Die Mauerbiene Osmia cornuta

Themen über andere Insekten und Spinnentiere.
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#1 Von: A. Buschinger - Die Mauerbiene Osmia cornuta

Beitrag von AmeisenforumArchiv » 22. März 2005, 17:57

Zum Rätselbild (http://ameisenforum.de/thread.php?threadid=5205&page=9&sid=), dem Osmia cornuta-Männchen, hier ein wenig Hintergrund:

Die Mauerbiene nistet bei mir in ca. 15 cm dicken Stammquerschnitten von Kiefer bzw. Kirsche, in vorgebohrten Löchern von ca. 10 cm Tiefe und 8-9 mm Weite. Seit vielen Jahren!

Jetzt in den ersten Frühlingstagen werden die Lehmdeckel aufgestoßen oder durchgebohrt, und die Männchen schlüpfen als Erste. Ihre Zellen waren auch ganz vorne im Gang, weiter hinten, in sicherer Position, hatte ihre Mutter im letzten Frühjahr die Zellen für Weibchen angelegt.

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Bild 1 zeigt eine Gruppe von Männchen, die sich vor einem Loch versammeln. Sie warten auf ein auskriechendes Weibchen. Bald muss sie kommen!

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Bild 2: Doch ach, was da dem wartenden Burschen entgegenschaut, ist ja auch nur ein weiteres Männchen, kenntlich an dem Büschel weißer Haare im Gesicht! – Aber der Möchtegern-Freier merkt das nicht gleich. Kaum ist „Sie“ draußen, setzt er sich erst mal, im wahrsten Sinn des Wortes „besitzergreifend“, auf den Neuankömmling. Der wartet ein paar Sekunden, wie um zu überlegen: „Was stimmt denn da nicht?“. Dann schüttelt er den „Freier“ ab und fliegt selbst auf Brautschau.

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Bild 3: Endlich ist eine Lady aufgetaucht! Und schon wird sie begattet. Das Männchen sitzt nur etwa 15-20 Minuten auf ihr, sie hat ein schwarz bepelztes Gesicht. Dann hebt er die Fühler, schwirrt kurz, und "macht die Fliege"! – Sie hat dann die ganze Arbeit, eine passende Brutröhre zu finden, Pollen und Nektar einzutragen, ein Ei darauf legen, Deckel darüber, dann noch eine Zelle und noch eine, bis die Röhre voll ist und endgültig mit einem Erddeckel verschlossen werden kann. Da ist das Männchen längst tot. Und an dem „Bienenstand“ tut sich absolut nichts mehr, bis ein knappes Jahr später die nächste Generation Mauerbienen aus den Röhren kriecht.

Jetzt aber doch noch eine Besonderheit:
Drohnen, die Futter sammeln!

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Bild 4: Die Väter im Wartestand, die „Drohnen“, wenn man so will, haben ja anders als bei den Honigbienen keinen Bienenstock, in dem sie Vollpension bekommen. Und so müssen sie in der Wartezeit doch immer wieder selbst auf Nahrungssuche gehen. Hier am üppig blühenden Seidelbast, auch an den ersten Veilchen, und

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in den gerade erblühten Kuhschellen (Pulsatilla vulgaris). Ich hatte mir zuvor auch noch nicht klar gemacht, dass Männchen solitärer Bienen tatsächlich in nennenswertem Umfang Blüten besuchen und wohl auch bestäuben!

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Die Pulsatilla ist übrigens auch Futterquelle hier für eine junge Königin der Erdhummel Bombus terrestris. Anders als die früher erwähnte (http://ameisenforum.de/thread.php?threadid=5427&sid=), die viel zu früh ihre Winterruhe beendete, hat diese hier genug Geduld aufgebracht und kann nun, bei bereits reich gedecktem Tisch, Nahrung sammeln für die Gründung ihres Völkchens.
Wie man sieht, darf sie sich dabei auch mal ausruhen. Es ist noch kalt am Morgen, und so kuschelt sie sich in eine der Sonne zugewandte Blüte, die sie immerhin so lange als Solarium nutzte, bis ich im Keller die Kamera geholt hatte!

Es sind wirklich schöne Tage jetzt, in meinem „Freilandformikarium“!

A. Buschinger



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Hornisse
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#2 Wildbienen

Beitrag von Hornisse » 22. März 2005, 20:04

Hallo Herr Buschinger,

na das passt mir gerade sehr gut, weitere Infos zu Wildbienen zu bekommen.

Denn wir basteln im April mit 7 - 8 jährigen Schülern Wildbienen-Hotels aus Holzblöcken.

Einen Tag vorher soll ich den Kindern als "Aushilfslehrer" etwas über Wildbienen erzählen, bin schon fleißig am recherchieren.

Empfehlenswert sind zu dem Thema übrigens diese 2 Seiten:
wildbiene.de
und
wildbienen.de

Dort kann man beispielsweise ein Faltblatt downloaden, das alle wichtigsten Infos enthält.

Gruß


Gruß
Dieter Kosmeier

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#3 Von: A. Buschinger - Wohnungsbau für Mauerbienen

Beitrag von AmeisenforumArchiv » 23. März 2005, 10:49

Über Nisthilfen für Solitärbienen gibt es im Netz ja zahlreiche Informationen. Auch Naturschutzverbände usw. geben Info-Blättchen heraus. Ich will trotzdem hier mal meine persönlichen Erfahrungen anbringen, vielleicht regt es den Einen oder Anderen an, sich auch so etwas zu basteln.

Es fing 1985 an, als wir unser Haus bezogen. Rote Lehmklümpchen auf den Fenstersimsen brachten unsere Kinder in Verdacht, mit Dreck aus dem Garten Unfug getrieben zu haben ;). Aber nein: Hausbesetzer waren aufgetaucht, Osmia cornuta, und hatten in den Stoppern der Kunststoff-Jalousien ihre Nester gebaut. Manchmal fiel ihnen ein Lehmklümpchen aus den Mandibeln
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Die Stopper haben einen Innendurchmesser von 10 mm und eine Tiefe von 40 mm. Sie werden auch heute noch genutzt, obwohl ich sehr viele weitere Nistplätze anbiete. Das tägliche Auf- und Ab der Jalousien stört die Tiere offensichtlich überhaupt nicht! Die Stopper sind auf der Südseite ebenso wie auf der Nordseite des Hauses okkupiert. Auf beiden Seiten ist die Hauswand von einem etwa 70 cm breiten Dachüberstand vor Regen m.o.w. geschützt.

Den Tatbestand erkannt, habe ich ein erstes Kunstnest aufgehängt:
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Bambusrohre wurden in einer Zigarrenkiste in Gips eingelassen. Die Zwischenwände im Bambus habe ich bis auf die hinterste durchbohrt. Front und Kistchenwände wurden lackiert. Die Konstruktion wird ebenfalls noch heute, nach ca. 18 Jahren, genutzt. Dem Lack sieht man die „Vergangenheit“ inzwischen deutlich an.

Wohnraumnot entstand, es wurden immer mehr Bienen! So entschloss ich mich, etwa 1990, einen „Bienenstand“ *) zu konstruieren:
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In einen stabilen, an der Hauswand verankerten Holzrahmen wurden zunächst gebündelte Bambusrohre eingehängt (im Bild Nr. 1). Als auch diese „voll“ waren, habe ich zwei Abschnitte von einem Zwetschenbaumstamm (Nr. 2) dazu platziert. Wenig später folgten zwei dicke Scheiben von einer Blaufichte (Nr. 3), Durchmesser ca. 35 cm, und darauf wurden zwei Scheiben von einem Kirschbaum eingeschraubt (Nr. 4). Bohrungen in verschiedenen Größen ermöglichten nun die Ansiedlung auch anderer Solitärbienen, aber die Osmia cornuta blieb dominierend. Die deutlichen Schwundrisse zeigen, dass das nicht abgelagerte Holz mit allen Schwankungen der Luftfeuchtigkeit "arbeitet". Bohrungen, die von einem Riss durchzogen sind, werden nicht genutzt.

Vorläufig letzter Akt ist ein ganz moderner „Neubau“ (Nr. 5), den mir im letzten Jahr ein dankbarer Student zum Ruhestand gebastelt hat:
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Der Kasten ist 23 cm breit und hoch und 20 cm tief. Der „Einschub“ enthält Plexiglasröhren verschiedener Dicke. Eingeschoben ist es für die Tiere dunkel darin, und gelegentlich kann man das Ganze herausziehen und inspizieren.
Noch weiß ich nicht, wie das angenommen wird, aber andernorts habe ich schon gesehen, dass es funktioniert.

Gestern (22.3.05) habe ich das Ding an den Rahmen montiert, bei Sonne und regem Flugbetrieb der Osmia um mich und den Bienenstand herum. Das bisschen Bohren und Schrauben hat sie nicht gestört. Ungerührt haben sie zu meinen Füßen und an den Jeans kopuliert, und ein paar Männchen hofften sogar, dass aus meinen Ohren vielleicht doch mal ein Mädchen schlüpfen könnte :-).
– Ich liebe diese netten Pelztierchen!

A. Buschinger

*) In der "Ameisenschutz aktuell" habe ich darüber schon mal berichtet: "Ansiedlung der Blauen Holzbiene Xylocopa violacea im Hausgarten". ASa 1/2000, S. 12-18.
(Die Holzbiene allerdings baut sich selbst ihre Löcher, bei mir in einem Pfirsich-Stubben, sie wird nicht in eine der hier beschriebenen Nisthilfen einziehen).



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Werner D.
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#4 RE: Wohnungsbau für Mauerbienen: Beobachtungsnistkästen

Beitrag von Werner D. » 5. April 2005, 22:17

Lieber Herr Buschinger,

Beobachtungsnistkästen, durch die die Entwicklung der Larven kontinuierlich beobachtbar wird, finde ich ungemein reizvoll. Allerdings sind die Erfahrungen mit Glasröhrchen eher schlecht. Durch den mangelnden Gasaustausch entsteht ein tropisches, feucht-warmes Klima im Inneren der Röhrchen, ein Großteil der Brut wird ruckzuck von Pilzen überwuchert und stirbt rasch ab.

Eine Stufe besser sind Röhrchen aus Acrylglas (Plexiglas), die hinten mit einem kleinen Wattebausch verschlossen werden.
Bei einer umfangreichen Studie von Fritz Brechtel (Die Stechimmenfauna des Bienwaldes und seiner Randbereiche, Bad Dürkheim 1986) lag die Mortalitätsrate je nach Bienenart zwischen 14% (Osmia adunca) und 93% (Hylaeus communis). Arten mit dichten Zwischenwänden und kompakten Nahrungsvorräten, die die Durchlüftung noch weiter erschweren, hatten hier eindeutig die schlechtesten Karten.

Weitaus besser ist eine Mischung aus ausgefrästem Holz und Plexiglas

Das Holz kümmert sich um den optimalen Gasaustausch, die Plexiglasscheibe sorgt für Durchblick. Die ideale Kombination!



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Weitere Infos unter:

http://www.bauches-lust.de/naturgarten/villalarvenblick.html

und:

http://www.wildbienen.de/ebschutz.htm

Viel Spaß beim Beobachten :-)

Werner David



schmidi
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#5

Beitrag von schmidi » 14. April 2005, 18:25

Auch ich hab in den letzten Jahren versucht, verschiedenen Insekten Nisthilfen anzubieten.
Ich hab in Escheholz Löcher verschiedener Größe gebohrt und diese Klötze im ersten Jahr auf unseren SüdwestBalkon gestellt. Das Ergebnis war gleich null.
Dann hab ich die Klötze auf der Südostseite des Hauses positioniert. Auch hier ist ncihts passiert.

Was mache ich falsch?
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schmidi ?: ;(



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#6 Von: A. Buschinger -

Beitrag von AmeisenforumArchiv » 14. April 2005, 20:15

Hallo Schmidi,

Zuerst hat es mich überrascht, dass da bei Ihnen nichts reingehen will. Bei mir benutzen die Osmia schier jedes "Dreckloch", und wenn ich lange genug stehen bleiben würde, hätte ich bald auch noch Nester in Ohren und Nase.
Aber an den Bildern sehe ich, dass Ihre Hölzer ja auf dem Boden (dem Kies) liegen. Das mögen die Bienen nicht. Hängen Sie die Hölzer doch mal an der Wand auf, 3/4 m bis 1 m über dem Grund genügt, darf aber auch noch viel höher sein.
Noch etwas: Für Osmia sollen die Löcher ca. 7 cm tief sein und 7 mm weit. Die Richtung der Bohrlöcher scheint nach meinen Beobachtungen keine große Rolle zu spielen. In Längsrichtung zum ehemaligen Baumstamm ist sehr beliebt, führt aber dazu, dass einige Schwundrisse entstehen. Quer zur Faserrichtung (z.B. in Balken) gibt reichlich ausgefranste Eingänge; aber die werden auch angenommen.

Viel Erfolg,
Ihr A. Buschinger

@ Werner D.:
Ihr Vorschlag macht ausgesprochen Sinn! Ich werde das im nächsten Jahr auch mal so probieren, mit Holz-Plexiglas-Kombinationen.



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Hornisse
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#7 RE: Wohnungsbau für Mauerbienen: Beobachtungsnistkästen

Beitrag von Hornisse » 15. April 2005, 13:37

Original von Werner D.
Allerdings sind die Erfahrungen mit Glasröhrchen eher schlecht. Durch den mangelnden Gasaustausch entsteht ein tropisches, feucht-warmes Klima im Inneren der Röhrchen, ein Großteil der Brut wird ruckzuck von Pilzen überwuchert und stirbt rasch ab.


Das kann ich voll bestätigen.

Vor 10 Jahren bekam ich so einen Kasten mit Glasröhrchen geschenkt. Trotz guter Annahme und Belegung: Nie kam es zum guten Ende (Wie von Werner D. beschrieben)

Um den Kasten wenigstens etwas zu nutzen: Ich habe den recht breiten Rand des Holzbetons mit vielen Bohrungen versehen, die immer gut angenommen werden ;)

Ansonsten durfte ich heute in der Klasse meines Sohnes (8 Jahre alt) etwas über Wildbienen erzählen. Als sich dann noch eine Wildbiene in die Klasse verirrte und mit einem Glas lebend und unverletzt eingefangen werden konnte, war die perfekte Show für die Kinder gelungen, da grade ein lebendes Insekt noch zum Demo- und Infomaterial gefehlt hatte.

Die Entwicklung Ei - Larve - Puppe - zum fertigen Insekt entlockte einem Kind: "Das ist ja Zauberei". Finde ich bei näherem Nachdenken auch :-))

Morgen ist Basteltag in der Schule, dann werden "Bienenhotels" gebastelt.

Natürlich konnte ich es mir nicht verkneifen, auch etwas über Hornissen zu berichten. Das fanden die Kinder natürlich auch spannend.

Der restliche Unterricht fiel an diesem Tag aus ...

Gruß


Gruß
Dieter Kosmeier

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#8 Nicht jedes Holz wird gleich gut angenommen

Beitrag von Hornisse » 15. April 2005, 13:42

Original von schmidi
Ich hab in Escheholz Löcher verschiedener Größe gebohrt und diese Klötze im ersten Jahr auf unseren SüdwestBalkon gestellt. Das Ergebnis war gleich null.
Dann hab ich die Klötze auf der Südostseite des Hauses positioniert. Auch hier ist ncihts passiert.(


Hallo schmidi,

verschiedene Holzarten werden nach meiner Erfahrung nicht so gut angenommen. Woran es liegt weiß ich allerdings nicht. Geruch? Nicht lang genug abgelagert? Imprägniert?

Vielleicht kann das jemand erklären. Ich leider nicht.

Gruß


Gruß
Dieter Kosmeier

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