Meine erste Gyne [Serviformica sp.]

Bestimmungsanfragen - bitte auf genaue Angaben achten.
DermitderMeise
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#9 AW: Meine erste Gyne

Beitrag von DermitderMeise » 27. Juni 2009, 13:15

Hallo zusammen!
Auch von mir die Bestätigung, dass es sich nicht um Formica rufa/polyctena handelt - die sind vom Habitus her eher 'gestaucht', wie so viele sozialparasitisch gründende Arten. Die Gaster der Königinnen glänzt bei diesen Arten auch ohne Blitzlicht wie blank poliert.

viele Grüße!



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Joachim

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#10 AW: Meine erste Gyne

Beitrag von Joachim » 27. Juni 2009, 15:22

Wer morphologisch ganz sicher sein möchte, schaut sich mit einer starken Lupe (optimal Binokular) den Clypeus an und bestrahlt ihn aus verschiedenen Richtungen. Bei Formica s.str. glänzt das Stirndreieck (mittig zwischen Clypeus und übrigem Kopf) auffällig stärker als die übrige Kopfplatte, während es bei Serviformica genauso matt erscheint.

Das ist nicht nur hilfreich bei Königinnen, wenn man sich mit dem Habitus und den Reflektionen am Körper nicht auskennt, sondern auch bei kleineren Formica s.str. Arbeiterinnen, die man auch auf die Schnelle mit Serviformica verwechseln kann. Besonders in der Sonne eindeutig zu sehen.

Üben kann man das, indem man Arbeiterinnen einer garantierten Formica s.str. (wie von einem Nadelhügel, oder Formica pratensis) zur Hand nimmt, und mit einer Lupe den Kopf anschaut. Dasselbe tut man bei einer garantierten Serviformica (fusca ist schlecht, eher eine der rotbraunen von der Wiese) und vergleicht.
Man wird bei den Serviformica das meistens matte Stirndreieck etwas suchen müssen, da es sich nicht vom übrigen Kopf abhebt, doch bei Formica s.str. glänzt es wie ein Spiegel, selbst wenn sich beide Arbeiterinnen äußerlich sehr ähneln.


vG Joschi

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Joachim

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#11 AW: Meine erste Gyne

Beitrag von Joachim » 27. Juni 2009, 15:38

So, hier nochmal zur bildlichen Veranschaulichung.
Rechts die Serviformica. Das Stirndreieck reflektiert nicht anders als der übrige Kopf, es sticht nicht hervor.
Links die Formica s.str. (Waldameise). Das Stirndreieck glänzt trotz seiner winzigen Größe wie ein Spiegel und sticht mit einer starken Lupe oder einem Binokular sofort heraus. Bei starker Sonne sogar mit bloßem Auge.

Bild


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#12 AW: Meine erste Gyne

Beitrag von Kottan » 28. Juni 2009, 10:50

Dank euch für die Korrektur und die Ausführungen.

Hätte auch schon die Fühlerfärbung zumindest zum Ausschluss von Formica rufa getaugt? Dein Foto, Joschi, zeigt ja schön eine unterschiedliche Färbung und auch die Fotos von Philipp022 und Dunpeal zeigen ja deutlich graue Fühler, wogegen mein Tier ja deutlich rötliche Fühler zumimdest zu Kopf hin hat.

Gruß, Jan

Edit: So, ich hab mir erstmal Fachliteratur bestellt. Mir fehlen ja schon die gängigsten Fachbegriffe.



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Joachim

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#13 AW: Meine erste Gyne

Beitrag von Joachim » 28. Juni 2009, 11:57

Die Färbung der Fühler allein reicht nicht, nein, das eindeutigste taxonomische Merkmal ist das Stirndreieck.

Allerdings kann man, wenn man beide Untergattungen oft gesehen hat, auch andere Merkmale ansetzen. Das sind allerdings subjektive Eindrücke, die jeder für sich selbst machen muss:

Bei den Königinnen der Serviformica ist die Gaster meistens im Vergleich zum sonstigen Körper etwas langgestrecker, während sie bei Formica s.str. runder und kleiner erscheint. Die charakteristische Schwarzfärbung auf dem Körper der Waldameisenkönigin ist ein zusätzlicher Hinweis, dazu muss man allerdings schon viele Arten mit dem Auge gesehen haben. Und zu guter letzt reflektiert der Körper einer Formica s.str. in vielen Fällen deutlich stärker als der einer Serviformica Königin, ähnlich zum Stirndreieck.

Bei Arbeiterinnen: Formica s.str. bewegt sich anders, meistens plumper, und man trifft sie oft in größerer Zahl an.
Serviformica haben in der Regel einen schlankeren Körper, mit weniger auffallend dunklen Flecken.
Die Fühler von Serviformica erscheinen im Vergleich zum Kopf wesentlich länger, die Augen etwas größer.

All die körperlichen Merkmale kann man unter "Habitus" zusammenfassen. Also wenn die alten Hasen dieses Wort gebrauchen, meint es nichts anderes, als dass sie instinktiv durch ihre viele Erfahrung mit unterschiedlichen Arten beider Untergattungen diese Unterschiede erkennen, und somit auch ohne Schlüssel direkt auf die richtige Untergattung kommen.

Es braucht allerdings einiges an Übung und Erfahrung in der Ameisensuche im Freiland. Optimalerweise versucht man, im Freiland die Untergattung (oder später sogar Art) zu schätzen, und bestimmt sie dann unter dem Bino nach. Man wird erstaunt sein von den Fortschritten, die man über die Zeit macht!


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#14 AW: Meine erste Gyne

Beitrag von Boro » 29. Juni 2009, 08:51

Ja, und dann wären da noch jene Bestimmungshilfen, die Joschi oben schon angesprochen hat und die meiner Meinung nach stark vernachlässigt werden:
Beobachtungen von Habitat, Nestform, Bewegungsablauf der Ameisen während des Furagierens, auffallende Ernährungsgewohnheiten, Aggressionsbereitschaft usw.
Passendes Beispiel:
1. Wenn man eine einzelne Königin von Formica s. str. fangen will, wird sie sofort Abwehrbereitschaft signalisieren, indem sie sich auf die "Hinterbeine" stellt und die Gaster drohend nach vorne richtet. Auch eine Angriffshandlung gegen den sich nähernden Finger beispielsweise kann es geben.
2. Eine einzelne Serviformica-Königin wird nur ein Fluchtverhalten zeigen.
Klar, ein Foto kann uns diesbezüglich nicht helfen....
L.G. Boro



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