Regensburger Forscher warnen vor einer invasiven Gartenameise, die sich derzeit rasant in ganz Europa ausbreitet: Es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis die Ameisenart weitere GĂ€rten und Parkanlagen in Deutschland, England und Skandinavien befalle. Dort rotten die Tiere dann alles andere Kleingetier aus.
Die wissenschaftlich Lasius neglectus genannte Ameisenart war 1990 in Ungarn entdeckt worden. Sie habe sich aus Arten am Schwarzen Meer abgleitet, berichtet Sylvia Cremer von der UniversitĂ€t Regensburg im US-Fachjournal âPLoS ONEâ (San Francisco). Mittlerweile seien etliche weitere Ameisenpopulationen an mehr als 100 Stellen in verschiedenen europĂ€ischen LĂ€ndern aufgetaucht. Sie wurden beispielsweise bei Paris und Warschau gesehen. In Deutschland fand sich diese Ameisen zuerst vor acht Jahren in Jena. Die Tiere bevorzugen laut Cremer Parks und GĂ€rten und rotten andere Ameisenkolonien aus.
Die Biologin vom Regensburger Institut fĂŒr Zoologie hat mit Kollegen untersucht, warum sich diese Ameisen erfolgreich an neue LebensrĂ€ume anpassen und sich daher so schnell verbreiten.
âSobald die invasive Gartenameise irgendwo neu hinkommt, kann sie sich gut durchsetzen und die einheimische Fauna dominierenâ, erklĂ€rt Cremer. âEs sterben dann alle anderen Tiere in dem Bereich aus. Alle anderen Ameisen, aber auch anderes Kleingetier wie Spinnen werden total verdrĂ€ngt.â Lasius neglectus Ă€hnele der Schwarzen Gartenameise, aber die Zahl der umherlaufenden Tiere sei zehn bis 100 Mal gröĂer.
Die Verbreitung der Ameisenkolonien quer ĂŒber den Kontinent erfolgt nach Erkenntnissen der Wissenschaftler beispielsweise durch Baumschulen, die bei Gartenmessen ihre Produkte austauschen und so auch die Ameisen weitertragen.
Nach SchĂ€tzungen verursacht beispielsweise in den USA die dort zugewanderte Rote Feuerameise jĂ€hrlich SchĂ€den von etwa 600 Millionen Euro. Bislang hĂ€tten aber nur Menschen in wĂ€rmeren Gegenden mit solchen SchĂ€dlingen zu tun gehabt, erklĂ€rt Cremer. Das Vorkommen von Lasius neglectus in Mittel- und SĂŒdost-Europa sei daher ungewöhnlich.
Der Erfolg der neuen Ameisenart beruht laut Cremer auf der speziellen Sozialstruktur dieser Tiere. âSie sind nicht wie die einheimischen Ameisen auf einen Paarungsflug angewiesen, sondern können sich gleich in ihrem Nest paaren.â Heimische Ameisen paarten sich mit Tieren aus anderen Partnerkolonien, die invasive Gartenameise betreibe dagegen sozusagen Inzucht. âSo können sie ganz viele neue Königinnen produzieren, ohne auf andere angewiesen zu sein."
Ein weiterer Unterschied ist laut Cremer, dass sich benachbarte Ameisennester nicht wie sonst gegenseitig bei der Nahrungssuche bekĂ€mpfen. Die eingeschleppten Ameisen kooperierten sogar. âSie sind viel besser darin, Futter heranzuschleppen.â
Wenn eine einheimische Ameise einen Brocken finde, mĂŒsse sie erst im eigenen Nest Hilfe holen, erlĂ€utert die Ameisenexpertin. âDas können dann sehr lange Wege sein.â Die invasiven Gartenameisen wĂŒrden sich dagegen einfach im nĂ€chstgelegenen Nest TransportkrĂ€fte besorgen. âDeswegen sind die unglaublich erfolgreich."
Die Forscher haben auch herausgefunden, dass die eingeschleppte Gartenameise in einer viel höheren Dichte auf engem Raum auftritt. âWenn man sich einen Baum anschaut, laufen normalerweise vielleicht drei, vier, fĂŒnf Ameisen den Stamm rauf und runterâ, erklĂ€rt Cremer. âBei den invasiven Ameisen hat man dagegen ganze StraĂen von Ameisen.â Durch diese 10 bis 20 Zentimeter breiten AmeisenstraĂen könnten auch die Laien die neuen Arten von den herkömmlichen hiesigen Ameisen unterscheiden.
(Quelle: Invasive Tiere: Aggressive Ameisenart breitet sich in Europa aus - Nachrichten Wissenschaft - WELT ONLINE )