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NamensÀnderung Formica lusatica zu Formica clara

Nachrichten aus den Medien und der Wissenschaft.
Jan
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#9

Beitrag von Jan » 12. Oktober 2009, 20:10

Hallo Frank,

Was macht eigtl. eine Art aus? Etwa ein HÀÀrchen hier oder dort? Und dann noch statistische Durchschnittswerte, weil die Tiere einer Kolonie, Töchter einer Mutter u.U. sich unterscheiden in diesen Merkmalen und durchaus bei Einzelbetrachtung unterschiedlichen Arten zugeordnet werden könnten???


Wenn das so einfach zu sagen wÀre. Aber wie man an verschiedenen Beispielen sieht (z.B. Joschis Post ;) ) ist das eine ganz komplexe, knifflige Frage.
Wie viele Gene mĂŒssen verschieden sein damit man z.B. die unbeschriebenen Arten des Tetramorium Komplexes determiniert?
Es wird immer Leute geben in deren Augen das eher zweitrangig ist und welche die ein bestimmtes Problem bis ins letzte Detail aufklÀren wollen.
Und in der Wissenschaft hat sich eben der Ansatz durchgesetzt durch möglichst lĂŒckenlose Darlegung der Tatsachen objektive Erkenntnis zu gewinnen.
Ob das jetzt dem einen oder anderen Laien oder Forscher passt spielt da eine relativ geringe Rolle.


Mir wĂ€ren ökologischen Beobachtungen wichtiger, etwa Betrachtungen und vergl. Beobachtungen im Freiland. Habitatwahl, Jahreszyklus, Biologie. Weniger wichtig wĂ€ren mir geringfĂŒgige morph. Unterschiede. Ich denke aber, das wird schon gemacht, hoffe es zumindest.


Ich denke auch dass die hiergenannten Attribute einfliessen und ja auch erfasst werden (Seifert z.B.), aber sie bieten auch Spielraum.
Wenn Du von Habitatwahl sprichst: Wie kann man ein Habitat genau typisieren, beschreiben?
Habitate kommen an verschiedenen Stellen vor, sind verschieden gestaltet, nirgendwo genau gleich. Moore gibt es im Flachland wie auf knapp 1000m, sind dann die darin vorkommenden Arten immer 100%ig gleich?
Kein Habitat ist gleich besiedelt, nie konstant besiedelt, vielleicht wird das Serviformica Volk im Laufe der nÀchsten Monate verschwinden. Vielleicht durch Milben eingehen, vielleicht durch eine Lasiusart verdrÀngt.
Daraus lÀsst sich schliessen das Arten um Habitate konkurieren, d.h. sie sich aufteilen.
Der Organismus an sich den ich determinieren will, der ist eigentlich immer gleich, die GrÀtchenfrage lautet dann nur manchmal: "Wie (quantitativ) gleich?"


FĂŒr mich ist die Art glauca oder mth. clara relativ klar abzugrenzen von rufibarbis. Insofern geht mir diese Umbenennung auch gar nicht so nahe. Sie hat mich nie sonderlich interessiert, den Namen lusatica habe ich mir nie zueigen gemacht. Zu recht, wie ich jetzt feststelle...:) Trotzdem habe ich etwas dazugelernt, dafĂŒr bedanke ich mich.


Ist ja nichts dagegen einzuwenden.
Aber hey, nobody's perfect. Seifert arbeitet nach alpha-taxonomischen Merkmalen, hÀtte er die Möglichkeit Genanalysen seiner Nestrreihen zu erstellen, wÀre der Fehler vielleicht nie passiert.
Aber um meine Meinung mal mit einem rumĂ€nischen Sprichwort auszudrĂŒcken: "Der Kluge lernt aus den eigenen Fehlern, der Dumme nicht mal aus denen Anderer."
Somit hat Herr Seifert (mit UnterstĂŒtzung Herrn Schulzes) hier eigentlich etwas Kluges geleistet.


So long,

Jan


"Wie ist das genau? Die Blattschneider Ameisen zĂŒchten ja dieses Pils,..."- ein Forenteilnehmer

Blattschneiderameisen: Braukultur, lange bevor es Menschen gab...

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Frank Mattheis
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#10 AW: NamensÀnderung Formica lusatica zu Formica clara

Beitrag von Frank Mattheis » 13. Oktober 2009, 10:51

He jan, soweit wĂŒrd ich mich nicht versteigen, zu behaupten, dass Seifert da einen Fehler gemacht hat. In seiner taxonomischen Arbeit. Ich bin kein Taxonom, kann das gar nicht beurteilen.
Was ich meine, worum es mir ging, ist nur eben, war es nötig, eine Art plötzlich umzubenennen? Mit all den Auswirkungen auf Ă€ltere Literatur, Namensgebungen etc...? Die Ergebnisse Seiferts wĂ€ren doch sicher auch vereinbar gewesen mit den eingefĂŒhrten Namen glauca.

Danke Joschi. Das kann ich nachvollziehen. Eben v.a. bei trop. wenig bekannten Arten. Bei seit langem gutbeschriebenen alten mitteleuropÀischen Arten, von denen es ja nun vergleichsweise wenige gibt, fÀllt es mir allerdings schwerer. Trotzdem erkenne ich das Dilemma dank Deinen Posts nun besser.

LG, Frank.



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Joachim

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#11 AW: NamensÀnderung Formica lusatica zu Formica clara

Beitrag von Joachim » 13. Oktober 2009, 12:49

Problem hier in Mitteleuropa ist, dass es zwar eine schon recht gut beschriebene Fauna gibt, aber im Moment nur Bernhard Seifert als Taxonom an der breiten Artenvielfalt im Gesamten arbeitet.

Auf der einen Seite ergibt sich da das Problem, dass ein einziger Wissenschaftler, so kompetent er auch ist, nur sehr schwer so ein großes Gebiet abdecken kann. In Afrika mag das gehen (Brian Fisher ist da im Moment sehr fleißig) oder SĂŒdamerika (Manfred Verhaags Expertise), aber da ist eben noch ein Großteil der Fauna unbekannt, allein in Bonn liegen im zoologischen Museum noch viele dutzend Arten allein aus Kenia in der Schublade und warten darauf, dass ihr Beschreiber mal etwas Freizeit hat.
In Europa ist halt das Problem, wie du halt schon sagtest, dass die Wissenschaft hier eine lange Tradition hat und die Fauna recht umfangreich von vielen KoryphĂ€en durchleuchtet wurde. Die Vergangenheit, die Bernhard Seifert hier mit seinen Arbeiten geerbt hat, ist ungleich höher, und damit auch der Anspruch. Ein einzelner Mann kann niemals ĂŒber so viele Daten verfĂŒgen, um alles richtig zu machen. Deshalb finde ichs umso besser, wenn so ein Mann auch in der Lage ist, sich "selber zu revisieren" ;) Wie eben bei glauca und clara.

Die zweite Frage ist, warum Bernhard Seifert so wenig UnterstĂŒtzung hat, wo doch in Europa noch eine Vielzahl (relativ gesehen!) an Wissenschaftlern lebt, die mit Ameisen bewandert sind. Hat er keine, oder will er keine? Ich kenne inzwischen einen guten Satz an Geschichten anderer Biologen dazu, allerdings muss man immer auf der Hut sein vor der berĂŒchtigten Mundpropaganda (das lernt man im Studium als erstes), und da ich Seifert noch nie persönlich erlebt habe, möchte ich dazu nichts weiter sagen. Was am Ende bleibt, ist seine Arbeit, und die ist denke ich eine mehr als wĂŒrdige WeiterfĂŒhrung von Stitz und co., die Mitteleuropa in Punkto Ameisen trotz einiger bestehender Fragen zu einem der am besten beschriebenen Gebiete der Welt macht.


vG Joschi

NuEM
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#12 AW: NamensÀnderung Formica lusatica zu Formica clara

Beitrag von NuEM » 13. Oktober 2009, 14:58

Es hÀngt wohl alles ein bisschen daran, was genau eigentlich eine "Art" ist. Im Grunde eine ganz einfache Sache, dann aber auch wieder nicht. Man behalte immer im Kopf, dass diese Art der Kategorisierung allein dem VerstÀndnis des Menschen dient und entspringt, und es aus Sicht der Natur eigentlich gar keine Arten gibt, sondern nur Individuelle Einheiten, die verschiedene Verwandtschaftsgrade aufweisen und sich (möglicherweise) mit anderen, bis zu einem gewissen Grad verwandten Einheiten erfolgreich sexuell fortpflanzen und dabei wiederum fortpflanzungsfÀhigen Nachwuchs erzeugen. Vereinfacht gesagt. Das ganze ist ein wenig "fuzzy", also unscharf definiert.



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antsnature
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#13 Klar definiert

Beitrag von antsnature » 13. Oktober 2009, 19:52

@ Nuem : Der Begriff der Art ist in der Zoologie keineswegs schwammig definiert in der Botanik sieht das schon etwas anders aus. Wenn du eine Art nach dem Biospecies- Begriff definierst, welches in der Zoologie am gÀngisten ist, können getrennte Arten keine fortpflanzungsfÀhigen Nachkommen haben.

Sobald sich zwei Individuen verpaaren und dabei fertile Nachkommen zeugen handelt es sich um Vertreter einer Art. Sie können dann bestenfalls noch den Status einer Unterart haben. Hier sind durchaus fortpflanzungsfÀhige Nachkommen möglich.

Ein Hauptproblem der Taxonomie ist das man sich gerne eine Namen mit Erstbeschreibungen machen möchte. HĂ€ufig bleibt da einfach die grĂŒndliche Recherche nach prioritĂ€ren Veröffentlichungen auf der Strecke. Ob dies jetzt absichtlich oder unabsichtlich erfolgt sei mal dahin gestellt.

Schwierig finde ich es besonders wenn Àltere Namen erst als valide, nach ein paar Jahre als invalide und dann wieder als valide erklÀrt werden. Dieses PhÀnomen findet sich ja gerade in der Botanik sehr hÀufig und hilft nicht ein so komplexes System in Ordnung zu halten.



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#14 AW: NamensÀnderung Formica lusatica zu Formica clara

Beitrag von NuEM » 14. Oktober 2009, 02:49

Hallo antsnature,

vielleicht sollte ich es anders ausdrĂŒcken, und nicht von schwammiger Definition sondern von schwammiger RealitĂ€t sprechen. Beispiel Ringspezies.



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Joachim

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#15 AW: NamensÀnderung Formica lusatica zu Formica clara

Beitrag von Joachim » 14. Oktober 2009, 09:52

Ja, klingt alles gut und schön, aber Definitionen sind nur das theoretische Wunschdenken, da wo man am Ende hin will. Besonders bei Ameisen ist es aber in der Praxis unmöglich, fĂŒr jede Art solche Bilderbuchdaten nachzuweisen. Von vielen beschriebenen Arten sind z.B. nur Arbeiterinnen bekannt, wurde nie ein Nest gefunden, oder die Methoden des Schwarmflugs sind noch im Dunkel. Keine Chance, mit solchen Daten fĂŒr eine Art eine zweifelsfreie Abgrenzung in Punkto Fortpflanzung und fruchtbaren Nachkommen mit anderen Arten nachzuweisen. Wenn solche Daten existieren, bedeutet das sogar, dass die Art außerordentlich gut untersucht ist (z.B. unsere Waldameisen).

Bei Ameisen und bei anderen Tieren, bei denen es fast unmöglich ist, fĂŒr so viele Arten diese schöne Definition innerhalb vernĂŒnftiger Arbeitszeit nachzuweisen, wird kein Taxonom auch nur daran denken. Man verlĂ€sst sich auf seinen Instinkt und seine Erfahrung. Wenn ein Tier von seiner bis dahin bekannten Schwesterart morphologisch deutlich genug abgegrenzt ist und keine Zwischenformen bekannt sind, reicht das mehr als dicke fĂŒr eine Artbeschreibung. Wenn dann spĂ€ter bessere Daten vorliegen, kann es ja immer noch revisiert werden. Somit wird die Definiton von antsnature der angestrebte Endstand fĂŒr jede Art, ist aber keineswegs irgendeine Vorraussetzung fĂŒr die eingehende Beschreibung.


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#16

Beitrag von antsnature » 14. Oktober 2009, 10:23

Hallo Joschi,

natĂŒrlich hast du recht das man in der Entomologie aus praktischen GrĂŒnden eher dem Prinzip der Morphospecies folgt. Hierbei ist es aber sehr dem Wohlwollen und der GrĂŒndlichkeit des Beschreibenden geschuldet wie sehr abgesichert eine Arbeit ist.

Gerade im MitteleuropĂ€ischen Raum gibt es viele Museen die Belegexemplare besitzen und die man als Vergleich heranziehen kann. Dabei wĂ€re man sicherlich öfters auf den Namen Formica clara gestossen. Und heute kann man eine Morphospecies dann auch noch einigermaßen ordentlich ĂŒber genetische Marker unterscheiden. Da ich aber weiss wie Seifert zur genetischen Absicherung steht bezweifel ich das er diese Möglichkeit genutzt hat.

Ich persönlich begrĂŒĂŸe aber die RĂŒckbenennung.



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