Eigentlich gar nicht meine Art, Updates aufzuschieben, aber die Kälte dieser Jahreszeit ruft nicht nur bei unseren sechsbeinigen Freunden Lethargie hervor.
Letzte Woche ging es für meine einheimischen nach einer ausgiebigen Akklimatisierung etwas später als geplant in den Kühlschrank. Zuvor musste ich mir aber unbedingt endlich einen Blick in das neue Nest der
ligniperda gönnen, in welches ich ja seit dem Anschluss im Mai keinen Einblick mehr hatte, da ich das alte Nest aus Platzgründen auf das neue stellen musste. Dazu habe ich einen Karton mit passender Höhe neben die Nester gelegt und das alte Nest rausgeschwenkt.
Ich hatte ein bisschen meine Zweifel, dass die
Gyne noch einmal so viele Eier gelegt hat, wie im vergangenen Jahr, da sie diesmal erst deutlich später mit dem Legen begann und nach ihrem Umzug ins untere Nest hatte ich keine Ahnung mehr, wie es mit der Eierproduktion läuft - nur ein paar Dutzend kleine
Larven wurden nach oben gebracht, aber beim Abheben der Abdeckung kam dann die Erleichterung - jede Menge neue
Brut und eine
Gyne, die wohlauf ist:
Über 4 Monate habe ich sie nicht mehr gesehen. Hat ihr sicher gut getan, mal Ruhe, Frieden und Dunkelheit zu genießen und nicht andauernd geknipst zu werden.
Im alten Nest haben sich fast alle Arbeiterinnen dicht aneinander gedrängt in einer einzigen Kammer zusammengefunden:
Langsam wird es schwierig, die Koloniegröße einigermaßen sicher zu schätzen, aber es dürften nun, nach 3,5 Jahren, um die 500 Arbeiterinnen sein. Für mich immer noch schwer zu glauben, wie schnell sie sich doch entwickelt haben. Oder wie schnell die Zeit vergeht.
Natürlich zählen sie immer noch zu den absoluten Schnecken, was das Koloniewachstum anbelangt, aber bei der imposanten Größe dieser Tiere kommen einem selbst 100 Arbeiterinnen wie eine Menge vor.
Das, wie ich dachte, unvorteilhaft gewählte Maß vom neuen Nest erwies sich übrigens als ideal für den Kühlschrank! Das Grünzeug-Fach musste komplett raus, aber glücklicherweise lassen sich Salat, Karotten und Co. problemlos vergesellschaften. Das Nest passt gerade so rein und es ist noch genug Platz für die
Raptiformica. Was ist aber wohl in den beiden Reagenzgläsern?
Vor zwei Jahren habe ich
diese Schönheit hier gefunden. Sie und ihr Volk würden gerne endlich mal in anständiges Nest ziehen mit einer anständigen Arena und vielleicht werde ich ihnen nächste Saison das bisherige Becken der
ligniperda gönnen. Dort feiern übrigens momentan die
Temnothorax ihre wiedererrungene Freiheit mit Schabenhälften und Zuckerwasser:
Ich habe diese Saison sehr wenig von den Winzlingen gesehen und dachte schon, dass sie dezimiert wurden, aber sobald sie sturmfrei hatten, kamen sie in Scharen hervor. Eigentlich gehören sie ja auch schon auf den Balkon, aber ein bisschen Stärkung will ich ihnen noch gönnen; sie scheinen es wirklich zu genießen.
Aber zurück zu den
ligniperda. Ich bin mir wirklich nicht sicher, ob und wie ich ihnen bei mir zu Hause noch ein einigermaßen artgerechtes Leben bieten soll, denn ich habe einfach nicht mehr sonderlich viel Platz zur Verfügung stehen. "Auswilderung Deluxe" mit regelmäßiger Versorgung an einem geeigneten Ort scheint mir auf Dauer die beste Option zu sein und es ist gut möglich, dass ich das im nächsten Frühling realisieren werde.
Sie sind eine sehr lauffreudige und, wie ich bereits ein paar mal in der diesjährigen Saison angemerkt habe, inzwischen auch aggressive Truppe geworden, die sich meiner Meinung nach da draußen in der Wildnis behaupten kann; vorausgesetzt, dass sie zumindest eine Zeit lang Unterstützung erhalten, bis sie eigene Nahrungsquellen erschlossen und ihr Territorium gesichert haben.
Natürlich ist die Wahl der richtigen Stelle für so ein Vorhaben von großer Bedeutung und ich habe schon eine Vorstellung, wo eine Auswilderung möglich wäre, aber ich würde mir dafür definitiv eine Genehmigung besorgen müssen. Ein RG zu verbuddeln, das man irgendwann wieder einsammelt, ist eine Sache, aber zwei Ytong-Steine will ich ungern ohne Erlaubnis in der Natur unterbringen.
Ich werde mir die Sache auf jeden Fall nochmal gut überlegen und vielleicht bekommen sie doch noch ein großes Becken auf meinem Kleiderschrank, aber fürs erste heißt es...