Diskussion zur Gestaltung von Formicarien
- Toblin
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#17 AW: Diskussion zur Gestaltung von Formicarien
Hallo zusammen,
Solange Arena- und Nestbedingungen sowie Nahrungsangebot stimmen dürfte es den Ameisen wohl ziemlich egal sein ob sie in einen Wüsten- oder Mondformikarium leben. Es macht für eine Ameisen keinen Unterschied ob sie über eine Plastikpflanze klettert oder über Neil Armstrong. Den Unterschied macht nur das menschliche Gehirn, wenn es diese Dinge mit einigem Abstand wahrnimmt und interpretiert. Daher liegt das Gesamtkonzept und das Motto der Beckengestaltung in der künstlerischen Freiheit des Erbauers.
Wenn ein Ameisenverstand so groß wäre, dass er seine Umgebung in dieser übergeordneten Weise erfassen könnte, dann wär' ich auch gern mal 'ne Ameise. Vielleicht würde ich dann auch den innigen Wunsch hegen mal wieder über einen Kaktus, eine Tilsandie oder ein verwelktes Blatt zu laufen.... aber solange das nicht so ist, kann das Becken aussehen und heißen wie es will, die Meisen nehmen keine Notiz davon.
Einzig über die verwendeten Materialien lassen sich diskutierten, das gilt für Fabienne's Formikarien genauso wie für alle anderen künstlichen Landschaftsbauten. Tut soviel Kunststoff, Styrodur und Farbe den Ameisen gut? Wirken diese Sachen vielleicht langfristig toxisch? Bisher sieht es nicht danach aus. Doch Fakt ist, dass sich in einem Becken mit viel Moos und Waldboden ein ganz anderes Mikroklima entwickeln kann, welches man (im Gegensatz zu Styrodurlandschaften) vielleicht als naturnah bezeichnen kann. Das eine solche Haltungsweise ebenfalls Nachteile hat, brauche ich nicht zu erwähnen.
Es gibt einfach verschiedene Stile in der Ameisenhaltung, genauso wie bei jedem anderen Hobby auch. Jeder macht andere Erfahrungen, hat einen anderen Geschmack, andere Vorstellungen und andere Mittel zur Verfügung. Die unterschiedlichen Formikarien die sich daraus ergeben finde ich sehr interessant.
Ich persönlich mag einfach diesen Styrodurlook nicht (mehr). Er sieht immer relativ gleich aus, wie ein künstlicher Styrodurfels eben. Ich schaue mich sehr schnell satt, wenn es zu künstlich aussieht. Das gilt auch für Futterschalten oder Deko die man für Formis oder Aquarien kaufen kann. Ich finde es nach ein paar Stunden schnell langweilig. Aber ich respektiere diese Bauweise (hab' ja auch schon ähnliches gemacht) und lasse mich immer gerne von "Becken der anderen Art" inspirieren. Und Fabienne, Deine Becken gehören immer noch zu besten, schönsten und inspirierensten Formikarien die mir bekannt sind.
Styrodur und "Künstlichkeit" hin oder her...
Gruß
Tobi
Solange Arena- und Nestbedingungen sowie Nahrungsangebot stimmen dürfte es den Ameisen wohl ziemlich egal sein ob sie in einen Wüsten- oder Mondformikarium leben. Es macht für eine Ameisen keinen Unterschied ob sie über eine Plastikpflanze klettert oder über Neil Armstrong. Den Unterschied macht nur das menschliche Gehirn, wenn es diese Dinge mit einigem Abstand wahrnimmt und interpretiert. Daher liegt das Gesamtkonzept und das Motto der Beckengestaltung in der künstlerischen Freiheit des Erbauers.
Wenn ein Ameisenverstand so groß wäre, dass er seine Umgebung in dieser übergeordneten Weise erfassen könnte, dann wär' ich auch gern mal 'ne Ameise. Vielleicht würde ich dann auch den innigen Wunsch hegen mal wieder über einen Kaktus, eine Tilsandie oder ein verwelktes Blatt zu laufen.... aber solange das nicht so ist, kann das Becken aussehen und heißen wie es will, die Meisen nehmen keine Notiz davon.
Einzig über die verwendeten Materialien lassen sich diskutierten, das gilt für Fabienne's Formikarien genauso wie für alle anderen künstlichen Landschaftsbauten. Tut soviel Kunststoff, Styrodur und Farbe den Ameisen gut? Wirken diese Sachen vielleicht langfristig toxisch? Bisher sieht es nicht danach aus. Doch Fakt ist, dass sich in einem Becken mit viel Moos und Waldboden ein ganz anderes Mikroklima entwickeln kann, welches man (im Gegensatz zu Styrodurlandschaften) vielleicht als naturnah bezeichnen kann. Das eine solche Haltungsweise ebenfalls Nachteile hat, brauche ich nicht zu erwähnen.
Es gibt einfach verschiedene Stile in der Ameisenhaltung, genauso wie bei jedem anderen Hobby auch. Jeder macht andere Erfahrungen, hat einen anderen Geschmack, andere Vorstellungen und andere Mittel zur Verfügung. Die unterschiedlichen Formikarien die sich daraus ergeben finde ich sehr interessant.
Ich persönlich mag einfach diesen Styrodurlook nicht (mehr). Er sieht immer relativ gleich aus, wie ein künstlicher Styrodurfels eben. Ich schaue mich sehr schnell satt, wenn es zu künstlich aussieht. Das gilt auch für Futterschalten oder Deko die man für Formis oder Aquarien kaufen kann. Ich finde es nach ein paar Stunden schnell langweilig. Aber ich respektiere diese Bauweise (hab' ja auch schon ähnliches gemacht) und lasse mich immer gerne von "Becken der anderen Art" inspirieren. Und Fabienne, Deine Becken gehören immer noch zu besten, schönsten und inspirierensten Formikarien die mir bekannt sind.
Styrodur und "Künstlichkeit" hin oder her...
Gruß
Tobi
- murks
- Halter
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#18 AW: Diskussion zur Gestaltung von Formicarien
grinst Ich kenne solche Diskussionen schon zu genüge von den Aquarianern Wie viele hier schon festgestellt haben sollten einige Begriffe unterschieden, bzw geklärt werden. 1. Was ist "natürlich" - gibt es das überhaupt? - wenn ja wollen wir so ein Teil überhaupt hier in der Wohnung stehen haben. Ich selber denke, das wir es bei dem eingeschränktem Platz den wir unseren Pfleglingen bieten, nie ein natürliches Zuhause bieten könne. Genauer gesagt in den seltensten Fällen überhaupt bieten wollen. Wer will schon eine Ameisenstraße zum eigenen Mülleimer, weil die das in der "Natur" auch so machen. 2 Natur-ähnlich/nahe - das ist wohl das was die meisten am ehesten unter "natürlich" verstehen. Dies ist am ehesten als eine idialisierte romantische Naturvorstellung zu verstehen. Meist soll sie eine verkleinerte Darstellung eines Naturraumes sein. Dies hat jedoch recht wenig mit der wirklichen Natur zu tun. 3 rein Funktionale - da ist den Halter das "Aussehen" egal, es sollen nur alle wichtigen Bedurfnisse der Pfleglinge erfüllt werden. In diesen Teil fällt wohl der größte Teil der Behältnisse in den Tiere gepflegt werden. Meiner Meinung nach, ist es den Ameisen egal wie ihre Umwelt aussieht, solange ihre Bedürfnisse erfüllt werden. Das heißt ein heimeliges Nest, genügend Futter für die Larven und sie selber, einen Platz zum Müll abladen. Angenehme Themperaturen und Feuchte und genügend Wasser zum trinken. Doch meist hören wir schon da auf ihre Bedürfnisse zu befriediegen wenn es um ihren Bewegungsfreiraum geht. Die wenigsten Halter werden ihren Pfleglingen ihre Wohnung zu verfügung stellen. Ich selber finde die Teile die Fabienne gebastelt hat klasse, auch wenn sie meinen Geschmack nicht so treffen. Bevorzuge da selber eher die "Naturähnlichen", doch haben die eindeutig etwas. Da Fabienne auf jeden Falle darauf geachtet hat, die Bedürfnisse der Ameisen zu befriedigen, sehe ich eigentlich nichts was dagegen spricht, selbige darin zu pflegen. Da die Ameisen ja nicht sprechen können, bliebe uns nur übrig durch viele Versuche zu testen was sie wirklich bevorzugen. Zum beispiel einen Versuchsaufbau in dem mehrere verschiedene gleichlange Wege angeboten werden, die aber verschiedene Bodengründe bieten. usw. Das hier so geliebte Ytong-Nest wäre wohl für die meisten Arten nur zweite Wahl, wenn sie die Möglichkeit eines Erdnestes hätten, trotzdem wird es von vielen bevorzugt. Von daher solltet ihr euch die "Köpfe" nicht so einschlagen. Edit: arrrgg, beim quikreply hats die Formatierung verhauen. will keine Breaks dh Zeilenumbrüche rein bringen.
- Darius
- Halter
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#19 AW: Diskussion zur Gestaltung von Formicarien
Hallo an die Runde,
ich denke das Problem der "natürlichen" Haltung ist weniger der Platz an sich. Woher will man denn wissen, wovon der Platzbedarf einer Ameisenkolonie abhängt? Zum einen von der Koloniegröße, aber nehmen wir mal an man hat eine große Kolonie Blattschneiderameisen (weil es sich an diesem Beispiel besonders gut erklären lässt) mit 50.000 Arbeiterinnen. Die bewohnen 2 Becken, die je 70x70x70cm groß sind. In dem einen lebt die Kolonie mit dem Pilz, der das Becken zu 90% ausfüllt. Das zweite Becken dient der Fütterung; hier werden jeden Tag die frischen Blätter eingeworfen. Die Blätter reichen der Kolonie aus, mehr würde sie auch in der freien Natur nicht benötigen.
Ist das nun artgerechte Haltung oder nicht? Eine Frage, die ich mir bei meinen Blattschneidern damals oft gestellt habe und ein Grund, weshalb ich sie abgegeben habe. Vom Prinzip her haben die Ameisen alles, was sie brauchen: Genügend Futter und genug Platz, damit das Koloniewachstum (noch) normal verlaufen kann. Substrat hatten sie sowieso nie in einem der Becken, weil sie dies früher oder später abtransportiert hätten. Somit sind die Becken kahl, sie wirken (abgesehen von den Ameisen, dem Pilz und den Blättern) irgendwie fast steril. Die Ameisen haben theoretisch alles, was sie brauchen, nur sind sie es evolutionär gesehen "nicht gewohnt" die Blätter so ohne weiteres zu bekommen.
Ganz im Gegenteil, normalerweise müssen sie weite Strecken zurücklegen, was sich fest in ihrem Verhalten verankert hat. Jede Kolonie Blattschneiderameisen wird ab einem bestimmtem Verhältnis von Formicariumgröße zu Koloniegröße ihren Aktionsradius so vergrößern, dass das Formicarium an sich zu klein ist. Somit folgen die Tiere nur ihrem Trieb auszubrechen und werden dies ab und an auch schaffen, egal wie gut die Sicherheitsvorkehrungen des Halters sind.
Solchen Ameisen kann man also eine begrenzte Zeit all das bieten, was sie zum überleben und ausleben all ihrer Triebe brauchen (bis zu dem Zeitpunkt, wo der Trieb zum Ausbrechen auftritt). Diese Form der Haltung ist für mich bezogen auf Ameisen also artgerecht.
"Natürlich" bedeutet für mich, für die Ameisen zum einen die Bedingungen für die artgerechte Haltung zu schaffen und zum anderen den Lebensraum ihrer Heimat so nah, wie ich es kann, zu imitieren und ihnen zur Verfügung zu stellen.
Über die Bedingungen für die Artgerechte Haltung muss nicht viel diskutiert werden, die erfüllen Fabiennes Formicarien wohl alle, aber sind sie natürlich?
Auch wenn ich oben versucht habe eine Definition aufzustellen ist die noch nicht ganz eindeutig. Fabienne hat schon gesagt, dass Ameisen bei uns auch unter Wegplatten usw. leben. Sie haben sich somit angepasst, auch wenn die Wegplatten nicht ihr ursprünglicher Lebensraum sind. Hätte man nun Fabiennes Mondformicarium genommen und es im Sommer nach draußen gestellt wären vielleicht auch Ameisen eingezogen, das weiß keiner genau.
In der Definition müsste man also das Wort Heimat wiederum näher erklären. Handelt es sich dabei um die ursprüngliche Heimat oder nicht? Was heißt "ursprünglich" überhaupt? usw..
MainMans Argumentation verstehe aber auch. Wer weiß, wie sich die Ameisen in dem Formicarium fühlen? Die Frage kann keiner beantworten, wenn denn Ameisen überhaupt Gefühle haben, die man mit unseren vergleichen kann.
Letztendlich hängt von jedem selbst ab, ob er die Haltung nun natürlich findet oder nicht und vor allem, in was für Formcarien er seine Ameisen hält. Ich würde meine Ameisen auch nie in so einem Mondformicarium halten, aber mich zwingt ja auch keiner dazu.
Grüße, Darius
ich denke das Problem der "natürlichen" Haltung ist weniger der Platz an sich. Woher will man denn wissen, wovon der Platzbedarf einer Ameisenkolonie abhängt? Zum einen von der Koloniegröße, aber nehmen wir mal an man hat eine große Kolonie Blattschneiderameisen (weil es sich an diesem Beispiel besonders gut erklären lässt) mit 50.000 Arbeiterinnen. Die bewohnen 2 Becken, die je 70x70x70cm groß sind. In dem einen lebt die Kolonie mit dem Pilz, der das Becken zu 90% ausfüllt. Das zweite Becken dient der Fütterung; hier werden jeden Tag die frischen Blätter eingeworfen. Die Blätter reichen der Kolonie aus, mehr würde sie auch in der freien Natur nicht benötigen.
Ist das nun artgerechte Haltung oder nicht? Eine Frage, die ich mir bei meinen Blattschneidern damals oft gestellt habe und ein Grund, weshalb ich sie abgegeben habe. Vom Prinzip her haben die Ameisen alles, was sie brauchen: Genügend Futter und genug Platz, damit das Koloniewachstum (noch) normal verlaufen kann. Substrat hatten sie sowieso nie in einem der Becken, weil sie dies früher oder später abtransportiert hätten. Somit sind die Becken kahl, sie wirken (abgesehen von den Ameisen, dem Pilz und den Blättern) irgendwie fast steril. Die Ameisen haben theoretisch alles, was sie brauchen, nur sind sie es evolutionär gesehen "nicht gewohnt" die Blätter so ohne weiteres zu bekommen.
Ganz im Gegenteil, normalerweise müssen sie weite Strecken zurücklegen, was sich fest in ihrem Verhalten verankert hat. Jede Kolonie Blattschneiderameisen wird ab einem bestimmtem Verhältnis von Formicariumgröße zu Koloniegröße ihren Aktionsradius so vergrößern, dass das Formicarium an sich zu klein ist. Somit folgen die Tiere nur ihrem Trieb auszubrechen und werden dies ab und an auch schaffen, egal wie gut die Sicherheitsvorkehrungen des Halters sind.
Solchen Ameisen kann man also eine begrenzte Zeit all das bieten, was sie zum überleben und ausleben all ihrer Triebe brauchen (bis zu dem Zeitpunkt, wo der Trieb zum Ausbrechen auftritt). Diese Form der Haltung ist für mich bezogen auf Ameisen also artgerecht.
"Natürlich" bedeutet für mich, für die Ameisen zum einen die Bedingungen für die artgerechte Haltung zu schaffen und zum anderen den Lebensraum ihrer Heimat so nah, wie ich es kann, zu imitieren und ihnen zur Verfügung zu stellen.
Über die Bedingungen für die Artgerechte Haltung muss nicht viel diskutiert werden, die erfüllen Fabiennes Formicarien wohl alle, aber sind sie natürlich?
Auch wenn ich oben versucht habe eine Definition aufzustellen ist die noch nicht ganz eindeutig. Fabienne hat schon gesagt, dass Ameisen bei uns auch unter Wegplatten usw. leben. Sie haben sich somit angepasst, auch wenn die Wegplatten nicht ihr ursprünglicher Lebensraum sind. Hätte man nun Fabiennes Mondformicarium genommen und es im Sommer nach draußen gestellt wären vielleicht auch Ameisen eingezogen, das weiß keiner genau.
In der Definition müsste man also das Wort Heimat wiederum näher erklären. Handelt es sich dabei um die ursprüngliche Heimat oder nicht? Was heißt "ursprünglich" überhaupt? usw..
MainMans Argumentation verstehe aber auch. Wer weiß, wie sich die Ameisen in dem Formicarium fühlen? Die Frage kann keiner beantworten, wenn denn Ameisen überhaupt Gefühle haben, die man mit unseren vergleichen kann.
Letztendlich hängt von jedem selbst ab, ob er die Haltung nun natürlich findet oder nicht und vor allem, in was für Formcarien er seine Ameisen hält. Ich würde meine Ameisen auch nie in so einem Mondformicarium halten, aber mich zwingt ja auch keiner dazu.
Grüße, Darius