Anfang diesen Jahres rief mich Fabian an und sagte mir, dass in seiner Cataglyphis viaticus-Kolonie, die seit Jahren ein Freund von ihm liebevoll pflegte, Geschlechtstierpuppen aufgetaucht seien. Natürlich dachten wir sofort an eine Neuauflage der Zucht dieser Art, wie sie vor einiger Zeit schon einmal erfolgte.
Bei meinen Aufenthalten in Tunesien hatte ich jedoch beobachtet, dass in den Kolonien dieser Art meist nur eine Fraktion der Geschlechtstiere erschien, entweder Männchen oder Weibchen. Merkwürdigerweise meist Weibchen, sie erschienen nach meinen Eindruck stets in Überzahl.
So stand zu befürchten, dass wir aus der Kolonie Fabians nur Männchen oder Weibchen, nicht aber beide Geschlechter als Zuchttiere erhielten. Ausserdem bestand das Problem der Inzucht bei einer Zucht mit Geschlechtstieren aus einer Abstammung. Zwar dürfte Inzucht in der ersten Generation kaum zu Problemen führen und so für künftige Halter solcher Tiere kaum relevant sein, trotzdem wollten wir Inzucht natürlich möglichst ausschliessen.
Es stand nur diese eine Kolonie mit heranwachsenden Geschlechtstieren zur Verfügung. Also bestand eigentlich nur die Möglichkeit, ergänzend Zuchttiere als Brutstadien durch Sammeln im Freiland zu beschaffen. Da jedoch noch nicht klar war, welchen Geschlechts die in Gefangenschaft entstehenden Tiere sein werden, blieb nur die Möglichkeit, vorbeugend Geschlechtstierbrutstadien zu sammeln, in der Hoffnung, die richtigen Partner in ausreichender Zahl dann für die Zucht zu haben.
Nach kurzem Palaver stand unser Entschluss fest, wir buchten eine Kurzreise nach Südtunesien, Djerba. Die "Vorfahren" der Kolonie in Gefangenschaft stammten zwar aus der Umgebung von Monastir. Monastir erschien mir aber zu diesem Zeitpunkt weniger günstig, dass Klima ist hier etwas kühler als auf der Insel Djerba und so war zu erwarten, dass die dort in der Umgebung von Monastir lebenden viaticus im März bzw. Anfang April noch keine
Eine Reise in dieses Land ist für Ameisenfreunde immer ein besonderes Erlebnis. Tunesien ist als Billigreiseland bekannt, das wird dem Land und seinen freundlichen Bewohnern jedoch nicht wirklich gerecht. abseits der Hotelburgen in den Halbwüsten und Palmenhainen, aber auch in den Siedlungen der einfachen Leute zeigt sich jedoch der Reichtum dieses wunderschönen Landes. Gerade im Frühjahr blühen tausendfach die verschiedensten Blütenpflanzen, Bienen sirren und überall findet sich diverses exotisches Getier wie Skolopender, Skorpione, Taranteln, schwarze Witwen, Gottesanbeterinnen u.a. Schrecken usw. usf.. Und natürlich vor allem Ameisen. In Tunesien lebt u.a. die wohl grösste Messor-Art, die Arbeiterinnen werden bis zu 18 mm lang und sind äusserst kräftig. Auf Djerba allein fanden wir in diesem Jahr etwa acht Messor-Arten, fünf Cataglyphis-Arten, vier Arten von Camponotus, verschiedene Pheidole, Monomorium, Tapinoma usw.. Daneben verschiedene Termiten, darunter auch Schnitter-Termiten. Erstaunt bin ich immer wieder über den Mangel an sozialen Wespen angesichts der milden Winter, ich sah in diesem Frühjahr nur einmal Polistes. In früheren Jahren sah ich mitten im "Winter", im Januar auf Djerba vereinzelt Arbeiterinnen von Vespula germanica.
Es zeigte sich, dass wir richtig kalkuliert hatten und schon nach zwei Tagen Aufenthalt genügend
So hatten wir bei unseren einwöchigen Aufenthalt noch genügend Zeit, uns nach anderen Ameisen umzusehen. Auf Djerba fanden wir vereinzelt fouragierende Arbeiterinnen von Cataglyphis bombycinus, jedoch immer selten und nur in besonders dürren, sandigen Gegenden. Die Art war hier selten und Nester kaum auszumachen. So mieteten wir einen Wagen und fuhren in die nahegelegenen Ausläufer der Sahara. Hier fanden wir tatsächlich verschiedene Kolonien der Art, Bilder dieser einzigartigen Art werde ich in der nächsten Zeit einstellen. Übrigens versuchten wir uns auch an der Zucht dieser Art, leider schlüpften aus den mitgebrachten
An den salzigen Lagunen und den Salinen Djerbas fanden wir eine weitere grosse Cataglyphis-Art, schwarzglänzend, hochelegant und ungemein flink u.a. Salzfliegen jagend und sammelnd. Die Art lebt ausschliesslich hier am Strand ruhiger und salziger Gewässer im sehr feuchten, meist lehmigen Boden. Ich fand diese Ameise auch in anderen Küstengegenden Tunesiens, jedoch nie direkt am Meer, sondern immer am Rande ruhiger salziger Gewässer mit immer geringer Dünung. Das Meer mit seinen oft hohen Wellen würde die Kratereingänge der Nester dieser Ameisen wegspülen und das Wasser könnte ins Nest eindringen. Vor Jahren brachte ich eine Kolonie der Art aus Monastir mit. Die Tiere starben zu meinen grössten Bedauern nach kurzer Zeit in der Gefangenschaft. Aber auch in diesem Jahr hatte ich etwas Glück und konnte eine Kolonie einsammeln. Die Ameisen halte ich nun in einen Becken in einem Ytongnest, der Sandboden des Beckens ist mit meersalzhaltigem Wasser durchnässt. Es geht den Tieren blendend und offenbar war es der Fehler beim ersten Haltungsversuch mit dieser Art vor Jahren, dass ich zuwenig versucht habe, die Bedingungen nachzubilden, die diese Ameisen im Freiland bevorzugen oder sogar benötigen. Es wird noch zu erforschen sein, welche Rolle der Salzgehalt für diese Art spielt. Offensichtlich aber ist ein salziges Umfeld lebensnotwendig, ebenso jedoch auch eine Süsswassertränke. Nicht zuletzt lebt die Art wohl auch an den Salzseen im Innern Tunesiens. Bei meinen ersten Haltungsversuch hatte ich nicht geglaubt, dass dieses Umfeld von Bedeutung sein könnte. Vielmehr hatte ich vermutet, diese Art wäre in dieses Umfeld vor den fast allseits anwesenden, agressiven und dominanten viaticus ausgewichen. Denn die viaticus, die ansonsten fast überall präsent sind und jede Möglichkeit nutzen, meiden dieses salzige Biotop. Die Grenzen dieser Lagunensäume sind zugleich die Grenze zwischen den Aktionsräumen beider grosser Cataglyphisarten. Während jedoch diese salzliebende Cataglyphisart hochspezialisiert zu sein scheint, zeigt sich viaticus als Opportunist, der die verschiedensten Lebensräume zu besiedeln vermag, nur eben nicht die Säume und Strände der Salzlagunen.
Zurück zur Zucht der Cataglyphis viaticus. Nachdem ich und Fabian gemeinsam die Reise unternommen hatten, verabredeten wir die nun weitere Zusammenarbeit. Fabian sollte sich um die Zucht der viatcus kümmern, ich wollte die Zucht der bombycinus übernehmen. Mit den bombycinus ist das leider, w.o. beschrieben in die Hose gegangen (...für dieses Jahr...), mit den viaticus ist Fabian jedoch durchaus erfolgreich. Er hat die Begattungsexperimente nach gleichem Muster aufgebaut, wie ich sie für Cataglyphis im AF bereits beschrieben habe. Fabian wird an dieser Stelle in Kürze über die wunderschönen Jungköniginnen berichten.
Grüsse, Frank.
PS: Ich werde das hier fortsetzen, gemeinsam mit Fabian.