beratung Lasius niger / Formica fusca

Beitrag von mindsoldier » 23. August 2014, 19:46

Hallo auch Safiriel - und auch dir Danke für die ausführliche Antwort :)

Also ich muss schon sagen, dass die genannten Exoten schon sehr interessant sind :) Besonders Messor barbarus finde ich besonders Interessant - nicht zu letzt wegen der Sache mit dem Ameisenbrot.

Andererseits reizt mich nachwievor Lasius niger - man kann etwas über die Natur vor der Haustür lernen, sind sehr aktiv, es gibt viel zu sehen. Besonders interessant finde ich auch die Möglichkeit ihnen eine Herde Blattläuse zur Verfügung stellen zu können. Allerdings schreckt mich hier noch ein bisschen die Möglichkeit irgendwann einmal auf einem Riesenvolk zu sitzen^^ Da wäre natürlich auch die Frage: kann man das Wachstum aktiv regulieren? Bzw. was mache ich wenn irgendwann mal nicht mehr genug Platz ist? Könnt ihr mir sagen mit was für einem Wachstum man bei dieser Art in einer normalen Saison bei guter Haltung rechnen kann?

Formica fusca scheint nach dem was ich gelesen habe ja eine eher weniger aktive Art zu sein. Allerdings eben mit dem doch begrenzten Wachstum.

Kurzum ich bin unentschlossen, tendiere jedoch immer mehr zu Lasius niger. Ich finde Sie auch entgegen mancher Berichte auch garnicht langweilig. Wie gesagt, das einzige was mich da überlegen lässt ist die potenzielle Größe der Kolonie.

Wenn ich es richtig gelesen habe bleiben Lasius niger auch recht lange im RG zu Anfang, richtig? Ich habe unter Anderem gelesen, dass ein RG bis zu 6 Monate als Nest genutzt wird - ist das realistisch?

Ich habe mir dazu folgendes zum Anfang zusammengesponnen:

1 Arena 30x20x20 einrichten und ein RG mit Gyne als Nest hineinlegen. Im Oktober dann ab in die WR und im nächsten Frühjahr dann das erste "richtige" Nest in form eines angeschlossenen Ytongs anbieten. Wäre das in der Form machbar? Ist die Größe ok oder zu Anfang eher was kleineres?

Ich finde es übrigens Super wie man hier mit Infos und Tipps versorgt wird :O) Danke!



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